Jeannette Walls - Die andere Seite des Himmels

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    Originaltitel: The Silver Star



    Es ist 1970, „Bean“, die Erzählerin ist zwölf, ihre Schwester Liz fünfzehn und sie sind es gewohnt, dass ihre Mutter es nirgends lange aushält, in der kalifornischen Kleinstadt sind sie erst seit 4 Monaten. Eines Tages lässt sie sie dann aber nicht nur über Nacht sondern für mehrere Tage ohne Rückkehrdatum alleine und als ihnen das Jugendamt auf die Pelle zu rücken droht beschließen sie zu dem einzigen Verwandten zu fahren, von dem sie wissen, einem Onkel in Virginia.


    Ich hatte damit gerechnet, dass die Reise den Mittelpunkt des Buches bilden würde, aber das war nicht so, die eigentliche Geschichte beginnt erst in Virginia und so skurril der Onkel in einigen Dingen auch sein mag, gibt es dort und bei den neuen Verwandten, die sie im Heimatort ihrer Mutter kennenlernen, mehr Familienleben als sie es bisher kannten.


    Allerdings ist auch dort nicht alles wunderbar, der Vietnamkrieg wirft seine Schatten über die Geschichte, es gibt Rassenprobleme und vor allem gibt es da einen machtbesessenen Mitbürger, dem sie letztlich feindlich gegenüber stehen.


    Das Buch begann stark, aber alle geschilderten Probleme, die jedes für sich einen hervorragendes Thema abgegeben hätten, bekommen letztlich nicht genügend Raum, es wäre besser gewesen, wenn sich die Autorin auf die genauere Beschreibung eines Erlebnisstrangs beschränkt hätte. So wirkt das Buch letztendlich ziemlich unrund und das Ende wie an die Geschichte dran geschustert.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Oh, das war toll, ich habe es um Einiges besser bewertet als Du, wobei ich auch ein totaler Jeannette-Walls-Fan bin und möglicherweise nicht kritisch genug herangegangen bin.


    Ich grabe mal gerade nach meiner Rezi - hier ist sie:


    Hand in Hand der Sonne nach


    So hieß eines meiner Lieblingsbücher in meiner Kindheit: es ging um zwei Waisenkinder, zwei amerikanische Schwestern, die ihr trauriges Leben hinter sich lassen wollten und aufbrachen, um eine bessere Zukunft zu finden - sehr erfolgreich, wenn auch komplett anders als ursprünglich gedacht.


    Dieses Buch hat Jeanette Walls bestimmt auch mal gelesen, denn während der Lektüre ihres aktuellen Buches "Die andere Seite des Himmels" ergaben sich immer wieder mal Assoziationen: die Schwestern Liz und Bean, fünfzehn und zwölf Jahre alt, sind zwar keine Waisen, doch sind sie in einer ähnlichen Situation, werden sie doch von ihrer Hippie-Mutter mit musikalischen Ambitionen - wir schreiben
    das Jahr 1970 - immer wieder in Stich gelassen.


    Und so sind sie mehr oder weniger gezwungen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und tun es auch - mehr oder weniger gezwungenermaßen, um der Einweisung ins Jugendheim zu entfliehen: sie begeben sich per Bus auf eine Odyssee quer durch die Staaten - von Kalifornien an die Ostküste, wo ihre Mutter herkommt: da gibt es nämlich noch einen Onkel.


    Onkel Tinsley erweist sich als verschrobener, aber liebenswerter Kerl, auch andere Verwandte finden sich - quasi unverhofft - die den Mädchen, vor allem Bean, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, ein wenig Wärme vermitteln. Auch die Mutter taucht wieder auf, zumindest partiell.


    Und sie treffen auf den bösen Wolf - in Form eines der mächtigsten Männer der Gegend und sagen ihm den Kampf an - mit allen Konsequenzen, die sie dann auch brutal erfahren müssen.


    Ein wunderbares Buch - wie bisher alles, was Jeanette Walls zu Papier gebracht hat - atmosphärisch und dicht geschrieben, so dass man es als Leser nicht aus der Hand legen kann. Man erhält einen Einblick in das USA der frühen 1970er Jahre: Vietnam, Rassismus, arm und reich - das alles ist noch sehr, sehr präsent - vor allem in den Südstaaten, wohin es die Mädchen verschlagen hat. Die Charaktere sind charismatisch, (fast) nie schwarz oder weiß, es gibt humorvolle, erschütternde, beklemmende, aufrüttelnde und ergreifende Szenen: ein wahres Gefühlskarussell, durch das man während der Lektüre geschleust wird.


    Keine Frage, es lohnt sich - für Menschen, die aufbrechen wollen, die Anstöße und Impulse brauchen, für Menschen, die etwas über die neuere Geschichte der USA erfahren wollen und vor allem für Menschen, die nach dem absoluten Lesegenuss lechzen - hier werden alle reich belohnt: Ein Buch, das man nicht so schnell vergisst.
    5ratten

  • Inhaltsangabe des Verlags:


    „ Kalifornien 1970. Bean Holladay und ihre ältere Schwester Liz sind Teenager, als ihre geniale Mutter mal wieder von der Bildfläche verschwindet. Für die Mädchen zunächst nicht weiter beunruhigend. Sobald Probleme am Horizont auftauchen, ergreift ihre Mutter die Flucht. Doch dieses Mal scheint die Sache ernst zu sein …
    Nachdem die Fürsorge bei den Mädchen auftaucht, wissen sie, dass sie sich schnellstens aus dem Staub machen müssen. Mutterseelenallein legen sie den langen Weg nach Byler, Virginia, zurück, dem Heimatort ihrer Mutter. Dort betreten sie eine Welt, die anders ist als alles, was sie bisher erlebt haben. Sie lernen ihren verschrobenen, aber liebenswerten Onkel Tinsley kennen, erfahren erstmals, dass ihre Mutter aus einer wohlhabenden Familie stammt, und erkunden staunend das familieneigene Anwesen. Bean und Liz gefällt es in ihrer neuen Umgebung, sie merken jedoch bald, dass sie in dem konservativen Ort zuweilen anecken. Und weil sie sich nichts gefallen lassen, haben sie plötzlich den mächtigsten Mann der Gemeinde gegen sich. Ein mitreißender Roman über zwei mutige Mädchen, die sich gegen die Welt der Erwachsenen auflehnen.“


    Mein Leseeindruck:


    Ich muss zugeben, dass ich mich zu Beginn an „Schloss aus Glas“ erinnert fühlte und sich das Buch deshalb etwas zäh für mich anging. Eine ähnliche Geschichte, kannte man ja schon … nur hier ist sie rein fiktional und wirkt anfangs sehr konstruiert.


    Ab ca. Seite 100 entwickelt sich die Story aber langsam. Die beiden Mädchen leben sich auf dem Lande ein, lernen ihre Familie kennen und fühlen sich wohl in der Kleinstadt, in der die Zeit scheinbar irgendwo in den 50ern stehen geblieben ist. Aber das geregelte Leben gefällt den Mädchen, die bisher nur das unstete Leben mit ihrer durchgeknallten Hippie-Mutter kannten. Die Liebe und Zuneigung, die sie von ihrem Onkel und ihrer Tante erfahren, saugen sie wie Schwämme in sich auf.


    Sie finden Arbeit und besuchen die dortige Highschool. Erstmalig dürfen auch Schwarze die Schule besuchen, aber Vorurteile und Rassismus sind tief verankert bei den Kleinbürgern im tiefen Virginia. Plötzlich lernen sie die andere Seite des vordergründig so liebenswerten Städtchens kennen. Hier konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Berührend, spannend, aufreibend und interessant ist die Geschichte um die beiden Mädchen im Alter von ca. 13 und 16 Jahren, von denen sich vor allem die jüngere Bean stark und mutig für Gerechtigkeit einsetzt: Sie wird zum Vorbild für die Bewohner des Städtchens, die sich ebenfalls gegen Unterdrückung und Ausbeutung auflehnen und so als Zeichen für eine neue Perspektive im Leben – nicht nur der beiden Protagonistinnen.


    Eine schöne, gut erzählte Geschichte, die aber leider nicht ganz mit Walls Biographie „Schloss aus Glas“ verglichen werden kann und darf. Ich würde 4,5 Leseratten geben, denn ich habe mich gut unterhalten gefühlt, auch wenn es der Geschichte zeitweise etwas an Tiefe fehlt.