Carmen Lobato - Und sie werden nicht vergessen sein

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    Arman und Amarna sind in London angekommen und bauen sich ein Leben in Großbritannien auf. Er wird als Künstler gefeiert, sie hat Arbeit im British Museum, sie haben ein wunderschönes Haus, großartige Nachbarn und werden bewundert und geliebt. Doch Armans Vergangenheit kann nicht einfach abgelegt werden und so ist ihr Leben immer weiter eine Herausforderung und ein Kampf. Sie lieben einander, doch es ist nicht einfach.


    Und es wird nicht einfacher, als ihr Schicksal sich mit dem eines Berliner Paares kreuzt. Martin und Eva sind ein strahlendes Paar, sie Malerin und er ein Filmstar. Doch der aufkommende Nationalsozialismus verändert alles für sie beide und ihre kleine Tochter Chaja.
    Man muss den ersten Band „Die Stadt der schweigenden Berge“ nicht zwingend gelesen haben, um dieses Buch lesen zu können. Ich empfehle es dennoch, das Verständnis für die Figur Arman ist sicher größer, wenn man die Vorgeschichte kennt.


    Ich wollte dieses Buch mögen, denn ich weiß, wieviel der Autorin an genau diesem Buch liegt. Aber ich habe mich schwergetan. Der Vorgänger hatte mich gefesselt und verstört, fasziniert und begeistert. Da hat es ein zweiter Teil meist schwer, dennoch hatte ich gehofft, dass es mich ähnlich mitreißen wird, was dann aber leider gar nicht geschah. Das erste Drittel empfand ich als recht schwerfällig. Die Szenen zwischen Arman und Amarna haben mich nicht berühren können, ich fand sie sehr schwülstig, manch immer wiederkehrende Formulierungen gingen mir irgendwann nur noch auf die Nerven. Die Kapitel um Martin und Eva in Berlin zu Beginn hingegen haben mir besser gefallen, sie waren für mich greifbarer und nachvollziehbarer. Im weiteren Verlauf hingegen wurden mir die Protagonisten alle zunehmend unsympathisch. Ich muss Buchfiguren nicht mögen, um ein Buch zu mögen, aber sie müssen etwas in mir bewegen oder berühren und das taten sie kaum, außer mich zu ärgern. Ein paar kleine Lichtblicke gab es, so vor allem Paul, der im ersten Band keine besonders rühmliche Rolle gespielt hat und mich hier nun positiv überraschen konnte. Andere Nebenfiguren, von denen ich mir aufgrund der Vorberichterstattung einiges erhofft hatte, waren leider auch so gar nicht mein Fall.


    Abgesehen von den Figuren geht es aber eigentlich um viel mehr. Es ist ein Buch gegen das Vergessen und für das Zusammenhalten von Menschen. Gerade in unserer heutigen Zeit, in der Geschichte anscheinend nur zu gerne vergessen wird und Zusammenhalt für viele ein Fremdwort ist, zumindest wenn es um grenzenlosen Zusammenhalt geht. Im ersten Buch wurde der Völkermord an den Armeniern thematisiert und kommt auch hier immer wieder zur Sprache, während die Welt nur wenige Jahre später erneut wegguckt und zulässt, dass ein weiteres Volk, die Juden, einfach ausradiert wird. Wie konnte das geschehen? Und wie kann es sein, dass wir heute immer noch nicht schlauer sind, nicht mehr aus der Geschichte gelernt haben, sondern immer noch auf Grenzen, Staaten und Nationalitäten pochen und danach bemessen, wem wie geholfen werden darf? In dieser Hinsicht ist das Buch wieder aufrüttelnd und fesselnd geschrieben.


    Insgesamt aber war es mir zu viel Liebesgeschichte, zu viel Beziehungsprobleme. Vom Kopf her konnte ich das alles durchaus nachvollziehen, im Herzen kam es bei mir aber einfach nicht an. Sehr schade, ich hätte mir gewünscht, dass der Zauber des ersten Bandes wieder aufkommt, es gelang mir aber nicht, ihn in den knapp 800 Seiten wiederzufinden und so habe ich das Buch erstaunlich unbeteiligt gelesen, obwohl es doch eigentlich so aufrüttelnd sein müsste!


    2ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    LG, Dani


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  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Die Tränen werden nie versiegen…


    Bei dem vorliegenden Roman handelt es sich um die lose Fortsetzung zu „Die Stadt der schweigenden Berge“. Für mein Empfinden können sie unabhängig voneinander gelesen werden. Da ich den ersten Teil geliebt habe, freute ich mich ungemein auf die Fortsetzung und begann voller Vorfreude mit der Lektüre.


    Auch hier geht es in erster Linie um Arman und Amarna, die sich in England niedergelassen haben und dort ein glückliches Leben führen. Doch wir schreiben das Jahr 1938 und wenig später bricht der 2. Weltkrieg aus. Wie sehr verändert der Krieg das Leben des Paares? Werden sie die drohende Gefahr bewältigen können? Und vor allem: Kann Arman jemals den Verlust seiner Familie verwinden?


    Die Autorin hat einfach ein Händchen für feinfühlige Erzählungen und sehr gut gezeichnete Charaktere mit Tiefgang, so dass es kaum verwundert, dass diese Geschichte mit 768 Seiten daher kommt, jedoch ist nicht eine einzige Seite davon zu viel.


    Hier überzeugen nicht nur Arman und Amarna, die wir bereits aus dem ersten Band kennen und die um ihre Beziehung kämpfen wie die Löwen. Arman ist so ein empfindsamer Charakter, der mir so nahe ging, dass er einen Platz in meinem Herzen gefunden hat. Am meisten beeindruckt hat mich die Figur der Eva. Hielt ich sie anfänglich noch für eine egoistische Person, die nur an ihrer Kunst interessiert ist, musste ich alsbald feststellen, dass viel mehr dahinter steckt und dass einem auch unsympathische Charaktere nahe gehen können. Das muss einem als Autor erst einmal gelingen, dass auch die unliebsamen Figuren den Leser ans Herz rühren. Man fühlt und leidet mit den Protagonisten und das ist etwas, was in meinen Augen nur Bücher vermögen.


    Die Geschichte bietet alles, was das Leserherz benötigt: ein überzeugendes, geschichtliches Setting, spannende Figuren, Liebe, Intrigen und jede Menge Schmerz. Selten habe ich beim Lesen so viele Tränen verdrückt wie hier und konnte mich kaum von der Handlung lösen.


    Besonders gepackt hat mich der unerfüllte Kinderwunsch von Amarna, der in der Beziehung für Zwistigkeiten sorgt. Hier kam sehr gut rüber wie belastend so etwas für eine Paarbindung ist. Schön, dass in diesem historischen Roman nicht nur Geschichtliches verarbeitet wird, sondern auch das Persönliche der Figuren und deren Beziehungen eine wichtige Rolle spielen.


    Fazit: Ein Buch voller Gefühl, das mich regelrecht überfahren hat. Ich komme mir immer noch ein wenig überrollt vor von den Emotionen und bin ein wenig sprachlos. Klar ist nur, dass ich zwingend eine Leseempfehlung aussprechen muss. Wer historische Romane, vor allem zur Zeit der Weltkriege mag, der muss hier einfach zufassen.


    Bewertung: 5ratten und :tipp:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Ich hab schon anhand der amazon-Rezensionen gesehen, dass ich mit meiner Meinung bisher relativ alleine dastehe :zwinker:

    LG, Dani


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  • Und sie werden nicht vergessen sein


    Es ist das Jahr 1938, Arman und Amarna haben sich ihr Leben in London eingerichtet. Arman arbeitet erfolgreich als Künstler und seine Frau für ein Museum. Beide könnten glücklich sein, wäre da nicht die Vergangenheit, die schwer auf ihnen lastet. Auch der erhoffte Kindersegen ist ausgeblieben. Dann beginnt der Zweite Weltkrieg und alles scheint sich zu wiederholen. Arman meldet sich freiwillig zur Royal-Force und Amarna muss damit leben. Eine schwere Zeit liegt vor ihnen.


    Die Geschichte von Amarna und Arman aus „Die Stadt der schweigenden Berge“ geht hier weiter. Es sind ein paar Jahre vergangen und nun leben die Zwei in London und sind erfolgreich. Auch wenn es sicher besser ist, die Vorgeschichte zu kennen, kann man die Bücher auch einzeln lesen. Allerdings könnten einem ein paar Zusammenhänge entgehen. Zum besseren Verständnis der Handlungsweisen der Protagonisten wäre es schon besser erst Band 1 zu lesen.
    Das Thema ist allerdings nicht so ganz einfach. Carmen Lobato schildert hier von Verfolgung und Hass aber eben auch davon, was Liebe alles aushalten kann. Ihre Art zu schreiben ist etwas speziell und sicher nicht für jeden geeignet. Zeitweise scheinen ihre Worte förmlich überzusprudeln vor Lebenslust, um auf der nächsten Seite tieftraurig zu sein. Mir gefällt dies aber gut, ich konnte intensiv mit den Protagonisten mitfühlen, war bewegt von ihrem Schicksal.


    Die Handlung spielt sich hier auf zwei Schauplätzen ab, zum einen eben in London, zum anderen in Berlin, und dann auch ein wenig in Paris. Paul lebt in Berlin. Auch er lebt sein Leben weiter, allerdings wird es für ihn immer schwerer. Lobato schildert hier, wie es in Berlin aussah, als Hitler an die Macht kam. Sie hat die Stimmung dieser Zeit einfach hervorragend eingefangen und wiedergegeben. Es ist sehr traurig zu lesen, wie mit Menschen umgegangen wurde, aber eben auch tröstlich zu sehen, wie viel Hoffnung es auch immer wieder gab.


    „Und sie werden nicht vergessen sein“ ist ein großer Liebesroman mit vielen Emotionen. Hier wird geschildert, wie Menschen leiden mussten, wie selbst vor Kindern nicht haltgemacht wurde. Was am Ende bleibt, ist die Hoffnung, dass so was nie wieder geschehen wird, nie wieder geschehen darf. Zu sagen es hat Spaß gemacht hier zu lesen, wäre vermutlich falsch, dazu ist die Handlung der Zeit einfach zu deprimierend, zu authentisch und echt. Aber es hat mich berührt, den Wunsch geweckt irgendwie zu helfen. Das Leid dieser Menschen rührt zu Tränen und genau dieses Gefühl beschwört die Autorin herauf. Es ist einfach nicht möglich, sich dem zu entziehen. So verwundert es sicher nicht, dass ich dieses Buch in nur knapp drei Tagen gelesen habe, immerhin 750 Seiten!


    5ratten

  • Das Buch ging wirklich unter die Haut *brrrr* Es verursacht mir noch heute Gänsehaut, obwohl der Lesegenuss schon einige Zeit her ist!


    Arman und Amarna haben sich seit dem ersten Band ein schönes Leben in England aufgebaut. Arman als Künstler, Amarna arbeitet im Museum. Als sich jedoch die dunklen Wolken des 2. Weltkrieges über ihren Köpfen zusammenbrauen, meldet sich Arman freiwillig bei der Royal Air Force. Währenddessen bahnen sich auch düstere Zeiten für die Künstlerin Eva und ihre kleine Tochter Chaja an, denn die beiden sind jüdischer Abstammung.


    Nachdem ich den ersten Band verschlungen hatte, habe ich dem Nachfolger entgegengehungert und gleichzeitig hat sich Skepsis bei mir eingeschlichen wie ein ungebetener Gast (einer von der Sorte, der die Stinkestrümpfe auf den Couchtisch legt und von hinten bis vorne bedient werden will). Normalerweise mache ich einen riesen großen Bogen um Bücher wie dieses. 2. Weltkrieg ist nun so gar nicht meine Zeit und auch in „Liebes- und Schicksalsromanen“ fühle ich mich eigentlich auch so gar nicht zuhause. Da zieh ich gute High-Fantasy und tolle Histo-Schmöker um Längen vor. Da ich aber Carmen Lobato (Charlotte Lyne) von ihren historischen Romanen kennen und lieben gelernt hatte, begab ich mich mit ihr an meiner Seite auch auf die Reise durch das kriegsgebeutelte Europa. Außerdem war ich neugierig, wie es den Charakteren aus dem ersten Band ergeht.


    Das Buch krallt sich zu beginn beharrlich an zwei Handlungsorten fest. Berlin mit der Künstlerszene in den Vorkriegsjahren, wo Hitler nur weggelacht wird und man die wahre Bedrohung solange nicht sehen will, bis es zu spät ist und England, der Heimat von Arman und Amarna. Carmen Lobato versteht es, die Weichen zu stellen und die Schachfiguren auf ihren vorgesehenen Platz rücken zu lassen, nur um im richtigen Moment den entscheidenden Schritt zu tun.
    Für die England-Handlung war ich sofort Feuer und Flamme. Für die Berliner musste ich mich zuerst ein bisschen erwärmen (was spätestens dann geschah, als die Autorin ein wenig Filmgeschichte mit in ihren seitenen Zaubertrank träufelte), was dazu führte das ich unweigerlich auch mit ihnen mitfieberte. Außerdem gibt es auch in Berlin das ein oder andere bekannte Gesicht, über deren Erscheinen ich sehr entzückt war. Generell schwankte ich für die gesamte Schar an Charakteren immer zwischen Hass, Liebe, Mitleid und Furcht um ihr Leben. Carmen schaffte es, die unterschiedlichsten Gefühle in mir brodeln zu lassen. Einmal klappte ich das Buch zu und schwor mir, die letzten paarhundert Seiten nicht zu lesen, klagte einer Freundin mein Leid, nur um Roman dann doch wieder aufzuschlagen und fluchend wie ein Kesselflicker weiter durch die Seiten zu suchten. Die Autorin schafft es, mich an die Seiten zu binden, nicht zuletzt durch ihren Stil und ihre Figuren, die so ausgreift sind, dass sie vom Blatt aufstehen und herumlaufen.
    Sie schafft es, selbst die zuckrigste Liebesszene anmutig wirken zu lassen. Und ich bin so ein Leser, der bei der kleinsten Überzuckerung demonstrativ die Augen verdreht und ein paar Zeilen überspringt. Ihr Stil funktioniert für mich einfach tadellos, obgleich er wohl etwas Besonderes ist. Doch diese Besonderheit zieht mich an wie die Motte das Licht.
    Die Thematik war eine schwere Kost, doch man merkt dem Buch an, dass die Autorin tief in die Materie eingedrungen ist, und sich nicht einfach gesagt hat, ich recherchier oberflächlich und klatsch mal eine Liebesgeschichte auf die Seite. Oh nein, ich spürte das Herzblut, mit der dieser Roman geschrieben wurde. Die vielen kleinen Details (Doris Löwenzahnsalat!) ließen mich so manches Mal schmunzeln und so manches Mal die ein oder andere Träne vergießen. Natürlich geht es auch um die Liebe, aber wie sich diese Geschichte gestaltet, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.


    Was soll ich noch groß drumherum reden? Das Buch fand ich spitzenklasse, es war grausam, und schön zugleich. Carmen Lobato beschönigt nichts. Das ist auch nicht ihr Stil und sie schreibt ja auch nicht von Butterblumen. Für mich bedeutet dieses Buch das „Nicht Vergessen“, die Erinnerung an Völker, die zwischen der menschlichen Gier und dem Wahn zermahlen worden sind.
    Mir bleibt nichts anderes außer Danke zu sagen, und froh zu sein, froh, den Blick über den Genre-Tellerrand hinaus gewagt zu haben, um einen neuen Horizont zu finden. 5 Sterne für ein Buch, dass ich so schnell nicht vergessen werde.

    Home is people, not a place (Robin Hobb, Live Ship Trader)