Übersetzer? Völlig uninteressant für den Leser?

Es gibt 56 Antworten in diesem Thema, welches 10.207 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von holger2.

  • Aber sie hat sich doch (zumindest in dem zitierten Beitrag) nicht geringschätzig geäußert. Sie hat "werden nicht wahrgenommen" geschrieben, als Feststellung einer Tatsache oder zumindest Annahme ihrerseits. Aber sie hat nicht gesagt "Übersetzer sind unwichtig", im Gegenteil. "Das mindert nicht im Geringsten ihre Leistung."


    1. Sie erwähnt in ihrer betreffenden Buchbesprechung mit keinem Wort den oder die Übersetzer/in.
    2. Aufmerksam gemacht auf ihren Lapsus, zeigt sie keine Einsicht oder korrigiert gar ihre Nachlässigkeit, sondern relativiert sie auch noch, indem sie schreibt, dass Übersetzer für die meisten Leser doch "kaum wahrgenommene Geburtshelfer von Büchern" seien.
    3. Und auch weiterhin: keine Erwähnung des Übersetzers, weder im Artikel, noch in der Kommentarspalte.


    Was, bitteschön, könnte geringschätziger sein? :gruebel:


    "Krimimimi" liest Krimis und schreibt ihre Rezensionen für ein Klientel, für das die Übersetzerfrage großteils nicht existent ist.


    Das spricht nicht gerade für Krimimimi und ihre Klientel. Ich finde, konsequenterweise sollte sie dann auch den Namen des Autors weglassen. Ist doch bestimmt völlig uninteressant für die Leser. Hauptsache, das Buch hat ein schönes Cover.

  • Einen schönen Kommentar über die Bedeutung von Übersetzern habe ich gerade auf dem Blog von Isabel Bogdan gelesen, ihrerseits ebenfalls Übersetzerin (u.a. Nick Hornby, Jasper Fforde, Sophie Kinsella):


    Warum es so wichtig ist, die Übersetzer zu nennen


    Ihr Fazit:


    Zitat

    Jeder Käufer eines Hörbuchs möchte wissen, wessen Stimme er hören wird. Ein Käufer klassischer Musik wählt nach Interpret aus. Genauso möchte die Leserin eines Buchs wissen, wessen Stimme sie lesen wird.

  • Ich muss zugeben dass mit der Übersetzer vollkommen egal ist. Ich schau auch nicht nach oder such gezielt danach Bücher aus.

  • Ich würde mich ja zu gerne mal neben die Kasse in einer Buchhandlung stellen und die Kunden fragen: "Wissen Sie, wer das Buch, das Sie gerade gekauft haben, übersetzt hat?" (Bin leider zu schüchtern dafür, das wirklich zu tun.) Ich bin mir sicher, nicht allzu viele positive Antworten zu erhalten.


    Ich bin mir auch sicher, dass eine ganze Menge Unterhaltungsleser (also solche, deren hauptsächliches Ziel bei ihrer Lektüre es ist, gut unterhalten zu werden), sich dessen nicht bewusst sind, wie unterschiedlich das Ergebnis einer Übersetzung je nach Übersetzer sein kann. Die naive Vorstellung ist doch: Ich gebe einen (z. B.) englischen Text ein und bekommen einen deutschen Text heraus. Dass dem nicht so ist, wurde mir bewusst, als ich mich vor vielen Jahren durch Charles Dickens Werk pflügte. Mir war vollkommen egal wie das Cover aussah oder bei welchem Verlag das Buch erschienen war - Hauptsache, es stand "Charles Dickens" vorne drauf. (Der Autor spielt beim Kauf eben doch eine große Rolle.) Und ja, ein Taschenbuch musste es sein; für gebundene Bücher fehlte mir das Geld. Jedenfalls stellte ich bei meinem vierten (oder so) Dickens fest, dass die Londoner Unterschicht, die bis dahin immer berlinert hatte, plötzlich eher Wienerisch klang. Huch, wie sonderbar. Eine für mich augenöffnende Erfahrung, die aber - glzube ich - viele Leser nicht gemacht haben.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Meine Gegenfrage an Frau Haefs wäre, wie viele Filmübersetzer genannt werden. Wie viele davon sie namentlich kennt und den entsprechenden Filmen zuordnen kann.
    Im Film werden m.W. auch Drehbuchautor/innen nicht an prominenter Stelle genannt - meinst kennt man sie gar nicht, sondern nur Schauspieler und ggf. Regisseure.


    Ich finde es im Gegenteil von der Übersetzerin arrogant, solche (provokanten und "dummen") Fragen zu stellen. Der Übersetzer leistet natürlich wertvolle, zeitintensive und in gewissem Rahmen - je nach Vorgabe - auch kreative Arbeit, ist aber letztendlich ein Dienstleister, der sich nach der Vorgabe richten muss. Solange kein Autor kreativ tätig wird und ein Buch (oder Drehbuch) verfasst, kann der Übersetzer seine Arbeit gar nicht leisten. Er steht also nur an zweiter Stelle.
    In Interviews wird m.W. auch nie der Dolmetscher genannt, obwohl dessen Arbeit immens wichtig ist vor allem für das Verständnis von Interviewpartnern aus Ländern, deren Sprachen weniger verbreitet sind bzw. gelernt werden.


    Auf andere Aspekte geht man in Rezensionen in der Regel auch nicht ein, z.B. die Covergestaltung im Original und in der Übersetzung. Auch das Cover kann kaufentscheidend sein und die Gestalter leisten kreative Arbeit, bleiben aber ungenannt.


    Das gleiche gilt für hunderte anderer Berufe, in denen ein (Firmen-) Name prominent ist und mit dem Produkt verbunden wird, der Name der vielen anderen Beteiligten aber nicht. Wir kaufen Kuchen der Firma X ohne zu wissen, wer genau das Rezept entwickelt hat. Die meisten Leute lesen Fotobände, Ratgeber, Kochbücher etc. ohne den Namen der Fotografen und ggf. Stylisten zu kennen. Wo wir gerade dabei sind: Den Namen der Stylisten bekannter Modells, Schauspieler, Interviewpartner etc. kennt man meist auch nicht, auch wenn deren Aussehen einen wichtigen Aspekt in ihrer Popularität darstellt.


    Hinter den meisten bekannte Menschen und Produkten stehen viele, viele wichtige aber unbekannte Dienstleister, die die Bekanntheit dieser Menschen erst durch ihre Arbeit ermöglichen.
    Man denke nur an die vielen Menschen, die am Erfolg einer Band beteiligt sind; das dürften bei größeren Bands hunderte von Menschen sein - von den Herstellern der Instrumente über Musiklehrer, Roadies, Marketingleuten, teilweise Ausstattern, Herstellern des Lichtequipments, Transport, Management usw. Keiner dieser Leute ist den meisten Fans namentlich bekannt, es wird nie danach gefragt, und das wissen auch alle einschließlich der Bandmitglieder und der "Betroffenen".
    Jetzt müsste mal ein Roadie kommen und ein Fass aufmachen....


    Interessant wäre auch, ob Frau Haefs die entsprechenden Namen der Menschen hinter ihrer Lieblingsband kennt! :zwinker:



    LG von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

    Einmal editiert, zuletzt von Keshia ()

  • MacOss
    Genau diesen Artikel wollte ich auch gerade zitieren :zwinker:



    Auf andere Aspekte geht man in Rezensionen in der Regel auch nicht ein, z.B. die Covergestaltung im Original und in der Übersetzung.
    Auch das Cover kann kaufentscheidend sein und die Gestalter leisten kreative Arbeit, bleiben aber ungenannt.


    Abgesehen davon, dass es für mich keine Argumentation ist, etwas ok zu finden, weil es in anderen Bereichen genauso schlimm ist - ich begegne in Rezensionen weit häufiger Kommentaren zum Cover (ok, nicht zwingend mit Namensnennung) als welchen zur Übersetzung.


    Und sorry, Roadies bei einer Band sind für mich einfach etwas anderes als Übersetzer, die einen maßgeblichen Einfluss auf das Werk haben

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**


  • Die naive Vorstellung ist doch: Ich gebe einen (z. B.) englischen Text ein und bekommen einen deutschen Text heraus.


    Ich glaube, die naive Vorstellung eines Lesers, der nur unterhalten werden möchte, ist einfach, dass er das Buch liest. In welcher Sprache es original wann geschrieben und wann und vom wem übersetzt wurde, interessiert nicht nur die meisten nicht, sondern das sind auch Aspekte, die ihnen völlig egal sind.


    Ich weiß auch nicht, wer wann wie an meinem Auto mitgearbeitet hat (Ideen, Konzepte, Umsetzung, Einzelteile, Farbhersteller usw.) - das interessiert mich auch nicht. Jedenfalls nicht als durchschnittlicher Autofahrer. Im Normalfall sind sich entsprechende Mitarbeiter dessen auch bewusst und heulen nicht rum, dass jeder den Namen Mercedes kennt, aber keiner weiß, wer das Konzept für einzelne spezielle Farben dieser Autos entwickelt hat. Wir hatten mal ein Auto mit einer besonderen Farbe; je nach Lichteinfall schimmerte die grüne Farbe blau. Damals waren wir noch nicht im Internet unterwegs; selbst heute würde ich vermutlich nicht googeln, wer denn diese Farbe entworfen hätte.


    Es gibt tolle Bücher mit besonderem Papier (glänzend oder matt und dick, teilweise mit einer besonderen rauen Qualität "wie altes Papier" usw.). Welcher Leser interessiert sich dafür, wer das Papier ausgesucht hat und wo es hergestellt wurde?


    Es gibt noch tausende andere Beispiele von Produkten, die wir nutzen und lieben und teilweise im Internet besprechen, von denen wir aber nicht alle am Endprodukt beteiligten Menschen kennen. Bspw. kaufen wir Kleidung der Marke X, ohne den Designer zu kennen, oder Möbel, ohne zu wissen, wer die genau entworfen hat; das gleiche gilt für Geschirr, Fernseher und die meisten Prestigeobjekte von bestimmten Firmen, von denen meist nur der Firmenname und die Produktbezeichnung bekannt ist.

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Wenn Du unbedingt Äpfel mit Birnen vergleichen willst... nur weiter.

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**



  • Der Punkt ist, dass viele Menschen einen maßgeblichen Einfluss auf ein Werk/ Endprodukt haben. Bei den allermeisten Produkten fällt uns das schlicht nicht auf, oder es ist nicht üblich, den kreativen Kopf dahinter zu nennen (z.B. bei Möbeln nur bei hochpreisigen Einzelstücken).


    Jetzt kann der Übersetzer als verkanntes Genie rumheulen, oder er akzeptiert - und weiß das vorher! - dass er einen Beruf ergriffen hat, in dem nur wenigen sein Name bekannt oder überhaupt wichtig ist (im Vergleich zu den vielen, die den Autor kennen und einigen, die nicht mal den Namen des Autors sondern nur den Titel kennen).
    Als Übersetzer sollte man aber mMn im Vorfeld wissen, dass nur wenige, die ein besonderes Interesse daran haben, den Namen des Übesetzers kennen oder überhaupt nachlesen werden.



    Wann habt Ihr angefangen, bei übersetzten Büchern den Originaltitel nachzulesen?
    Also ich recht spät.
    Vorher war mir gar nicht so bewusst, dass das Buch einen Originaltitel hatte, weil ich mich nur für den Inhalt interessiert habe. Teilweise war mit der Autorenname auch nicht bekannt bzw. hat mich nicht interessiert. Und ich denke, dass immer noch viele (aber zunehmend weniger) Menschen Bücher so lesen: Sie interessieren sich nur für den Inhalt, so wie er ihnen präsentiert wird, nicht für den Autor, nicht für den Verlag, nicht für den Lektor, nicht für den evtl. Übersetzer, nicht für die Auflage und evtl. Änderungen im Vergleich zu früheren Auflagen, nicht für das Erscheinungsdatum. Vielleicht halt noch für das Cover.


    Wann habt Ihr angefangen, mal nachzusehen, wer die Texte zu Euren Lieblingssongs geschrieben hat?
    Ich auch vergleichsweise spät, und nur, weil ich glaubte, der Sänger würde immer auch selbst seine Texte schreiben. Dass daran andere Menschen beteiligt sein könnten oder Texte sogar übersetzt worden sein könnten (und von wem!!!), wusste ich lange nicht und es kam mir auch nicht in den Sinn.
    Wer also deutsche Lieder hört: Kennt Ihr die Übersetzer der übersetzen Titel (meist sind es ja ältere)?
    Kennt Ihr die Komponisten und Texter von gecoverten Songs?
    Ich glaube ja, dass nur wenige, die sich speziell dafür interessieren, diese Informationen nachschlagen und behalten.


    LG von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.


  • Wenn Du unbedingt Äpfel mit Birnen vergleichen willst... nur weiter.


    Ein Übersetzer ist wichtig, aber er hat einen "unsichtbaren" Beruf.
    Wenn ihn das stört, muss er sich auf Werke spezialisieren, bei denen vielen Leser der Übersetzer bekannt und wichtig ist z.B. klassische Texte, ggf. wissenschaftliche Texte in bestimmten Bereichen, "hohe Literatur", die wissenschaftlich diskutiert wird und bei deren Diskussion dann auch der Übersetzer wichtig wird oder zumindest das Original ggf. mit der Übersetzung verglichen wird. Halt keine normalen Unterhaltungsromane.


    Am ehesten ist der Übersetzer für Otto Normal mMn noch bei Gedichten interessant, weil dort wirklich fast jedes Wort sowohl bzgl. Klang als auch Assoziation bedeutsam ist.


    Und, nein, für mich sind es nicht Äpfel und Birnen. Es gibt sichtbare und unsichtbare/re Berufe, und es gibt Berufe, in denen man originär kreativ ist und andere, in denen die Kreativität von der Vorarbeit anderer abhängt. Ein Übersetzer gehört zur zweiten Gruppe.
    Er ist aber nur ein Beispiel für die vielen kreativen Köpfe, die nicht jeder kennt, weil sie von großen (oder anderen) Namen verdeckt werden.
    Ich bin der Meinung, dass keiner - auch kein Übersetzer - alle kreativen Köpfe hinter seinen Lieblingsprodukten (oder allen genutzten Produkten) kennt und dass dies nur wenige wirklich umfassend interessiert.
    Der Übersetzer mag für ein übersetztes Buch einer der wichtigsten Erfolgs- oder überhaupt Verkaufsaspkte sein - ohne ihn könnten viele potentielle Leser das Buch schließlich nicht lesen - aber dies gilt wirklich auch für viele andere Menschen, die an anderen Produkten mitarbeiten.


    Der Übersetzer ist in seiner Unsichtbarkeit für viele Leser/ Nutzer nicht einzigartig.


    Und wie gesagt, diese Unsichtbarkeit ist ihm normalerweise bewusst.


    Wer hat die Software für diese Seite programmiert, die für die Nutzung von Literaturschock essentiell ist?
    Ich weiß es nicht!
    Dem Programmierer dürfte bewusst sein, dass das für die meisten Nutzer gelten wird.


    LG von
    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Otto Normal liest keine Gedichte. Und ansonsten, Keshia, vergleichst Du wirklich Äpfel mit Birnen.
    [hr]
    Zum Thema: Der Übersetzer hat - wie das Fr. Bogdan geschrieben hat - an seinem Text die Urheberrechte. Deshalb werden so viele Texte erst mehr als 70 Jahre nach dem Tod des Autors gemeinfrei: Weil der Übersetzer noch lebt. Streng genommen müssten wir spätestens, wenn wir aus dem Buch zitieren, den Übersetzer angeben. Er ist also selbst von Gesetzes wegen nicht gar so unsichtbar und unscheinbar, wie das Krimimimi & Co. KG anzunehmen pflegen.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Wir sind hier in einem Literaturforum, nicht in einem Auto- oder Musikforum. Ich kenne übrigens Film- und Musikfreaks, die zu jeder, für normale Konsumenten, abwegigen Frage eine Antwort parat haben. Dinge auf die ich nicht mal im Traum kommen würde...dagegen ist das Wissen um den Übersetzer ein Witz, der steht schließlich im Buch.
    Klar hat Saltanah recht, wenn sie sagt, bei den meisten Büchern hat man ja eh keine Wahl, aber spätestens wenn ich sie habe wird es immens interessant und wichtig und dann wird auch darüber gesprochen, s.Tolkien, Pratchett und sowieso diverse Klassiker.
    Ich nehme mir jedenfalls vor, den Übersetzer in den nächsten Kommentaren wenigstens zu nennen. Ist schließlich kein Aufwand und bei Büchern, die mehrfach übersetzt wurden, dürfte das auch für viele von Interesse sein.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Ich nehme mir jedenfalls vor, den Übersetzer in den nächsten Kommentaren wenigstens zu nennen. Ist schließlich kein Aufwand und bei Büchern, die mehrfach übersetzt wurden, dürfte das auch für viele von Interesse sein.


    Hey, wenn nur ein paar hier diesen Anstoß aus der Diskussion mitnehmen, ist das doch schon mal super!

    LG, Dani


    **kein Forums-Support per PN - bei Fragen/Problemen bitte im Hilfebereich melden**

  • Ich glaube, vielen Lesern ist gar nicht bewusst, dass sie beim Lesen von Übersetzungen nie die Stimme des Autors hören, sondern immer nur die Interpretation des Übersetzers, der mit seinen eigenen Worten die Intention und die sprachlichen Mittel des Autors wiederzugeben versucht. Insofern halte ich Übersetzer für elementar für die Qualität eines Buches. Ein guter Übersetzer muss gleichfalls ein guter Autor sein und mit Sprache umgehen können. Ein schlechter oder nachlässiger Übersetzer kann ein hervorragendes Original zerstören. Umgekehrt kann ein guter Übersetzer aus einem mittelmäßigen Original noch eine gute Übersetzung herausholen.

  • Ich interessiere mich ehrlich gesagt auch nicht dafür, wer der Übersetzer ist. Mich interessiert eigentlich nur, ob es sich um eine Übersetzung handelt (aber das weiss ich ja meistens). :zwinker: Das hat Gründe. Für mich wäre es nur unnötig kompliziert, mir mit den Übersetzernamen zu merken. Wenn es mehrere Übersetzungen gibt, gibt es bestimmt Unterschiede im Text, die wichtig sind ja. Aber woher soll ich wissen, wer jetzt die "richtige" Übersetzung geschrieben hat? Woher soll ich wissen, welcher von all diesen Übersetzern den nun der beste, genaueste oder am angenehmsten zu lesende ist? Wenn ich das wissen wollte, müsste ich sämtliche Übersetzungen, die ich lese, mit dem Original vergleichen und das ist mir schlicht zu mühsam. Abgesehen verändert sich durch eine Übersetzung ja höchstens der Stil und nicht der Inhalt der Geschichte. Wobei ich ja der Meinung bin, dass ein Übersetzer den Original-Stil so getreu wie möglich übertragen sollte und einfach mal darauf vertraue, dass die Übersetzer einen gewissen Berufsstolz haben und das tatsächlich tun. Und selbst wenn nicht, primär interessiert mich ja die Geschichte.


  • In meinen Rezensionen hab ich sie noch nie erwähnt :redface:

    Ohne jetzt die Zeit zu haben den ganzen Thread durchzulesen (bin leider gerade etwas im Stress):
    Aber das heißt eigentlich nur, dass der Übersetzer seinen Job gut gemacht hat.
    Ich besuchte neulich (auf der Loveletter-Convention) einen Workshop zu Übersetzungen, der von Mitarbeiterinnen der Agentur Libelli geführt wurde. Diese Agentur bietet Selbstpublizierern das volle Leistungsspektrum eines normalen Verlags, unter anderem eben auch Übersetzungen, was schon von vielen amerikanischen Autoren genutzt wird.


    Und bei diesem Workshop wurde immer wieder betont, dass der Übersetzer seine Arbeit dann gut gemacht hat, wenn er sozusagen im Hintergrund verschwimmt und die Übersetzung gar nicht mehr als Übersetzung wahr genommen wird.
    Das ist zwar etwas unfair der tollen Arbeit der vielen Übersetzer gegenüber, aber eben andererseits genau das, was die Arbeit auszeichnet.
    Das heißt aber ganz sicher nicht, dass Übersetzer nicht wichtig sind. Im Gegenteil, in meinen Augen.


    Ich bin sehr froh, dass wir in Deutschland so viele wunderbare Übersetzer haben und auch die Übersetzungskultur an sich recht groß geschrieben wird. Was würden wir alle verpassen, wenn wir nur Autoren und Filme aus unserem Sprachkreis lesen und sehen würden und alles andere nur im Original? Zwar ist mein Englisch beispielsweise gut genug um alles grundlegend zu verstehen, dennoch fühle ich mich, gerade was das letzte Detail angeht, in meiner Muttersprache wohler und mehr als Englisch kann ich als Frendsprache nicht bieten. Meine rudimenteren Lateinkenntnisse helfen jedenfalls nicht bei französischen, spanischen, japanischen... Büchern.

  • Für mich sind Übersetzer der ausschlaggebende Punkt, weshalb ich - soweit es meine Sprachfähigkeiten erlauben - immer versuche, im Original zu lesen. Da ich ohnehin sehr viel angloamerikanische Autoren lese, muss ich mich mit dem Übersetzer selten beschäftigen.


    Wenn ich dann aber doch ein übersetztes Werk lese, schwirrt mir durchaus im Kopf herum, wie weit oder nah die Übersetzung am Original liegt. Allerdings kann man sich über einen Autor wesentlich besser und leichter informieren, als über einen Übersetzer, es sei denn der Übersetzer ist selbst auch bekannter Autor.
    Außerdem finde ich es dann schwer, zu beurteilen, ob der Übersetzer gut oder schlecht ist. Wenn ich ein übersetztes Werk lese, weil ich der Original-Sprache nicht mächtig bin, kann ich alleine nie beurteilen, ob denn nur der Übersetzer das Werk zum besseren oder schlechtern verändert hat oder wie werkgetreu übersetzt wurde oder übersetzt werden konnte. Zumal es ja noch mal einen Unterschied macht, aus welcher Sprache ich übersetze. Das betrifft dann ja nicht nur Stil und Inhalt sondern auch wesentlich die Länge.


    Wer sich mal gefragt hat, wieso beispielsweise Patrick Rothfuss' The Wise Man's Fear im Deutschen in zwei Teilen herausgekommen ist, kann hier die Antwort des Autors lesen. (Kurz gesagt: die Übersetzung von Englischem ins Deutsche wird tendenziell um gut 1/3 oder mehr länger als der Originaltext).

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.


  • Gerade die Übersetzungen von Harry Rowohlt haben einen ganz eigenen Sound. Ich habe mal einen Artikel bzw. ein Interview mit ihm gelesen, in dem er beschrieb, welch große Mühe er sich für seine Übersetzungen gibt, wie sehr er manchmal an kleinsten Formulierungen feilt, damit sie rund klingen und im Sinne des Werkes und seines Autors übersetzt werden. Dazu führt er oftmals mehr oder weniger umfangreiche Korrespondenzen mit den Autoren, um sie zu fragen, wie einzelne Phrasen, ja, selbst kleinste Wörter am sinnvollsten (dabei nicht immer unbedingt wörtlich!) zu übersetzen sind, wenn er unsicher ist.


    Zwar nicht den gesuchten, aber einen ähnlichen Artikel über die Zusammenarbeit Harry Rowohlts mit dem irischen Autor Roger Boylan habe ich in den Tiefen des Internets, nämlich im Online-Archiv der ZEIT, gefunden:


    Harry Rowohlt: Lost in Translation (DIE ZEIT v. 23.04.1998)

  • Warum die Bloggerin nicht einfach ihren "Einfluss" nutzt. Wenn sie doch ihre Reichweite hat und eine bestimmte Leserschaft erreicht, hätte sie doch ein wenig Empathie zeigen können und von dort an eben den/die Übersetzer/in mit genannt. Ich bin mir sicher, dass es genau so wie hier zu Einsicht bei dem einen oder anderen Rezensenten gekommen wäre. Ihre Wahl, die Anfrage quasi niederzuschmettern und mit so einer Floskel wie "interessiert doch eh keinen" abzutun, finde ich sehr unglücklich.


    Ich entscheide mich dafür von nun an die Übersetzung zu nennen. Vielleicht sensibilisiert es mich ja sogar.

  • Also: ich setze mich intensiv mit den Uebersetzern auseinander, kenne viele namentlich. Sei es die Uebersetzung von Don Quichotte, Marukami, Marias oder Proust.