Dan Simmons - Der Berg

Es gibt 40 Antworten in diesem Thema, welches 14.861 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Dan Simmons scheint Gefallen an Schnee und Eis gefunden zu haben. Ging es in "Terror" um Sir John Franklins Versuch die Nordwestpassage zu finden, so handelt "Der Berg" von einer Expedition zur Besteigung des Mount Everest in den 1920er Jahren. Der Originaltitel (The Abominable) lässt wohl etwas mehr Spielraum für Interpretationen. Das Adjektiv abominable bedeutet etwa scheußlich, entsetzlich, The Abominable Snowman ist der Yeti. Dan Simmons spielt hier ein wenig mit den Erwartungen des Lesers, dazu später mehr.


    Im Epilog erzählt Dan Simmons von seinen Recherchen zu einem Buch über eine Expedition zum Südpol, während der er den amerikanischen Bergsteiger Jake Perry in einem Seniorenheim besucht. Der gealterte Abenteurer erwähnt, dass er gerne einen Teil seiner Lebensgeschichte niederschreiben möchte und eben diese Geschichte erhält Simmons Jahre später per Post. Der kurze Epilog schafft zweierlei:
    Als Idee zum eigentlichen Antarktis-Roman erwähnt Simmons einen Angriff von Monsterpinguinen - damit kann im Roman auf dem Mount Everest alles passieren, lächerlicher als ein Angriff von Monsterpinguinen kann es eigentlich nicht werden.
    Außerdem schafft die Begegnung im Seniorenheim einen realen Hintergrund für die folgende Geschichte, eben das wirkte auf mich aber etwas aufgesetzt. Der folgende Roman ist eben doch ein Dan Simmons-Roman und nicht mehr.


    Und dann geht es auch schon los, wir befinden uns auf dem Matterhorn, einer der Teilnehmer der Expedition ist der Amerikaner aus dem Epilog (in jungen Jahren, wir schreiben das Jahr 1925). Ich habe keinen Bezug zum Bergsteigen, aber in der Beschreibung der Technik, des Vorgehens und vor allem der Gefühle der Bergsteiger gegenüber dem Berg wird die Faszination und die Liebe zum Bergsteigen deutlich, man fühlt richtig mit.


    Noch auf dem Matterhorn erreicht die Nachricht von tödlich verunglückten deutschen und englischen Bergsteigern am Mount Everest die Gruppe. Die drei nutzen die Gunst der Stunde, reisen zur adligen Mutter des verunglückten Engländers und lassen sich von ihr die Expedition zum Mount Everest finanzieren. Das vornehmliche Ziel ist es, die Leiche des Engländers zu finden, natürlich denken die drei Abenteurer auch daran, als erste Menschen den Gipfel zu erreichen.


    Die Planung der Reise wird im englischen Club durchgeführt, hier erinnert die Atmosphäre sehr an einen Jules Verne-Roman. Während dieser Planungen kristallisieren sich die Eigenheiten der Charaktere heraus - der militärisch planende Richard Deacon, der technisch begabte Franzose Jean-Claude, immer auf der Suche nach neuer Ausrüstung und natürlich der amerikanische Felskletterer Jake. Nach weiteren Recherchen (unter anderem auch in Deutschland) und Kletterübungen an Fels und Eis geht das Abenteuer dann endlich los.


    Die Beschreibung der Expedition selbst, zu der noch der Arzt Dr. Pasang, die Plantagenbesitzerin Reggie und viele Sherpas hinzustoßen ist dann einfach großartig. Man fiebert mit, spürt die Kälte, empfindet die beginnende Höhenkrankheit und nimmt gedanklich an der Planung der nächsten Schritte teil. Auch hier spielt Dan Simmons immer mal wieder mit den Erwartungen des Lesers (der Vergleich zu "Terror" drängt sich ja auf), baut geschickt Fallen in die Story ein und schafft es trotzdem nie ins Lächerliche abzugleiten (keine Angst, es gibt keine Monsterpinguine).


    Auch wenn die Geschichte am Ende die ein oder andere Wendung nimmt, die ich gar nicht mehr gebraucht hätte, hat mich das Buch bis zum Schluss gefesselt. Großartig!


    5ratten


    Seoman

  • Das erinnert mich daran dass ich Terror endlich lesen sollte :breitgrins:


    aber danke für die Rezi. Das Buch ist auf meine Wunschliste gewandert.

  • Das Buch ist auch auf meiner Liste (wenn ich es mal günstiger irgendwo gebraucht kaufen kann).
    Vorerst lese ich dann erst einmal Terror und Sommer der Nacht vom selbigen Autor.

  • Meine Meinung
    Bei der Einleitung habe ich mich noch gefragt, auf was ich mich bei diesem Buch eigentlich einlasse. Ich mag es nicht, wenn eine fiktive Geschichte als real verkauft werden soll. Außerdem hatte ich den Eindruck, als ob Der Berg wieder nur eine weitere Erklärung werden sollte, warum Mallory doch als Erster den Gipfel des Mount Everest erreicht haben soll. Zum Glück habe ich mich getäuscht.


    Der Berg beginnt als die Geschichte einer Gruppe von Bergsteigern, die einen Toten finden und bergen wollen. Warum dieser Tote so weit oben am Berg war, noch dazu ohne die richtige Ausrüstung, bleibt zunächst ein Rätsel. Bei der eigenen Ausrüstung geht die Gruppe sorgfältiger vor. Sie haben aus Mallorys Fehlern (woher wußten sie überhaupt, welche er gemacht hat?) gelernt und klettern mit modifizierten Steigeisen, Klettergurten und anderen Seilen. Überhaupt scheint Mallory nicht der strahlende Held, sondern eher unsympathisch gewesen zu sein.


    Plötzlich kippt die Geschichte. Wie Jake selbst sagt, wird sie auf einmal von einer normalen Bergtour zu einem Horrortrip. Ein fantastisches Wesen richtet ein Gemetzel unter den Sherpas an. Die Erklärung dafür und wie die Geschichte weitergeht und schließlich endet, ist sehr gelungen. Damit habe ich zu keiner Zeit gerechnet.


    Wenn der Anfang nicht gewesen wäre, hätte Der Berg die volle Punktzahl bekommen. Aber wie schon weiter oben geschrieben, mag ich dieses vermeintlich echte gar nicht.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Auf deine Rezi habe ich schon gewartet, Kirsten. Wie ausführlich wird das Gemetzel beschrieben? Wenn es zu blutig ist, wäre es nicht meins, aber das Thema interessiert mich grundsätzlich schon.


  • Auf deine Rezi habe ich schon gewartet, Kirsten.


    Woher wußtest du denn, dass ich das Buch lese? Das habe ich doch klammheimlich in en Niederlanden gemacht.


    Wie ausführlich wird das Gemetzel beschrieben? Wenn es zu blutig ist, wäre es nicht meins, aber das Thema interessiert mich grundsätzlich schon.


    Man sieht hauptsächlich die Folgen: zerstörte Lager und verstümmelte Leichen. Ich finde, es hält sich in Grenzen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Woher wußtest du denn, dass ich das Buch lese? Das habe ich doch klammheimlich in en Niederlanden gemacht.


    Da habe ich Mäuschen gespielt :zwinker:.
    Nein, irgendwo hast du gepostet, dass du es liest.



    Man sieht hauptsächlich die Folgen: zerstörte Lager und verstümmelte Leichen. Ich finde, es hält sich in Grenzen.


    Meine Grenzen sind leider ziemlich eng gesteckt. Viel mag ich von solchen Szenen nicht lesen, es sei denn, es ist sachlich geschrieben. Wenn das noch ausgeschmückt ist, kann ich darauf verzichten. Oder es überblättern, worauf es bei Dan Simmons hinauslaufen könnte. Seit "Terror" und "Drood" lese ich ihn gern. Das Bergsteigerthema interessiert mich und schön dick ist das Buch außerdem, also genau mein Fall.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Wir schreiben das Jahr 1924. Auf der Nordostseite des Mount Everest machen sich die beiden englischen Bergsteiger George Mallory und Andrew Irvine auf den Weg zum Gipfel – und verschwinden für immer. Bis heute weiß man nicht, was ihnen geschehen ist. Waren es die Wetterbedingungen? Oder war etwas dort oben bei ihnen auf dem Berg, etwas Tödliches?


    Das Buch beginnt mit einem Vorwort, indem die spätere Hauptfigur Jake Perry als knapp neunzigjähriger Interviewpartner von Dan Simmons fungiert. Auf seinen Memoiren beruht das Buch. Perry wirkt schon mal ziemlich sympathisch, ich bin gespannt.


  • Das Buch hab ich mal begonnen. Aus Zeitmangel aber abgebrochen. Ich wünsche dir viel Spaß damit :winken:


    Witzig! Von Dan Simmons habe ich mal Terror gelesen und dann aus Zeitmangel abgebrochen. Das bedaure ich bis heute, aber es ist so schwer, wieder einzusteigen. Schlecht war es jedenfalls nicht. :smile:

    🐌

  • So, ich bin auf Seite 190 der ca. 800 Seiten. Bisher ist in Bezug auf "den Berg", den Mt. Everest noch nicht viel passiert.


    Dafür gab es eine ziemlich detaillierte Beschreibung des Stammsitzes der fiktiven Familie Bromley (vgl. Burghley House) und die Besteigung einer Felswand in Wales. Hier musste ich einige Szenen überlesen, ganz so detailliert mag ich zerkratze Fingerkuppen und Co nicht beschrieben haben - ich ahne fürchterliches für den Himalaya. Simmons ausführliche Beschreibung von Skorbut in "Terror" war das ekligste, was ich jemals gelesen habe...


    Außerdem besuchen Perry und sein Klettermentor Deacon München und treffen auf ein paar unsympathische Nazis, denen sie durchaus zutrauen, für den Tod Percy Bromleys verantwortlich zu sein. Dessen Mutter will wissen, was ihrem Sohn am Berg zugestoßen ist und wird die Expedition von Perry, Deacon und Jean-Claude (Kletterer Nummer 3 der Truppe) finanzieren.

  • Ich kann mich gut an den langen Anfang erinnern. Die Details fand ich nicht so schlimm- da habe ich bei manchem Kletterer schon Schlimmeres gelesen :zwinker:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • So, den ersten Abschnitt "Die Kletterer" habe ich (kurz hinter S. 300) beendet. Natürlich musst ich ein paar Sachen recherchieren, so entwickelt Jean-Claude beispielsweise in Vorbereitung auf den Berg Steigeisen mit Frontalzacken oder Jürmar (Steigklemmen), die erst 30 Jahre später wirklich erfunden wurden. Auch die Kleidung fand ich interessant, Daunenjacken waren neumodischer Kram, man ging in Wollschichten gekleidet. Wahrscheinlich wäre die billigste Outdoorjacke vom Discounter wärmender. :breitgrins:


    Mit dem indischen Cousin des verschollenen Lords ist Simmons eine nette Überraschung geglückt, besonders gut gefällt mir auch, dass die Sherpas diesmal wohl als Partner und nicht als Lasttiere angesehen werden (wie bei den bisherigen steifen britischen Expeditionen).

  • Auch die Kleidung fand ich interessant, Daunenjacken waren neumodischer Kram, man ging in Wollschichten gekleidet. Wahrscheinlich wäre die billigste Outdoorjacke vom Discounter wärmender. :breitgrins:


    Nicht unbedingt. Ich habe irgendwo gelesen, dass die Wollschichten gar nicht so schlecht waren. Leider weiß ich nicht mehr, in welchem Buch. Natürlich ist die Ausrüstung von heute optimal, weil sie genau für den Zweck hergestellt wird. Aber die alten Sachen haben auch getaugt, wie die vielen frühen Erstbesteigungen zeigen :zwinker:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Den 2. Teil (Die Expedition, bis S. 520) habe ich gestern beendet. Das Buch liest sich fast von alleine, im Handumdrehen bin ich immer gleich 50 S. weiter. Nur zu empfindlich darf man nicht sein, eklige Sachen beschreiben kann Simmons (leider) sehr gut. Dabei ist die Beschreibung der "Himmelsbestattung", die den Helden Jake so schockiert, für mich viel harmloser als das ständige Erwähnen schwarz gefrorener Füße oder sich abschälender Gesichtshaut. Richtige Sonnenmilch wurde - wie ich gerade nachgelesen habe - erst ein paar Jahre erfunden und andere Schutzmaßnahmen werden nicht erwähnt. Könnte natürlich sein, dass damalige Bergsteiger dazu zu cool/hart sind... :rollen:


    Inhaltlich geht es am Mt. Everest bergauf und bergab, sie klettern zwischen den Basislagern auf den verschiedenen Höhenstufen hin und her und tragen Vorräte nach oben. Ohne Sauerstoffflaschen läuft da ziemlich wenig. Die Höhenkrankheit hat sie ziemlich im Griff und unter den Sherpas gibt es die ersten Todesfälle. Zum Abschluss des Abschnitts finden sie zunächst die Leiche einer vorigen Expedition (leider nicht den Cousin) und dann sitzen sie im Zelt und hören Schreie. Ich glaube, jetzt kommt der Yeti :breitgrins:

  • Zum Abschluss mein Gesamturteil:
    Nach Terror und den am Anfang dieses Buches gemachten Scherzen über mordende Riesenpinguine habe ich praktisch das ganze Buch hindurch auf den/die Yeti(s) gewartet. Als es dann endlich so weit ist, ist es völlig anders als erwartet und dann doch wieder nicht. (Ich bleibe mal kryptisch, um nachfolgenden Lesern die Überraschung nicht zu verderben.) Jedenfalls finde ich die Lösung Simmons sehr gut und im Zweifelsfall kann man eh alles auf Halluzinationen in Folge der Höhenkrankheit schieben. :breitgrins: Deren Folgen, die Atemnot, die Kälte, all das fühlt man fast mit, so gut sind die Beschreibungen Simmons und um ihm zu folgen und die Spannung beim Hängen an einer Felswand zu spüren benötigt man auch keinerlei Kletterkenntnisse. Der Mann kann einfach hervorragend beschreiben.
    Mit der Handlung nach dem Mt. Everest hatte ich allerdings meine Probleme:



    Hier hat Simmons Logik für mich ein paar Schwachstellen.



    Doch letztendlich überwiegt bei mir, wie Simmons es geschafft hat, mich in seine Geschichte hineinzuziehen und damit zu fesseln – und ich hätte zu gerne gewusst, was der Film in der Kamera enthält…



    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus: oder :frieren::frieren::frieren::frieren::frieren:

  • An die schwarzen Körperteile kann ich mich auch gut erinnern :kotz: Davon liest man in jedem "guten" Bergsteigerbuch :rollen:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Das liegt seit längerem auf meinem Reader und wurde auch schon mal angelesen. Ihr macht mich gerade sehr neugierig auf die Geschichte. Es würde ja vom Wetter her gerade passen...

    Liebe Grüsse Hanni 8)