Volker Kutscher - Märzgefallene

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 3.593 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HoldenCaulfield.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Seinen neuen Fall erbt Gereon Rath von einem ungeliebten Vorgesetzten, von Wilhelm Böhm, der sich unter dem neuen Nazi-Polizeipräsidenten ins politische Abseits manövriert hat: Ein Obdachloser ist erstochen am Nollendorfplatz gefunden worden. Dessen Vorgeschichte führt weit zurück in den Krieg, in den März 1917, als deutsche Soldaten während der »Operation Alberich« in Nordfrankreich verbrannte Erde hinterließen. Ungesühnte Morde, unterschlagene Goldbarren und eine perfide Sprengfalle, in die ein deutscher Hauptmann gerät, münden sechzehn Jahre später in eine Mordserie. Der Schlüssel zu alldem scheint der kurz vor der Veröffentlichung stehende Kriegsroman des Leutnants a. D. Achim Graf von Roddeck zu sein. Rathermittelt,dochimmerwieder kommen ihm andere Dinge dazwi-schen, und da sind die Vorbereitungen für seine Hochzeit mit Charlotte „Charly“ Ritter noch das geringste Problem. Er wird in die Kommunistenhatz der Politischen Polizei eingebunden, muss sich mit SA-Hilfspolizisten und dem neuen Polizeipräsidenten herumschlagen und einen Geschäftsfreund des Gangsterbosses Johann Marlow aus den Klauen der SA befreien.
    __________________


    Der neue Gereon Rath Fall wird ab 14. November in einer autorenbegleiteten Leserunde gelesen. Der Lostopf ist bis Freitag geöffnet, allerdings erwarten wir hier verbindliche Anmeldungen und von den Gewinnern Portoübernahme

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Gereon Raths fünfter Fall


    Ende Februar 1933 – Deutschland am Abend vor dem Reichstagsbrand: Gereon Rath feiert in Köln den Rosenmontag und landet mit einer Karnevalsbekanntschaft im Bett, während in Berlin der Reichstag brennt. Durch die jüngsten Entwicklungen wird Rath umgehend nach Berlin zurückbeordert. In Berlin wartet Böhm auf ihn mit einem Mordfall an einem Obdachlosen, es handelt sich um ein ehemaligen Soldaten, der erstochen wurde. Seine Geschichte geht zurück bis 1917 und steht in Verbindung mit dem Unternehmen Alberich, bei dem deutsche Soldaten bei ihrem Rückzug verbrannte Erde hinterlassen haben. Der ehemalige Leutnant Achim von Roddeck bringt Licht in die Ermittlungen, da er dabei ist, ein Buch über genau diese Ereignisse herauszubringen. Er fürchtet, daß der damalige Hauptmann Benjamin Engel, der für seine Grausamkeit bekannt war, seinerzeit die Sprengfalle überlebt hat und die Veröffentlichung des Buches verhindern will.


    Mit dem fünften Band taucht der Leser in die Welt von 1933 ein, in der die Nazis immer mehr die Macht und Kontrolle über Deutschland übernehmen. Daher tritt der Kriminalfall öfters in den Hintergrund, da die historische Entwicklung an sich schon sehr spannend ist. Der Leser wird Zeuge, wie die Nazis den Reichstagsbrand für ihre Propaganda mißbrauchen, wie dadurch die Presse- und Meinungsfreiheit Stück für Stück immer mehr beschnitten und das Denunziantentum gefördert wird. Alte Strukturen brechen auseinander, was auch Oberkommissar Böhm am eigenen Leib erfahren muß.


    Die Hintergründe des Obdachlosenmordes sind mysteriös: kann der damalige Hauptmann wirklich so eine Detonation überlebt haben? Wenn ja, warum tritt er erst jetzt in Erscheinung, liegt es wirklich an der Veröffentlichung des Buches von Roddeck, das die schändlichen Taten des Hauptmanns von 1917 enthüllen wird? Und warum wird das Leben eines jungen Mädchens bedroht, bei dem es eine Verbindung über ihren Vater zu dem toten Obdachlosen gibt?


    Gereon Rath interessiert sich weiterhin nicht sehr für die Politik, zwar gefällt ihm die ganze Nazi-Maschinerie nicht besonders, aber er ist davon überzeugt, daß bald bessere Zeiten kommen. Wenn die neuen Zeiten jedoch mit seinem Gerechtigkeitssinn kollidieren, dann läßt er nichts unversucht, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, notfalls auch mit unorthodoxen Methoden – da bleibt er sich treu. Seine politische Blauäugigkeit führt immer wieder zu heftigem Streit mit seiner Verlobten Charlotte Ritter, die sich in ihrer Umgebung und bei ihrer Arbeit zunehmend unwohler fühlt und leider klar erkennt, was mit Deutschland im Moment passiert. Durch die politischen Entwicklungen durchläuft sie eine persönliche Veränderung, mit der ich nicht gerechnet habe – und Gereon auch nicht.


    Die neue braune Zeit bringt auch für die Berliner Polizei personelle Veränderungen, es brechen Freundschaften an unterschiedlichen Ideologien auseinander und ein Klima des Mißtrauens hält Einzug. Die Frage nach Gerechtigkeit muß hinter den propagandistischen Zielen des Nazi-Regimes zurückstehen.


    Die Lösung des Kriminalfalles läßt mich ein wenig unzufrieden zurück, weniger mit der Handlung, sondern vielmehr deswegen, weil Gereon zu sehr die Hände gebunden sind – genau diese Situation ist nicht zufriedenstellend. Und leider wissen wir Leser, daß die Zeiten nicht besser werden, im Gegenteil. Umso gespannter bin ich natürlich, wie es mit Gereon weitergehen wird.


    5ratten

    Liebe Grüße

    Karin

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Fall Nummer 5 für Gereon Rath


    Nach "Akte Vaterland" war ich so begeistert von Gereon Rath, dass ich unbedingt wissen wollte, wie es mit ihm und seiner Charly weiter geht.


    Im vorliegenden fünften Teil der Reihe bewegen wir uns in sehr düsteren Zeiten Deutschlands, denn wir schreiben das Jahr 1933. Gereon erbt den Fall seines Vorgesetzten Böhms, doch der Kriminalfall ist für Gereon wohl das kleinere Übel.


    In diesem Band lagen definitiv die historischen Elemente im Vordergrund. Man spürt förmlich die Umbrüche im damaligen Deutschland. Mir hat vor allem die Schilderung des Reichstagsbrandes eine Gänsehaut beschert.


    Auch unsere handelnden Protagonisten entwickeln sich weiter, der eine zum Positiven, manch anderer zum Negativen. Konstant stark blieb für mich vor allem Charly, denn ihr Schicksal als Frau hat mich doch sehr berührt. Gereon ist weiterhin ein cooler Kerl, den man als Frau nicht immer gern hat.


    Mit "Märzgefallene" ist Volker Kutscher wieder einmal ein komplexer und vor allem seitenstarker Krimi gelungen, der den Leser in eine andere Zeit mitnimmt und durch den man eine dunkle Zeit Deutschland live miterleben kann. Schockmomente und jede Menge Spannung vorprogrammiert.


    Einziges Manko: Der Roman ist solide, konnte aber für mein Empfinden nicht ganz mit dem Vorgänger mithalten.


    Fazit: Gelungene Fortsetzung der Reihe. In meinen Augen auch ohne Vorkenntnis der anderen Bände lesbar, aber man würde etwas verpassen, wenn man nicht auch die anderen lesen würde. Empfehlenswert!


    Bewertung: 4ratten

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Der neue Fall von Gereon Rath reicht weit zurück in die letzten Tage des ersten Weltkrieges. Damals hat eine Einheit der Deutschen einen großen Goldschatz vor den Franzosen und vor den eigenen Leuten versteckt um ihn nach Kriegsende heimlich zu bergen. Aber nur wenige überleben die Gefechte und 16 Jahre später wird einer nach dem anderen ermordet. Wer hat das Gold jetzt und wer tötet hier wen und warum. Die ganze Geschichte ist ein verzwicktes Katz- und Mausspiel in dem nicht jede Leiche und jeder Mensch das ist, was er zu sein scheint. Mit gewohnter Hartnäckigkeit macht Gereon sich auf die Suche. Aber immer wieder bringen private und berufliche Probleme ihn von der Spur ab.


    Hitler und die Nazis haben nach der letzten Wahl erneut das Ruder übernommen und diesmal machen sie kein langes Federlesen mehr und beginnen Gegner und Feinde des Regimes und auch Juden und Andersdenkende gleichermaßen zu jagen und zu vertreiben. Gereon tut sich indessen schwer damit, zu akzeptieren, dass die Nazis gefährlicher sind und länger an der Macht bleiben werden, als er es gerne hätte.


    Man kann diesen fünften Teil der Reihe sicherlich auch als Quereinsteiger gut lesen. Aber es macht einfach mehr Vergnügen, wenn man die Bücher in der richtigen Reihenfolge liest. Dann wird die Entwicklung der Protagonisten und ihrer Beziehungen zueinander noch plausibler und intensiver.


    Ein unterhaltsamer und kniffeliger Plot hält den Spannungsbogen von Anfang an hoch und der Showdown am Ende bringt den Kriminalfall zu einem logischen und zufriedenstellenden Ende. Noch mehr aber als die Ermittlungen wird der Leser gefangengenommen von den dramatischen und angsteinflößenden Geschehnissen, die den Anfang des Dritten Reiches kennzeichnen. Auch wenn das alles mehr oder weniger bekannte Fakten und Daten sind, so sind die Geschehnisse doch so lebhaft in die Story verstrickt, dass einen die Sorge um die Hauptdarsteller nicht mehr loslässt. Man erlebt ihre Ängste, ihren Unglauben und ihre Verwirrung ebenso mit, wie Rassenhass, Parteihörigkeit und blinden Gehorsam anderer. Volker Kutscher breitet das ganze Panoptikum dieser Zeit vor dem Leser aus und verzichtet dabei weitgehend auf Schwarz-Weiß-Malerei und Klischees und lässt auch gute Freunde zu Nazis werden und unangenehme Chefs zu hilfsbedürftigen Mitmenschen.


    Am Ende lässt er zumindest mir noch einen kleinen Hoffnungsschimmer an das Gute im Menschen und dass es zwischen all dem noch ein kleines Glück für die Menschen gibt. Ich fürchte zwar, dass dies in Zukunft nicht ausreichen wird, um alle Protagonisten heil durch die nächsten Romane und die anbrechende dunkle Zeit zu bringen. Aber ich warte gespannt und sehnsüchtig auf eine Fortsetzung.


    5ratten

    :lesen:





  • Meine Meinung:
    "Märzgefallene" kommt für meinen Geschmack nicht ganz an den Vorgänger "Die Akte Vaterland" heran. Das ist jetzt erstmal meckern auf hohem Niveau denn Kutscher hat trotzdem einen guten Roman geschrieben und gerade die politischen Unruhen der Zeit, sowie auch die chaotischen Zustände und den Zeitgeist, wieder hervorragend eingefangen. Mir hat einfach dieses Mal die Verknüpfung des Mordfalles damit nicht ganz so gut gefallen.


    Gelungen dagegen vor allem die Darstellung der verschiedensten Sichtweisen auf die politischen Ereignisse. Gereon der eher meint der Spuk sei bald wieder rum - durchaus eine gängige Meinung zu Mal die Weimarer Republik schon so viele Regierungswechsel erlebt hatte - und Charly die da mit sehr viel mehr Weitblick herangeht (was natürlich im Roman keiner wissen kann). Und dann sind aber auch andere Figuren, welche zum Teil mit Hitler Sympathisieren und Kommunisten, solche die davon profitieren das nun alles ganz anders wird und solche die erst Recht Probleme bekommen. SA-ler die ihre Macht ausspielen und Folterungen durchführen (nicht einfach so, sondern weil sie die Erlaubnis und zum Teil auch den Befehl hatten).
    Der Mordfall gerät dabei schnell etwas in den Hintergrund und das ist wohl auch der Grund, weshalb ich dieses mal nicht so zufrieden bin. Ich hätte mir irgendwie etwas mehr Ausgewogenheit gewünscht. Schön dagegen die Analogie auf Gereons Leben. Vieles was sich nun politisch verändert spiegelt sich auch in seinem Leben stark wieder. Und dann ist da sogar noch ein Ereignis von dem man als Treuer Leser gar nicht gedacht hätte das es überhaupt passiert *gg*
    Alles in allem für mich daher nicht ganz so gut wie ich es gewohnt bin, ohne das ich "Märzgefallene" als Flop empfinden würde. Ich vergleiche einfach sehr stark mit "Die Akte Vaterland", meinem bisherigen absoluten Liebling der Reihe.


    Ansonsten für Rath Fans so oder so ein muss ;) , ich freu mich jedenfalls schon auf die weiteren Bände, auch wenn man jetzt erstmal wieder ein Weilchen warten muss.


    Von mir gibt es in Anbetracht meiner Kritikpunkte "nur"
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Tendenz eher nach oben ;)

  • Hier kommt auch noch meine Meinung zu dem Krimi:


    Inhalt
    Kriminalkommissar Gereon Rath feiert gerade Karneval in Köln, als er nach Berlin zurückbeordert wird: der Reichstag brennt. Es erwartet ihn ein neuer Nazi-Polizeipräsident, die Abschiebung seines ungeliebten Vorgesetzten Böhm und ein Mord an einem Obdachlosen. Obwohl die Jagd auf Kommunisten offensichtlich Priorität zu haben scheint und Gereon dafür zur Politischen Polizei wechseln muss, bleibt er hartnäckig an dem Mordfall dran. Der Tote war ein ehemaliger Soldat aus dem Ersten Weltkrieg und ist nicht einfach auf der Straße gestorben, sondern wurde mit einem Grabendolch ermordet. Ein Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Kriegsromans vom ehemaligen Leutnant Roddeck scheint offensichtlich. Was war damals geschehen? Wer hat Angst vor Enthüllungen? Und was hat ein junges Mädchen, das nur knapp einem Mordanschlag entkam, mit der ganzen Sache zu tun?


    Meine Meinung
    Die Atmosphäre wird immer düsterer. Es ist Anfang 1933 in Berlin und man spürt den sich verstärkenden Einfluss der Nationalsozialisten. Immer mehr Positionen werden von diesen besetzt, Kommunisten werden gejagt, Juden verlieren ihre Jobs und Übergriffe und Drohungen durch die Nazis werden immer häufiger und unbarmherziger. Reichstagsbrand, Bücherverbrennung, manipulierte Wahlen ... mit der Zeit merken auch die letzten Optimisten, dass Hitler und seine Anhänger stärker werden und keine vorübergehende Erscheinung sind. Auch Politikverweigerer Gereon Rath kann sich so langsam den Zuständen nicht mehr entziehen, nachdem sogar sein Arbeitsumfeld davon betroffen wird und die neuen Vorgesetzten ihn mit der Jagd auf Kommunisten beschäftigen, anstatt ihn wie gewohnt einen Mordfall lösen zu lassen.


    Lange Zeit führte seine Gleichgültigkeit gegenüber der Politik zu regelmäßigem Streit mit seiner Verlobten Charly, die die Gefahr für Deutschland längst erkannt hat und entsprechend Position bezieht. Doch nach und nach wird nun auch Gereon bewusst, dass tatsächlich im Land etwas gar nicht stimmt, spätestens als politisch begründete Handlungen mit seinem Gerechtigkeitssinn kollidieren. Ist er sonst vielleicht gleichgültig, so reagiert er auf Ungerechtigkeit sofort, auch mit nicht immer korrekten Mitteln, entsprechend hartnäckig verbeißt er sich auch in seinen Fall. Aber auch Charly zeigt ein überraschendes Verhalten, das ohne die veränderten Zeiten kaum vorstellbar gewesen wäre. Andere Kollegen dagegen blühen regelrecht auf unter der neuen Herrschaft und sind kaum wiederzuerkennen, während es einige hart trifft und ihnen nur noch die Flucht bleibt. In diesem Buch kippt alles durcheinander und man spürt mit den Figuren die stark veränderte und sehr düstere Stimmung. Das wirkt wie in den bisherigen Büchern der Reihe wieder sehr authentisch und insgesamt beängstigend, weil wir als Leser natürlich wissen, dass es noch viel schlimmer kommt.


    Der Kriminalfall rückt zwar fast in den Hintergrund, aber er ist doch auch wieder schön spannend und man kann sehr gut miträtseln. Diesmal führt uns der Fall etwas in die Vergangenheit zurück, nämlich in den Ersten Weltkrieg, genauer in den März 1917. Während die deutschen Soldaten mit dem „Unternehmen Alberich“ eine geplante Verwüstung hinterlassen, nutzt eine kleine Gruppe die Situation, um einen Goldraub zu begehen. Die Geschehnisse und ihre weitreichenden Folgen, bis hin zu mehreren Morden, mit denen nun eben Gereon Rath sich beschäftigt, sind interessant zu lesen und bieten sehr viel Raum für Spekulationen. Dies und die neuen politischen Umstände, die für Gereon Rath die Ermittlungen zusätzlich erschweren, machen diesen Krimi wieder zu einer spannenden, aufwühlenden und atmosphärisch sehr dichten Lektüre. Sehr gut sind auch wieder die Personen beschrieben, sie strahlen alle Persönlichkeit aus. Gereon Rath ist dabei wie gewohnt nicht immer sympathisch was das Zwischenmenschliche betrifft, aber er ist ein Charakter mit einer, wie ich finde besonders vielschichtigen Ausstrahlung. Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Fall!


    5ratten

  • 300 Seiten stark - 300 Seiten schwach


    Moin


    Ich fand das Buch "Märzgefallene" bisher als schlechtestes Werk in der Gereon-Rath Reihe. Die Idee des Buches ist recht spannend, der Inhalt zunächst ganz gut. Auch die Akteure
    sind sehr gut umschrieben. Es machte Spass, dieses Buch zu lesen……Anfangs zumindest.


    Nach dem lesen der ersten 300 Seiten kamen die letzten 300 Seiten an die Reihe. Alles wiederholte sich irgendwie nur noch. Lebt Engel noch? - oder nicht? - oder doch etwa?
    Gähn!!! Irgendwie hatte ich den Eindruck, der Autor kommt nicht zum Punkt, bzw. zu einem Ende. Inhaltlich passierte nur noch wenig. OK…am Ende kam es noch zu der besagten Überraschung….die wiederum meines Erachtens sehr platt dargelegt wurde.


    Auch störten mich die permanenten Schilderungen der politischen Ereignisse. Das Buch spielt ja zwischen den Kriegen und entsprechende Bezüge zur Zeit sind ja angemessen. Aber wenn nach jeder 10 Zeile wieder eine Erklärung des Zeitgeschehens erfolgt, dann ist dies in Relation gesehen nicht mehr angemessen. Ist das Buch ein Krimi oder ein Geschichtsbuch der 7. Klasse? Die Beurteilung des Krimis, zumindest dessen Ausgang empfand ich als ziemlich mau. Wie gesagt: guter Anfang…mit einem platten langweiligen Ende.
    Die Umschreibung der Historie ist ja soweit gelungen. Aber hierfür gibt's Geschichtsbücher…


    Daher (nur)


    3ratten

    Opa Pittschikowski aus dem Ruhrrevier, kennt die Blauen Knappen schon seit 1904 - niemals tat er fehlen, nur einmal war er krank - Oma tat er quälen wenn er schon morgens sang:<br /><br />Ob ich verroste und ver

  • Während Gereon Rath Karneval in seiner Heimatstadt Köln feiert, wird in Berlin im Todesfalle eines obdachlosen Veteranen ermittelt. Als dann auch noch der Reichstag brennt, wird Gereon zurückbeordert. Die Prioritäten für die Ermittlungen haben sich verschoben. Nicht der Mordermittlung wird Vorrang eingeräumt, sondern der Jagd nach Kommunisten, die für den Brand Des Reichstages verantwortlich gemacht werden. Die politische Polizei wird aufgestockt, das Morddezernat wird kleiner.
    Die Verhältnisse in Deutschland ändern sich sehr schnell. Kaum einer will wahrhaben, wohin die Reise geht. Auch Rath, der unpolitische Mensch, sieht und hofft, dass es schon nicht so schlimm wird und dass der Spuk bald eine Ende hat. Dagegen ist Charly sehr besorgt wegen der Entwicklung. Die politische Situation führt immer wieder zu Diskussionen und Streitereien zwischen den beiden, so dass man fürchten muss, dass die geplante Hochzeit nicht stattfindet.
    Als Rath auch zu den Politischen versetzt wird, merkt er schnell, dass es nicht um Ermittlungen geht, sondern zunächst um Manipulation der Wahlen. Als ein weiterer Mord geschieht, findet er einen Weg, wieder an seinen alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Aber auch dort hat sich schon einiges verändert. Gräf, der homosexuelle Beziehung mit einem SA-Mann hat, ist davon überzeugt, dass unter den Nazis alles besser wird, und will bei den Politischen bleiben. Aber auch andere, unbequeme Personen verschwinden. Raths Vorgesetzter Wilhelm Böhm, zu dem er immer ein angespanntes Verhältnis hatte, wird abgeführt und taucht nicht wieder auf. Dann wird dem Pathologen Schwartz nahegelegt, in den Ruhestand zu gehen.
    Bei seinen Nachforschungen stößt Rath auf Vorgängen, die bis zurück in den 1. Weltkrieg reichen. Bei der „Operation Alberich“ hinterließen die deutschen Soldaten in Frankreich verbrannte Erde. Ist das Buch von Leutnant von Roddeck Anstoß für diese Morde? Warum ist gerade der März 1917 so interessant?
    Das Buch zeigt ein sehr düsteres Bild von den Verhältnissen in Deutschland. Im Gegensatz zu den vorherigen Bänden wird immer offensichtlicher, dass wer nicht das Weltbild der Nazis passt, verfolgt wird. Es ist natürlich aus heutiger Sicht leicht zu sagen, dass die Menschen hätten merken müssen, was da geschieht. Aber sie waren schon so indoktriniert, dass bei der Bücherverbrennung gejubelt wurde.
    Man kann sich gut in die Protagonisten mit ihren Ängsten und auch Hoffnungen hineinversetzen. Wie in den Vorbänden sorgt Raths Gerechtigkeitssinn dafür, dass er auch schon mal am Rande der Legalität agiert. Charly hat es inzwischen so den Boden unter den Füßen weggezogen, dass sie Gereon bei solchen Aktionen sogar unterstützt.
    Ein komplexer und spannender Kriminalfall ist eingewoben in die historischen Ereignisse und atmosphärisch sehr dicht geschildert.



    5ratten

  • Karneval 1933 ist für Gereon Rath nicht gerade lustig, obwohl er eigentlich in der alten Heimat Köln mit seinem Kumpel Paul einfach mal wieder ordentlich feiern wollte. Aber zuerst pfuscht ihm sein standesbewusster Vater ins Handwerk, dann wacht er übel verkatert neben einer quasi fremden Frau auf und wird schließlich auch noch zurück nach Berlin beordert, weil wegen des Reichstagsbrandes eine Urlaubssperre verhängt wurde und die Obrigkeit deshalb zur Jagd auf Kommunisten geblasen hat.


    Darüber kommt auch der Fall zu kurz, dessen sich Rath eigentlich viel lieber annehmen würde: ein toter Obdachloser, der nicht wie zunächst vermutet wurde erfroren ist, sondern mit einem Grabendolch aus dem 1. Weltkrieg erstochen wurde - aber so unauffällig, dass es beinahe unbemerkt geblieben wäre. Kurze Zeit später meldet sich ein Kriegsveteran namens Achim von Roddeck, der darin die Handschrift seines ungeliebten Vorgesetzten aus dem Einsatz in Frankreich zu erkennen glaubt. Pikantes Detail Nr. 1: Hauptmann Benjamin Engel gilt seit 1917 als tot. Pikantes Detail Nr. 2: Engel war Jude.


    Roddeck hat einen pompösen Schlüsselroman über "Todesengel" und die Ereignisse während des Krieges verfasst, der kurz vor der Veröffentlichung steht, und spätestens als ein weiterer Mann getötet wird, der ebenfalls zu Engels Einheit gehörte, sieht Roddeck sein eigenes Leben in Gefahr und ersucht um polizeilichen Schutz.


    Rath kommt das alles reichlich seltsam vor, fast als sei es bloß ein großer PR-Coup, und auch Engels jüdische Abstammung passt ein bisschen zu gut ins Bild. Doch irgendetwas muss damals bei Cambrai tatsächlich vorgefallen sein. Rath versucht weitere Kameraden von Roddeck ausfindig zu machen und Licht ins Dunkel zu bringen. Kein leichtes Unterfangen, das ihn einige lange Fahrten ins Rheinland und ordentlich Nerven kostet, aber auch einige hochinteressante Informationen ans Tageslicht fördert.


    Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: diese Reihe ist das Beste, was man momentan auf dem deutschen Krimimarkt findet, zumindest, wenn man historischen Background mag. Hier stimmt einfach alles. Hintergründe, Atmosphäre, Figuren, Spannung, man könnte es wirklich nicht besser machen als Volker Kutscher in diesem Band.


    Mit der Machtergreifung der Nazis verdüstert sich auch die Stimmung im Buch, bereits wenige Wochen danach ist spürbar, wer die neuen Herren im Lande sind. Auch in der "Burg" müssen altgediente Kollegen ihren Hut nehmen oder werden unter fadenscheinigen Vorwänden aus dem Dienst entfernt, während sympathisierende Emporkömmlinge ihre Plätze einnehmen und die SA als "Hilfspolizei" immer größere Kompetenzen bekommt (oder sie sich einfach nimmt). Überhaupt fängt Kutscher auch hier wieder die Atmosphäre der Zeit mit lauter akribischen Details wunderbar ein.


    Rath selbst hofft immer noch (wie so viele), dass sich der ganze unappetitliche Nazispuk mit der Wahl im März '33 in Wohlgefallen auflöst, wird aber rasch eines besseren belehrt. Charly hat da leider den besseren Riecher. Ihr sind die neuen Machthaber zutiefst suspekt, sie geht buchstäblich nur noch mit Bauchschmerzen zur Arbeit und kann es kaum ertragen, wie ihre Kolleginnen teilweise schon in schwärmerischen Tönen von Hitler und seinen Spießgesellen reden.


    Der aktuelle Fall passt mit seinen düsteren militärischen Untertönen auch irgendwie gut ins Gesamtbild und ist wie immer komplex, verschlungen und sehr spannend, während im Privatleben bei Gereon und Charly einiges in Bewegung ist (was dann auch zu einer sehr schönen Schlussszene führt).


    5ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Mein Re-read von Märzgefallene hat etwas pausiert, aber bisher gefällt es mir besser, als ich den Band in Erinnerung hatte. Möglich, das ich heute auf andere Dinge achte als 2014.

    Vor allem die Beschreibungen der Psychiatrischen Klinik finde ich erschreckend. Auch wenn ich mich immer wieder mit Psychiatriegeschichte beschäftige und auch weiß, wie die Behandlung psychisch erkrankter früher aussah, es ist immer noch erschreckend, das Menschen damals eigentlich eher weggesperrt wurden. Man vergisst immer schnell, das die Therapieformen wie wir sie heute kennen, eine Entwicklung sind, die sich erst spät durchgesetzt und verbreitet hat.


    Nebenbei rege ich mich gemeinsam mit Charly darüber auf, das sie als Frau nicht für eine volle Polizistin gehalten wird und ihr die Möglichkeit für Ermittlungen bei einem Mordfall nicht offen stehen. Übrigens existierte die Weibliche Kriminalpolizei bis in die 70er Jahre und Frauen bei der Schutzpolizei (in der BRD) wurden sogar erst ab Ende der 70er Jahre überhaupt eingestellt.

  • Diese beiden Aspekte fand ich auch sehr bestürzend. Dass Charly als weibliche Polizistin letztendlich auch nicht viel mehr darf als vorher in ihrer Funktion als Sekretärin (und da eigentlich noch die interessanteren Fälle mitgekriegt hat), hat mir sehr leid getan, weil sie viel mehr drauf hat. Aber das Arbeitsklima ist ja mit diesen Nazi-Sympathisantinnen in dem Band eh unerträglich bei der WKP :(

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Endlich hab ich mal meine Gereon-Rath-Leseflaute überwunden. Keine Ahnung weshalb mir dieser Band so schwer fiel. Zu mal er mir auch auf jedenfall besser gefallen hat, als beim ersten Mal. Ich denke das liegt auch zum Teil daran, das ich inzwischen etwas andere Schwerpunkte lege.

    Nach wie vor finde ich aber trotzdem, das der Mordfall an manchen Ecken etwas zu viele Wendungen nimmt. Das fand ich manches Mal sehr übertrieben und auch etwas verwirrend, weil immer mehr Namen ins Spiel gebracht wurden.

    Ich merkte schnell, das ich meinen Fokus eher auf Charly und ihre Entwicklung innerhalb des Romans gelegt habe. Ich mag sie als Figur sowieso sehr und finde, das sie in "Märzgefallene" einige ihrer (bisher) stärksten Szenen bekommen hat.

    Gereon hätte ich dagegen auch gerne mal eine geklebt (warum wissen denke ich mal alle, die den Roman schon gelesen haben *gg*), auch wenn er in vielerlei Hinsicht typisch für seine Zeit agiert und ich in ja eigentlich sehr mag. Aber so manches Mal, würde ich ihn auch gerne schütteln und ihm aufzeigen, das seine sogenannte Neutralität echt zum kotzen ist.


    Ich vergebe dieses Mal: 4ratten