Henrike Spohr: Heilbronn 37°

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.592 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Gaby.

  • Henrike Spohr: Heilbronn 37°


    Verlag: Emons
    Erstausgabe (D): 2014
    Seiten: 256
    Ausgabe: Taschenbuch


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    Klappentext:


    Drückende Hitze liegt über Süddeutschland. Tamara arbeitet wie eine Besessene an den Bildern für ihre erste Ausstellung. Doch mit jedem Tag wird das Gefühl, beobachtet und verfolgt zu werden, stärker, denn in ihrer Vergangenheit lauert eine dunkle Bedrohung: »Irgendwann, wenn du nicht daran denkst, werde ich zu dir kommen!« Doch dieses Mal will Tamara kein wehrloses Opfer sein ...


    Meine Meinung:


    Tamara ist eine junge, aufstrebende Künstlerin, die kurz vor ihrer ersten Vernissage steht. Sie ist glücklich mit ihrem Mann Paul, der sie immer unterstützt. Alles könnte so schön sein, wären da nicht immer wieder diese Flashbacks. Als Teenager war Tamara zwei Wochen lang verschwunden und bis heute hat sie der Polizei nicht verraten, wer sie in dem dunklen Keller gefangen hielt. Schwer traumatisiert kämpft sie gegen die dunklen Träume der Vergangenheit an.


    Henrike Spohr lebt in der Stadt, der ihr Roman sein Name verdankt: Heilbronn. Der Sommer ist heiß, schwüle Gewitter ziehen auf und auch die Stimmung der Charaktere passt sich dem an. Etwas brodelt unter der Oberfläche. Etwas, das lange im Verborgenen schlummerte und jetzt an die Oberfläche bricht. Das Buch beginnt gar nicht so geheimnisvoll. Schnell hatte ich eine Spur aufgenommen, nicht ahnend, dass mich die Autorin fast boshaft an der Nase herumführte. So legt sie falsche Fährten und wahrt ihre Geheimnisse bis fast zum Schluss.


    Nicht nur für ein Debüt ist dieses Buch bemerkenswert und für mich die erste Überraschung des Jahres. Ich hatte mich auf einen netten Krimi mit etwas Lokalkolorit eingestellt, aber ich bekam heiße "Heilbronn 37°". Die Charakterzeichnung ist ausgefeilt und besonders in Tamaras Seelenqual kann man sich gut hinein versetzen. Etwas störend empfand ich allerdings verschiedene Traumsequenzen anderer Personen. Für mich zu spirituell angehaucht und unnötig überladen in dieser sowieso schon rätselhaften Handlung.


    Das Ende bot einen für mich überraschenden Twist und damit auch eine Portion Gänsehaut. Hut ab vor dieser Leistung. Es ist inzwischen nicht mehr so leicht, mich auf eine falsche Fährte zu locken, aber Henrike Spohr ist es doch glatt mit ihrem Debüt auf Anhieb gelungen. Somit ist "Heilbronn 37°" eine klare Leseempfehlung und ich warte gespannt auf die weiteren Bücher der Autorin.


    4ratten & :marypipeshalbeprivatmaus:


    Am 06.02.2015 war ich auf der Lesung zum Buch

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Aufgeladene Hochsommerspannung


    Heilbronn im Hochsommer: die Stadt stöhnt unter der Hitzewelle bei Temperaturen weit über 30°, ein heftiges Sommergewitter jagt das nächste. In dieser aufgeladenen Atmosphäre fühlt sich die Malerin Tamara seit einiger Zeit beobachtet; sie ist auch davon überzeugt, daß in ihr Atelier eingebrochen wurde, auch wenn nichts entwendet wurde. Tamara hat Angst! Und diese Angst ist nicht unberechtigt, denn in ihrer Vergangenheit lauert ein finsterer Feind.


    Da ich nur 50 Kilometer von Heilbronn entfernt wohne, war das Buch natürlich Pflichtlektüre für mich, zumal es spannende Lesestunden versprochen hat. Dieses Versprechen konnte das Buch auch voll und ganz erfüllen. Ich würde das Buch allerdings eher dem Genre Psychodrama/-thriller zuordnen und nicht als Kriminalroman bezeichnen.


    Die Autorin schafft es exzellent, die drückende und schwüle Sommerstimmung mit der immer düsterer werdenden Stimmungslage der Protagonisten zu verbinden. Die Situation heizt sich immer weiter auf, nicht nur das Wetter bezogen. Die Seiten flogen beim Lesen nur so dahin.


    Die Anzahl der Figuren ist sehr übersichtlich und es wird bald ersichtlich, daß sie alle in irgendeiner Verbindung zueinander stehen. Dabei legt Henrike Spohr geschickt falsche Spuren aus, so daß ich sehr lange in die falsche Richtung gedacht hatte – und die richtigen Fährten dabei übersehen habe.


    Tamara steht kurz vor ihrer ersten Vernissage und verbringt daher viel Zeit in ihrem Atelier, um ihre Bilder für die Ausstellung zu vollenden. Sie hatte als Jugendliche ein schlimmes traumatisches Erlebnis, von dem sie sich bis heute nicht erholt hat. Außer ihrem Mann Paul weiß niemand von diesem Erlebnis und ihr Schweigen setzt eine Kette von tragischen Zufällen in Gang. Es wäre nötig, daß sie psychologische Hilfe in Anspruch nehmen würde, aber sie hat die Therapie schon vor Jahren abgebrochen.


    Das Ende war mir im ersten Moment beinahe zu glatt und hat mich etwas unbefriedigt zurückgelassen, was zur Folge hat, daß ich nochmal intensiv darüber nachgedacht habe. Und dabei kamen noch einige Dinge zum Vorschein, die das Ende doch nicht mehr ganz so glatt erscheinen lassen.


    Die wichtigsten Fragen wurde geklärt, aber es bleibt dennoch genügend Raum für weitere Überlegungen. Aus psychologischer Sicht gibt es noch ein paar Punkte, die mich interessiert hätten, die aber den Rahmen dieses Buches gesprengt hätten, weil das eine längere Reise in die Vergangenheit gewesen wäre. Die Autorin hat anklingen lassen, daß sie darüber nachdenkt, ein Prequel über diese Vergangenheit zu verfassen – ich würde mich freuen, wenn das klappen würde.


    Sehr gut hat mir gefallen, wie sich bestimmte Details wie eine roter Faden durch das Buch ziehen und immer mehr Symbolwirkung erhalten haben. Eines davon sind die Träume, die ähnlich bei mehreren Protagonisten auftauchen: man kann darüber diskutieren, ob sie nötig sind oder nicht, aber in jedem Fall unterstreichen sie die unheimliche Stimmung des Buches.


    Mir hat das Erstlingswerk der sympathischen Autorin sehr gut gefallen und ich freue mich auf ihre zukünftigen Bücher.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Liebe Grüße

    Karin

  • Tamara ist glücklich. Schon bald wird sie ihre erste eigene Ausstellung haben und damit hoffentlich den langersehnten Durchbruch als Künstlerin schaffen. Derzeit arbeitet sie wie eine Besessene an neuen Bildern. Doch etwas trübt ihr Glück. Sie fühlt sich beobachtet und sehr schnell flammen Erinnerungen an einen kurzen Zeitraum in ihrer Kindheit auf, in dem sie Schlimmes erlebt hat. Tamaras Ängste sind greifbar und beängstigend. Nicht einmal Tamaras Partner Paul kann ihr helfen. Vielmehr scheint er hilflos und es kommt sogar so weit, dass die Ängste auf ihn überzugreifen scheinen.

    Der Leser weiß, dass Tamara tatsächlich beobachtet wird. Die Identität des Verfolgers ist nicht gleich klar, allerdings scheint er nicht für eigene Zwecke hinter Tamara herzuspionieren sondern einen entsprechenden Auftrag zu haben. Nur von wem und warum?


    Anna ist ängstlich. Sie glaubt ihr Mann Andreas würde etwas vor ihr verbergen und sie beginnt ihm nachzuspionieren. Andreas scheint ein erfolgreicher Mann zu sein, der uns aber aus Sicht von Anna auch als sehr bestimmend beschrieben wird.


    Zwischen Tamara/Paul und Anna/Andreas gibt es eine Verbindung. Der Leser wird nicht umhin kommen dies schon frühzeitig zu erkennen, aber die Autorin hat diese Verbindung so geschickt getarnt, dass sie wohl niemand vollständig korrekt erraten wird. Vielmehr werden hier von Henrike Spohr falsche Fährten gelegt und der Leser wird mit einem wirklich gelungenen Ende überrascht.


    „Heilbronn 37°“ ist ein sehr guter, psychologisch tiefschürfender Roman. Die Autorin schafft eine gruselig schaurige Atmosphäre und bedient sich hierfür diverser Keller, Katzen, Träume und Geräusche und eines schwülen Sommers mit drückender Hitze und langen schlaflosen Nächten. Dieses wirklich beängstigende Szenario macht die Stärke der Geschichte aus. Es lohnt sich wirklich dieses Debüt der Autorin Henrike Spohr in die Hand zu nehmen.


    5ratten

    Lesen ist meine Leidenschaft

  • Tamara Deile arbeitet mit ihren 29 Jahren in ihrem eigenen Atelier wie besessen an den Bildern für ihre erste eigene Ausstellung. Aber immer wieder fangen sie Flashbacks ein, die sie wie vor 15 Jahren in einen Keller ziehen. Neuerdings fühlt sie sich auch noch verfolgt. Ihr Mann Paul versucht verzweifelt, um sie aus ihrer Depression bzw. ihren Ängsten zu befreien. Und immer wieder die Ahnung von einer Katze..


    Andreas Ackermann und seine Frau Anna leben in sehr guten Verhältnissen. Anna klammert sehr an Andreas und fühlt sich trotzdem allein. Auch hier spielt eine Katze immer wieder eine Rolle...


    Ein Privatdetektiv wird angeheuert um alles über Tamara herauszufinden. Wer ist hier der ominöse Auftraggeber?...


    Soweit die drei Handlungsstränge, die sich ganz allmählich und langsam immer weiter annähern und schließlich mit einem Knall ein großes Ganzes ergeben.


    Tamara, die mir von Anfang an ans Herz gewachsen ist, zeigt aber auch ganz andere Seiten. Tat sie mir anfangs mit ihrem Schicksal, dass scheibchen-weise in die Geschichte einfließt, noch leid, gibt es auch einen Zeitpunkt, an dem ich sie wachrütteln möchte. Eine insgesamt sehr zerrissene, aber auch mutige junge Frau, die sich ihren Ängsten stellt.


    Anders Andreas, der mir von Anfang an unsympathisch war, der aber auch eine ganz andere Seite zeigt.


    Diese Beiden sind für mich besonders gut und ausführlich gezeichnet. Aber auch die anderen Handelnden stellen ihre guten und schlechten Seiten sehr ausführlich dar. Meine Gefühlswelt und meine Sympathiewerte waren in einem Stegen und Fallen begriffen, was die Personen für mich sehr authen-tisch macht.


    Immer wieder erscheint auch eine Katze auf der Bildfläche, womit ich anfangs nicht soviel anfangen konnte. Ich habe sie einfach als gegeben hingenommen. Wenige kleine Szenen, die ich nicht so gut nachvollziehen konnte, haben aber dem Lesevergnügen absolut nicht geschadet.


    Aber lest doch einfach selbst...


    Ein Debütroman einer deutschen Autorin, den ich wärmstens empfehlen kann und deren Namen auch auf meinen Merkzettel kommt.
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