Damals waren die Vorstellungen dystopisch und keiner hat geglaubt, dass sich die Welt annähernd so entwickeln würde. Aus heutiger Perspektive hat er in einigen Punkten erschreckend Recht gehabt.
Die aktuellen Dystopien spielen ja fast alle nach einer großen Katastrophe (die oft nicht einmal näher benannt wird) und zeigen, welche Gesellschaftsformen sich dann entwickeln könnten. Wer weiß, vielleicht wird man in 80 Jahren auch sagen, dass das viel realistischer ist, als man heute denkt. Grundsätzlich ist der Ansatz aber für mich ein anderer. Orwell hat sich die Welt angeschaut, wie sie ist, und hat weiter gedacht. Die aktuellen Dystopien gehen ja teilweise so weit, dass man unsere Welt darin kaum noch erkennt bzw. viel mehr ausblenden kann, dass z.B. Panem ein Nachfolgestaat der USA sein soll.
Ich sage nicht, dass man 1984 deshalb gut finden muss oder nicht kritisieren darf. Aber bei einem Roman, der so alt ist, sollten man vor der Lektüre seine Erwartungen vielleicht überdenken und anpassen. Genauso wie hier keine E-Mails geschrieben werden, sondern Rohrpost verschickt wird, wird bei Goethe eben mit der Pferdekutsche und nicht dem Audi gefahren.