Wolfram Fleischhauer - Die Purpurlinie

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 7.888 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Weratundrina.

  • <b>Inhalt:</b>
    "Gestern sah ich wieder ihr Bild". Mit diesen Worten beginnt der Roman.
    Gemeint ist das Gemälde "Gabrielle d'Estrées und eine ihrer Schwestern", das bis zum heutigen Tag die Besucher des Louvres gleichermaßen verwundert und fasziniert. Auf dem Bild zu sehen sind zwei Damen des 16. Jahrhunderts: beide sitzen zusammen in einer Badewanne, beide sind nackt, die eine hält einen Ring in ihrer linken Hand, die zweite umfaßt mit ihren Fingern die rechte Brustwarze der ersten.
    Auch der Literaturdozent Andreas Michelis interessiert sich seit langem für dieses Bild. Was wollte der Maler mit dem ausgefallenen Fingerspiel der beiden Badenden aussagen? Und was bedeutet das im Bildhintergrund abgebildete Szenario? Aber weitergehende Informationen sind spärlich und selbst Kunsthistoriker tun sich bis heute mit der Entschlüsselung des Bildes schwer. Das Geheimnis um die beiden Damen scheint unlösbar.
    Da kommt ein Zufall dem Dozenten zur Hilfe: ein Freund findet in einem Verlagsarchiv Fragmente eines historischen Romans, der zum Ende des 19. Jahrhunderts von dem Historiker Jonathan Morstadt verfasst wurde. Erzählt wird darin die Geschichte der auf dem Gemälde abgebildeten Gabrielle d'Estrées, einer Mätresse des französischen Königs Heinrich IV. von Navarra, die einen überraschenden und qualvollen Tod starb.
    Die Roman-Fragmente nähern sich aus verschiedenen Blickwinkeln dem Leben und Sterben der königlichen Geliebten - und damit letztlich auch der Entstehung des bekannten Louvre-Gemäldes. Können diese neuen Unterlagen das Bilderrätsel lösen?



    <b>Meinung:</b>
    Als "romanhafte Bildinterpretation" bezeichnet Wolfram Fleischhauer selbst sein Buch. Damit hat er für mich aber nur einen Teil dieses faszinierenden Romans beschrieben.
    Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist natürlich das Bild der beiden Damen im Bad - und was es verbirgt. Aber gleichzeitig zeichnet dieser Roman auch ein wunderbar plastisches, exakt recherchiertes Bild des historischen Hintergrundes. Wer waren die abgebildeten Personen? Und wie haben sie gelebt? Man erfährt vieles über die französischen Religionskriege und das Umfeld des Königs Heinrich von Navarra. Politische Ränke, Machtspiele und Intrigen durchziehen die Seiten. Und daneben gibt es auch interessante Einblicke in das Leben abseits des Prunkes: wie lebten Diener, Bürger und Handwerker?
    Spannend wird das Ganze durch die fragmentarische Roman-im-Roman-Konstruktion, durch die die verschiedenen Ereignisse facettenreich aus unterschiedlichen Perspektiven geschildert werden. Erst nach und nach gelingt es dem Leser, die einzelnen Fäden zusammenzuknüpfen und die Zusammenhänge zu erkennen. Ein echtes Highlight für alle Historik- und Knobelfans.
    Das Besondere dieses Buches macht aber die eindringliche, anschauliche und niemals übereilte Sprache aus, durch die ich mich wirklich in eine andere Zeit versetzt fühlen konnte. Dabei sollte man sich aber auf das eher gemäßigte Tempo dieses Buches einlassen können und wollen.


    Fazit: Wolfram Fleischhauer vereint in diesem Buch historische Genauigkeit, spannendes Rätselraten und einen wunderbaren, geschliffenen Sprachstil. Anspruchsvolle Unterhaltung für Leser, die Spaß an Sprache, Kunst und Geschichte haben. Allerdings: wer ein Buch mit heldenhaft-liebenswerten Protagonisten und aktionsreichen Handlungssträngen sucht, sollte vielleicht doch besser eine andere Lektüre wählen. Wahrscheinlich wäre dieser Roman dann eine herbe Enttäuschung.


    <b>Bewertung:</b>
    5ratten


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    Einmal editiert, zuletzt von Seychella ()

  • Dieses Buch habe ich im Urlaub in 4 Stunden verschlungen.


    Zugegeben, als ich den Inhalt des Buches bemerkte, wollte ich es schon in die Ecke schmeißen:


    Von Bilder und Verhschlüsselungen habe ich seit Dan Brown, der mehr fantasierte als interessante Fakten bat, genug gehabt.


    Doch der Zufall wollte es, dass ich im Klagenfurter Landesmuseum die Spezielausstellung über den Kärntner Malers Josef Ferndand Fromiller (1693-1760) besuchte.


    Unter seinen gewaltigen Bildern entdeckte ich 5 großartige Bilder, die über Heinrich IV und Maria de Medici handelten.


    Auf vielen Bildern war die linke Brust gewisser Frauen frei. *fiel mir eben als erstes auf* ;)


    Gabrielle Estrees vermochte ich leider nirgends zu erkennen.


    Die Bilder handelten rein von der Vorstellung Maria de Medicis, die Bildübergabe, die Übergabe von Macht an die Maria de Medici usw.


    Jedenfalls interessant.


    Und gleich fiel mir das Buch wieder ein, das schließlich auch über diese Thematik handelt.


    Fassungslos über diesen unglaublichen Zufall begann ich zu lesen, und 4 Stunden später, hatte ich es fertig gelesen.


    Welch literarische Wohltat!


    Aus Sicht eines forschenden Literaturwissenschaftlers wird eine Theorie über ein sehr komisches Bild aufgestellt.


    Wohltuend, dieser geniale Fleischhauer, der nicht wie Dan Brown überall einen Wahrheitsanspruch stellt, obwohl fehlerhaften Inhalts, sondern ganz bewusst wirklich ganz hervorragend recherchierte Theorien aufstellt, und nicht vergisst, am Ende des Buches zu betonen, was wahr ist, und was nicht.


    Fleischhauer - für mich das wahre Genie eines Bildverschlüsselungsthrillers.


    Ehrlich zu den Lesern - und dabei hoch intelligent.


    Ich verneige mich!


    Gruß

  • Ich habe das Buch vor 8 Jahren das erste mal gelesen und dann noch einmal vor 5 Jahren. Ich fand es damals (einer Zeit wo ich noch nicht soviel gelesen habe) super toll. Ich liebe allgemein Bücher die sich mit berühmten Gemälden befassen.
    Ich würde es gerne noch einmal lesen, aber leider ist es bei meiner Auswanderung irgendwie verloren gegangen. :grmpf:


    Liebe Grüße Flor :sonne:

  • Ich habe das Buch ebenfalls vor kurzem gelesen und kann mich nur anschließen: wirklich ein fabelhaftes Buch !


    Neben den sehr guten historischen Darstellungen fand ich es auch interessant, über die Recherchearbeit des Literaturwissenschaftlers zu lesen. Da ich mich auch schon mit Biografien von Katharina de Medici und Maria Stuart beschäftigt habe, war dieser Roman ein weiteres Highlight dieser Zeit.



    Gruß von Steffi

  • Hallo!


    Ich habe diesen - meinen inzwischen dritten - Fleischhauer gelesen.


    Gleich vorweg möchte ich anmerken, dass ich nicht so der Liebhaber der Historischen Romane bin. Deshalb hält sich auch meine Begeisterung für dieses Buch etwas in Grenzen.


    Wie von Fleischhauer gewohnt - ist das Buch in einem sehr angenehmen, schönen Stil geschrieben. Die Verwebung von Perspektiven, Rückblenden und gegenwärtigem Geschehen ist ausgesprochen gut gelungen. Die Geschichte wird nie langweilig, der Leser ist ständig gefordert und zu Beginn jedes Kapitels stellte ich mir die Frage: wer erzählt wohl jetzt was?
    Die ständig steigende Spannung hält den Leser in Bann, man möchte unbedingt mehr erfahren und v.a. um die mysteriösen Umstände der Bilder wissen.


    Zitat

    Mir persönlich fehlte ein bisschen die überraschende Wendung, das fulminante Ende, vergleichbar mit "3 Minuten mit der Wirklichkeit". Die Story spitzt sich immer mehr zu und schreit nach einer Auflösung. Doch diese bleibt der Autor schuldig. Einerseits klar, da sich das gesamte Buch sehr genau und detailiert an historische Fakten hält, andererseits hätte es dem Buch den letzten Pep gegeben.


    Alles in allem ein Buch, das sich wunderbar liest, Lust auf Kunst macht und Einblick in die doch sehr mysteriöse Welt des 16. Jh. gibt.


    3ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Mein erster Roman von Wolfram Fleischhauer, der Lust auf mehr machte.


    "Die Purpurlinie" lädt zum Mitfiebern und Miträtseln ein. Nebenbei war der Roman sehr lehrreich, was daran liegt, dass viele Fakten in den Roman flossen.
    Was mir ein wenig fehlte, war eine Figur, mit der ich mich identifizieren konnte. Es wurden viele Personen vorgestellt, aber alle blieben distanziert und jede behielt bis zum Schluss etwas Mysteriöses. Das hat seinen Grund sicher darin, dass es Wolfram Fleischhauer darum ging, die Entschlüsselung des Bildes in den Mittelpunkt zu rücken.


    Ein Nachwort und die Abbildungen der Bilder finden sich auch. Das fand ich sehr hilfreich, auch wenn der Autor die Bilder so detailreich beschreiben konnte, dass man sie eigentlich nicht nochmal sehen musste!


    Im Nachwort berichtet der Autor, dass seine Recherche wohl im Sande verlaufen wäre, wenn er nicht eine Karte von J. Bolle in Brüssel gefunden hätte (wer das Buch gelesen hat, weiß, was ich meine). Das war wirklich ein großer Zufall! Wie eine Vorhersehung...



    Die folgende Internetseite finde ich ganz interessant, um einen Überblick über Heinrich IV und seine Zeit zu erlangen: http://www.henri-iv.com/summary-d.htm. Zudem habe ich eine Seite gefunden, auf der einige Bilder von Francois Clouet zu finden sind. Das Bild der Dame im Bad ist dort auch etwas heller und klarer zu erkennen als im Buch: http://www.abcgallery.com/C/clouet/frclouet.html.


    Fazit: Empfehlenswert! Aber nichts zur bloßen Unterhaltung. Ein wenig Mitdenken wird gefordert!

    Ich werde kein&nbsp;Geld hinterlassen. Ich werde keinen Aufwand und Luxus hinterlassen. Aber ich möchte ein engagiertes Leben hinterlassen.<br />(Martin Luther King)

  • Hallo!


    Für alle die das Buch schon gelesen haben.
    Wolfram Fleischhauer auf seiner Seite eine sehr interessante pdf-Datei über die Entstehung der "Purpurlinie" mit Bildern und noch viel mehr :klatschen:
    hier


    Grüße
    Flor

  • Wolfram Fleischhauer auf seiner Seite eine sehr interessante pdf-Datei über die Entstehung der "Purpurlinie" mit Bildern und noch viel mehr :klatschen:
    hier


    Grüße
    Flor


    Ich habe das Buch momentan nicht hier, aber wenn mich nicht alles täuscht, ist der Inhalt des .pdfs das Nachwort in meiner Ausgabe. Vielleicht irre ich mich aber auch und habe den Artikel im Internet gelesen.

    Ich werde kein&nbsp;Geld hinterlassen. Ich werde keinen Aufwand und Luxus hinterlassen. Aber ich möchte ein engagiertes Leben hinterlassen.<br />(Martin Luther King)

  • Ich habe das Buch in zwei Tagen gelesen. Auch wenn es nicht an "Die Frau mit den Regenhänden" herankommt, ist es dennoch sehr gut.


    Meine Meinung: Geschichtlich ist es super aufbereitet und selbst ein Geschichtsmuffel findet sich in der Story zurecht und kann mit den vielen Fakten etwas anfangen. Man wird in die Geschichte langsam eingeführt. Man sollte es rasch lesen, denn Fleischhauer springt in der Handlung immer wieder hin und her. Ist einmal vor dem "Ereignis" und einmal danach. Wenn man zu viele Pausen macht, kommt man vielleicht nicht mehr hinein in die Geschichte.
    Das Ende ist sehr gut (auch wenn es eigentlich schon klar ist, wie es ausgeht). Aber es lädt zum Spekulieren ein, denn Fleischhauer hat es in seinem Nachwort erwähnt: Viele Fragen sind noch offen und es ist noch lange nicht alles erklärt.


    Tipp von mir: Am besten in einem durchlesen. Für Geschichtsfreaks sehr zu empfehlen, man lernt nie aus.


    Von mir bekommt das Buch 5ratten


    Katrin

  • Da mir der letzte Fleischhauer so gut gefallen hat, möchte ich mir auch die Purpurlilie zulegen - welche der beiden H_Ausgaben könnt ihr empfehlen?


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    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


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