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Philip Kerr - Winterpferde
Wie ein Wintermärchen …
Ukraine, 1941: der Tierwärter Maxim liebt seine Arbeit und die Tiere des Naturreservates Askania-Nowa, vor allem die seltenen Przewalski-Pferde. Als der Krieg und damit die Nazis den Park erreichen, sehen die Pferde einer düsteren Zukunft entgegen. Da begegnet Max dem jüdischen Mädchen Kalinka, die sich vor den Deutschen im Reservat versteckt. Er ermöglicht ihr zusammen mit zwei Wildpferden und einem Wolfshund die Flucht, um die Frontlinie der Roten Armee zu erreichen. Doch ihre Spuren im Schnee sind weithin sichtbar …
Ich kannte von dem Autor bisher nur die Bücher um den Privatdetektiv Bernie Gunther, die größtenteils ebenfalls während der Nazi-Zeit spielen und mir immer gut gefallen haben. Daher war ich neugierig auf seinen neuen Jugendroman – und wurde nicht enttäuscht. Direkt nach wenigen Seiten fiel mir der warmherzige Schreibstil positiv auf: es war, als ob man an einem kalten Winterabend vor einem prasselnden Feuer sitzen würde. Ein wenig märchenhaft, ein wenig mystisch. Wer einen nüchternen Bericht mit wissenschaftlichen Verhaltensweisen der alten Wildpferderasse erwartet, ist hier falsch.
Die schrecklichen Erlebnisse von Kalinka und ihrer jüdischen Familie sowie weitere weniger schöne Szenen werden zwar angesprochen, aber nicht in ihrer Brutalität ausführlich beschrieben. Und das finde ich hier sehr passend, denn das Hauptaugenmerk des Buches richtet sich auch auf ungewöhnliche Freundschaften, Toleranz, Mut und Hoffnung.
Kalinka ist ein außergewöhnliches junges Mädchen, das in ihrem bisherigen Leben viel Schrecken erlebt hat und nun auf der Flucht vor den Nazis ist, die ihre gesamte Familie umgebracht haben. Sie hat einen ganz besonderen Draht zu Tieren, vor allem zu den als unbezähmbar geltenden Przewalski-Pferde. Die Pferde sind bereit, ihr Schicksal an das von Kalinka zu binden, als ob sie spüren, dass sie beide das gleiche Schicksal erleiden, wenn sie den Nazis in die Hände fallen. Wobei die im Buch angesprochene Klugheit und Raffinesse der Tiere gar nicht so weit hergeholt ist, wie ich vor ein paar Jahren in einem Bericht gelesen habe – es sind in der Tat außergewöhnliche Tiere, die bereits in den Höhlenmalereien unserer Vorfahren verewigt wurden.
Der Tierwärter Max kam mir anfangs etwas naiv und zu vertrauensselig vor, aber als ich mehr und mehr von seiner Geschichte erfahren habe, merkte ich, dass diese Einschätzung falsch ist. Er ist ein guter Mensch, der oftmals die Gesellschaft der Tiere der der Menschen vorzieht und seinem Herzen und nicht irgendwelchen Ideologien folgt.
Die Darstellungen der Charaktere sind durchweg sehr gut gelungen: es gibt nicht nur die bösen Nazis und die guten Russen, sondern auch feine Nuancen dazwischen. Der Krieg zwingt Menschen oftmals zu Dingen, die sie eigentlich verabscheuen.
Ich bin froh, dieses Buch gelesen zu haben, wie schon geschrieben, ist es eine wunderbare Lektüre für lange Winterabende und ich denke, es ist auch ein schönes Weihnachtsgeschenk. Ein großes Lob möchte ich noch für die Covergestaltung aussprechen, denn sie spiegelt exakt die ungleiche Fluchtgemeinschaft wieder.
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