Pierre Boileau / Thomas Narcejac - Vertigo

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    Eine Frau stürzt sich in den Fluss um sich selbst das Leben zu nehmen. Zufällig kommt ein Mann vorbei und rettet sie aus den Fluten.


    Man Freundet sich an.
    Man verliebt sich.
    Man verbringt schöne Stunden miteinander.
    Man unternimmt zusammen Ausflüge und Spaziergänge Hand in Hand.


    Sie (Madeleine) ist jung, reich und wunderhübsch. Darüber hinaus ist sie auch noch mit dem Großindustriellen Gévigne verheiratet. Der zu Zeiten der Mobilmachung (1940) ein Vermögen mit seinem Schiffsbau verdient.
    Er (Flaviéres) ist ehemaliger Polizist und verdient sich sein Geld nun als Anwalt. Bei ihm hatte sich die große Liebe nie eingestellt und ist somit bereit, die sich aus dem Unglücksfall ergebene, Gelegenheit zu nutzen. Nichts besseres hätte Madeleine passieren können. Ihr Mann sperrt sie zwar nicht ein hat aber so gut wie keine Zeit für sie. Und Liebe?? Mit der ist es bei diesem Bonzen auch nicht weit her. So das sich zwischen dem Retter und der Erretteten recht schnell eine Beziehung ohne große Schuldgefühle einstellt.
    Aber.
    Für Flaviéres ist Madeleine keine unbekannte nicht. Er weis das sie einer Psychischen Störung an heimgefallen ist die sie glauben lässt die Reinkarnation einer gewissen Pauline Lagerlac zu sein. Er weis auch von ihren Eigenheiten auf Friedhöfen spazieren zu gehen oder auch immer ein Bestimmtes Hotelzimmer zu mieten um dort alleine einige Stunden zu verbringen. Genau so ist es für ihn auch kein Geheimnis das sie sich schon einmal das Leben nehmen wollte, und aus den Fluten des Stroms hat er sie auch nicht "zufällig" gefischt. Und ihr Mann Gévigne ist für ihn auch nicht der gefürchtet, eifersüchtige Ehemann sondern viel mehr die Person die alles erst eingefädelt hat.
    Warum?
    Weil es für jemanden, der kaum Zeit für seine Frau hat, gelegener ist sich für sie einen Babysitter zu organisieren als sie vor die Tür zu setzen und damit einen Rosenkrieg zu provozieren. Was würden denn die Leute dazu sagen wenn der gute Gévigne seine Geisteskranke Frau aus dem Haus werfen würde?? Nicht gut fürs Geschäft. Vom Image erst gar nicht zu reden.
    Und so lange jeder bekommen hat was er wollte sah man auch keinen Grund Madeleine in das ganze einzuweihen. Bis zu jenem Moment wo etwas geschah mit dem keiner gerechnet hatte.


    Schöner Tag, weite Straßen, junge Liebe. Flaviéres und Madeleine machen einen Ausflug in ein kleines Dorf. Da standen nur ein paar Häuser, es gab auch einen kleinen Friedhof und ein Kirchlein mit einem unpassend hohen Turm. In jenem war es schön kühl. Man sah sich ein wenig um und Madeleine kniete sich spontan nieder und betet kurz. Beim nach draußen gehen konnte sie nicht an sich halten und erklomm den Turm um die Aussicht zu genießen die man von dort oben haben müsste. Flaviéres, mit Höhenangst geschlagen, versucht sie zwar noch aufzuhalten hatte aber keine Chance gegen ihren Übermut. Mutig macht er sich daran den Turm zu erklimmen. Je höher er kommt desto mulmiger wird ihm aber für seine Geliebte versucht er seine Ängste zu überwinden. Endlich oben, merkt er das der Riegel zur Tür zugefallen war. Er klopft und bittet Madeleine die Tür doch zu öffnen...


    ...ein Schatten, ein verzerrender Schrei, ein dumpfer Aufprall.
    Flaviéres steigt das Blut in den Kopf und sein Magen verkrampft sich. Nein, nein und nochmals nein. Wie? Warum? Nicht jetzt, nicht wenn er dabei war! So etwas durfte es doch nicht geben. Nach dem er sich vom Turm gequält hat getraut er sich nicht aus der Kirche. Im gleißenden Sonnenlicht sieht er sie liegen. Mit dem Kopf voran, er kann sich nicht dazu überwinden sie anzusehen.
    Madeleine war Tot.
    Ab diesem Moment beginnt für Flaviéres ein Alptraum der ihn fast um den Verstand zu bringen droht.



    Das Autorenduo Pierre Boileau und Thomas Narcejac haben mit Vertigo einen sehr eleganten Thriller geschaffen der sich das Prädikat "Kabinettstückchen" durchaus verdient hat. Mit einer, leicht an Kafka oder Meyrink, angelehnten Atmosphäre erschaffen sie eine Figur die Ständig zwischen Wissen und Zweifel schwankt und auch dem Leser selbst die Sicherheit seiner Vorstellungen nimmt. Man erspart es sich der geneigten Leserschaft Köder auszuwerfen oder sie auf falsche Fährten zu führen. Das Buch ist sehr geradlinig und mag in dem Bezug so manchen Thriller- Fan vielleicht etwas die Nase rümpfen lassen aber ich empfehle dem Büchlein dennoch eine Chance zu geben. Es lohnt sich.


    Ich danke für die Aufmerksamkeit
    NtM

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Hallo Nymphetamine!


    Dazu gibt es doch von Alfred Hitchcockeinen gleichnamigen Film! Den liebe ich und bis jetzt wußte ich gar nicht, dass er den Film nach einer Romanvorlage gedreht hat. Dieses Buch will ich unbedingt lesen.


    groetjes
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Bei „Vertigo“ sehe ich sofort einzelne Szenen aus der Hitchcock-Verfilmung vor meinem inneren Auge und die spielt meiner Meinung irgendwann in den 1950ern oder so. Dementsprechend irritierend fand ich die Bemerkungen über Krieg und Mobilmachung zu Beginn der Buchvorlage. Das Buch spielt jedenfalls kurz vor bzw. kurz nach dem 2. Weltkrieg. Flavières soll im Auftrag eines alten Freundes dessen Frau beschatten, doch erst verliebt er sich in sie und dann endet die ganze Geschichte in einem Unglück. Jahre später – nach dem Krieg – glaubt er sie wiederzusehen, doch das kann eigentlich nicht sein…


    Vertigo – die Höhenangst der Hauptfigur dient den Autoren als Auslöser für die wichtigsten Geschehnisse. Die Geschichte wird mehr oder weniger aus Flavières Sicht erzählt, wobei man als Leser allerdings nicht sicher sein kann, was er wirklich wahrnimmt, im Verlauf der Geschichte wirken seine Beschreibungen immer unglaubwürdiger, man hat immer stärker das Gefühl, dass er sich gewisse Dinge nur einbildet und langsam den Verstand verliert. Das Autorenduo beschränkt sich bei seinem Thriller jedoch auf das Wesentliche. Es werden keine falschen Spuren gelegt oder letztendlich sinnlose Nebenfiguren eingeführt, Hintergrundinformationen werden auf das wenige, wirklich Notwendige beschränkt. „Vertigo“ ist geradlinig, der Leser muss sich seine Gedanken selber machen.


    Ich fand es interessant, die Vorlage zum Hitchcock-Film kennenzulernen, bin aber ziemlich froh, dass ich mich nicht mehr wirklich an den Film erinnern konnte, da das Ende (des Buches) doch ein paar Überraschungen bereithält. „Vertigo“ ist, trotz des eher klassischen Stils, ein Roman, der sich an den Grenzen des Genres entlang bewegt und deshalb auch fast 50 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung noch frisch wirkt.


    4ratten