Hallo ihr Lieben,
ihr werdet es nicht glauben, aber ich habe eine Autorin entdeckt, die meiner liebsten Catherynne M. Valente Konkurrenz macht. Seit Wochen lese ich nur noch Bücher von Angela Slatter. Nebenbei natürlich auch noch anderes, aber da ich jetzt schon im vierten Slatter-Buch stecke, wollte ich endlich mal mit euch teilen, warum diese australische Autorin so toll ist.
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Inhalt:
In der Stadt Lodellan und seiner Umgebung werden Babys aus Teig geformt, Puppen bekommen ein Stück Seele und Wünsche, die man später vielleicht bereut, werden erfüllt. Hier gibt es Geister, die träumen, Männer, denen die Flügel gestutzt wurden und Trolle, die sich danach sehnen, anders zu sein. Liebe, Verlust und Leidenschaft werden durch Slatters exquisiten Stil poetisch geschildert.
Willkommen in der schönen Welt voller Magie, ruheloser Sehnsucht und Horror - die Welt von Angela Slatters Kurzgeschichten.
Meine Meinung:
Ich habe mir Sourdough und Angela Slatters zweite Kurzgeschichtensammlung vom selben Verlag - The Bitterwood Bible and Other Recountings - gleichzeitig gekauft und musste zuerst grübeln, in welcher Reihenfolge ich sie lesen sollte. Erschienen ist Sourdough zuerst, aber zeitlich spielt die Handlung nach der zweiten Kurzgeschichten-Sammlung. Die Entscheidung fiel dann auf die Reihenfolge der Erscheinung, weil man so auch schön erkennen kann, wie eine Autorin sich entwickelt, wie ihre Sprache und die behandelten Themen sich verändern. Ich kann jedem ans Herz legen, Sourdough zuerst zu lesen, weil zwischen den beiden Sammlungen doch ein ziemlicher Unterschied ist, den man dann richtig schön zu schätzen weiß.
Sourdough ist zwar eine Sammlung von Kurzgeschichten, kann aber genauso gut als Roman gelesen werden. Slatter bedient sich für ihre Geschichten vieler Märchen und Mythen - so taucht etwa der Erl-König auf, es gibt jede Menge Hexen und ein magisches Buch - doch ihre Stärke liegt in ihren Charakteren und ihrer Sprache. Fast jede Geschichte erzählt von einer anderen Frau, die in und um die Stadt Lodellan lebt. Ob nun eine junge Frau, die böse betrogen wurde, ihre Rache auf besonders originelle Weise plant, oder ob ein Mädchen verzweifelt nach seiner verschollenen Schwester sucht, Hexen vor wütenden Bürgern fliehen oder Kinder zurücklassen müssen... all diese Charaktere sind so lebendig, dass man am Ende des Buches das Gefühl hat, man habe schon immer in Lodellan gelebt und diese Charaktere sind einfach Nachbarn.
Das besondere Extra für mich war aber, dass die Geschichten alle miteinander verwoben sind. Nicht unbedingt chronologisch und es hängt auch nicht immer eine Geschichte mit der darauffolgenden zusammen. Aber hin und wieder kam mir ein Charaktername unter, den ich schon mal gesehen habe. Und siehe da - ein Nebencharakter, noch ein Säugling, in einer Geschichte, taucht dieser Säugling nun als junge Frau wieder auf und darf Protagonist sein. Andere Charaktere trifft man als alte Frau zuerst, um in einer späteren Geschichte eben diesen Charakter als Kind wieder zu treffen. So entsteht ein unglaubliches lebendiges Mosaik, das die Stadt fast ein bisschen realistisch macht. Als hätte Slatter die Bevölkerung interviewt und dann ihre Geschichten durcheinander niedergeschrieben.
Auch sprachlich hat mich die Autorin begeistert. In ganz wenigen Sätzen baut sie Städte, erzählt eine Lebensgeschichte, zeichnet einen so feinen Charakter, dass selbst die kürzeste Geschichte sich anfühlt wie ein Epos. Ich möchte zwar nichts vorweg nehmen, aber all das, was mir an Sourdough gefallen hat, wurde in The Bitterwood Bible noch besser.
Meine liebste Geschichte war jene, die dem Buch seinen Titel verleiht. In "Sourdough" hat die Protagonistin die Fähigkeit aus Sauerteig Tiere und Objekte erstaunlich realistisch zu formen. So wird sie schnell zur beliebtesten Bäckerin der Stadt und kann ihr Talent gleich für die Rache nutzen, nach der sie sich seht... Die Geschichte mit den Puppen hat mir tatsächlich Albträume beschert, weil sie mir noch lange nach dem Lesen im Kopf herumgespukt ist. Puppen mit einem bisschen Seele, die zum Leben erwachen. Brrr!
Nicht alle Geschichten sind gleich gut, aber das ist bei einer Sammlung wohl immer so.
Liebe Grüße,
Wendy