#1 - 1. Teil: Lidia (bis Seite 61)

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 3.117 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von louzilla.

  • Hallo Ihr Lieben,


    hier startet die Leserunde zu "Anatomie einer Absicht" von Ana Bilic.


    Postet hier bitte erst, wenn Ihr mit der Lektüre begonnen habt und etwas zum Buch zu sagen oder zu fragen habt. Die Beiträge "Buch liegt bereit, ich fange heute Abend an" ziehen das Ganze sehr in die Länge und passen besser in den Buchvorschlag. Außerdem wäre schön, wenn Ihr darauf achtet, nicht einzeln zu sehr vorzupreschen, damit wir zusammen bleiben und damit auf einem ähnlichen Stand spekulieren und diskutieren können. Als Faustregel gilt, nicht mehr als ein Abschnitt pro Tag.


    Bitte beachtet auch die Hinweise zur Aktivität und Qualität.


    Zum Abschluss: bitte denkt auch daran, dass ein wichtiger Teil der Leserunden Eure abschließenden Rezensionen sind und stellt diese am Ende der Runde zeitnah hier im Forum und auf literaturschock.de direkt ein.


    Zahlreiche Rezensionen hier und die Streuung auf anderen Seiten steigern bei den Verlagen die Attraktivität von solchen Aktionen: Denkt daran, dass die Teilnahme an der Runde und die Rezensionen die "Gegenleistung" für die Freiexemplare sind.


    Hier könnt Ihr zum Inhalt bis Seite 61 schreiben.
    Spoilermarkierungen sind aufgrund der Seitenbeschränkung nicht vorgesehen.


    Liebe Grüße
    Suse

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Also, dann mach ich mal den Anfang :smile::


    Die ersten Zeilen haben mich noch schockiert, bis ich begriffen habe, dass dies quasi der Endpunkt von Lidias Eheleben darstellt.


    Die Ausführungen zu ihrer Ehe kommen mir sehr vertraut vor; ich kenne ein paar Ehen, die genau so laufen. Ich habe Freundinnen gesehen, die jahrelang an Depressionen litten, die ich aus dem Urlaub abgeholt habe, weil sie es nicht mehr mit ihrem Mann aushielten, die verzweifelte Kämpfe führten, die die Untreue ihrer Männer hinnahmen, usw. . Aber keine konnte mir die Frage "Warum ziehst du nicht endlich einen Schlussstrich und lebst dein eigenes Leben?" wirklich beantworten. Inhaltlich wurden immer zwei Gründe genannt: Lieber eine lieblose unglückliche Ehe als alleine zu sein und den Lebensstandard einzubüßen.


    Und das wird es auch bei Lidia sein. Bei ihr sind es immer die anderen, die Schuld an ihrer Misere haben: Ihr Mann, der sie manipuliert und quält, ihre Mutter, die ihr Wertlosigkeit beigebracht hat, Adam, der sie verführt hat, ... Dass sie ihren Teil dazu beiträgt, sieht sie im Grunde genommen nicht. Klar merkt sie, dass sie schwach ist, aber dagegen anzukämpfen, sich Hilfe zu suchen, tut sie nicht.


    Die Begründung, warum sie sich nicht scheiden lässt, nämlich, dass dann 14 Jahre Investition vergebens gewesen wären, kann ich nicht nachvollziehen. Wo liegt im Ergebnis der Unterschied darin, ob sie ihren Mann verlässt oder ihn um die Ecke bringt?


    Im Grunde genommen kann sie nur froh sein, dass sie nie schwanger geworden ist. Das ist übrigens auch so ein Punkt, den sie sich vorwerfen lassen muss: Sie hat nie versucht, ihren Mann dazu zu bewegen, sich untersuchen zu lassen. Und das ist ganz symptomatisch: Sie geht von irgendwelchen Annahmen Helmut betreffend aus, ohne zu überprüfen, ob diese tatsächlich zutreffen.


    Vielleicht klärt sich mit diesem Roman für mich die Frage, warum Menschen aneinander festhalten, obwohl sie sich nichts mehr zu sagen haben und sich gegenseitig nur noch quälen :zwinker:.

  • Und das wird es auch bei Lidia sein. Bei ihr sind es immer die anderen, die Schuld an ihrer Misere haben: Ihr Mann, der sie manipuliert und quält, ihre Mutter, die ihr Wertlosigkeit beigebracht hat, Adam, der sie verführt hat, ... Dass sie ihren Teil dazu beiträgt, sieht sie im Grunde genommen nicht. Klar merkt sie, dass sie schwach ist, aber dagegen anzukämpfen, sich Hilfe zu suchen, tut sie nicht.


    Die Begründung, warum sie sich nicht scheiden lässt, nämlich, dass dann 14 Jahre Investition vergebens gewesen wären, kann ich nicht nachvollziehen. Wo liegt im Ergebnis der Unterschied darin, ob sie ihren Mann verlässt oder ihn um die Ecke bringt?


    Ich bin noch nicht durch mit dem ersten Teil, aber ich will mitreden :breitgrins:
    Ich sehe es wie du, dass Lidia ihre eigenen Fehler nicht sieht, immer ist wer anders Schuld (Adam, der sie verführt hat, ihr Mann, der den offeneb Konflikt scheut...). Macht sie nicht sehr sympathisch.


    Naja, sie will ihren Mann umbringen um alte Rechnungen zu begeleichen. Die Motivation ist uralt: Rache und Genugtuung. Sie will, dass er für die Demütigungen bezahlt, die sie erdulden musste. Insofern ist das schon ein großer Unterschied zu einer Scheidung. Da sie allerdings zum guten Teil mit dazu beigetragen hat, habe ich bisher wenig Verständnis...
    (Sorry, bin gerade arbeiten, mit dem Handy Beiträge zu tippen ist eine Herausforderung)


  • Naja, sie will ihren Mann umbringen um alte Rechnungen zu begeleichen. Die Motivation ist uralt: Rache und Genugtuung. Sie will, dass er für die Demütigungen bezahlt, die sie erdulden musste. Insofern ist das schon ein großer Unterschied zu einer Scheidung.


    Da hast du Recht, das Rachemotiv hatte ich völlig vergessen.


    Aber rächt sie sich nicht schon dadurch, dass sie Helmut auch nicht gut behandelt: Sie spricht nicht mit ihm, liegt wochenlang depressiv im Bett, lässt sich volllaufen, sie betrügt ihn zuerst, sie setzt sich über seinen Wunsch, kinderlos zu bleiben, hinweg. Ich finde, die beiden schenken sich nichts.


    Und wäre es nicht viel einfacher, zu gehen als jahrelang sich gegenseitig zu quälen und dann den Entschluss zu fassen, den anderen zu töten?

  • Da hast du Recht, das Rachemotiv hatte ich völlig vergessen.


    Aber rächt sie sich nicht schon dadurch, dass sie Helmut auch nicht gut behandelt: Sie spricht nicht mit ihm, liegt wochenlang depressiv im Bett, lässt sich volllaufen, sie betrügt ihn zuerst, sie setzt sich über seinen Wunsch, kinderlos zu bleiben, hinweg. Ich finde, die beiden schenken sich nichts.


    Und wäre es nicht viel einfacher, zu gehen als jahrelang sich gegenseitig zu quälen und dann den Entschluss zu fassen, den anderen zu töten?


    Aaah, soweit bin ich noch nicht (mit dem Kinderwunsch), ich war heute noch arbeiten :D
    Und wenn sie wirklich depressiv ist, ist das keine Rache, weil man die Krankheit nicht steuern kann (ich habe da gerade ein Blogspecial zu...). Und ich denke einfach, dass ihr die kleinen Spitzen, die sie verteilt, nicht als Genugtuung reichen...lass mich mal weiter lesen, ich melde mich wieder zu Wort ;)

  • Also am Anfang tat mir Lidia richtig leid, wie sie ihre Ehe geschildert hat. Richtig konkret hat sie ja nicht von den Demütigungen und Beleidigungen geschrieben. Konkreter wurde sie erst allmählich nach den beiderseitigen Seitensprüngen. Ich kann nicht verstehen, dass sie sich einfach scheiden lässt bzw. ihn verlässt. Wahrscheinlich käme de allein gar nicht zurecht, sie hätte zu wenig Geld und ist vielleicht auch zu wenig selbstständig. Kinder sind auch keine da, das war für mich der Grund, meine Ehe nach außen hin aufrecht zu erhalten. Bis die Kinds aus dem Gröbsten raus sind. Ist aber auch nicht immer eine gute Lösung. Die Kurzen haben sehr gute Antennen, was die Beziehung dervEltern angeht. Zitat meines Sohnes (7): "Mama, such dir doch einen Mann, der mehr Held hat und netter zu dir ist!". Heute sagen alle drei (26, 24, 22), dass ich den Alten schön viel früher hätte in die Wüste schicken sollen.


    Stand denn irgendwo, wie alt die beiden sind? Ich hab das grad nicht auf dem Schirm.


    Ich bin mal gespannt, ob sie ihn wirklich umbringt. Schade, dass ich jetzt arbeiten muss. :sauer:

    Liebe Grüße, Caren

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    Wenn lesen Kalorien verbrennen würde, wäre ich in kürzester Zeit beängstigend dünn.

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    Meine Rezensionen

  • Hab noch was vergessen: sehr schön fand ich den Vergleich der Ehe mit einem Haus: viele Zimmer, aber kein Fundament. Das trifft gewiss für viele Ehen zu. Wenn ein Fundament da ist, überlebt die Ehe auch Sturm und Erdbeben. Wenn nicht, kracht sie leichter zusammen.

    Liebe Grüße, Caren

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    Wenn lesen Kalorien verbrennen würde, wäre ich in kürzester Zeit beängstigend dünn.

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    Meine Rezensionen


  • Stand denn irgendwo, wie alt die beiden sind? Ich hab das grad nicht auf dem Schirm.


    Nur, dass ein Altersunterschied von etwa 20 Jahren vorhanden ist.


    Ganz froh drum könnte Lidia sein, dass sie keine Kinder bekommen hat. Sie sagt ja selbst, dass diese nur Kitt für die Ehe gewesen wären. Und wie du schon schreibst: Kinder haben sehr feine Antennen, was das Zwischenmenschliche angeht. Für Kinder wäre diese Ehe genauso eine Qual gewesen wie für Lidia.



    Hab noch was vergessen: sehr schön fand ich den Vergleich der Ehe mit einem Haus: viele Zimmer, aber kein Fundament. Das trifft gewiss für viele Ehen zu. Wenn ein Fundament da ist, überlebt die Ehe auch Sturm und Erdbeben. Wenn nicht, kracht sie leichter zusammen.


    Das Fundament einer Ehe wäre eigentlich Liebe (und das schließt Freundschaft und Vertrauen für mich ein), aber genau daran fehlt's den beiden. Sie haben es nicht geschafft, die anfängliche Leidenschaft füreinander in etwas Positives weiterzuentwickeln. Lidia trauert lediglich dieser Leidenschaft nach, ohne zu begreifen, dass diese Vergangenheit und nicht mehr zurückzuholen ist. Auch das macht sie Helmut zum Vorwurf.



    Aaah, soweit bin ich noch nicht (mit dem Kinderwunsch), ich war heute noch arbeiten :D


    Oh nein :entsetzt:, hoffentlich hab ich dir die Lektüre nicht versaut, weil ich Einiges verplaudert habe... :zwinker:



    Und wenn sie wirklich depressiv ist, ist das keine Rache, weil man die Krankheit nicht steuern kann (ich habe da gerade ein Blogspecial zu...). Und ich denke einfach, dass ihr die kleinen Spitzen, die sie verteilt, nicht als Genugtuung reichen...lass mich mal weiter lesen, ich melde mich wieder zu Wort ;)


    OMG, ich merke gerade, wie unbedacht ich meine Worte gewählt habe. Natürlich sind Depressionen eine ernsthafte Krankheit :redface:. Für die Angehörigen eines Depressiven ist diese Erkrankung eine echte Herausforderung und oft auch eine Belastung.
    Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass Helmut schon auch mit ihr Einiges durchmacht.

  • Na dann möchte ich mich mal schnell beteiligen ... ich gebe zu: ich hatte das Buch in den Händen, habe begonnen und konnte es nicht mehr weglegen *böse Nina*


    Die Geschichte hat mich direkt zu Beginn gefesselt. Lidia stellt ja schon am Anfang fest, was sie vorhat und ist von ihrem Vorhaben nicht mehr abzubringen ... zunächst war ich etwas geschockt, doch dann habe ich mir auch gedacht "na ja, sie wird wohl ihre Gründe haben" und ja, die hat sie auch! Zunächst kam es mir ziemlich langatmig vor, wie sie jede Einzelheit aus ihrem Leben erzählt hat, doch irgendwann hat man richtig mit ihr gefühlt, konnte sich in sie hinein versetzen und war vielleicht auch einen Moment lang sie selbst. Nach wenigen Kapiteln konnte ich sie vollends verstehen ... am liebsten wäre ich mit ihr in den Wald gegangen und hätte Pilze gesucht!


    Im Übrigen sei gesagt:ich hasse Pilze! Und weiß jetzt auch, warum :D


    Den Altersunterschied fand ich anfangs auch sehr groß, allerdings kenne ich es auch von einer Freundin von mir ... ihr Mann ist 20 Jahre älter und sie erwartet derzeit ihr zweites Kind von ihm. Von daher: ja, auch mit einem so großen Altersunterschied kann es passen. Das muss nicht immer der Grund sein und - wenn man sich ihre Erzählungen so ansieht merkt man auch, das es nicht wirklich am Alter gelegen hat.


  • Oh nein :entsetzt:, hoffentlich hab ich dir die Lektüre nicht versaut, weil ich Einiges verplaudert habe... :zwinker:


    Alles gut. Im großen und ganzen kann ich mit Spoilern ganz gut umgehen solange ich das nicht selbst mache, weil ich die letzten paar Seiten lese :zwinker:



    OMG, ich merke gerade, wie unbedacht ich meine Worte gewählt habe. Natürlich sind Depressionen eine ernsthafte Krankheit :redface:. Für die Angehörigen eines Depressiven ist diese Erkrankung eine echte Herausforderung und oft auch eine Belastung.
    Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass Helmut schon auch mit ihr Einiges durchmacht.


    Oooh jaaa...das macht er. Mal unabhängig von ihrer Depression/depressiven Episode muss er ganz schön was aushalten.


    Ich muss gestehen, ich komme nur schleppend voran, ich finde das alles recht langatmig. Dass ich Lidia von Seite zu Seite weniger mag, sogar unerträglich finde, macht das ganze nicht einfacher... Ich hoffe, dass ich heute in meiner Lernpause endlich den ersten Abschnitt beenden kann, es nervt mich, so lange zu brauchen...

  • Langatmig fand ich es auch und teilweise auch unzusammenhängend. Mal sehen, wie die nächsten Abschnitte sind, die sind ja um einiges kürzer.

    Liebe Grüße, Caren

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    Wenn lesen Kalorien verbrennen würde, wäre ich in kürzester Zeit beängstigend dünn.

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    Meine Rezensionen

  • Ehrlicherweise kann ich nach dem ersten Abschnitt noch gar nicht so genau beschreiben, was mich an diesem Text fasziniert, nur, dass dem so ist. Anfangs war ich von Lidia ziemlich befremdet und ich kann nicht sagen, dass sich das komplett geändert hat - aber von sympathischen Figuren/ Erzählern hängt ja nicht ab, ob mir ein Roman gefällt oder nicht.
    Dieser Stil, die Geschichte als Monolog zu erzählen, imponiert mir jedenfalls, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass das einfach zu schreiben ist! Ich habe mich schon nach wenigen Seiten gefragt, ob (und wenn ja, wie viel) Ana Bilic in Lidia steckt. Nicht, dass sie schon mal die Absicht hegte, eine Person ermorden zu wollen, aber diese dichten Gedanken zur eigenen Beziehung... Ist ja auch egal, denn wenn nicht, dann kann sich die Autorin unglaublich gut eindenken! Die einzelnen Szenen, über die Lidia nachdenkt, mischen sich so perfekt mit ihren Gedanken und Schlüssen - alles zusammen prasselte stakkatoartig auf mich ein. In meinen Augen richtig gut gemacht!


    An der ein oder anderen Stelle kam ich unweigerlich zum Nachdenken. Zum Beispiel, als sich Lidia darüber auslässt, dass man vergibt und vergisst - mit der unbewussten Hoffnung, dass der andere dann so etwas nicht mehr tut. Und im Grunde dem Bewusstsein, dass es doch wieder passieren wird. Damit muss ja nichts Großes gemeint sein, sondern Kleinigkeiten, die den Partner nerven könnten. Mir passiert so etwas jedenfalls: ich mache etwas und - quasi währenddessen - wird mit bewusst, dass ich das eigentlich nicht machen wollte, aus Rücksicht. Aber so ist eine Beziehung eben auch: man macht Fehler, man verzeiht und man schließt Kompromisse.
    Lidia scheint es anders zu gehen: sie selbst macht so gut wie keine Fehler, sie verzeiht anfangs, aber hinterher stellt sich heraus, dass sie es nicht wirklich so meinte und auf Kompromisse hat sie keine Lust (mehr). Ich bin ziemlich gespannt, wie es zu all dem kam; sprich, auf die anderen Blickwinkel.


    Mein Lieblingsstückchen, wenngleich bitterböse:
    Er existiert nicht mehr, weder für mich noch für sich selbst. Er besteht nur. So wie ein Stuhl oder Stein besteht. Er braucht jetzt eine andere Lebensform, die derzeitige hat er schon verbraucht. (S.11)


    Kurze, messerscharfe Sätze. Böse und irgendwie besonders, fast schon erfrischend.

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Langatmig fand ich's nicht, ich konnte das Buch eher gar nicht mehr weglegen. Wie dubh schon geschrieben hat, sind es einerseits die treffsicheren Bösartigkeiten, die Lidia von sich gibt, andererseits wartet man natürlich die ganze Zeit auf eine Rechtfertigung für einen Mord und denkt ständig, da muss noch was kommen. Die andere Möglichkeit, die man in Betracht zieht, ist, dass man eine totale Psychopathin vor sich hat, was auch sehr interessant wäre. Aber irgendwie trifft beides nicht ein...