Sylvie Simmons - I'm your man. Das Leben des Leonard Cohen

Es gibt 38 Antworten in diesem Thema, welches 8.627 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

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    Originaltitel: I'm your man. Leonard Cohen - the Biography


    Ich mag Cohens Musik und so ist seine Biographie mir direkt ins Auge gesprungen und hat nach mir gerufen. :breitgrins:


    Nach den ersten beiden Kapiteln bin ich recht zufrieden, der Stil der Autorin ist angenehm lesbar - nicht zu trocken, aber auch nicht zu anekdotenhaft oder beweihräuchernd - da werde ich wohl kein Problem haben, die über 700 Seiten durchzuhalten. Ich lese es als eBook, was ich im Moment nur suboptimal finde, weil so das zwischendurch in den Bildteil blättern etwas umständlich ist.
    Inhaltlich ist er im Moment ca. 16 Jahre alt, wir haben erfahren aus welcher Gegend und Familie er stammt und welche Erinnerungen seine Schulkameraden an ihn haben. Interessanter finde ich da seine ersten Begegnungen mit der Musik und der Poesie, mir war Cohen als Autor gar nicht so bewusst, während die Autorin immer wieder Parallelen zwischen Cohens Kindheit und Szenen aus seinen Büchern erwähnt. Ich mochte ansonsten vor allem die Beschreibung, wie er einen Gedichtband Lorcas findet und welchen Effekt diese Gedichte auf ihn haben. Da eines meiner Lieblingslieder ("Take This Waltz") aus einem Lorca-Gedicht entstanden ist, fand ich dieses frühe Zusammentreffen besonders interessant.

    Einmal editiert, zuletzt von illy ()

  • Schön, dass du direkt mit diesem Buch angefangen hast :winken:



    Ich mag Cohens Musik und so ist seine Biographie mir direkt ins Auge gesprungen und hat nach mir gerufen. :breitgrins:


    Das kann ich nur zu gut verstehen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich werde Dir hier auch sehr interessiert zulesen! Ich weiß ja erschreckend wenig über diesen Menschen, dessen Musik ich so mag.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Die nächsten beiden Kapitel beschreiben seine Studentenzeit, was jetzt sehr wissenschaftlich klingt, aber für ihn war das mehr eine Möglichkeit (Eltern-)finanziert zu schreiben. Irgendwelche Komitees, Debattierclubs und ein Kreis von Schriftstellern/Lyrikern/Literaturinteressierten haben seine Zeit dann auch mehr eingenommen als das wirkliche Studium. Zwischendurch geht er auch nach New York (offiziell ebenfalls zum Studieren), aber er stellt fest, dass er lieber in Montreal ein großer Fisch ist, dessen Lyrikband veröffentlicht und besprochen wird als unbekannt und von der gerade aktuellen Beat-Bewegung ignoriert in NY zu sein. Überhaupt tritt Cohen bisher viel stärker als Lyriker in Erscheinung, als als Sänger. Er singt zwar gerne und auch vor Freunden oder mal öffentlich, aber er scheint diesbezüglich keinerlei Ehrgeiz zu haben. Ich glaube, ich muss mir seine Texte mal viel genauer anhören, statt sie nur vorbei fließen zu lassen.


    Stilistisch gibt es zwischen dem erzählend-berichtenden Teil immer mal wieder Ausschnitte in Form von 2-3 Fragen und Antworten aus einem (oder mehreren?) Interview mit Cohen. Das passt und gefällt mir gut, es lockert die Sache ein wenig auf und macht die Biographie noch etwas persönlicher.


    Ich bin gespannt wie es weitergeht, er hat nämlich soeben ein Stipendium ergattert, dass ihn nach London bringt.

  • Das klingt immer noch gut!


    Seine Texte mag ich sehr gerne, auch wenn ich sie nicht immer verstehe. Diesbezüglich finde ich diese Seite ganz interessant.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Soweit ich mich erinnern kann, hat Cohen zuerst geschrieben und dann gesungen. Ich bin für ihm für diesen Wechsel sehr dankbar. Bis jetzt habe ich eines seiner Bücher gelesen und fand es.... [size=6pt]schrecklich[/size].

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • @ Valentine, danke für den Link.
    Als erstes habe ich mir "So long Marianne" noch mal angeschaut, die taucht nämlich jetzt in Cohens Leben auf. Sein Aufenthalt in London fällt nich so lang aus, er schreibt viel an seinem Roman, ist des englischen Wetters aber bald überdrüssig und zieht weiter nach Griechenland. Auf Hydra gibt es eine Künstlerkolonie, wo er mit Abstechern ins heimatliche Montreal, ins frisch revolutionierte Kuba und sogar nach London die nächsten Jahre lebt, sich sogar ein Haus kauft (das ist da recht billig, ohne Wasser, Strom, ...) und auch Marianne trifft. Die folgt ihm recht zuverlässig durch sein unstetes Leben, wobei ich das Gefühl habe, dass sie wirklich der eher passive Teil der Beziehung ist.


    Bei einem seiner Montreal-Aufenthalte trifft er dann die nächste Frau, die ein Lied bekommt, "Suzanne". Darüber habe ich schon mal eine interessante Doku (über Frauen aus Liedern) gesehen. Suzanne lebt (immer noch) wie ein Hippie und während das Lied berühmt wurde, hat sie nie einen Cent aus seinen Einnahmen gesehen - was ich ziemlich unfair fand und finde. Die Veröffentlicheung von "Suzanne" als Lied ist aber ein Vorgriff, denn Cohen ist bislang immer noch nur Schriftsteller/Dichter.



    Soweit ich mich erinnern kann, hat Cohen zuerst geschrieben und dann gesungen. Ich bin für ihm für diesen Wechsel sehr dankbar. Bis jetzt habe ich eines seiner Bücher gelesen und fand es.... [size=6pt]schrecklich[/size].


    OK, ich vergesse mein "man könnte mal gucken, wie seine Bücher so sind" ganz schnell wieder. :breitgrins:

  • Hallo illy


    Klingt interessant, dein Buch. Ich finde das immer besonders spannend, wenn reale Begegnungen oder Ereignisse, die den Autor geprägt haben, in die Songs bzw. Geschichten einfliessen. Natürlich beeinflusst einen alles, was man erlebt, aber wenn der Bezug so klar ist, hat das nochmals eine andere Wirkung, finde ich. Diese Doku über die "Frauen aus Liedern" habe ich übrigens auch gesehen.


    Ich werde hier weiter mitlesen. :smile:

  • Cohen ist jetzt endgültig Musiker.
    Es verschlägt ihn mal wieder nach New York, wo er die ganze Bagage rund um Warhol kennen lernt, Lou Reed hat sogar sein Buch gelesen. :breitgrins: Nico ist auch mit dabei und findet ihn toll, was ich interessant fand. Ich finde sie musikalisch ziemlich beeindruckend: sobald ich drei Lieder von ihr in Folge höre, will ich Schlaftabletten nehmen, mich erschießen und vom Dach springen - am besten alles auf einmal! Sie wird als Muse für "Memories", One of us cannot be wrong" und Joan of Arc" angegeben, allerdings hatten sie und Leonard wohl nichts miteinander. In einem Nebensatz wird dann erwähnt, dass Iggy Pop sehr wohl was mit ihr hatte und es auch ein Lied von ihm über sie gibt, was sehr Cohen-mässig klingt: Nazi Girlfriend


    Solch Kleinkram finde ich interessant und das gehört auch zu dem, was ich mir vermutlich merken werde. :zwinker: Dazu gehört auch, dass Cohens Lied "Chelsea Hotel" von seinem One-Night-Stand mit Janis Joplin handelt. Ich habe Cohen vorher gar nicht so sehr als Bestandteil der Musikszene wahrgenommen. Allerdings ist er auch nicht so sehr Bestandteil, er ist wohl eher der zurückhaltende Typ, der mehr am Rand dabei sitzt.


    Dann gibt es ziemlich viel Beschreibungen über die Aufnahmen von seinen ersten Platten, welche Arrangements ihm gefielen, was sein jeweiliger Produzent dazu meint etc., Sachen die mich nicht so sehr interessieren, aber deutlich machen, dass "eine Platte aufnehmen" nicht ganz so ein simpler Prozess ist, wie ich mir das vorgestellt hätte.


    Zuletzt landet Cohen auf einer einsamen kleinen Farm in Tennesse, wo er Naturbursche spielt und auch mal den Tag über nackt herumläuft. :redface: :breitgrins:


  • Allerdings ist er auch nicht so sehr Bestandteil, er ist wohl eher der zurückhaltende Typ, der mehr am Rand dabei sitzt.


    Interessant - so hätte ich ihn mir vorgestellt, ohne dass ich dafür irgendwelche Anhaltspunkte habe.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Die Frage ist wohl auch, wie man "Bestandteil" definieren möchte. Ich weiss nicht viel über ihn, aber mir erschien er immer wie losgelöst von dem ganzen Szene-Zirkus. Nachdem, was du beschreibst, war er das wohl doch nicht so.

  • Zitat

    Auch für Leonard wurde 1969 ein entscheidendes Jahr – das Jahr, in dem er die Frau kennen lernte, die ihn zum Familienvater werden ließ, und den Mann, der ihn zum Mönch machen sollte.


    Die Frau heißt (auch) Suzanne und nach ein bisschen Spielerei mit Scientology interessiert er sich dann doch eher für Zen-Buddhismus. Ansonsten geht es viel um seine ersten Auftritte als "Pop-Star" auf den Bühnen der Welt - öffentliche Auftritte mag er gar nicht und hat heftigstes Lampenfieber.


  • Ansonsten geht es viel um seine ersten Auftritte als "Pop-Star" auf den Bühnen der Welt - öffentliche Auftritte mag er gar nicht und hat heftigstes Lampenfieber.


    Da kann ich mich an eine Reportage über ihn erinnern, als er vor einem Auftritt geweint hat weil er dachte, er schafft das nicht. Das war sehr berührend, vor allem weil er auf der Bühne von seiner Angst erzählt hat.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Da kann ich mich an eine Reportage über ihn erinnern, als er vor einem Auftritt geweint hat weil er dachte, er schafft das nicht. Das war sehr berührend, vor allem weil er auf der Bühne von seiner Angst erzählt hat.


    Ja, das passt zu den Beschreibungen.


    Im Moment kriegt meine Sympathie für Cohen ein paar ziemliche Dämpfer:


    Als in Israel der Jom-Kippur-Krieg beginnt, will er unbedingt mit dabei sein (darf aber nur Truppenbespassung machen und nicht kämpfen) und sagt hinterher:

    Zitat

    »Krieg ist wundervoll. Man wird ihn nie ausradieren. Es ist einer der wenigen Augenblicke, in denen die Menschen das Beste aus sich herausholen können. Krieg ist wunderbar ökonomisch, jede Bewegung ist präzise, jede Anstrengung aufs Maximum ausgelegt. Niemand macht irgendwelche Faxen. Man bekommt die Möglichkeit zu Empfindungen, die man im modernen Stadtleben einfach nicht spüren kann.«


    :rollen:


    In den Krieg ziehen ist für ihn aber auch nur eine Art Flucht vor dem Familienleben. Er ist zwar wohl ein fürsorglicher Vater, aber die Ehe entspricht nicht wirklich seinem Lebenskonzept.

    Zitat

    Er hatte eine Reihe von Affären. Zwar lebte er weiterhin mit Suzanne zusammen, aber was er über sie schrieb, war ausgesprochen abfällig. Suzanne nahm das nach eigener Auskunft nicht persönlich


    Musikalisch entsteht zwischendurch eines meiner Lieblingslieder "Who by Fire" und (Cohen auf deutsch klingt lustig) "Die Gedanken sind frei"

  • Mich würde interessieren, wann er diese Aussage zum Krieg gemacht hat und ob er das heute noch genauso sieht.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Das finde ich jetzt aber auch ziemlich heftig und irgendwie fällt es mir sehr schwer zwischen dieser Aussage und seinen Liedern (zumindest denen, welche ich kenne) einen Zusammenhang zu sehen. Solche Einstellungen traue ich vielen zu, aber ihn hätte ich wirklich nicht dazu gezählt.


  • Mich würde interessieren, wann er diese Aussage zum Krieg gemacht hat und ob er das heute noch genauso sieht.


    Manchmal ist es auch wichtig, den Zusammenhang eines Satzes zu sehen. Wenn man nicht den Kontext hat, dann kann man auch ganz schnell etwas falsch verstehen - wobei ich nicht wüsste was daran falsch zu verstehen sein kann. Der Jom-Kippur-Krieg fand 1973 statt und ist natürlich schon eine ganze Weile her. Schon damals kochte es im Nahen Osten und der Angriff erwischte die Israeli ziemlich kalt. Dennoch habe ich ein Problem mit einer Verherrlichung von Krieg.

  • Tina: ich kann mich an etwas in dieser Richtung aus der schon erwähnten Reportage erinnern und auch, dass ich damals geschluckt habe. So ist das mit Biographien: man lernt den Betreffenden von allen Seiten kennen und das bedeutet, dass man auch weniger schöne Sachen sieht.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • So ist das mit Biographien: man lernt den Betreffenden von allen Seiten kennen und das bedeutet, dass man auch weniger schöne Sachen sieht.


    Aber das ist ja auch normal. Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass meine Lieblinge in Musik und Film nicht zwangsläufig Leute sind, mit denen ich mich tatsächlich befreunden würde (könnten sie natürlich auch, aber ich setze das nicht voraus oder erwarte es). Natürlich gibt es eine gewisse, ich sag mal Deckungsgleichheit zwischen dem Fan (also uns) und den Personen hinter der Kunst, die wir gut finden, sonst würden wir es nicht gut finden. Aber das ist meistens nicht umfassend. Menschen sind ja facettenreich und haben ihre Abgründe und Widersprüche. Das gilt nun einmal auch für unsere Stars (wenn für die nicht noch mehr). Dadurch bleibt es aber umso spannender, finde ich. Wenn man für einen Künstler grosse Sympathie haben kann, ist das natürlich umso besser, aber als Voraussetzung jemandes Werke toll zu finden, sehe ich das nicht.