Fabien Vehlmann & Kerascoët - Jenseits (Jolies ténèbres)

  • Hallo ihr Lieben!


    Dass ich die Franzosen und ihren Respekt für Comics und Graphic Novels mag ist ja kein Geheimnis. Nachdem mir dieses Buch immer wieder empfohlen wurde, habe ich endlich zugeschlagen. Mit so einem düsteren, beeindruckenden Werk hatte ich allerdings nicht gerechnet!


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

     

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

     

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Klappentext:
    Es beginnt mit einem heiteren Kaffeetrinken, zu der die junge Dame ihren Schwarm eingeladen hat. Kuchen und heiße Schokolade werden gereicht, und es verspricht ein vergnügliches Rendezvous zu werden. Doch die Idylle schlägt in blankes Entsetzen um, als dicke violette Tropfen von der Decke fallen und alles zusammenzubrechen droht. In letzter Sekunde entkommen die beiden ans Tageslicht, um zu erkennen, dass es nicht ein Haus oder eine Höhle war, aus der sie geflohen sind – hinter ihnen liegt, um ein Vielfaches größer als sie selbst, ein Mädchen leblos im Gras. Eine Reihe weiterer kleiner Geschöpfe entsteigen dem toten Körper, und sie alle müssen sich nun gemeinsam in einer bedrohlichen Natur zurechtfinden. Um den unvermittelten Umschwung zwischen Freude, Mitgefühl und Grausamkeit kreist "Jenseits".


    Meine Meinung:
    Die junge Aurore hat Hector zum Tee eingeladen, wohl in der Hoffnung in ihm ihre große Liebe zu finden. Als plötzlich dicke Tropfen auf sie herabfallen, flieht Aurore gerade noch aus ihrem Haus - und kriecht im nächsten Bild aus der Nase eines toten, menschlichen Mädchens. "Draußen" finden sich allerlei andere Feengeschöpfe, Pixies, oder wie immer man diese winzigen Menschlein nennen will. Dass aus der Leiche eines menschlichen Mädchens kleine Wesen klettern, ist schon gruselig genug - vor allem weil man sich ständig fragt, warum das Mädchen tot im Wald liegt. :entsetzt: Aber der wirkliche Horror beginnt erst jetzt.


    Nun versucht Aurore, ihre Zivilisation am Leben zu erhalten. Sie verteilt Nahrung, sammelt Beeren, freundet sich mit den benachbarten Tieren an und trommelt die Überlebenden zusammen. Doch nicht alle Wesen sind so gutmütig wie sie. Auf den nächsten Seiten folgt ein Bild des Horrors. So niedlich sie auch gezeichnet sein mögen, diese Feen (ich nennen sie jetzt einfach so) zucken nicht mal mit der Wimper, bevor sie einander in den sicheren Tod schicken. Ein Beispiel ist die kleine hungrige Ballerina, die sich in ein Vogelnest setzt, um so an etwas Essen zu kommen. Als ihr die Volgemutter den Schnabel, inklusive Wurm, in den Hals steckt, sieht man im nächsten Bild nur ein blutendes Ballerina-Mädchen, Hals zerfetzt und bald darauf tot. :entsetzt:
    Abgesehen von Aurore sind aber auch die Charaktere interessant. Ich habe in verschiedenen Rezensionen die Theorie gelesen, dass das Menschenmädchen nach dem Tod ihre Persönlichkeit geradezu ausgestoßen hat und dass die kleinen Feen ihre Charakterzüge repräsentieren. Aurore ist das gute, naive, viel zu zutrauliche Mädchen, andere Feen verkörpern eher düstere Eigenschaften. Man nehme den scheinbar hilfsbereiten Plim, der zwar überall mitmischt, schwierige Aufgaben aber immer irgendwie an andere "delegiert". Die hübsche Zélie ist ein Biest der Sonderklasse. Sie manipuliert, tötet und quält, wie es ihr passt. Und das schreiende Baby scheint von allen wie vergessen... :traurig: Die distanzierte Jane ist ein Einzelkämpfer, das zerzauste Mädchen, das Maden isst und es sich im Ohr der Leiche gemütlich macht... ich weiß es auch nicht, aber gruselig war es allemal. Jolies ténèbres liest sich ein wenig wie Herr der Fliegen mit putzigen Feen.


    Man kann diesen Comic auf verschiedene Arten lesen. Es ist nicht nur eine Aufzählung von Todesfällen (obwohl es sich teils so anfühlt), sondern auch die Geschichte von Aurores Entwicklung vom naiven Mädchen zu einer Art Racheengel. Sie muss lernen, dass das Leben manchmal einfach ungerecht ist und dass einem sogenannte Freunde jederzeit in den Rücken fallen können. Hector, der hübsche wenn auch dümmliche Prinz, hat etwa keinerlei Skrupel Aurore im Stich zu lassen. Ganz nebenbei lernt Aurore, dass die Waldtiere nichts mit einem Disneyfilm gemeinsam haben, sondern problemlos die kleinen Feen fressen, wenn es sich gerade anbietet. Und dass es in der Nähe zumindest einen Menschen gibt (für Aurore ein Riese), sorgt nur für weitere Probleme.


    Besonders der Kontrast zwischen Bildern und Inhalt war für mich beeindruckend. Da sieht man hinreißend süße Kreaturen, die sich die grausamsten Dinge antun und weiß nicht so recht, ob man die Geschichte lieben oder hassen soll. Rein optisch könnte es tatsächlich ein Kinderbuch sein, inhaltlich eindeutig nicht! Das Ende fand ich schön abgerundet (es schließt sich fast ein Kreis um die ganze Geschichte) und zum Nachdenken anregend. Aurores Geschichte war ergreifend, verstörend und gleichzeitig wunderbar zu lesen. Der Text hält sich in Grenzen und lässt lieber die Bilder für sich sprechen - etwas, das ich an Comics generell sehr schätze. Mich juckt es jetzt schon wieder in den Fingern, das Buch erneut zu lesen. Dank viel Interpretationsspielraum vermute ich, dass es sich ausgezeichnet für Re-Reads und Diskussionsgruppen eignet.


    5ratten


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog