Jennifer Donnelly - Straße der Schatten

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    Orginaltitel: These Shallow Graves
    Übersetzung aus dem Amerikanischen von Ulrike Budde
    Erschienen im Pendo Verlag 2015
    Seitenanzahl: 426


    Zum Inhalt:


    New York 1890: Jo Montfort befindet sich gerade in einem Mädcheninternat in Connecticut als sie die Nachricht erhält, dass ihr Vater, ein erfahrener Schütze, beim Reinigen seiner Waffe auf tragische Weise ums Leben gekommen sein soll. Von Anfang an kann sie diese Geschichte nicht glauben und beginnt mit ihren Nachforschungen. Hilfe erhält sie von dem jungen Journalisten Eddie. Nach und nach tun sich immer mehr Ungereimtheiten auf, durch die Jo immer tiefer in die Abgründe von New York gerät.


    Der erste Satz:


    „Trudy, sei bitte so lieb und lies mal für mich über diese Geschichten“, sagte Jo Montfort und breitete auf einem Teetisch Artikel für die Schulzeitung aus.

    Meine Meinung:


    Bei dem Roman „Straße der Schatten“ von Jennifer Donnelly handelt es sich um eine Mischung aus historischen, kriminalistischen und romantischen Elementen. Eine eindeutige Einordnung fällt mir hier sehr schwer.


    Die Autorin hat in diesem Buch mit Josephine Montfort wieder eine starke Protagonistin geschaffen, die ihrer Zeit bei weitem voraus ist. Da sie bis zu Beginn der Romanhandlung sehr behütet aufgewachsen ist, haftet an ihr eine Naivität, die man sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen kann. Dadurch bringt sie sich ein um das andere Mal in eine äußerst heikle Situation, aus denen sie sich mit Hilfe ihrer Freunde und ihrem Einfallsreichtum retten kann. Die anderen Figuren neben ihr werden alle nicht so stark gezeichnet, selbst Eddie von dem man nach und nach mehr erfährt, weiß man bis zum Schluss nicht alles. Dies hat mich mit einigen Fragen zurückgelassen.


    Dadurch, dass Jo ihrer Zeit soweit voraus ist, war es für mich zeitweise beim Lesen schwer mich wirklich auf die Geschichte einzulassen. Es wirkte auf mich als wenn sie zu mutig ist, zu rebellisch ist, unwahrscheinlich viel Glück hat und alle um sie herum häufig die Augen fest verschlossen gehalten hätten. Dadurch wirkte es für mich das ein oder andere Mal sehr unrealistisch und ich konnte mich nicht ganz auf die Geschichte einlassen.


    Die Ermittlungen an sich waren teilweise sehr spannend und besonders zum Ende hin hat der Roman von dem literarischen Talent der Autorin sehr profitieren können, da die Geschichte mehr und mehr eine Sogkraft ausgeübt hat.


    Insgesamt hat mich das Buch nach einigen Anfangsschwierigkeiten aus den oben genannten Gründen zum Ende hin gut unterhalten. Jedoch würde ich dieses Buch nur denjenigen empfehlen, die einen historisch angehauchten Liebes-/Kriminalroman lesen wollen. Wer jedoch einen historisch gut recherchierten Roman lesen möchte, würde ich vom Lesen dieses Buches abraten.


    3ratten

    Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere! - Erich Kästner<br /><br />SLW 2016 9/30

  • Inhalt:

    Jo lebt Ende des 19. Jahrhunderts als Tochter einer angesehenen und wohlhabenden Familie in New York. Als ihr Vater tot aufgefunden wird, beginnt sie Nachforschungen zu betrieben. Zusammen mit einem Reporter, mit dem sie eigentlich keinen Umgang haben dürfte, erfährt sie viel über das arme Leben in der Stadt und natürlich auch über den Tod ihres Vaters.


    Meine Meinung:


    "Die Teerose" von Jennifer Donnelly hat mir unglaublich gut gefallen, weshalb meine Erwartungen an "Sraße der Schatten" natürlich hoch waren. Was mir an der Autorin besonders gut gefällt, ist dass sie wahre Wohlfühlbücher schreibt. In diesem Fall klingt das vielleicht etwas seltsam, da es in dem Buch unter anderem um Mord geht. Dennoch hat die Autorin dies für mich wieder erfüllt.


    Ich kann nicht beurteilen, ob die historischen Details wirklich seine Richtigkeit haben, da ich mich da zu wenig auskenne. Mir ist das aber auch relativ egal, solange alles plausibel klingt.


    Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen. Jo war mir sowieso sofort sympathisch, was wahrscheinlich auch der Hauptgrund dafür war, dass mir das Buch so gut gefallen hat. Eines habe ich hier jedoch zu bemängeln: Jo ist ein sehr mutiges und scheinbar furchtloses Mädchen, das mit ihr vollkommen neuen Situationen, die teilweise sehr beängstigend und gefährlich sind, sehr locker und leichtfertig umgeht. Da Jo prinzipiell ein intelligentes Mädchen ist, konnte ich ihr diesen Charakterzug nicht so ganz abnehmen. Aber das ist nur eine Kleinigkeit, die mich ab und zu geärgert hat, und wofür ich einen halben Punkt abziehen muss.
    Außer Jo lernt man den Reporter Eddie etwas näher kennen, aber auch Jos Familie und nicht zu vergessen den Gerichtsmediziner Oscar. Diesen erwähne ich, weil er mich sehr amüsiert hat und ein bisschen Humor in die Geschichte gebracht hat.


    Neben den Ermittlungen gibt es natürlich auch eine Liebesgeschichte. Ich liebe sowas ja, solange es nicht zu kitschig wird. Das ist hier überhaupt nicht der Fall und Gefühle und ähnliches nehmen nur einen kleinen Platz ein. Es dreht sich hier viel mehr um arrangierte Ehen und aber auch um die erste Liebe. Mich persönlich hat das ja viel mehr interessiert als die Lösung des Falls.


    Für mich war das Buch ein sehr gutes Beispiel dafür, dass historische Romane durchaus auch modern sein können. Natürlich handelt es sich um keinen klassischen historischen Roman, aber es zeigt deutlich, dass man sich nicht davon abschrecken lassen darf, wenn ein Buch nicht in der heutigen Zeit spielt. Ja, ich muss zugeben, ich tendiere manchmal dazu, ein Buch nicht zu lesen, weil ich nicht der große Historikfan bin. Aber wie man sieht, hat mich dieses Buch dennoch sehr begeistert, da es nicht trocken ist und auch die Sprache nicht veraltet ist.


    4ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Zum Inhalt:


    1890, Josephine Montfort, ist die einzige Tochter eines angesehenen New Yorker Geschäftsmannes, der mit Geschäftspartnern u.a. auch ein gut florierendes Handelsunternehmen mit eigenen Schiffen betreibt. Sie ist wohlbehütet aufgewachsen und soll nach dem Wunsch der Mutter und der „Großmutter“ möglichst bald heiraten und Kinder kriegen, worin die Damen der Gesellschaft ihren Lebenssinn sehen. Aber Jo wünscht sich ganz anderes von ihrer Zukunft, möchte viel lieber als Reporterin arbeiten. Eines nachts wird ihr Vater erschossen in seinem Zimmer gefunden. Schnell ist klar, dass es weder Selbstmord noch ein Unfall war und in Josephine erwacht die journalistische Neugierde und sie beginnt intensiv nachzufragen und zu recherchieren, wer ihrem Vater böses wollte. Dabei lernt sie den Reporter Eddie kennen und gemeinsam geraten die beiden bei ihrer Suche in einen Strudel aus Gefahr und Geheimnissen.


    Meine Meinung:


    Ich habe von Jennifer Donnelly bereits zwei historische Romane gelesen. Meine hohe Erwartungshaltung war diesem neuen Buch leider anfangs nicht sehr zuträglich. Es ist mir nicht schwer gefallen, in die Geschichte reinzukommen. Aber der doch sehr einfach gehaltene Schreibstil und die durchschaubare Handlung waren zuerst etwas enttäuschend für mich. Ich hatte über lange Zeit das Gefühl, ich wäre in einem Jugendbuch gelandet und ein solches soll es ja definitiv nicht sein. Außerdem hatte ich nicht gewusst, dass es weniger ein historischer Roman sondern vielmehr ein historischer Krimi ist und den Täter habe ich relativ schnell als solchen erkannt.


    Im Laufe des Buches hat mich dann aber Josephine doch immer mehr für sich einnehmen können Sie wächst zusehends an den teils sehr dramatischen Geschehnissen und ihre Beziehung zu Eddie war herzerwärmend. Eine Stärke des Buches ist es, dass die Autorin versucht, das Leben im damaligen New York mit all seinen Facetten klug und harmonisch in die Story einzuarbeiten. Man erfährt gleichermaßen über das deprimierende Frauenbild dieser Zeit, wie über Armut und Ungleichheit der Gesellschaftsschichten und auch über die gerade aufkommende Wissenschaft der Forensik, die zu einem guten Kriminalfall ja dazugehört. Die Charaktere machen allesamt eine Entwicklung durch und zeigen ungeahnte Facetten. Es gibt einen richtigen Showdown und das Ende ist nicht kitschig, wie ich anfangs befürchtet hatte, sondern sehr angenehm und realistisch.


    Alles in allem also ein unterhaltsamer historischer Krimi mit sympathischen Darstellern.


    4ratten

    :lesen:





  • Das Buch:
    New York, 1890. Obwohl Josephine Montfords Familie zu den angesehensten und einflussreichsten ihrer Zeit zählt, ist sie nicht glücklich mit ihrer Rolle als Tochter aus gutem Haus und ihrem engen Lebensweg, den die Gesellschaft für sie vorgeschrieben hat. Viel lieber möchte sie als Journalistin Missstände in der Gesellschaft aufdecken und vor allem auf das Elend der unteren Schichten aufmerksam machen.
    Der plötzliche Tod ihres Vaters reißt Josephine aus ihrem gewohnten Leben - aber er verschafft ihr auch die Chance, gemeinsam mit Nachwuchsreporter Eddie Gallagher zu untersuchen, was wirklich geschah. Hat ihr Vater Selbstmord begangen oder sollte hier etwas vertuscht werden?
    Bei ihren Nachforschungen lernt Jo das Leben außerhalb des "goldenen Käfigs" kennen, und sie gewinnt Einsichten über die Menschen in ihrem Umfeld und die Rolle ihrer eigenen Familie, die sie immer mehr an der für sie arrangierten Zukunft zweifeln lassen.
    Doch Jo's und Eddies Erkenntnisse könnten einige angesehene Personen ruinieren - und es gibt Menschen, die buchstäblich über Leichen gehen würden, um dies zu verhindern...

    Meine Meinung:

    Ich habe von Jennifer Donnelly bisher nur "A gathering light/Das Licht des Nordens" gelesen, ein Roman, der auf einem historischen Kriminalfall beruht. Auch dort ging es um ein Mädchen, das sich entscheiden muss, ob es den Erwartungen von Familie und Gesellschaft folgt oder das Wagnis eingeht, um das eigene Lebensglück zu kämpfen. Ähnliches habe ich mir von "Straße der Schatten" erhofft, und ich wurde nicht enttäuscht:
    Vielschichtige, interessante Figuren, die einem im Lauf der Geschichte ein ums andere Mal überraschen können, ein fesselnder Einblick in die dramatischen Gegesätze der Lebensentwürfe von Arm und Reich in der damaligen Zeit und eine nette, eher harmlose Liebesgeschichte - trotz des ernsten Themas also ein Buch mit "Wohlfühlfaktor".
    Natürlich geht Jo's Entwicklung vom überbehüteten, naiven Mädchen zur mutigen und selbstbewussten jungen Frau sehr schnell vonstatten, aber durch den angenehmen Schreibstil der Autorin sind solche kleineren Ungereimtheiten leicht zu verkraften. Gut gefallen haben mir auch die literarischen Anspielungen, zum Beispiel auf Charles Dickens oder Edith Wharton.
    Man merkt schon, dass es sich um einen modernen Roman in historischem Setting handelt - dafür, dass die gesellschaftlichen Normen für junge Frauen ihrer Schicht dermaßen restriktiv sind, gewinnt Jo am Ende doch ein erstaunliches Maß an persönlicher Freiheit. Aber es gibt schon ausreichend Romane aus allen Zeitaltern über Frauen, die an den gesellschaftlichen Vorstellungen zugrunde gehen - da bin ich doch glücklich über jedes mutmachende Gegenbeispiel, historische Genauigkeit hin oder her :breitgrins:.
    Es gab einige Entwicklungen, die ich vorher erraten habe, aber das liegt weniger an absolut vorhersehbaren Entwicklungen als an einem gewissen Gespür, das man als Leser dieser Art von Büchern allmählich entwickelt.


    Eddie blieb für mich als Person etwas blass; die Nebenfiguren wie Fay, Oscar und Bram fand ich deutlich interessanter gezeichnet. Die Romanze zwischen Jo und Eddie fand ich angenehm und nicht zu kitschig-aufdringlich; dazu passt auch gut das etwas offene Ende. Hier ist nur die grobe Richtung von Jo's weiterem Werdegang vorgegeben, alles Weitere bleibt der Phantasie des Lesers überlassen, was mir generell immer gut gefällt.
    Ich konnte das Buch mit dem befriedigenden Gefühl zuklappen, mich gut unterhalten und nebenbei noch Wissenswertes über die damalige Zeit erfahren zu haben, zum Beispiel über die schwierigen Bedingungen für forensische Untersuchungen. Diese Wissenschaft steckt in "Straße der Schatten" noch in den Kinderschuhen und wird von vielen Ermittlern nicht ernst genommen, was aber auch dazu führt, dass viele Verbrechen nicht oder sogar fehlerhaft aufgeklärt werden.
    Eine sehr gelungene Leserunde und ein Buchtipp für Leser, die gerne Spannungsromane mit einem überzeugenden historischem Setting verbinden. Mehr Licht als Schatten, Frau Donnelly! :tipp:
    4ratten

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Historischer Krimi mit Sogwirkung...


    Die Autorin ist mir mit ihrer Rosentrilogie positiv in Erinnerung geblieben, so dass ich auf ihr neues Buch schon ganz gespannt war.


    In der Geschichte selbst geht es um Josephine Montfort, deren Vater durch seine eigene Waffe stirbt. Jo, die das Journalistengen im Blut hat, glaubt nicht an einen Suizid und beginnt zu ermitteln. Dabei hilft ihr der charismatische Reporter Eddie. Schnell haben sie eine Spur, bringen sich aber immer mehr in Gefahr. Werden sie das Rätsel lüften können?


    Jennifer Donnelly hat einen sehr eindringlichen Schreibstil, der einen sofort gefangen nimmt. Ich fühlte mich regelrecht in die Geschichte eingesaugt. Der Roman hat alles, was eine tolle Geschichte braucht: Spannung, finstere Gestalten, ein Rätsel, sympathische Charaktere und eine Prise Liebe.


    Der Autorin gelingt es aufgrund der Charakterauswahl gut die Gesellschaft der damaligen Zeit darzustellen. So haben wir als Gegenpart zur wohlsituierten Josephine die arme Fay und den Korrespondenten Eddie und erleben so alle Gesellschaftsschichten und können uns in die Personen einfühlen. Auch wenn Jo recht naiv aufgrund ihrer wenigen Erfahrungen agiert, so hat sie ihr Herz doch stets am rechten Fleck. Ich mochte sie auf Anhieb gern, weil sie sich nicht den gesellschaftlichen Zwängen unterwirft, sondern ihren Weg gehen will.


    Das Rätsel wird am Ende gelöst und für mich blieb keine Frage offen. Alles klärt sich plausibel auf.


    Fazit: Ein historischer Schmöker mit Krimielementen, der mich gut unterhalten hat. Gern empfehle ich diesen Roman weiter.


    Bewertung: 4ratten

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Ich habe dieses neue Buch von Jennifer Donelly sehr geschätzt. Habe mich in meinen freien Stunden auf nichts anderes gefreut als auf Die Strasse der Schatten.


    Donelly ist wie immer sehr daran interessiert, ein äußerst präzises Bild ihrer Figuren zu entwerfen. Ich habe von dieser Autorin bereits die Rosen-Trilogie gelesen. Es ist ihr nicht nur sehr gelungen, sondern ich habe auch von jeder Figur ein klares Bild entwickeln können. Jo und Eddie waren mir besonders symphatisch, weil sie sich trotz ihrer Standesunterschiede wunderbar ergänzten.


    Neben der Entwicklung der Schauplätze blieb der fiktive soziale Raum in sich schlüssig und die Figuren agierten glaubhaft auf nachvollziehbare Weise.


    Jennifer Donelly ist es gelungen, einen wunderbaren historischen Roman zu schreiben, gespickt mit Krimielementen, die mich bis zum Schluss und der spannenden Auflösung gefesselt haben.


    Wenn man Spannung, Tragik und Romantik mag, sollte man zu Die Strasse der Schatten greifen. Absolut lesenswert.
    :tipp:

  • Hallo Ihr Lieben,


    nach der sehr schönen Leserunde hier auch meine Meinung:


    Josephine Montfort gehört im New York des späten 19. Jahrhunderts zu den privilegierten Bürgern. Ihr Leben scheint fest vorgezeichnet: Eine gute Partie machen und dann ihr Leben lang als ehrbare Ehefrau Kinder großziehen und sich für wohltätige Zwecke engagieren. Jedoch hegt Jo, wie sie von den meisten liebevoll genannt wird, ganz andere Ambitionen: Sie träumt von einer Karriere als Reporterin - in der damaligen Zeit für Frauen in ihrer Klasse schier undenkbar. Dann stirbt ihr Vater und alles deutet auf Selbstmord hin, aber Jo will das nicht so recht glauben. Also fängt sie an auf eigene Faust zu recherchieren und wühlt dabei dunkle Geheimnisse auf, die einige Leute lieber weiterhin begraben wissen würden. Hilfe bekommt sie dabei von dem Reporter Eddie, der bald mehr als nur ein guter Freund für Jo ist.


    Zu Beginn des Buches habe ich mich zuerst etwas schwer getan in die Handlung hinein zu kommen. Den genauen Grund dafür kann ich nicht explizit benennen, aber im Gegensatz zu den "Rosen"-Büchern der Autorin ("Die Teerose", "Die Winterrose" und "Die Wildrose") war der Anfang hier irgendwie anders geschrieben und für mich gefühlt etwas holprig, daher brauchte ich ein paar Seiten, bis ich endgültig in die Geschichte abtauchen konnte. Jedoch einmal abgetaucht, konnte ich mit dem Lesen nicht mehr aufhören und verspürte die gleiche Wohlfühl-Atmospähre, wie auch schon in allen anderen Büchern von Jennifer Donnelly. Ich hatte das Gefühl ein Teil der Geschichte zu sein und mit der Protagonistin gemeinsam New York zu durchkämmen und nach der Wahrheit zu suchen.


    Josephine war mir dabei von der ersten Seite an sehr sympathisch und ich habe ihre Handlungen gerne verfolgt. Dabei ist sie zum einen für ihr behütetes Leben sehr mutig, was sich aber damit erklärt, dass der Vater sie viel mitgenommen und ihr viel ermöglicht hat, gleichzeitig aber auch unglaublich naiv. Für ihre Naivität kann sie nichts, es demonstriert nur immer wieder auf ziemlich erschreckende Art, in welchem Unwissen die Frauen der gehobenen Schicht damals gehalten wurden. Dass ein Großteil der Bevölkerung in schlimmer Armut lebte und es wirklich sehr dunkle Gassen gab, wurde ihnen meistens komplett vorenthalten und gut dafür gesorgt, dass sie das auch möglichst nie erfahren. Bei einigen Aussagen von Jo bzw. ihren Mitschülerinnen musste ich echt entsetzt den Kopf schütteln (z. B. nach der Hochzeit kommt der Storch und bringt die Kinder...).


    Auch die anderen auftretenden Charaktere fand ich sehr gut und detailliert beschrieben und konnte sie mir alle bildlich vorstellen. Dabei gefällt mir gut, dass ich lange Zeit komplett im Dunkeln tappte, wer denn jetzt hinter allem steckt und sehr überrascht von der Wandlungsfähigkeit einiger Charaktere war, was mir aber gut gefallen hat.


    Gleichzeitig hat es die Autorin wieder geschafft die historische Kulisse sehr lebhaft und bildlich vor meinem geistigen Auge auferstehen zu lassen und ich hatte das Gefühl ich wäre wirklich mitten drin in dem New York des späten 19. Jahrhunderts und konnte quasi den Abfall auf der Straße sehen und riechen.


    Das Ende hat mich sehr überzeugt und ich bin sehr begeistert, wie geschickt die Autorin alles gelöst und ein wirklich tolles Ende erzeugt hat. Dabei lässt das Ende noch so viel Raum für Spekulationen offen, dass man sich als Leser die Geschichte weiter denken, aber auch einfach glücklich das Buch zuklappen kann.


    Alles in allem ein wieder sehr gelungener Schmöker von Jennifer Donnelly, den ich sehr gerne gelesen habe und bei dem es mir fast leid tut, dass ich ihn so schnell beendet habe. Freue mich jetzt schon auf das nächste Buch von der Autorin!


    Dafür gibt es volle 5ratten.


    Liebe Grüße
    Tammy :winken:

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • Ich wollte das Buch unbedingt lesen, weil ich von der Teerose-Reihe so begeistert war. Schnell wird klar, dass es in diesem Buch um ein ganz anderes Thema geht und so auch der Tenor des Buches ein ganz anderer ist. Trotzdem konnte ich mich schnell einlesen und fühlte den Puls des Settings.


    Jo ist dabei eine mutige junge Frau, die sich gut als Protagonistin eignet. Durch ihre Naivität stolpert sie in Situationen, die ein vernüftiger Mensch gemieden hätte. Aber sie erlebt viel und langsam kommt sie der Kriminalgeschichte rund um ihren toten Vater auf die Spur. In der Leserunde sind eingefleischte Krimileser schnell auf die richtige Fährte gekommen. Ich hingegen, die nur hin und wieder mal zu einem Krimi greift, fand die Indizien weniger eindeutig und konnte mich ganz und gar packen lassen und in den Sog lesen. Ich fand die Geschichte eigentlich bis zum Schluss spannend. Nicht nur der Plot war gut gedacht, auch die damaligen Lebensumstände fand ich gut gezeichnet. Auf der einen Seite die sorgenlose Welt der Reichen, in der man sich aber auch schnell eingesperrt vorkommen kann. Auf der anderen Seite das harte Leben der Armen, die ihre Freiheit genießen, aber oftmals sich Menschen unterordnen müssen, um überleben zu können oder auch nicht wissen, wie sie überhaupt die nächste Woche überleben sollen. Die Welten, die eigentlich strikt getrennt sind, werden in diesem Roman geschickt aufgebrochen und durch die Sicht von Jo werden die Unterschiede wahrgenommen. Das war eine spannende Perspektive, die nicht nur schwarz-weiß gemalt war, sondern mit vielen Grautönen beschrieben wurde.


    Die Entwicklung der Personen war klug gemacht. Es gab viele verschiedene Charaktere, die nicht schlichtweg gut oder böse waren, sondern oftmals eine Mischung aus beiden Seiten oder sogar aus beiden Welten. So fand ich nicht nur die Protagonisten spannend, sondern auch die Nebenfiguren haben einen tollen Charakter bekommen und interessante Entwicklungen hingelegt. Das hat mir außerordentlich gut gefallen, vor allem so Personen wie Bram, von denen ich das nicht erwartet habe, haben mich gegen Ende des Buches nochmal positiv überrascht. Lediglich der Bösewicht wird zum Ende hin sehr negativ dargestellt, was ich ein wenig schade finde.


    Insgesamt war das Buch für mich packend und ein Lesevergnügen. Der Stil der Autorin ist gewohnt detailreich und schön und übt einen Sog aus. Also alles in allem ein schönes Buch, auch wenn es nicht an die Teerose-Reihe heranreicht.


    4ratten

  • Vorweg muss ich gestehen, dass ich bislang zwei Bücher von Jennifer Donnelly gelesen habe - und zwar nicht die hierzulande berühmtesten rund um die Rosen. Doch auch "Das Blut der Lilie" und vor allem "Das Licht des Nordens" haben es mir angetan: die Autorin beherrschte in ihnen sehr gekonnt diesen Sog, der einen in die Geschichte zieht und die Atmosphäre beinahe atmen lässt...
    Folglich stand es für mich außer Frage, dass ich diesen neuen Roman lesen muss. Zumal mich die hier beschriebene Zeit und ebenso die Örtlichkeit besonders interessierte.


    New York City, 1890. Josephine Montfort ist die einzige Tochter eines erfolgreichen Geschäftsmannes und gehört damit zur betuchten und angesehenen Gesellschaft. In ihrem Internat in Connecticut erfährt sie, dass ihr Vater völlig überraschend verstorben ist - beim Reinigen seiner Waffe hat sich ein Schuss gelöst und den erfahrenen Schützen tödlich verwundet. Jo, die ihrer Zeit voraus ist und von einer Karriere als Journalistin träumt, kann kaum glauben, was da geschehen sein soll... Und siehe da: kaum zuhause angekommen und näher hingeschaut, wird Jo schon bald klar, dass es sich weder um einen Unfall noch um Selbstmord gehandelt hat!
    So wird aus dem Verlust und der Trauer auch etwas anderes: Jo beginnt, Nachforschungen anzustellen und so ihrem Traumberuf näher zu kommen - etwas, was in dieser Zeit undenkbar scheint, da Frauen in diesen Kreisen als hübsches Beiwerk ohne eigene Meinung dienen und Jos ganzer Ehrgeiz doch eigentlich der Suche nach der perfekten Partie gelten sollte.
    Zum Glück findet Jo Mittel und Wege, gegen den Willen ihrer Familie auf eigene Faust den Tod ihres Vaters aufzuklären und bekommt glücklicherweise schon bald von Eddie, einem jungen Reporter, Hilfe.


    Auch mit diesem Buch gelingt es der Autorin, mich sofort abzuholen und in diese Mischung aus Detektivgeschichte, Geheimnissen, einem Schuss Romantik und der äußerst gelungenen Atmosphäre abtauchen zu lassen. Der größte Trumpf Jennifer Donnellys ist - neben der Stimmung ihrer Geschichte - die Art, wie sie ihre Figuren zeichnet. Damit meine ich nicht nur die Hauptfiguren, sondern wirklich alle Protagonisten. Sie haben eine Tiefe, die sie greifbar macht und ich hatte häufig das Gefühl, sie zu kennen - was insbesondere der Tatasche, dass Donnelly ihre Figuren nicht nur schwarz oder weiß einordnet, sondern durchaus Spielraum lässt, den Fortgang besonders spannend macht. Besonders bei Jo kommt noch hinzu, dass ich von Anfang an eine besondere Sympathie für sie empfunden habe. Sie ist eine kleiner Abenteuerin, die sich mutig an all die Fragen, die der Tod ihres Vaters aufwirft, macht und auf der andere Seite ist sie ganz in ihrer Zeit: äußerst naiv, was die anderen Schichten der Gesellschaft angeht. Wobei ich betonen möchte, dass das nichts ist, worüber ich den Kopf schütteln könnte - denn natürlich wäre alles andere nicht gerade authentisch. Junge Frauen der Oberschicht wurden von Themen wie Armut, Hunger und Politik gezielt 'verschont' und in erster Linie in den Dingen unterrichtet, die sie zu einer sehr guten, manierlichen Ehefrau machen sollten. Durch die Augen der nun begreifenden Jo erfahren auch die Leserinnen vom Elend in der Stadt und einer komplett anderen Welt für Frauen, nämlich die, in der sie sehr hart arbeiten und für das Überleben ihrer Familien kämpfen müssen.


    Vielleicht mag der ein oder die andere eine gewisse Vorahnung - was den kriminalistischen Strang angeht - haben, aber in meinen Augen schmälert das das Lesevergnügen keinesfalls. Mich hat das Buch schlicht auf ganzer Linie überzeugt, vor allem aber mit der authentischen Kulisse, den tollen Charakteren, einem gelungenen Ende und einem flüssigen Erzählstil, der mich einfach durch die Geschichte fliegen hat lassen. Leider, denn so war das Buch viel zu schnell gelesen.


    Fazit: Ein Vergnügen auf ganzer Linie!


    5ratten

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Jennifer Donnelly – die Frau, der ich auf ewig dankbar für die Rosen-Trilogie bin. Davon ausgehend bin ich mit hohen Erwartungen an dieses Buch gegangen und habe auf eine Geschichte mit ähnlicher Sogwirkung, authentischen Charakteren und detailreicher Szenerie gehofft. All das und viel mehr würde erfüllt. Es gibt nur wenige Bücher, welche die Kulisse so authentisch wirkend vor dem geistigen Auge aufleben lassen und geradezu einen Film laufen lassen wie die von Jennifer Donnelly. Einen Film, der mich auch in den Lesepausen nicht losgelassen hat.


    Es gibt so viele Personen, die jedoch alle mit ihren Ecken und Kanten schnell zu Bekannten und Vertrauten werden, sodass keine Schwierigkeiten bei der Zuordnung und dem Folgen der Geschichte aufkommen.

    Eddie blieb für mich als Person etwas blass; die Nebenfiguren wie Fay, Oscar und Bram fand ich deutlich interessanter gezeichnet. Die Romanze zwischen Jo und Eddie fand ich angenehm und nicht zu kitschig-aufdringlich


    Hinsichtlich Eddie fühlte ich lange genauso. Bei ihm gibt es noch einige leere Seiten und ich hätte gerne mehr von seiner Gedanken- und Gefühlswelt erfahren. Mit dem Ende allerdings finde ich immer mehr, dass es vielleicht gut war so wie es war.


    Besonders die Protagonistin Jo macht es einem leicht, das Buch zu mögen. Sie stolpert gewissermaßen in die Sache hinein und darin rum, überschreitet Grenzen ihrer sicheren Welt und entdeckt dadurch eine ganz neue Welt, die sie sich nie hätte erträumen können, so behütet wie sie aufgewachsen ist. Dabei prallen die Welten aufeinander. Die Leben der darin wirkenden Personen, mit all ihren Gegensätzen und Gemeinsamkeiten, verweben sich immer stärker miteinander und lassen den Leser nicht mehr los. Auch wenn Jo manchmal zu leichtfertig, zu mutig und manche Handlungen zu ausgefallen waren, um sie in der Wirklichkeit erwarten zu können, ist gerade ihr Anpacken und ihre Entschlossenheit wunderschön mitzuerleben. Sie, die nicht brav daheimsitzen und keine eigene Meinung haben möchte, ist leicht zu bewundern und gernzuhaben.


    Lange bin ich nicht auf die richtige Fährte gekommen, obwohl ich bei manchen Personen schon früh das Gefühl hatte, dass sie noch eine wichtige Rolle spielen würden. Die Auflösung selbst ist geschickt – wenn auch leicht zu glücklich, um natürlich zu wirken.


    Dabei lässt das Ende noch so viel Raum für Spekulationen offen, dass man sich als Leser die Geschichte weiter denken, aber auch einfach glücklich das Buch zuklappen kann.


    Genauso empfand ich das Ende auch.


    Fazit: Ein spannender Kriminalfall vor historischer Kulisse mit einer bewundernswert eigensinnigen Protagonistin, die eine ganz neue Welt entdeckt!


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Es geschah kurz nach Anbruch des neuen Jahres, zu einem Zeitpunkt,

    als die violetten und gelben Blüten der Mimosenbäume rings um die Ambulanz

    aufgesprungen waren und ganz Missing in Vanilleduft gehüllt war.


    Abraham Verghese – Rückkehr nach Missing

    Einmal editiert, zuletzt von British_Soul ()