Heimito von Doderer - Die Strudlhofstiege (Vierter Teil)

Es gibt 44 Antworten in diesem Thema, welches 11.692 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Alice.

  • Ich will eigentlich nicht zu weit vorausmarschieren, aber wenn ich meine Eindrücke nicht gleich aufschreibe, sind sie weg :rollen:.


    Der letzte Teil beginnt mit den Anzeichen eines schwindenden Sommers. Leitet er symbolisch schon den Schluss ein? Der vierte Teil ist zwar der längste, aber wer weiß, was noch alles passieren wird. Mary K. und Dr. Negria, die ganz am Anfang auftauchten, rücken im Moment in den Mittelpunkt. Vielleicht beginnt sich mit ihnen der Kreis zu schließen.


    Auch wenn Mary K. mittels eines vorteilhaft montierten Spiegels regen Anteil an den Affären in ihrer Umgebung nimmt, ist sie doch ihrem verstorbenen Mann über all die Jahre ihrer Ehe hinweg treu geblieben und hebt sich auf diese Weise aus ihrem Bekanntenkreis heraus.

  • Alles gut, Doris! Man kann auf die Schnecken nicht immer Rücksicht nehmen. :winken:
    Mir geht es ja nicht anders. Das muss raus.
    Und jetzt schnell zurück zu Teil zwei - den ich hoffe, heute noch beenden zu können. :klatschen:

    🐌

  • Ist doch genau so gedacht mit der "Vierteilung", Doris - oder?
    Wer verfrüht "vorguckt", ist halt selbst schuld.. *g*
    (Ich empfinde die langsameren Leser übrigens kaum als "Schnecken", sondern gehe in mich, ob ich vlt viel zu oberflächlich lese?? :-/ )
    Ich für mein Teil freu mich über Deinen ersten Beitrag hier, Doris - dadurch steh ich nicht ganz so vorwitzig da.. und Du hast Recht: Es sollen ja auch spontane Eindrücke sein?! Daher:


    Ich bin erst gaaaanz am Anfang (*eigentlich* pausierte ich ja.. *g*), aber mir ist schon eine Stelle aufgefallen, die mir wieder sehr gut gefallen hat - also zitier ich die hier doch gleich mal:
    ".. Von Tugenden sich zu trennen, kann am Ende soviel Selbstverleugnung erfordern wie das Abscheiden von eingealteten Lastern (S. 563). .." (..*und die "Sinnumgebung" davon..)


    Witzig find ich auch solche Umschreibungen wie
    "Substitution ehelicher Fundamentalien durch deren Produkt"
    (..wenn die Tochter jetzt mit der Mutter im Ehebett schläft..)


    Gibt natürlich auch wieder einige der sehr bildhaften Stellen, die für mich bissi schief sind (übrigens natürlich nicht alle: Viele empfinde ich auch als sehr treffend, aber manche hören sich erst mal toll an - und dann beginne ich doch zu zweifeln.. *g*):
    "Man ging hier in der milden Sonne wie in Milch aufgelöst"
    NEIN. Milch ist ja doch.. eher sehr "dunstig" :breitgrins:. Bei so was bricht dann wohl einfach der Naturwissenschaftler in mir durch - *sorry*.


    (Danach geht's dann zu Paulas Verwandtschaft in einem Zusammenhang, der mich sehr ermüdet und ein wenig gelangweilt hat - da muss ich dann wohl irgendwann drüber.. wie gut, dass ich Euch hab.. :) )

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Hi hi, die Schnecken sind auch eher witzig gemeint. Ich weiß ja, dass ich nicht die schnellste Leserin bin. :breitgrins:
    Und jetzt will ich hier auch gar nicht sooo viel lesen.... :winken:

    🐌

  • Für mich gab es heute einen spannenden Abschnitt zu lesen. Hier rückt Mimi, Edithas Zwillingsschwester, die mir bislang gar nicht so besonders auffiel, in den Mittelpunkt. Ein spannender Vergleich tut sich auf. Ich weiß nicht, ob ich zu weit gehe, wenn ich Editha als promiskuitiv bezeichne, aber Mimi ist jedenfalls das Gegenteil davon. Sie hat mit 16 ihren Ehemann kennen gelernt und ist mit ihm durchgebrannt, und zwar gleich auf einen anderen Kontinent. Ich glaube herauszulesen, dass sie vor allem froh war, ihrer dominanten Schwester zu entkommen. Mit den immer noch anhaltenden Verwechslungsspielchen, die sie schon bei ihren Lehrern ausprobierten, haben sie auch mich verwirrt. Sollte ich das Buch ein zweites Mal lesen, werde ich genauer aufpassen, was Mimi/Editha treiben. Ich habe mir extra einen Merkzettel vorne ins Buch geklebt, neben die Personalliste.


    Die Auswirkungen des Zigarettenschmuggels, dem ich bei seiner ersten Erwähnung ebenfalls zu wenig Bedeutung beigemessen hatte, führen zu einem Knick in der Beziehung der Zwillingsschwestern. Editha geht wohl erstmals ein Licht auf. Sie weiß, dass Mimis Vorwürfe der Wahrheit entsprechen, aber sie kann nicht anders, als diesen Streich mit einem Gegenstreich zu parieren, indem sie Mimi auch materielles Interesse vorwirft (Mimi ist wegen des elterlichen Erbes in Wien). Editha kann eine Niederlage nicht eingestehen und schon gar nicht tatenlos hinnehmen.


    Weiters gab es noch ein längeres Gespräch zwischen Rene und Melzer, bei dem ich mir so vorkam, wie es Melzer nachgesagt wird: nicht besonders helle. Renes Gedankengänge sind mir eine Nummer zu hoch. Hoffentlich kann mir diesbezüglich eine von euch ein Licht anknipsen.

  • Ich starte dann jetzt auch endlich mit dem vierten Teil.
    Wie ihr schon geschrieben habt, beginnt es sehr herbstlich. Doderer beschreibt die Stimmung der Jahreszeiten so wunderbar treffend, ich liebe das. Und ich bin mit euch der Meinung, der Herbst läutet den Schluß ein.
    Ich bin sehr gespannt.
    Aber schon jetzt kann ich sagen, ich mag das Buch. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, es zu lesen, obwohl ich alleine wahrscheinlich verendet wäre. :winken:

    🐌

  • Ich habe nach ca. 150 Seiten des 4. Teils pausiert und stecke etwas fest, da weder die Handlung noch die Sprache mich gerade fesseln können. Die Mischung aus (für mich?) ziemlich unspannenden und teilweise bis jetzt (?) auch relativ unmotiviert erscheinenden Intrigen und Klatsch langweilt mich, da keine der teilnehmenden Personen mich irgendwie wirklich bewegt, und da das Ganze weder im Rahmen oder Zusammenhang der Stadt noch in der Natur stattfindet, sondern sich in relativ ermüdenden Dialogen abspielt, findet auch stilistisch wenig statt. Da Mimi eher blass erscheint, bleibt mir auch ihre "leidende" Rolle relativ fern.


    Ich habe gefunden, dass einige der Diskutierenden im Vorgängerthread die Darstellung der Personen ähnlich wie ich ("Prototypen", s.v. ..) empfunden haben.. (andere vermuten übrigens wohl gerade in diesem Vorgehen einen "Kunstgriff" Doderers..).
    Durch diese Distanz von Autor und Leser von den meisten Figuren bleibt das Ganze für mich eben relativ.. blutleer. Personentechnisch irgendwie "seelenlos". Leidenschaftslos. .. und ich tu mich gerade schwer, dem Roman innerlich "nahezubleiben".


    (Ich zitiere jetzt mal ohne direkte Namensnennungen aus den Seiten 6 u. 7 des alten Leserundenthreads..)


    "Zu den Figuren: Für mich ist lediglich René greifbar, das soll ja auch Doderer selber sein, alle anderen sind Klischees, Hüllen, Prinzipien."


    "Denn mir mangelt die Stiege an natürlichen Figuren. Vielleicht sind es alles nur Trópois? Alles Kunstfiguren oder Prinzipien? Gerade auch diese Editha spiegelt mir das Prinzip der Verführung,.."


    "Ja, das stimmt schon, nur das sind hier irgendwelche Gespinste, völlig leere Hüllen ... "


    "Ferner kommen mir fast alle Figuren so leer vor, da sie absolut einseitig sind. Leere Hüllen, da Lebendigkeit eigentlich immer auch den Spiegel/Widersprüche mit sich trägt."



    Was es gerade für mich brauchen würde, sind wieder mal ein paar der scharfsichtigen "allgemeinen Erkenntnisse" Doderers, die mich bisher bei der Stange gehalten haben - oder eine schöne "atmosphärische Beschreibung".
    Hoffend auf so etwas und die eine oder andere "Auflösung" werde ich den Roman sicherlich zu Ende lesen und das dann auch nicht bereuen.


    (Seitenzahl korrigiert - sorry..)

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Schade!
    Etwas konturenlos sind die Pesonen, da gebe ich dir recht.
    Ich hoffe, ich empfinde es nicht so, wie du, wenn ich 100 Seiten weiter bin. Ich möchte das Buch unbedingt zuende lesen.
    So wenig, wie ich es mag, wenn eine Geschichte zu kurz ist, mag ich es, wenn sie zu lang ist. Es wird ausgewalzt, was das Zeug hält. Vielleicht hätte es auch diesem Buch gut getan, 200_300Seiten kürzer zu sein.


    Was der Doderer aber absolut kann, sind Landschaftsbeschreibungen, Beschreibungen von Stimmungen, ab und zu einen wirklich wunderbaren Satz.

    🐌


  • Ich habe nach ca. 150 Seiten des 4. Teils pausiert und stecke etwas fest, da weder die Handlung noch die Sprache mich gerade fesseln können. Die Mischung aus (für mich?) ziemlich unspannenden und teilweise bis jetzt (?) auch relativ unmotiviert erscheinenden Intrigen und Klatsch langweilt mich, da keine der teilnehmenden Personen mich irgendwie wirklich bewegt, und da das Ganze weder im Rahmen oder Zusammenhang der Stadt noch in der Natur stattfindet, sondern sich in relativ ermüdenden Dialogen abspielt, findet auch stilistisch wenig statt. Da Mimi eher blass erscheint, bleibt mir auch ihre "leidende" Rolle relativ fern.


    An der Stelle nach 150 Seiten steckte ich auch fest. Das war doch der Teil mit dem langen Gespräch zwischen Melzer und René? Insofern kann ich dich verstehen. Aber zuvor der Teil mit der Offenlegung der Beziehung der Zwillingsschwestern gefiel mir gut. Mimi erscheint blass, aber genau das ist es, wie sie neben Editha immer aussah. Sie hatte einfach keine Möglichkeit, aus deren Schatten herauszutreten und ihre eigene Persönlichkeit zu entfalten. Und sie hat schon bald erkannt, dass das nur möglich wird, wenn sie ihr eigenes Leben außerhalb der Reichweite Edithas führt. Sobald sie wieder zusammen sind, verfallen beide in das frühere Schema.


    Deshalb finde ich auch nicht, dass diese Frauen nur leere Hülsen sind, wie in einem Zitat zu lesen ist. Auch bei den anderen steckt mehr dahinter, das wird später im 4. Teil noch deutlich. Vielleicht muss man hier und da ein bisschen graben, um es zum Vorschein zu bringen, aber ganz so negativ ist es nicht. Oft spielt auch die Sympathie, die man für die einzelnen Charaktere empfindet, eine Rolle, und richtig sympathisch sind die wenigsten. Das beeinflusst die Wahrnehmung zusätzlich.

  • Was du schreibst, Doris, erinnert mich gerade an das letzte Drittel von Manns Zauberberg. Da gab es auch Abschnitte, ich weiß nicht mehr genau, ob es Dialoge waren, die waren so laaang und meiner Meinung nach inhaltlich unerheblich. Ich habe, ich gestehe, weiter geblättert. :redface:

    🐌

  • Doris, ich geb Dir recht - Mimi bleibt natürlich blass, weil das hier so sein soll.
    Und die Bezeichnung "leere Hüllen" geht auch mir etwas zu weit (zu meinen "Prototypen" steh ich eher), da das, was ich eigentlich vermisse (ja schon von Anfang an, Du hast mich dazu gebracht, da noch mal dran zu denken..), eher eine glaubhafte Darstellung von (irgendwelchen!) inneren Beziehungen zwischen Personen (von denen fast jeder Roman eigentlich lebt!!) ist als die Darstellung der Personen selbst (die rein selbstbezogenen Gedanken jeder Person werden ja durchaus dargestellt..).


    Oder der Sinn ist, dass einfach "jeder eine Insel" ist in diesem Roman??


    Die Fälle, wo eine Darstellung von inneren Beziehungen zu anderen Personen (auch negativen!) ansatzweise stattfindet, sind in meinen Augen entweder ziemlich "clumsy" (z.B. Melzers Bild von Asta oder positive Gefühle bei Melzer Stangeler gegenüber) oder es wird einfach nur ausgesagt, dass da etwas existiert oder "ein Kuss appliziert" - dafür braucht es aber keine "Schöne Literatur" (in der so etwas subtiler möglich ist). So etwas ist Literatur nur für den Kopf - mein Gemüt erreicht es nicht. Mir fehlt da einfach was bei diesem Buch..


    Bei anderen Themen kann er's ja aber.. ist er bei denen einfach innerlich stärker beteiligt? Es braucht eben mMn eine gewisse Leidenschaft des Autors für sein Sujet, eben diese gewisse "positive innere Beteiligung", damit er glaubhaft darüber schreiben kann (Doderer betrachtet seine Charaktere eher wie Ameisen unter einer Lupe..) - da hilft alle literarische Kunst ansonsten nicht.
    Aber vielleicht bin ich ja auch einfach nur zu dumm für das Buch.. :-/
    Was ist die Funktion eines Romans??

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()


  • Oder der Sinn ist, dass einfach "jeder eine Insel" ist in diesem Roman??


    Jeder nicht, nur ein paar von ihnen. Eine echte Insel ist Melzer, der sich aus vielem heraushält. Manche sind nur zwischendurch Inseln, isolieren sich freiwillig. Viele Inseln sehe ich aber in den Ehen, da treiben einige der Eheleute deutlich auseinander.



    Die Fälle, wo eine Darstellung von inneren Beziehungen zu anderen Personen (auch negativen!) ansatzweise stattfindet, sind in meinen Augen entweder ziemlich "clumsy" (z.B. Melzers Bild von Asta oder positive Gefühle bei Melzer Stangeler gegenüber) oder es wird einfach nur ausgesagt, dass da etwas existiert oder "ein Kuss appliziert" - dafür braucht es aber keine "Schöne Literatur" (in der so etwas subtiler möglich ist). So etwas ist Literatur nur für den Kopf - mein Gemüt erreicht es nicht. Mir fehlt da einfach was bei diesem Buch..


    Im Grund geht es nicht um mehr als Paare, die teilweise sogar untereinander wechseln, und um Zigarettenschmuggel. Das Buch ist, abgesehen von einigen Längen, schön geschrieben, aber inhaltlich bietet es gemessen an seinem Umfang nicht so viel. Mir wäre etwas weniger Personal und dafür mehr Handlung bei den anderen lieber gewesen.



    Bei anderen Themen kann er's ja aber.. ist er bei denen einfach innerlich stärker beteiligt? Es braucht eben mMn eine gewisse Leidenschaft des Autors für sein Sujet, eben diese gewisse "positive innere Beteiligung", damit er glaubhaft darüber schreiben kann (Doderer betrachtet seine Charaktere eher wie Ameisen unter einer Lupe..) - da hilft alle literarische Kunst ansonsten nicht.


    Mir fehlen die Vergleichsmöglichkeiten, ich habe weiter nichts von Doderer gelesen. Wenn ich die Charaktere innerhalb der Strudlhofstiege vergleiche, fallen mir schon einzelne auf, die klarer gezeichnet sind, aber das könnte auch mein subjektives Empfinden sein, weil sie einfach stärker als andere im Fokus stehen und deshalb mehr in Erscheinung treten. Ich könnte nicht sagen, ob Doderer bei manchenn innerlich stärker beteiligt ist.



    Was ist die Funktion eines Romans??


    Gute Frage. Ich denke, das kommt auf den Inhalt an, aber der Hauptgrund wird sein, dass der Autor die Leserschaft unterhalten will.

  • Ich habe gerade extreme Probleme mit dem Zigarettenschmuggel-Teil. Es will nicht in meinen Kopf. Ich befürchte, es liegt an mir, aber es nervt.
    Ich überlege, einfach weiter zu lesen. :rollen:

    🐌

  • Auch ich bin jetzt im vierten Teil angelangt und habe gerade die Episode mit Editha und ihrer Zwillingsschwester gelesen.


    Mimi ist tatsächlich die blassere und auch nachgiebigere von den beiden, konnte sie sich doch schon in Kindheit und Jugend nicht von Editha und ihren Verwechslungsspielchen distanzieren und lösen. Einzig ihr Ehemann hat von Anfang an nur sie als Individuum gesehen und das hat sie so beeindruckt, dass sie sogar mit ihm nach Argentinien durchgebrannt ist, wahrscheinlich aber auch mit dem Hintergedanken, dort endlich ein eigenes Leben führen zu können.


    Diesen Aspekt dieser Episode fand ich sehr interessant und auch gut zu lesen. Interessant wäre es nun, das ganze Buch nochmal zu lesen mit dem Wissen, dass Editha in diesem Sommer gar nicht Editha ist. Einige kleine Hinweise gab es ja sicher, z.B. als "Editha" die Frau von Budlau nicht erkennt und sich an den Skandal mit ihr nicht mehr erinnern will. Das ist mir so beim ersten Lesen gar nicht sonderlich aufgefallen und wahrscheinlich gab es da noch mehr kleine Details, die den Zwilling verraten hätten.


    Mit der Zigarettenschmuggelgeschichte tu ich mich auch ein bisschen schwer. Warum macht Editha daraus so eine große Sache? Auch die große Bedeutung des von Eulenfeld abgefangenen Briefes ist mir nicht ganz klar. Ging es dabei nicht nur darum, dass Melzer erkältet ist und einen Besuch bei Editha/Mimi absagen muss? :gruebel:


    So, ich mache mich dann jetzt auf nach München, in die Neue Pinakothek. Zufälligerweise habe ich eben erst gestern die Szene gelesen, in der Mimi vor den "Matrosen beim Kartenspiel" klar wird, dass sich ihr Leben ändern muss. Da hatte ich den Ausflug nach München mit meiner Mama schon lange ausgemacht. Diesem Bild werde ich dann heute besondere Beachtung schenken und dabei an die Strudelhofstiege denken. :zwinker:

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

    Einmal editiert, zuletzt von knödelchen ()


  • Mir fehlen die Vergleichsmöglichkeiten, ich habe weiter nichts von Doderer gelesen. .. Ich könnte nicht sagen, ob Doderer bei manchenn innerlich stärker beteiligt ist.


    Ich auch nicht. :smile:
    Mit den "anderen Themen" meinte ich die in diesem Roman, bei denen eigentlich uns allen (?) schöne Passagen aufgefallen waren: Naturbeschreibungen, Stimmungen in der Stadt, ich finde auch: Allgemeine gesellschaftliche Verhaltensmuster..



    Gute Frage. Ich denke, das kommt auf den Inhalt an, aber der Hauptgrund wird sein, dass der Autor die Leserschaft unterhalten will.


    Darüber kann man wahrscheinlich lange diskutieren.. und auch, was "Unterhaltung" eigentlich ist..
    Man denke allein an die Einteilung zwischen "Klassiker" ("E-Roman".. :zwinker:) , "Unterhaltungsroman" etc) - und an den in zuweilen in Worte gefassten Gesichtsausdruck einiger Mitforumler, wenn einige Klassiker (iwie eigentlich zurecht..) unter "Liebesromane" gereiht werden..
    Ich denke eben, die meisten Romane enthalten als eines der Hauptelemente den Umstand, dass der Hauptcharakter irgend eine Form von Entwicklung/Veränderung durchmacht.. und das eben zumeist durch die Interaktion mit anderen Charakteren. Eben darum finde ich die "Beschreibung der v.a. auch emotionalen Interaktionen der Charaktere" so wichtig..
    Auf welchem inhaltlichen und Sprach-"Niveau" (meine Güte, dieses WORT.. :-/ ) die Beschreibung stattfindet, macht dann eben den Wert? die Einordnung? des Romans aus. Und naturgemäß findet bei älteren Büchern da eine gewisse.. Selektion statt, sodass man doch bei älteren noch "erhaltenen" Romanen meist den "wertvolleren" Anteil konserviert findet. Wie bei Musik halt. Vielleicht (und hoffentlich!) sind das dann die Bücher, an die viele Leute auch mit zeitlichem Abstand nach dem Lesen öfter mal gedacht haben? Was wird wohl aus unserem Jahrhundert bleiben??


    Ich selbst möchte keine Romane aus rein intellektuellen Gründen lesen (dafür gibt es für mich Sachbücher..) - ein Roman muss für mich "Seele"&Kopf" ansprechen, um "gut" zu sein. (Da findet ein gewisser "emotionaler Transfer" von Autor zu Leser statt.)
    Was "Unterhaltung" fördert oder zerstört, ist wohl bei Jedem etwas anders - bei mir wirken z.B. ein schlechter Stil und zu banale Charaktere absolut kontraproduktiv; zu rein "abstrahierender" Literatur hab ich aber andererseits auch noch wenig Zugang gefunden - bei jemand Anderem mögen die Vorlieben wieder ganz anders sein.
    *Auch die jeweilige Situation und "Anwendung", zu der man ein Buch liest, spielt eine Rolle.




    Ich habe gerade extreme Probleme mit dem Zigarettenschmuggel-Teil.


    Das war auch der Teil, mit dem ich die größten Schwierigkeiten hatte. Selbst die Motivation bleibt unklar - Eulenfeld werden später auch die Worte in den Mund gelegt, "Editha habe doch Geld gar nicht nötig" (sinngemäß). Entweder ist die eigentliche Handlung wirklich banal (@ Doris) - oder wir werden es am Ende doch besser verstehen??


    (*Satz ergänzt)

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Hallo ihr Lieben,


    das Bild "Matrosen beim Kartenspiel" ist leider nicht mehr in der Neuen Pinakothek zu sehen, sondern ist ins Depot verbannt worden. Schade, ich hätte gerne das Bild genauer betrachtet und dabei an die Szene aus der Strudlhofstiege gedacht... :smile:


    In der Zwischenzeit bin ich auf Seite 768 angekommen, d.h. ich habe "nur" noch etwas über 100 Seiten vor mir.


    Melzer macht ja in diesem vierten Teil eine Art Entwicklung durch, weg vom stillen Beobachter, der so manche Gelegenheit zum Handeln nicht genutzt hat und immer nur mitgenommen wurden zum Menschen mit beginnendem "Zivilverstand", der nun auch keine Angst mehr hat, nicht gelebt zu haben (Seite 760 in der dtv Ausgabe).
    Ist das die "Menschwerdung", von der hier schon öfter mal die Rede war?
    Ich bin ja gespannt, welche der Damen es nun werden wird am Ende für den guten Melzerich, denn ich denke, darauf wird es doch jetzt hinauslaufen, auch ihm noch eine Dame zuzuteilen. Ich habe eine Favoritin, mal schauen, ob ich recht habe... :zwinker:



    Oder der Sinn ist, dass einfach "jeder eine Insel" ist in diesem Roman??


    Im Endeffekt sind ja alle Menschen Inseln, die sich in ihrem Leben mal dieser, mal jener anderen "Insel" annähern und sich dann wieder entfernen. Doderer beschreibt die Beziehungen seiner Personen untereinander wohl wirklich etwas kühl, aber vielleicht auch einfach nur realistisch und manchmal auch mit einem schelmischen Augenzwinkern?



    Mir fehlt da einfach was bei diesem Buch..


    Das ist natürlich schade!


    Ich muss sagen, dass ich es nicht bereue, dass Buch zu lesen. Vielleicht hätte ich es noch aufmerksamer lesen sollen, denn mir fällt auf, dass ich mich an einige Begegnungen/Gespräche nicht mehr richtig erinnern kann, die jetzt auf einmal eine Bedeutung bekommen haben. Trotz allem ist aber der Gesamteindruck positiv und einige Szenen werden mir sicher länger in Erinnerung bleiben.
    Ähnlich geht es mir auch mit Prousts Recherche, da kann ich auch nicht mehr die gesamten Ereignisse nacherzählen, aber einige Beschreibungen fallen mir sofort wieder ein, wenn ich daran denke.


    Hier wird es sicher die Szene mit Rene und der Schlange sein, oder Melzers Bärenjagd oder die Szene im Café, in der Grauermann fast seine Verlobte mit einem anderen Mann vorbeifahren sieht.
    Oder die Szene mit der kleinen Resi und ihrer Aprikosenwange, ähnlich der von Thea, nur das Melzer an diese nicht so leicht herankommt wie an die von Resi... :smile:


    Und dann natürlich immer wieder die eigentliche Hauptfigur, die Stiege! Auf Seite 695 der dtv-Ausgabe z.B.:
    "Dann wandte Melzer sich zur Stiege und tauchte hinab, Rampe nach Rampe, und fühlte jetzt erst, allein, auf halber Höhe haltend, den Hauch des Grüns in der Nacht, als hätte dieser Duft vollkommener Stille und Einsamkeit bedurft, um hervorzutreten."
    Oder auf Seite 769, als Melzer sogar fast das Gefühl hat, die Stiege beleidigt zu haben, die dann sogar als Art Orakel oder Göttin dargestellt wird, die die Antwort auf die Fragen Melzers schon gegeben hat.
    Einmal fragt E.P. Melzer, ob dieser wohl von der Stiege her komme, und Melzer antwortet darauf "Immer" und merkt dann erst, welche Wahrheit er hier ausgesprochen hat!

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

    Einmal editiert, zuletzt von knödelchen ()

  • :winken: Ich bin noch dabei!
    Die Zigarettenschmuggler haben mich irgendwie ausgebremst....
    Aber jetzt nimmt die Geschichte um Mimi und Editha wieder etwas an Fahrt auf. Ich hoffe, der Schein trügt nicht

    &#128012;


  • Melzer macht ja in diesem vierten Teil eine Art Entwicklung durch, weg vom stillen Beobachter, der so manche Gelegenheit zum Handeln nicht genutzt hat und immer nur mitgenommen wurden zum Menschen mit beginnendem "Zivilverstand", der nun auch keine Angst mehr hat, nicht gelebt zu haben (Seite 760 in der dtv Ausgabe).
    Ist das die "Menschwerdung", von der hier schon öfter mal die Rede war?


    Melzer ist jetzt an dem Punkt angelangt, wo seine Nennung im Untertitel gerechtfertigt wird. Er ist ja mehr der nachdenkliche, stille Typ und scheint nun den Moment erreicht zu haben, wo er in Einklang mit sich und seinem Leben kommt. Im Gegensatz zu seinen Mitspielern hat er lange gebraucht, um zu seine zweite Hälfte zu finden, aber bei ihm sieht es danach aus, als wäre das eine Gemeinschaft, die nicht so leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird wie z. B. bei Etelka. Als "Menschwerdung" würde ich das nicht bezeichnen, das hieße ja, dass ihm vorher in der Hinsicht etwas gefehlt hat. Aber das ist eine Sache der Definition. Gefehlt hat ihm schon etwas, aber ganz sicher nicht Menschlichkeit.


    Mary K. rückt nun auch nochmals in den Mittelpunkt, womit sich der Kreis zum Anfang des Buches zu schließen beginnt. Melzer ist an ihrer Seite und handelt so besonnen, wie er es die ganzen Jahre über schon tat, und Thea ihrerseits beweist, dass auf sie Verlass ist. Gefiel mir gut, diese Stelle, auch wenn es so blutig war.



    Ich muss sagen, dass ich es nicht bereue, dass Buch zu lesen. Vielleicht hätte ich es noch aufmerksamer lesen sollen, denn mir fällt auf, dass ich mich an einige Begegnungen/Gespräche nicht mehr richtig erinnern kann, die jetzt auf einmal eine Bedeutung bekommen haben. Trotz allem ist aber der Gesamteindruck positiv und einige Szenen werden mir sicher länger in Erinnerung bleiben.


    Das kann ich so unterschreiben. Ich bin schon seit einigen Tagen mit dem Buch fertig und bereue ein bisschen, dass ich mir nicht mehr Notizen gemacht habe, aber es gibt definitiv Szenen, die mir gut im Gedächtnis geblieben sind.

    Einmal editiert, zuletzt von Doris ()

  • Obwohl die Geschichte an sich an Fahrt aufgnommen hat, lese ich zur Zêit etwas zäh. Muss Absätze wiederholen, komme nicht richtig in den Lesefluss. Das mag aber tatsächlich an mir liegen ich habe zur Zeit etwas Stress im Büro und es fällt mir deutlich leichter, etwas Schlichteres zu lesen. Und so entwickelt sich die Strudlhofstiege bei mir ein bisschen zu einem Langzeitprojekt. Aber ich will es auf jeden Fall beenden und lese jeden Tag mindestêns ein Stückchn. :winken:
    Sorry, dass es so lange dauert. :redface:

    &#128012;