Steffen Radlmaier - Die Joel-Story/Billy & The Joels

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 4.099 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Keshia.

  • [size=11pt]Die Joel-Story
    Billy Joel und seine deutsch-jüdische Familiengeschichte
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    Klappentext
    Billy Joel ist einer der erfolgreichsten Popmusiker der Welt. Was nur wenige wissen: Der Piano Man hat deutsch-jüdische Wurzeln. Steffen Radlmaier verknüpft die Biografie des Weltstars mit der dramatischen Geschichte seiner Familie. Sie spielt in Nürnberg und New York, in Berlin und Auschwitz, Havanna und Wien und spiegelt die Geschichte des 20. Jahrhunderts auf besondere Weise.



    Steffen Radlmaier beginnt seinen Bericht mit Billy Joels Großvater Karl Joel, der 1927 eine Wäschemanufaktur gründete, die bald sehr erfolgreich war. Als die Nationalsozialisten immer mächtiger werden, trifft die die jüdische Familie Joel der Judenhass in voller Auswirkung. Während sie zunächst nur um den Erhalt der Firma kämpft, geht es bald schon ums blanke Überleben. Während Karl Joel mit Frau und Sohn Helmut über die Schweiz und Kuba in die USA flüchtet, verliert sich die Spur vieler anderer Familienmitglieder in verschiedenen Konzentrationslagern. Karl Joel bleibt viele Jahre in New York, während sein Sohn Helmut heranwächst und nach seiner Einbürgerung sogar für Amerika im Krieg gegen Deutschland eingesetzt wird. Wieder zurück in New York heiratet er 1946 und bekommt einen Sohn - Billy Joel.


    Mit Religion hat Billy wenig am Hut, außerdem hat die Judenverfolgung mit dem Dritten Reich ein Ende genommen, deshalb wird das Buch von diesem Zeitpunkt an zur Biografie eines Musikers. Billy ist wie sein Vater ein begnadetes Talent am Klavier, spielt aber am liebsten ohne Noten und improvisiert. Mit 15 Jahren hat er die ersten Auftritte und entwickelt sich mit einigen Alben langsam zum gefragten Musiker, der sich am liebsten bei rockigen Stücken auf der Bühne austobt. Bei Kritikern stößt er nicht immer auf Begeisterung und liefert sich gerne verbale Gefechte mit ihnen, doch das Publikum liebt ihn. Wie viele Stars hat auch Billy Joel Höhen und Tiefen, in musikalischer und besonders auch in privater Hinsicht. In jungen Jahren zweifelt er an sich selbst, was einmal sogar zu einem halbherzigen Selbstmordversuch führt, doch mit zunehmendem Alter wird er selbstbewusster. Seine Gutgläubigkeit und Unerfahrenheit in finanziellen Angelegenheiten kommen ihn teuer zu stehen. Auch in der Liebe klappt es immer nur begrenzte Zeit. Doch viele von diesen Erfahrungen werden in Lieder umgesetzt und zu großen Hits.


    Steffen Radlmaier hat für sein Buch auf viele Interviews von anderen Journalisten zurückgegriffen, aber auch selbst Gespräche mit Billy Joel geführt und eine spannende und informative Biografie daraus gemacht. Der erste Abschnitt mit der Familiengeschichte hat nur indirekt mit dem Musiker persönlich zu tun, ist aber aus historischer Hinsicht interessant, weil man am Beispiel des Wäschefabrikanten Joel nachvollziehen kann, welchen Auflagen und Repressalien jüdische Unternehmer während des Dritten Reiches ausgesetzt waren. Er wirft vor allem ein aufschlussreiches Bild auf Josef Neckermann, der die erfolgreiche Joel-Fabrik übernahm und damit zum Großunternehmer aufstieg, ohne jemals den vollen Kaufpreis zu bezahlen. In diesem Zusammenhang ist die Dokumentation "Die Akte Joel/The Joel Files" äußerst empfehlenswert, die dieses dunkle Kapitel genauer untersucht (zu finden bei youtube in der englischen Fassung).


    Von Billy Joel wird vieles erzählt, das mir noch unbekannt war, so hat er z. B. einen Bruder aus der zweiten Ehe des Vaters, der als Dirigent sehr erfolgreich ist. Lesenswert sind auch die Hintergründe zu manchen Songtexten. Wem das noch nicht genug ist, findet einige Verweise auf andere Bücher über Billy Joel. Eine runde Sache also und absolut empfehlenswert.


    5ratten

  • Das klingt sehr interessant Doris - danke dafür. Ich wusste, dass er Wurzeln in meiner Heimat hat. Er hat hier auch mal einen Abend gemacht der hieß Answers and Questions - da konnten die Leute ihn Fragen stellen, das war auch interessant und man hat ihn mal von einer schon sehr persönlichen Seite kennen gelernt.. ein sympathischer Mann. :winken:

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Hast du ihn dort selbst erlebt? Ich habe leider die einzige Chance auf ein Konzert von ihm ungenutzt verstreichen lassen. Allerdings war mir damals nicht klar, dass er so bald nicht wieder kommt.


    Sympathisch ist er wirklich. Im Buch erzählt er auch manches Persönliches. Und ich befinde mich im Moment in einem Billy-Joel-Rausch und kann mir youtube sei Dank jede Menge seiner alten Auftritte ansehen.


  • Hast du ihn dort selbst erlebt? Ich habe leider die einzige Chance auf ein Konzert von ihm ungenutzt verstreichen lassen. Allerdings war mir damals nicht klar, dass er so bald nicht wieder kommt.


    Sympathisch ist er wirklich. Im Buch erzählt er auch manches Persönliches. Und ich befinde mich im Moment in einem Billy-Joel-Rausch und kann mir youtube sei Dank jede Menge seiner alten Auftritte ansehen.


    Ja ich war damals mit Freundinnen dort - in der Meistersingerhalle. Das war aber im Eingangsbereich - wir saßen auf der Treppe - war total lässig und kein Konzert.. ich glaub er hat mal 2-3 Lieder gespielt aber sonst nur Unterhaltung - soweit ich mich erinner... hüstel - ist schon so lang her..


    Ja dank Internet kannst du ihn dir ja ständig anhören - viel Spaß noch mit ihm :breitgrins:

    Liebe Grüße JaneEyre

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    Theodor Fontane

  • Ich hab vor einiger Zeit mal eine TV Doku über das Thema Neckermann und Joel gesehen, eine traurige Verbindung von der ich bisher nichts gewusst hatte. Dort kam auch Billy Joel selbst zu Wort. Er war mir da sehr sympathisch. :)

  • Wow, das klingt nach einem echten Tip für mich. Billy Joel begleitet mich musikalisch schon sehr lange, und dafür weiß ich erschreckend wenig von ihm. Dass er deutsch-jüdische Wurzeln hat, war mir auch nur so ganz am Rande bewusst.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Danke für diese tolle und ausführliche Rezension.


    Gern geschehen. Ich freue mich, dass ich auf dieses Buch aufmerksam machen konnte.


    Mich beschäftigt immer noch der Teil der Biografie, die sich mit dem Großvater von Billy Joel und seine Verbindung zu Josef Neckermann beschäftigt. Meine Familie hatte wie die der meisten Deutschen auch die Auswirkungen des Krieges heftig zu spüren bekommen, da liest man dann solche Geschichten besonders intensiv.

  • Ich habe eine überarbeitete und erweiterte Ausgabe unter dem Titel "Billy & The Joels" gelesen:


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    Billy Joel gehört zu den Musikern, von denen ich vielleicht nicht der weltgrößte Fan bin, deren Lieder ich aber sehr mag und die mich auch schon fast mein ganzes Leben lang begleiten. Über seinen persönlichen Hintergrund wusste ich abgesehen von seiner Ehe mit Christie Brinkley und gelegentlichen Schlagzeilen über Alkoholprobleme bisher sehr wenig.


    In diesem Buch beleuchtet der deutsche Journalist Steffen Radlmaier, der Billy Joel auch persönlich kennt, nicht nur den Werdegang des Sängers, sondern auch die Geschichte seiner Familie. Joel selbst sagte einmal, er verdanke sein Leben den großen Tragödien des 20. Jahrhunderts, weil die Eltern seiner Mutter während des 1. Weltkrieges aus England ausgewandert sind und seine deutsch-jüdischen Vorfahren väterlicherseits in den 30er Jahren Nazideutschland verließen.


    Aber der Reihe nach: Joels Großvater Karl betrieb in Nürnberg einen erfolgreichen Textilversand, der in einer Reihe stand mit heute noch bekannten Namen wie Quelle oder Witt Weiden, Karls Bruder Leon hatte in Ansbach ein ebenfalls gutgehendes Geschäft. Die Religion spielte für die Joels keine herausragende Rolle, im Gegenteil, man feierte sogar Weihnachten mit Christbaum und Festtagsbraten.


    Nach der Machtergreifung Hitlers und den wachsenden Anfeindungen und Schikanen gegenüber jüdischen Geschäftsleuten zog Karl Joel mit seinem Betrieb ins als liberaler geltende Berlin um, wobei ihm bemerkenswerterweise ein Großteil der Belegschaft folgte, doch am Ende war auch das vergebens, es musste ein "arischer" Geschäftsführer eingestellt werden und schließlich verkaufte Joel zwangsweise und mit großem Verlust an den Kriegsgewinnler Josef Neckermann (ja, genau der ...) und entschloss sich, mit seiner Frau und seinem Sohn Helmut das Land zu verlassen, solange das noch möglich war.


    Nach einer längeren Odyssee gelangten die Joels schließlich in die USA und lebten in bescheidenen Verhältnissen. Helmut, der sich inzwischen Howard nannte, trat sogar in die US Army ein und kämpfte in Europa. Nach seiner Rückkehr heiratete er und bekam mit seiner Frau Rosalind einen Sohn namens Billy, doch die Ehe war nicht glücklich, Helmut verließ die Familie und kehrte nie zurück, was Billy nachhaltig geprägt hat.


    Während Rosalind sich abmühte, Billy und seine Adoptivschwester alleine großzuziehen, ging Helmut nach Europa zurück, heiratete später erneut und hatte mit seiner zweiten Frau einen weiteren Sohn, Alexander.


    Billy schlängelte sich mehr schlecht als recht durch die Schule und entdeckte, auch geprägt durch seinen musikalischen Vater, früh die Liebe zur Musik, die ihn schließlich nach einigen Startschwierigkeiten zum Weltstar machte, der nie so recht in eine Schublade passen wollte. Und auch Alexander Joel machte die Leidenschaft für Musik zum Beruf - als erfolgreicher klassischer Dirigent.


    Der biographische Teil über die Laufbahnen der beiden Brüder, die sich in ganz unterschiedliche Richtungen entwickelten, aber beide der Joelschen Passion für die Musik entspringen, liest sich interessant, insbesondere, wenn man sich noch nie weiter mit dem Werdegang der beiden beschäftigt hat, und macht direkt Lust, mal wieder ein Billy-Joel-Album aufzulegen und auf den einen oder anderen Song speziell zu achten.


    Das Spannendste an diesem Buch war für mich jedoch die fesselnde Geschichte der Vorfahren der beiden, die geschäftlichen Erfolge, der dadurch erworbene Wohlstand und dann der tiefe Sturz ohne jegliches eigenes Verschulden, als die Welle des institutionalisierten Antisemitismus über Karl, Leon und ihre Familien hinwegrollt und ihnen alles raubt, was sie sich über Jahrzehnte aufgebaut haben - und manchen sogar das Leben nimmt.


    Die perfiden Methoden, mit denen jüdischen Menschen systematisch ein Stein nach dem anderen in den Weg gelegt wurde, machen immer wieder fassungslos, traurig und wütend, gerade der erste Teil des Buches kann auch als Fingerzeig dienen, stets wachsam zu bleiben gegenüber Ausgrenzung und Diskriminierung.


    Billy Joel selbst erfuhr erst spät von der Geschichte seiner Familie, da nach der Trennung seiner Eltern jahrzehntelang Funkstille zwischen ihm und seinem Vater herrschte, doch er ist danach mehrmals in Nürnberg aufgetreten, ganz bewusst, zur Erinnerung an die Vergangenheit und Mahnung für die Zukunft.


    Ein sehr lesenswertes Buch, teils Zeitgeschichte, teils Künstlerbiographie, das mich ziemlich beeindruckt hat und auch den Künstler Billy Joel in einem neuen Licht erscheinen lässt.


    4ratten


    Danke Doris für diesen tollen Tip!

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Steffen Radlmaier - Die Joel-Story“ zu „Steffen Radlmaier - Die Joel-Story/Billy & The Joels“ geändert.
  • Klingt toll Valentine.

    Liebe Grüße JaneEyre

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    Theodor Fontane

  • War es auch, ich fand gerade die besondere Beziehung, die er irgendwann zu Nürnberg entwickelt hat, sehr interessant. Das Gesprächskonzert war bestimmt toll!

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    Leonard Cohen





  • Ja - soweit ich mich erinnere - war eine total lockere Atmosphäre und ganz unterschiedliche Menschen..

    Liebe Grüße JaneEyre

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    Theodor Fontane

  • Mit dem Buch habt ihr bei mir offene Türen eingerannt. Ich habe es direkt notiert und meine Bücherei hat es sogar im Bestand. Ich sollte unbedingt bald wieder eine Ladung über Books-2-go bestellen;)

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich bin sehr gespannt auf Deine Eindrücke, wenn Du es liest!

    Hier sind sie :)


    Meine Meinung

    Ich habe es leider nie zu einem Konzert von Billy Joel geschafft, aber seine Musik begleiter mich, seit eine Freundin mir Ende der 80er Jahre eine BestOf-Cassette überspielt hat. Ich mag die alten Sachen lieber als die neuen und wusste schon einiges aus dem Privatleben. So gab es in der Biografie nichts und doch sehr viel Neues.


    Gerade, was die Geschichte der Eltern und Großeltern betraf, habe ich viel gelernt. Bei seinen Eltern hatte ich das Gefühl, als ob vieles nicht gesagt wurde, ganz konnte ich die Trennung der Eltern und das Destinteressse des Vaters nicht nachvollziehen. Interessant finde ich dagegen, dass auch der Bruder Musiker ist, wenn auch unter ganz anderen Voraussetzungen.

    Ein sehr lesenswertes Buch, teils Zeitgeschichte, teils Künstlerbiographie, das mich ziemlich beeindruckt hat und auch den Künstler Billy Joel in einem neuen Licht erscheinen lässt.

    Das kann ich so nur unterschreiben. Ich sehe nicht nur den Künstler in neuem Licht, sondern auch viele seiner Lieder.

    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Über Billy Joel weiß ich nur zufällig, dass er von einer Ehefrau massiv abgezogen wurde und dass diese Ehefrau das mit ihrem Bruder schon vor der Ehe geplant hatte. Und dann hatte Joel, noch während der Ehe, als er wohl glaubte, die Frau zu lieben, das Lied "Always the women" über/ für sie geschrieben. Wenn man das Lied heute hört, kann man sehr schön auch narzisstische Züge der besungenen Frau hineininterpretieren. Joel selbst sagte wohl mal, dass das Lied bei den Fans sehr beliebt ist und immer wieder nachgefragt wird, es ihm aber aufgrund dieses Scheidungskriegs schwer fällt, es immer wieder singen zu müssen.

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.