Sándor Márai - Das Vermächtnis der Eszter

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    Werke von Marai:
    Die Glut
    Der Wind kommt vom Westen
    Das Vermächtnis der Eszter
    Ein Hund mit Charakter
    Die jungen Rebellen
    Land, Land!
    Himmel und Erde
    Die Gräfin von Parma
    Die Nacht vor der Scheidung
    Tagebücher 1984-1989
    Wandlungen einer Ehe
    Die Fremde


    Bei Amazon kopiert:


    Vor zwanzig Jahren hat der Hochstapler Lajos, Eszters große und einzige Liebe, nicht nur sie, sondern auch ihre übrige Familie mit Charme und List bezaubert. Eszter hat es ihm nicht verziehen, daß er ihre Schwester Vilma geheiratet hat. Nun kehrt er zurück, um die tragischen Ereignisse von damals zu klären und die offenen Rechnungen zu begleichen. Bei dieser Gelegenheit kommen drei Briefe zum Vorschein, die für Eszter gedacht waren, die sie aber nie erhalten hatte ... Nach dem Welterfolg von Sándor Márais Roman »Die Glut« ein weiteres Meisterwerk des großen ungarischen Autors. – »Mit großem Geschick, in einer aufs Wesentliche verknappten und suggestiv aufgeladenen Sprache, verknüpft Márai die Fäden einer desaströsen Liebes- und Lebensgeschichte, die in einem existentiellen Kampf gipfelt, den die Frage bestimmt: Wird Lajos wieder siegen und seinen letzten großen Betrug erfolgreich abschließen?« (Süddeutsche Zeitung)



    Meine Meinung:



    Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Wird Lajos wieder siegen und seinen letzten großen Betrug erfolgreich abschließen?“
    Für die einen bleibt dieses Buch ein Prozess des Betruges, und für die anderen geht dieses Buch tiefer. >>Du mußt wissen, daß die Menschen nicht nur durch das Wort, das Gelöbnis oder das Versprechen einander verbunden sind und daß ihre wahre Beziehung nicht von Gefühlen und Sympathien bestimmt ist. Es gibt ein anderes, härteres, strengeres Gesetz, das festlegt, wer wen angeht … S. 140 <<


    Für mich ist es unglaublich wie tief sich Marai in die Seele des Menschen einlässt. Zunächst beschreibt er ein Phänomen, welches über allem Denken und Handeln steht, und gibt ihm zum Schluss einen Namen „Schicksal“.
    Ein sehr weises und philosophisches Werk, welches ich nur empfehlen kann.


    4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • Ich habe das Buch ja auch eben gelesen


    Überzeugt vom schriftstellerischen Talent des Sandor Marai hatte ich dann doch Probleme mit der Geschichte selber.


    Woran es liegt? - Das kann ich nicht so genau sagen.


    Für mich ging es in diesem Buch um die zerstörerische Macht der Liebe mit allen Konsequenzen.


    Ich bin vielleicht zu sehr Realist bzw. Vernunftsmensch, als dass ich mich von der Idee hinreißen lassen könnte, für die Liebe alles zu geben, sozusagen mehr noch als das letzte Hemd. Und schon gar nicht, wenn diese Liebe unerwidert bleibt und nur ausgenutzt wird.


    Eszter hat alles - materielle und ideelle Werte - für Lajos gegeben und blickt nun, als alte Jungfer auf ihr Leben zurück, dass völlig ausgerichtet war auf die Liebe zu Lajos, der jedoch ihre Schwester heiratete, nach deren Tod sämtliches Hab' und Gut mitnahm, die Familie nach Strich und Faden betrog und dann 20 Jahre nichts mehr von sich hören ließ.


    Ich hatte mit der Gestalt des Lajos dermaßen große Probleme, dass ich auch die Beweggründe der Esther nicht verstehen konnte. Lajos sollte der unwiderstehliche Charmeur und Verführer sein, doch - obwohl sämtliche andere Charaktere in diesem Buch wunderbar getroffen sind - kommt er mir vor wie ein plumper Gauner und Betrüger, auf den eigentlich nur grenzenlos naive Leute hereinfallen. Eszters Verhalten ist für mich absolut nicht nachvollziehbar.


    Auf jeden Fall werde ich Marai noch eine Chance geben, seinen Stil finde ich echt bemerkenswert!!


    3ratten

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • "Die Glut" und "Wandlungen einer Ehe" habe ich bereits gelesen. DIe anderen stehen auf meiner Wunschliste.


    Er ist für mich der ungarische Irving! Dies klingt auch sehr interessant!

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Dieses Buch habe ich vor etwa einem dreiviertel Jahr gelesen und es war das erste (und bis jetzt das einzigste Buch von ihm).


    Zu aller erst muss ich erwähnen, dass ich fast das gesamte Buch in der Schule während des Unterrichts bzw. Abi Vor-, Nachbereitungszeit gelesen habe :redface::zwinker: , was wahrscheinlich nicht so ganz der perfekte Platz und Zeit war für solche Art von Büchern (aber es war so schön dünn und handlich und passte immer noch in die Tasche :breitgrins: ).


    Als allererstes viel mir auch die Sprache und den Stil des Autors auf. (Meine Sitznachbarn wurden hin und wieder abgelenkt und mussten sich Ausschnitte davon anhören :smile: ).


    Jedoch hatte auch ich Schwierigkeiten die Handlungen von Lajos und auch von Esther nachzuvollziehen, was die Identikikation und auch das Verstehen etwas schwieriger gestaltete. Bei dem Buch war ich während des Lesens hin- und hergerissen zwischen "gefallen" und "nichtgefallen". Dennoch hat mich die Macht der Liebe schlußendlich beeindruckt und habe mir vorgenommen noch mehr von dem Autor zu lesen.


    4ratten

  • Meine Eindrücke
    Marai erzählt von einer großen, starken Liebe; so stark, dass sie auch nach zwanzig Jahren noch ihre volle Kraft entfaltet. Weit gefehlt, wer romantisch denkt! Diese Liebe sorgt ausschließlich für Zerstörung und hinterlässt nichts, aber auch gar nichts Positives.


    Eszter lebt zwanzig Jahre nach der überraschenden Heirat von Lajos und ihrer Schwester Vilma mit der alten Nunu zusammen in dem Haus, das ihr Vater ihr hinterlassen hat. Die beiden sind arm und leben im Wesentlichen von dem, was der Garten unter den Händen von Nunu hergibt. Eszter hat wei Heiratsanträge ausgeschlagen, in der gärenden Hoffnung, Lajos könnte zu ihr zurück kommen. Lajos kommt in der Tat und die Kommentare der weisen Nunu warnen: Sie ahnt, dass Lajos während der kurzen Zeit seines Besuchs wieder nur Unruhe stiften wird und dass der rücksichtslose Opportunist dieselbe Wirkung erzielen wird, wie vor zwanzig Jahren.
    Eszters Geschichte ist durch den Verlust Lajos' ohnehin bitter und sie erfährt von einem bösen Verrat ihrer Schwester. Lajos stellt unverblümt Forderungen und auch Éva, seine und Vilmas Tochter, scheut sich nicht, ihre Forderungen der fast unbekannten Eszter zu überbringen. Beide setzen Eszter unter Druck, sie sei für alles, was geschehen ist, verantwortlich.


    Das Buch steckt voller Leidenschaft und doch kann man sie nicht genießen. Eszter kann und will nicht Nein sagen und geht mit offenen Augen in eine ärmere und ungewisse Zukunft; Lajos ist ein Spieler, der sein Leben leichtfüßig als Abenteuer sieht und nie Verantwortung gelernt oder begriffen hat, weder für sich noch für andere. Nur eines hat er begriffen: Wen er zu seinen Gunsten beeinflussen kann und wie er es anfangen muss. Eszter und Lajos sind beide auf ihre Art schwach; Lajos aber ist klug genug, von seiner Schwäche abzulenken und andere dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Und Eszters Schwäche ist, dass sie alles ergeben erträgt.
    Die Geschichte ist ungeheuer traurig und hoffnungslos, aber so gut erzählt, dass ich das Buch vor seinem Ende nicht aus der Hand legen wollte. Nur Nunu versteht Eszter am Ende, ich werde Eszter nie verstehen.


    4ratten

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  • Das Buch steckt voller Leidenschaft und doch kann man sie nicht genießen. Eszter kann und will nicht Nein sagen und geht mit offenen Augen in eine ärmere und ungewisse Zukunft;


    Ja, genießen kann man diese Leidenschaft nicht. Marai wollte warscheinlich eine gute Frau darstellen, die bedingungslos liebt. Das tut sie, natürlich. Trotzdem kommt sie im Roman sehr dumm weg, weil sie aufgrund ihrer (aussichtslosen) Liebe alles Verliert. Im Grunde genommen ist das Motiv ähnlich, wie in Stefan Zweigs "Brief einer Unbekannten". Aus Liebe kann man auch sagen: Ich lasse dich gehen, wenn es der eigenen Gesundheit förderlich ist. Marai zeigt hier nur, dass Liebe alles kaputt macht. Das kann man schon machen, aber Eszters Stohdummheit ist hier kaum zu ertragen. Die Essenz des Buches ist, dass Liebe dumm macht. Oh, je. Eine gute Liebestragödie schreiben, ist was anderes.


    Liebe Grüße
    mombour

  • Eszter ist in der Tat blind, was Lajos angeht. Das absolute Opferlamm und sie lässt sich von ihm ständig opfern. Erst wird sie geopfert, weil er zu feige ist, Vilma zu sagen, dass er sie eigentlich gar nicht heiraten will; dann wird sie geopfert, als die Geschichte mit dem Ring rauskommt und sie für Außenstehende als Schuldige dasteht; dann, als sie sich nach dem Tod von Vilma um die Kinder kümmert; dann wird sie am Ende nochmal zum Opfer. Und sie war sicher noch öfter das Lamm in all den Jahren.


    Liebe kann man das nicht nennen. Eine gute Liebestragödie? Ich weiß es auch nicht. Aber hier hatte ich den Fall, dass ich die Frau absolut nicht verstehe und die Geschichte mich trotzdem gefesselt hat. In der Regel landen Geschichten, bei denen ich die Portagonisten unsympathisch oder unverständlich finde, nicht so hoch in meiner Wertung.


    Lajos ist eine unglaubliche Figur. Mich wundert es sehr, dass soviele Leute auf ihn hereinfallen und außer einem keiner in der Lage ist, zu warnen. Eine andere Personenkonstellation hätte sich innerhalb von zwanzig Jahren von so einem Gauner lösen können. Aber nicht diese. Das finde ich ein bisschen merkwürdig. Aber nun gut, ich komme wieder auf den Punkt, dass mich die Geschichte trotz der vielen Dummen und Bösen fasziniert hat.

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  • Wie schon gesagt, habe ich das Buch letztes Jahr im Rahmen der BC-Lesechallenge gelesen. Man hatte mich vorgewarnt, daß Eszter ein Charakter sei, den man am liebsten permanent vors Schienbein treten würde. Dem kann ich mich anschließen. Eine derartige Verhaltensweise und Bedingungslosigkeit der Liebe ist mir völlig unverständlich. Ich bezweifle auch stark, daß "Liebe" in diesem Zusammenhang das richtige Wort ist, eher liegt doch eine heftige psychische Abhängigkeit vor. Aber so dämlich (Entschuldigung, aber jedes andere Adjektiv wäre mir hier zu schwach) wie diese Frau und der Rest der Familie kann doch eigentlich keiner sein. :vogelzeigen: Der Selbsterhaltungstrieb ist hier völlig einer demütigen Selbstzerstörung gewichen, das ist für mich unglaubwürdig.


    Die Kürze des Buches war hier eindeutig ein Vorteil, länger hätte ich diese Familie wirklich nicht ertragen. Was mir aber sehr gut gefallen hat, war Márais wundervolle Sprache, die mir über die ärgsten inhaltlichen Hürden hinweggeholfen hat.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

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    Mein erstes, aber garantiert nicht letztes Buch von Sándor Márai habe ich in schwedischer Übersetzung unter dem Titel "Észters arv" gelesen.


    Észter ist zwar erst Ende 40, hat aber trotzdem schon mit ihrem Leben abgeschlossen und wartet auf ihren Tod. Sie erzählt in der Rückschau von den Ereignissen vor drei Jahren und, um diese verständlicher zu machen, von ihrem Leben davor.
    Als junge Frau verliebte sie sich in Lajos, einen charmanten aber völlig unzuverlässigen Betrüger, der nicht nur sie sondern auch die anderen Familienmitglieder bezauberte. Nach vielen Enttäuschungen und Betrügen von denen die größte Lajos' Eheschließung mit Észters Schwester war, verschwindet Lajos aus dem Blickfeld der Familie, nicht ohne gefälschte Wechsel zu hinterlassen, die nahezu den finanziellen Ruin der Familie bedeuteten.
    20 Jahre später kündigt Lajos sich plötzlich brieflich wieder an, was Észter und ihre Umgebung in helle Ausregung versetzt und sie alle beschließen lässt, dieses Mal hart gegen ihn zu bleiben und ihm keinen Pfennig zu geben. Denn durchschaut haben sie ihn - sehr genau wissen alle, dass Lajos höchstes Interesse darin besteht, sich Hab und Gut seiner Mitmenschen anzueignen.
    Er kommt, und alles ist wie gehabt. Voller Geschick gelingt es ihm auch dieses Mal, alle wider besseren Wissens zu manipulieren und Észter bleibt materiell und emotionell noch ärmer zurück als sie vorher war.


    Wow! Welch ein Buch! Mich hat es begeistert und ich konnte das Büchlein nicht aus der Hand legen bis ich es beendet hatte. Márai schildert die emotionell abhängige Frau und den gewissenlosen, charmanten Betrüger meisterhaft. Natürlich hatte ich Észter immer wieder schütteln und ihr zurufen mögen, sie solle dem Mistkerl einen Arschtritt verpassen und ein unabhängiges Leben beginnen, aber gleichzeitig konnte ich sehr gut nachvollziehen, wieso sie, obwohl sie Lajos durchschaut, von diesem nicht loskommt und sich in ihr (von ihm zugedachtes) Schicksal fügt. Lajos ist ein Meister seiner Zunft, und Észters Leben hatte von Anfang an (seit ihrer frühen Jugend zumindest) seine emotionelle Basis in Lajos. Ohne ihn kann sie nicht wirklich leben; sie bezeichnet sich selbst als Schlafwandlerin, die nur wirklich aufwacht, wenn Lajos sich nähert. Für diese Stunden ist sie bereit, alles zu opfern und auch wenn sie weiß, dass alle seine Versprechungen auf Sand gebaut sind, kann sie der Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft nicht widerstehen. Auf mich wirkte ihr Verhalten (so bescheuert ich es auch finde) vollkommen schlüssig.
    Zu der emotionell mitreißenden Geschichte kommt noch eine wunderbare Sprache (auch in der schwedischen Übersetzung) und mein Urteil lautet:
    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!