Clemens J. Setz - Die Stunde zwischen Frau und Gitarre

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    Inhalt
    Natalie Reinegger wird Bezugsbetreuerin von Alexander Dorm. Der hat vor Jahren eine Frau in den Selbstmord getrieben, als er ihren Mann als Stalker verfolgt hat. Ausgerechnet der besucht ihn jede Woche. Im Heim versichert man ihr, dass dieses Vereinbarung im gegenseitigen Einvernehmen geschlossen wurde. Die beiden Männer mögen sich und die Besuche tun beiden gut. Aber schon bald bemerkt Natalie, dass die Beziehung sehr einseitig ist.


    Meine Meinung
    Was kann man von einem Buch erwarten, über das folgende Aussage getroffen wurde: Diesen Roman zu lesen ist eine Qual, das muss man so sagen. Aber das heißt nicht, dass es sich nicht lohnt? Dass es schwere Kost werden würde, war mir schon von der Seitenzahl her klar. Aber dass auch die Geschichte für mich eine Herausforderung werden würde, habe ich nicht erwartet.


    Die Story klingt simpel. Ein Mann vergibt demjenigen, der am Tod seiner Frau schuld ist und besucht ihn regelmäßig in seinem Pflegeheim. Aber so ist es nicht. Ist Alexander Dorm wirklich am Tod von Christopher Hollbergs Frau schuld oder ist es nur die Geschichte, die im Heim erzählt wird. Es wird nämlich schnell klar dass Hollberg nicht ein trauernde Witwer ist. Er ist gemein und quält Alexander Dorn bei jedem Besuch körperlich und seelisch. Im Heim wird großzügig darüber hinweg gesehen und wenn Natalie das anspricht, wird es abgetan. Als sie versucht, Christopher Hollbergs Geheimnis zu lüften, stößt sie auf verwirrende Details und falsche Spuren, die bewusst gelegt worden sind.


    Genauso verstören wie die Geschichte von Hollberg und Dorn ist, so ist auch Natalies Geschichte. Sie ist unfähig zu einer normalen Beziehung oder zu normalem Umgang mit Menschen. Sie geht nachts "streunen", um einen Partner zu finden. Dabei erlebt sie Dinge, die ich lieber nicht hätte lesen wollen. Vieles davon ist unreal und ich wusste manchmal nicht, ob es wirklich passiert oder nur ihrer Phantasie entsprungen ist.


    Aber trotz oder vielleicht gerade wegen dieser verwirrenden Geschichten hat mich das Buch fasziniert. Auch ich wollte das Geheimnis um die Beziehung der beiden Männer ergründen. Aber am Ende war ich noch verwirrter als am Anfang.
    3ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich hatte jetzt auf etwas mehr Begeisterung deinerseits gehofft, aber mich reizt das Buch nach wie vor. Bis ich es irgendwann in die Hand bekomme, wird sicher noch einige Zeit vergehen; in der Zwischenzeit hoffe ich auf andere Kommentare dazu. Das wäre ein guter Kandidat für eine Leserunde. Gemeinsam mit anderen entdeckt man doch ganz andere Blickwinkel auf die Handlung, die aufschlussreich sind.

  • Das wäre ein guter Kandidat für eine Leserunde. Gemeinsam mit anderen entdeckt man doch ganz andere Blickwinkel auf die Handlung, die aufschlussreich sind.


    Da hast du sicher recht. Dieses Buch alleine zu lesen war nicht nur wegen des Umfangs eine Herausforderung.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich habe bisher eingentlich nur schreckliche Dinge über dieses Buch gehört oder gelesen, so dass ich eher abgeschreckt bin. Den Titel finde ich blödsinnig und der Autor war mir so auch gar nicht sympathisch. Jetzt habe ich aber letzte Woche im DLF ein Gespräch mit ihm gehört, anlässlich der Verleihung des Wilhelm-Raabe-Preises. Und da kam er sehr sympathisch rüber. Und ich frage mich natürlich auch, warum so viele Kritiker von dem Buch so begeistert sind, wo doch alles (Handlung, Personal, Umfang etc.) einfach nur abschreckend klingt. Verwirrend.

  • Und ich frage mich natürlich auch, warum so viele Kritiker von dem Buch so begeistert sind, wo doch alles (Handlung, Personal, Umfang etc.) einfach nur abschreckend klingt. Verwirrend.


    Ich kann nur für mich sprechen. Das Buch hat mich fasziniert, auch wenn es manchmal etwas eklig wurde. Ich wollte nie abbrechen, aber ich konnte auch nicht viele Seiten am Stück lesen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Den Titel finde ich blödsinnig [...]


    Mit dem Titel kann es mitunter schwierig werden. Man muss den Titelschutz berücksichtigen und kann eine Neuerscheinung nicht blindlings benennen, wie man möchte. Es muss Unterscheidungsmerkmale zu anderen Büchern geben. Bei der Vielzahl an bereits exitierenden Titeln ist es kein Wunder, wenn da manches etwas schräg klingt. Das hat aber dafür auch einen Wiedererkennungswert.


    Was den Rest anbelangt, also Handlung, Personal etc., ist es ohnehin Geschackssache.

  • Im Buch wird ein Vergleich zwischen einer Frau und einer Gitarre gezogen. Von daher passt der Titel schon. Aber er wirkt leider auch viel oberflächlicher als die Geschichte letztendlich ist.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Wenn ich Clemens J.Setz Stil nicht kennen würde und auch seine Art Figuren zu erzählen, wäre ich eventuell leicht verstört :lachen:

    Auch wenn ich mir denken kann, worauf Teile der Geschichte hinauslaufen werden, fühle ich mich merkwürdig dazu hingezogen. Setz hat so eine spezielle Art mit Sprache umzugehen, das haut mich jedes Mal wieder um. Ich weiß aber auch, weshalb ich zwischen einzelnen Büchern immer etwas Zeit verstreichen lasse, bis ich ein weiteres von ihm lesen kann. :breitgrins:

  • Was mich aber tatsächlich etwas aufregt ... wieso ist die Hauptfigur Nathalie selbst auch so merkwürdig gestaltet. Ich mein die leckt ihr eigenes Handy ab und sammelt Sperma und dann trinkt sie das in der Badewanne mit dem Wasser ....

  • Solche Marotten der Protagonisten finde ich in den allermeisten Fällen furchtbar nervig, so als wollte der Autor unbedingt irgendwas ganz besonders Abwegiges erfinden :rollen:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • HoldenCaulfield: Herr Setz wirkt als Person etwas verschroben auf mich, als wäre er leicht autistisch. Er redet wie ein Asperger-Autist, versteht keine Ironie, hat (teils) absonderliche Interessen etc. etc. Vielleicht spielt sein etwas merkwürdiges "alienhaftes" Wesen ja mit rein in seinen Schreibstil, die Zeichnung seiner Figuren, wer weiß. Ich kenne Herrn Setz nicht persönlich, das ist nur eine Vermutung von mir. :)

    Aber das er Michel Faber einen Literaturpreis geben würde, macht ihn gleich noch sympathischer für mich. :)

  • HoldenCaulfield: Du kannst dir ja mal einige Interviews mit ihm ansehen oder durchlesen. Es gibt bei Herrn Setz so einige Hinweise darauf, dass er autistisch sein könnte.

    Ich habe "Die Stunde zwischen Frau und Gitarre" schon einige Male angefangen, bin aber nie über die ersten 100 Seiten gekommen. Ich bin jedes Mal überwältigt, wie intensiv Setz Farben, Gefühle und die Außenwelt aus Natalies Sicht beschreibt. Das treibt mir fast schon Freudentränen in die Augen. Und ich weine fast nie bei Büchern!

  • Ich bin gerade mittendrin im Buch (Seite 256 von 872 der eBook-Ausgabe) und die von euch beschriebenen unappetitlichen Angewohnheiten Natalies sind mir auch schon leicht negativ aufgefallen. Wie zum Beispiel schon von HoldenCaulfield erwähnt


    Was mich aber tatsächlich etwas aufregt ... wieso ist die Hauptfigur Nathalie selbst auch so merkwürdig gestaltet. Ich mein die leckt ihr eigenes Handy ab und sammelt Sperma und dann trinkt sie das in der Badewanne mit dem Wasser ....

    Das finde ich auch nervig, und in der Öffentlichkeit (Straßenbahn) lese ich mittlerweile ein anderes Buch, seit mich da ein Sitznachbar mal sonderbar gemustert hat (vielleicht habe ich mir das auch nur eingebildet, aber verstehen könnte ich es). Trotzdem möchte ich unbedingt mehr über Natalie, Dorm und Hollberg erfahren, vor allem hätte ich mittlerweile gerne etwas mehr Dorm/Hollberg-Beziehung und etwas weniger Natalie privat. Ihre Gedankenwelt gefällt mir aber sehr gut, das finde ich phantastisch beschrieben. Hast du das Buch denn schon beendet, HoldenCaulfield?


    Ich habe Clemens J. Setz neulich in einer Literatursendung gesehen, er war auch im Prater unterwegs, das fand ich ganz amüsant, ebenso wie sein Interview. Er berichtete unter anderem, dass er ein Riesenprojekt vorhabe, aber leider dürfte es kein 1000Seiter mehr sein, da er so einen schon geschrieben habe. Ein zweites Buch mit über 1000 Seiten sei nur Fantasy-Schriftstellern erlaubt. Finde ich spaßig, etwas schrullig wie Natalie im Buch. Herr Setz, mein eBook hat jedenfalls weit unter 1000 Seiten ;)


    Ich werde weiter berichten.

    Liebe Grüße

    Danglard

  • Danglard

    Das gedruckte Buch ist länger ;) ;)

    Nein ich hab tatsächlich seit Juni nicht mehr weiter gelesen. Für Setz muss ich echt in Stimmung sein, dann kann ich mich aber ziemlich festlesen. Da es ein SWL Buch ist, werd ich das aber auf jedenfall noch mal versuchen zu beenden oder zumindest mal noch mal ein paar Seiten mehr (ich stecke immer noch bei Seite 200 von 1018 Seiten der Hardcoverausgabe).

    Das klingt aber echt sehr nach jemanden mit Asberger (ich hab einen Freund der würde ihm sicher zustimmen mit der Seitenanzahl *gg*)

  • HoldenCaulfield

    Das Buch in einem Schwung durchzulesen finde ich auch schwierig, aber jetzt hat es mich wieder gepackt (habe auch schon 2 Wochen pausiert).

    Mit Asperger habe ich persönlich keine Erfahrungen, das kenne ich nur aus dem Fernsehen (Boston Legal, The Good Doctor und etliche mehr). Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass unser Autor ein Kandidat ist. Ich glaube gelesen zu haben, dass die Figuren in einem Buch autistisch angelegt sein können, vielleicht ist das gemeint bzw. einfach der Schreibstil. Aber wie gesagt - ich bin da jetzt alles andere als ein Experte.

    Liebe Grüße

    Danglard