Doris Knecht - Wald

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    Inhalt
    Eine Frau allein in einem abgelegenen Haus in den Voralpen: Marian haust primitiv, in unfreiwilliger Autarkie, denn sie hat alles verloren. Früher, in der Stadt, hatte Marian Mode entworfen und lebte gut, dann trieben die Krise und eigene Fehler sie in den Bankrott, zum völligen Rückzug. Aber auch der Versuch, im geerbten Haus wieder zu sich zu finden, wird für Marian zum Überlebenskampf. Mühsam lernt sie, sich zu versorgen, sie fischt, wildert, stiehlt Gemüse und Hühner. Und sie muss sich arrangieren, in neuen Abhängigkeiten: Der reiche Grundbesitzer Franz versorgt sie mit dem Nötigsten – nicht ganz uneigennützig. Im Dorf feindet man die Außenseiterin immer mehr an. Als sie beschimpft und bedroht wird, muss Marian sich den Dingen stellen. Was ist das nun eigentlich mit Franz? Und wie kann sie ihr Leben wieder in den Griff bekommen? Stückweise enthüllt der Roman Marians Sturz, schnell und unverblümt erzählt er, wie sie sich in ihrem neuen, archaischen Leben zu behaupten lernt. Eine starke, gefallene Frau mit dem Willen zum Neuanfang, und das Dasein auf dem Land als Spiegel einer brüchigen bürgerlichen Welt – in «Wald» findet Doris Knecht nicht nur einen unverwechselbaren Ton, sie erzählt auch auf mitreißende Weise davon, wie es ist, wenn man sein schönes Leben auf einen Schlag verliert.


    Meine Meinung
    Marian Malin war Modedesignerin und hat ein behütetes, reiches und verwöhntes Leben geführt. Irgendwann ging alles den Bach hinunter. Nur ein altes Haus ihrer Tante ist ihr geblieben, dort versucht sie zu Überleben, trotz eisiger Kälte und Hunger. Sie verfeuert Möbel, zuerst die hässlichen, klobigen, später auch die Schönen. Dann taucht Franz auf, der ihr hilft, natürlich nicht umsonst, auch auf dem Land muss man für alles bezahlen.


    "Wald" ist kein Buch, das sich von selbst liest, sondern man muss sich Zeit nehmen, sich Mühe machen, um schöne Sätze und gelungene Beschreibungen zu geniessen.
    Es ist sicher nicht leicht, ein Buch ohne Handlung und ohne Spannung zu schreiben, indem man nur einen einzigen, banalen Tag beschreibt, gemischt mit sehr vielen Erinnerungen. An manchen Stellen ist das in "Wald" gelungen, aber oft ist das Buch nicht nur ruhig, sondern langweilig, wenn auch immer richtig gut geschrieben.


    Am Anfang hatte ich noch Hoffnung, dass irgendetwas passiert an diesem Tag, im Wald, im Haus oder später mit Franz. Ich wartete darauf, dass Marian sich an etwas erinnert, etwas Wichtigeres als ihre Restaurantbesuche, Therapien und sonstigem Angeberkram, wie sie es selbst nennt und den sie auch noch stolz bei Facebook zum Besten gab.


    Nach dem letzten Viertel wurde es schwer, "Wald" überhaupt zu beenden. Zu wenig bis gar keine Handlung, dafür belangloses Geplapper. Doris Knecht konnte mich mit diesem Buch nicht überzeugen und zum Schluss habe ich das Buch ziemlich frustriert zugeklappt. Hervorragend geschriebene Langeweile.


    2ratten

  • Hallo!


    Ich stimme Dir durchaus zu, dass sich das Buch nicht so leicht liest. Ich tat mich damit auch schwerer als mit den Vorgängern ('Besser' und 'Gruber geht'). Trotzdem hat mir das Psychogramm dieser Frau, die in die Mühlen der Finanzkrise gerät und dann von ganz unten wieder ins Leben zurückfindet, ganz gut gefallen. Ich habe empfunden, dass sie die Mechanismen der Bobo- und Kreativgesellschaft im urbanen Westeuropa sehr gut beschreibt. Auch ihre Freude an der Arbeit, ihr Engagement und das Gefühl "Ich habe mich doch immer angestrengt, wie kann mir denn dann soetwas passieren". Ganz bemerkenswert war dann auch, dass diese Marian es tatsächlich geschafft hat, ihre Kreativität und Schaffenskraft in komplett neuen Zusammenhängen wieder zu aktivieren. Es war schon mutig von der Autorin, diesen Roman so sehr in der Wildnis (im 'Wald') eben spielen zu lassen, äußerlich sehr handlungsarm zu gestalten und die erzählte Handlung dann auch noch auf einen einzigen Tag zu komprimieren. Aber insgesamt schon ein Buch, das mir in Erinnerung bleibt.


    LG
    Tom

  • Marian, eine erfolgreiche Designerin, hatte alles: luxuriöse Wohnung, teure Kleidung, Atelier, Angestellte, einen Verlobten, Therapeut. Sie ließ sich regelmäßig ihren Körper durchkneten, peelen, Fältchen aufspritzen und Haare stylen und färben. Dann geht erst ihre Beziehung in die Brüche, sie gerät an den falschen Mann und an einen windigen Unternehmensberater, der sie zu schwindelerregenden Investitionen ermutigt. Die Wirtschaftskrise 2009 tut ihr übriges und sie verliert alles und sogar noch mehr als das. Alles weg, dazu noch Schulden. Nach dem gesellschaftlichen Abstieg zieht sie sich in das von der Großtante geerbte alte Haus auf dem Land zurück. Der erste Winter lässt sie fast verhungern und erfrieren, sie findet nicht nur einmal Zuflucht in dem tröstlichen Gedanken, ihrem Leben ein Ende zu machen. Nur der Selbstgebrannte vom Onkel und die vielen Vorräte, die ihre Tante zu Lebzeiten in Weckgläsern angelegt hat, halten sie am Überleben, zerhackte Möbel nähren das kleine Feuerchen im Herd, welches wenigstens ein wenig Wärme spendet. Und dann lernt sie Franz kennen, der ihr unter die Arme greift.


    Ich hab das Buch sehr gern gelesen. Eine Frau, die fast alles verliert und plötzlich nur noch das wesentlichste besitzt. Man lernt Marian kennen, in Rückschauen die alte und in der Gegenwart die neue. Früher schneiderte und entwarf sie Kleider, heute baut sie Gemüse an, sammelt Obst und kocht es ein, sie stiehlt auch mal ein Huhn beim Nachbar und sie angelt. Sie lernt, sich selbst zu versorgen und mit dem wenigen, das sie noch hat, zu leben.


    Vielleicht, weil ich selbst ein Möchtegern-Selbstversorger bin, hat mir das Buch so gut gefallen. Die Geschichte entwickelte einen Sog, dem ich mich nicht mehr entziehen konnte. Auch sprachlich fand ich das Buch absolut gelungen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus: