José Saramago - Die Stadt der Blinden

Es gibt 43 Antworten in diesem Thema, welches 16.568 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Hallo Dumbler,


    Zitat

    Die Auflösung wäre schon Motivation genug. Wieso ist jeder von der Blindheit betroffen, außer dieser Frau? Wieso ist sie immun? Hat die Blindheit einen meteorologischen Ursprung? Zu starke Handynetzstrahlung? Wir werden es nicht erfahren!


    Es ist schon ein Weilchen her, dass ich die Stadt der Blinden gelesen habe, die Erinnerungen sind also nicht ganz frisch....
    Die Blindheit habe ich politisch gesehen, Saramago ist Mitglied der portugiesischen kommunistischen Partei, er ist im "katholischen" Portugal heftig umstritten, seine atheistischen Überzeugungen werden ihm oft vorgeworfen, sogar den Nobelpreis empfanden viele Portugiesen als Frechheit (ähnliche Reaktionen wie bei Jelinek in Österreich).


    Ich erlebe ihn auch auch als moralisierenden Schriftsteller ( so wie Brecht), der entsetzt die politischen Entwicklungen verfolgt, sich engagiert, jedoch nicht an die menschliche "Vernunft" glaubt.
    Die Blindheit der Lissabonner Bevölkerung sehe ich als Symbol für die politische Blindheit und die Frau des Arztes hat den politischen Durchblick und bleibt also sehend.


    Ich kann nur empfehlen, die Stadt der Sehenden bald zu lesen... :smile:


    liebe Grüße
    dora



    Edit: Sollte Saramago nicht unter Weltliteratur stehen?

    Einmal editiert, zuletzt von dora ()


  • Die Blindheit der Lissabonner Bevölkerung sehe ich als Symbol für die politische Blindheit und die Frau des Arztes hat den politischen Durchblick und bleibt also sehend.


    Hallo Dora,
    Nein, das überzeugt mich nicht. Denn


    Zuerst dachte ich, das schlechte Gewissen, Angst oder Ignoranz könnten die Auslöser sein. Diese Vermutungen wurden aber durch irgend eine Textstelle widerlegt.


    Zitat

    Edit: Sollte Saramago nicht unter Weltliteratur stehen?


    Oder vielmehr unter Sci-Fi?


    Gruß,
    dumbler

  • Nein, das überzeugt mich nicht.


    So, jetzt hast du erreicht, dass ich das Buch noch mal lese.... :grmpf: :zwinker:



    Zitat

    Oder vielmehr unter Sci-Fi?


    Oh, das ist aber überhaupt nicht nett... :zwinker:


    liebe Grüße
    dora


  • So, jetzt hast du erreicht, dass ich das Buch noch mal lese.... :grmpf: :zwinker:


    Aber bitte doch, gern geschehen :zwinker:


    Zitat

    Oder vielmehr unter Sci-Fi?


    Oh, das ist aber überhaupt nicht nett... :zwinker:


    Das war nicht abwertend gemeint. Ich würde es tatsächlich ins dystopische Fach legen.


    Gruß,
    dumbler


  • Ganz besonders gestört hat mich, dass immer nur von dem Arzt, der Frau, dem alten Mann... die Rede war. Man hätte den Menschen doch auch Namen geben können! :zwinker:


    *gg* genau das war es was mich so beeindruckt hat. ich finde, da die menschen keine richtigen namen haben, sind sie "ersetzbar" - es könnte also jedem passieren...


    ich finde dieses buch wahnsinnig gut und ich kann es nur weiterempfehlen... :zwinker:

    :leserin: [color=#CC0077]<br />Leo Tolstoi - Anna Karenina<br />Geneva Lee - Royal Passion<br />Frank Schätzing - Tod und Teufel<br />Patrick Rothfuss - The Name of the Wind<br />Maggie Stiefvater - The Raven Boys

  • *gg* genau das war es was mich so beeindruckt hat. ich finde, da die menschen keine richtigen namen haben, sind sie "ersetzbar" - es könnte also jedem passieren...


    So habe ich das noch nicht gesehen :rollen:. Aber wie ich schon mal gesagt habe, das Buch hat einen ganz besonderen Charme und Schreibstil. Ich denke entweder es gefällt einem sehr gut, oder überhaupt nicht. Bei mir trifft leider letzteres zu.


    Grüßle Curly

    :lesen: Die Blutlinie - Cody McFadyen

  • *gg* stimmt...es kann nicht jedem gefallen...leider! :smile:
    wär aber mal interessant ob es ein buch gibt, dass ALLE mögen...aber ja...*seufz*...das geht leider nicht! :rollen:


    hat von euch eigentlich schon jemand "die stadt der sehenden" gelesen??


    Lg, Bettina

    :leserin: [color=#CC0077]<br />Leo Tolstoi - Anna Karenina<br />Geneva Lee - Royal Passion<br />Frank Schätzing - Tod und Teufel<br />Patrick Rothfuss - The Name of the Wind<br />Maggie Stiefvater - The Raven Boys


  • *gg* stimmt...es kann nicht jedem gefallen...leider! :smile:
    wär aber mal interessant ob es ein buch gibt, dass ALLE mögen...aber ja...*seufz*...das geht leider nicht! :rollen:


    hat von euch eigentlich schon jemand "die stadt der sehenden" gelesen??


    Lg, Bettina


    Ja, ich. :smile: Du kannst hier nachlesen.
    liebe Grüße
    dora

  • Ich habe jetzt eure Rezis gelesen und ich habe mal eine Frage: Viele schreiben, dass sie das Buch in kürzester Zeit gelesen haben. Ich schaffe höchstens immer ein paar Seiten, dann muss ich das Buch weglegen weil es mich zu sehr mitnimmt.
    Wie war das bei euch? Wolltet ihr unbedingt wissen wie es weitergeht oder hat euch das Buch gar nicht so geschockt?


    Ich bin normalerweise überhaupt nicht zimperlich und Horrorbücher kann ich mitten in der Nacht lesen, aber dieses Buch ist echt eine Probe für meine Nerven.


    Katrin

  • Hallo Jaqui,


    ich fand es ziemlich schockierend, aber das war gleichzeitig der Grund, warum ich es nicht mehr weglegen konnte. Ich musste einfach wissen, wie es weitergeht. Es war wohl, wie so oft, das Entsetzliche an der Geschichte, das einen als stillen Beobachter ungeschoren in den Bann zieht. Mich hat das Buch nachher noch lange beschäftigt.


    Liebe Grüße
    Doris

  • Hey,
    für mich war dieses Buch ein schwieriges Buch sowohl inhaltlich als auch sprachlich!
    Sprachlich habe ich es als anstrengend empfunden, weil kaum Satzzeichen benutzt wurden und man dadurch sehr genau aufpassen musste um zu wissen, wer was sagt. Daher ist es kein Buch, was man mal nebenbei lesen kann oder wenn man schon ein wenig müde ist. Trotzdem fand ich diesen anstrengenden Stil sehr interesssant. Es war mal etwas anderes und passte auch sehr gut zum Inhalt.


    Die erste Hälfte des Buches fand ich sehr spannend. Immer mehr Menschen erblinden und man rätselt mit wie das passieren konnte. Sehr interessant fand ich auch die Anfangszeiten im "Sanatorium" als die Blinden sich auf ihre neue Lebensumstände einstellen mussten. Jedoch artet das Zusammenleben sehr schnell aus und manche Stellen fand ich schwer zu lesen.


    Zunächst ist mir gar nicht aufgefallen, dass die Menschen gar keine Namen bekommen haben. Erst als eine der Hauptpersonen selbst über Namen nachdenkt und feststellt, dass diese überflüssig sind, ist mir aufgefallen, dass alle Menschen nur über bestimmte Merkmale beschrieben werden. Am Anfang fand ich diesen Aspekt interessant, jedoch konnte dadurch keine Nähe zu den Personen aufgebaut werden, so dass das Buch immer mehr an Spannung verlor.


    Ich hätte erwartet, dass Saramago intensiver auf die Blindheit eingeht. Die Menschen werden blind und hilflos und zu Tieren, mehr Erklärungen gibt es nicht. Ich bin ein wenig über die Beschreibung der Blinden gestolpert. Mich würde dazu die Meinung eines blinden Menschen interessieren. Ich hatte das Gefühl, dass mit der Sehkraft auch das Menschsein verschwunden ist. Die Umstände der Blinden in dieser Geschichte sind natürlich radikal verändert, aber irgendwie konnte ich das Gefühl nicht loswerden, dass Blindheit im allgemeinen das negative im Menschen hervorruft. Aber vielleicht habe ich in diesem Zusammenhang etwas empfindlich reagiert. Jedenfalls haben mir die Beschreibungen im Bezug auf die Blindheit von Saramago nicht gefallen.


    Sehr störend finde ich, dass es keine Auflösung der Blindheit gibt. Am Ende können einfach alle wieder sehen ohne eine Erklärung. Das finde ich sehr unbefriedigend. Außerdem bleibt die Frage offen, warum die Frau des Arztes nicht erblindet.
    Mir ist auch nicht ganz klar, ob die Frau des Arztes am Ende selbst erblindet oder ob sie nur kurz ins helle Licht geschaut hat...
    Interessant hätte ich auch gefunden zu erfahren, warum Saramago sich für Blindheit entschieden hat. Es wären bestimmt auch andere "Krankheiten" oder Gegebenheiten denkbar gewesen.


    Teilweise hatte ich auch das Gefühl, dass ich belehrt werden soll :rollen: Der Mensch ist schlecht, wenn er nicht unter irgendeiner Kontrolle steht.


    Mein Fazit: Ein starker Anfang, aber danach flacht das Buch leider sehr ab und es bleiben zu viele Fragen ungeklärt.
    3ratten

  • Ach je, ich fand das Buch ganz schrecklich! Man fühlt sich während des Lesens schlecht, weiß ja auch eigentlich viel zu oft was da jetzt gleich kommt (wie die Menschen sich verhalten, ob sie einander nun helfen oder nicht, dass viele schlecht bzw. unsozial sind... war ja echt abzusehen) und auch eine Auflösung hätte ich begrüßt. Aber das wird der Autor absichtlich gemacht haben, da der Focus ja gar nicht auf dem Umstand der Blindheit liegen soll, sondern darauf, wie Menschen sich in schwierigen Situationen verhalten.


    Teilweise hatte ich auch das Gefühl, dass ich belehrt werden soll


    ging mir auch so, aber die ganze Zeit über.

  • José Saramago - Die Stadt der Blinden


    Inhalt
    Ein Mann erblindet von einem Moment auf den anderen an einer Ampel an einer unbekannten "weißen" Blindheit, die sich innerhalb von Tagen (Wochen?) Epidemie-artig auf die gesamte Stadt überträgt. Die ersten Blinden werden in einem verlassenen Irrenhaus in Quarantäne gesteckt, in der Hoffnung, der Epidemie auf diese Weise Herr werden zu können. Erst sind es um die 20 Blinde in der Quarantäne, bald kommen weitere 200 hinzu und die Zustände in der Quarantäne werde nvon Tag zu Tag katastrophaler. Ein einziger Mensch bleibt auf misteriöse Weise von der Blindheit verschont. Die Frau des Arztes, die sich als blind ausgibt, um nicht von ihrem Mann getrennt zu werden.


    Meine Meinung
    Ich habe das Buch als äußerst grausam, abstoßend und ekelerregend, aber stellenweise auch sehr bewegend empfunden. Es ist bestimmt kein Buch, das ich mit Freude und Genuss gelesen habe. Saramago beschreibt die Zustände schonungslos bis ins letzte Detail und jene Details, deren Beschreibung er uns erspart, vibrieren zwischen den Zeilen und lassen uns erahnen, wie es sich zugetragen haben könnte. Ich habe mich gefragt, wie der Autor nur auf die Idee zu diesem Roman gekommen ist und wie sich der Text entwickelt hat, denn fast machte es beim Lesen auf mich den Eindruck, als ob er mit der "Was wäre wenn..."-Frage begonnen, den Stift auf das Papier gesetzt und wie ein wilder darauflosgeschrieben hätte. Die langen, verschachtelten Sätze, das Fehlen der (gekennzeichneten) direkten Rede und das Fehlen von Namen waren für mich zwar gewöhnungsbedürftig, aber nach kurzer Zeit habe ich mich daran gewöhnt und der Stil selbst hat einen Sog entwickelt, der mich an diese entsetzliche Geschichte gefesselt hat. Da es sich nicht um eine schöne Geschichte handelt, mit der man ein paar angenehme Stunden lang dem Alltag entfliehen kann, fragt man sich auch natürlich: "Was will mir der Autor damit sagen?" Für mich habe ich festgestellt:
    -Ohne Augenlicht sind wir Menschen komplett hilflos und lebensunfähig.
    -Ohne Organisation und Autorität versinkt die Menschheit in Chaos.
    -Aber selbst unter den haarsträubendsten, entsetzlichsten Umständen bewahren wir uns einen Hauch Menschlichkeit.
    Bestimmt ist da noch mehr herauszuholen, wenn ich länger darüber nachdenke.


    Ob ich mir noch einen Saramago "antue"? Keine Ahnung. Der Schreibstil hat mir eigentlich gut gefallen. Ich mag seitenlange Sätze, vorausgesetzt sie sind gut geschrieben. Und sein Handwerk beherrscht Saramago virtuos. Trotz der bedrückenden Grundstimmung ist das Buch spannend zu lesen. Ab einem gewissen Punkt kann man es nicht mehr aus der Hand legen. Das einzige, was mich am Stil gestört hat, war, dass ich immer lange gebraucht habe um die Stelle wieder zu finden, an der ich zu lesen aufgehört hatte. Ohne Absätze und Anführungszeichen ist der Text kaum strukturiert und man hat keine schnellen Anhaltspunkte. Das Thema aber war sehr bedrückend, und wenn all seine Bücher solche Themen bearbeiten, werde ich beim nächsten Mal darauf achten, dass ich auch in der richtigen Stimmung für so ein Werk bin.


    Bewertung
    Als literarisches Werk verdient dieser Roman definitiv
    5ratten


    auch wenn ich nicht behaupten kann "gut unterhalten" worden zu sein. Aber das war immerhin auch nicht die Absicht des Autors.

    Ich bezeige, nach Hertzens-Aufrichtigkeit, dass ich mich glücklich schätze, mich mit Verehrung nennen zu dürfen und ersterbe,<br />Roulade<br /><br />[url=http://www.literaturschock.de/autoren/interviews/119-intervie


  • auch wenn ich nicht behaupten kann "gut unterhalten" worden zu sein. Aber das war immerhin auch nicht die Absicht des Autors.


    So ging es mir auch. Saramago ist kein "Unterhalter", er möchte etwas anderes bewirken.


    Hier meine Rezi:


    Inhalt:


    Eine namenlose Stadt irgendwo auf der Welt, eine Stadt wie jede andere auch. Aber plötzlich befindet sich diese Stadt im Ausnahmezustand. Eine geheimnisvolle Seuche hat sie heimgesucht.


    Es hat mit einem ersten Opfer angefangen, doch bald schon ist die ganze Stadt von der Krankheit befallen. Niemand weiss, weshalb die Bewohner dieser Stadt von einem Moment auf den anderen erblinden. Niemand weiss, ob es ein Gegenmittel gibt. Niemand weiss, wann es aufhören wird. Falls es irgendwann aufhören will.


    Doch selbst in tiefster Dunkelheit gibt es Hoffnung...


    Meine Meinung:


    "Die Stadt der Blinden" von José Saramago ist ein verblüffendes Buch, eine ruhig und gelassen erzählte Geschichte, die den Leser bis ins Tiefste aufrührt.


    Es beginnt mit dem ersten Blinden, der von einer Minute auf die andere blind wird. Dann folgt die nächste Person, dann die nächste, bis die ganze Stadt betroffen ist. Die ersten Opfer werden in einer Anstalt eingepfercht, um ein übergreifen auf die gesunde Bevölkerung zu verhindern. Aber auch das hilft nicht.


    Die Geschichte selbst dreht sich um eine kleine Gruppe, die in eben jener Anstalt aufeinander trifft. Teil dieser Gruppe ist die Frau des Arztes, die einzige Person der ganzen Stadt, die nicht erblindet. Wieso das so ist, erfahren wir nie. Wir erfahren auch nie, weshalb die Seuche ausgebrochen ist. Das Buch wirft viele Fragen auf, doch der Leser muss sie sich selbst beantworten.


    Wichtiger ist Saramago das Leben. Er schildert das Leben, den Tod, die Krankheit, alles existiert nebeneinander, miteinander, aufeinander. Die Gruppe erlebt Schreckliches, die Gefangenschaft, den Hunger, Schmutz und Krankheit. Dennoch schaffen sie es, indem sie zusammenhalten.


    Die hervorstechendste Person ist selbstverständlich die Frau des Arztes, die, als einzige mit funktionierenden Augen gesegnet, die sanfte Führung übernimmt. Sie fühlt sich verantwortlich, hilft, wo sie kann und ist allen eine Übermutter. Sie beeindruckte mich immer wieder aufs Neue, eine so faszinierende Person ist mir selten begegnet.


    Saramago hat eine eigene Sprache entwickelt, die ihresgleichen sucht. Deshalb finde ich ihn einen so faszinierenden Schriftsteller. Direkte Rede existiert nicht, alles ist Text. Alles ist erzählt. Genau das macht diese Geschichte so intensiv. Man kann den Schmutz fühlen. Die Verzweiflung. Die Toten. Die Lebenden. Immer wieder die Toten und die Lebenden.


    Nein, für Zwischendurch ist dieses Buch nichts. Aber es bleibt haften, hat man es einmal gelesen. "Die Stadt der Blinden" gehört zu jenen Büchern, die man schwerlich wieder vergisst. Man vergisst vielleicht die Passagen, das Geredete, aber man vergisst nicht das Gefühl, das einen beschleicht, während man es liest. Dieses unangenehme Gefühl, das einen sagt, dass es uns gut geht. Dass der Müll morgen weggebracht wird, dass wir duschen können, dass wir ein warmes Bett haben.


    Aber vielleicht reicht das nicht. Wer weiss. Vielleicht sind wir auch alle blind? Blinde unter Blinden.


    Fazit:


    Eine intensiv erzählte Geschichte, für die man sich Zeit nehmen muss. Auf die man sich einlassen muss. Eben ein ganz grosses Stück Literatur. Mehr muss ich nicht sagen.


    4ratten

    //Grösser ist doof//

    Einmal editiert, zuletzt von Jari ()

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    José Saramago - Die Stadt der Blinden


    Zum Inhalt:


    In einer Stadt irgendwo auf der Welt bricht zunächst erst schleichend, dann jedoch immer schneller die sogenannte “weiße Pest” aus, bei der die Menschen plötzlich erblinden. Anfänglich werden die Menschen in Quarantäne gesteckt und sich mehr oder weniger selbst überlassen. Glücklicherweise ist die sehende Ehefrau eines Erblindeten, die aus ungeklärter Ursache die Einzige zu sein scheint, die von der Krankheit verschont bleibt, mitgekommen. Jedoch spitzt sich die Situation immer mehr zu und bald müssen alle erkennen, dass sich der Kampf gegen die Ausbreitung nicht gewinnen lässt.


    Erster Satz:

    Das gelbe Licht leuchtete auf.


    Meine Meinung:

    Ohne meine Leseliste der Literaturnobelpreisträger wäre ich wahrscheinlich nie auf das Buch aufmerksam geworden und um es schon einmal vorneweg zu nehmen, mir wäre ein ganz besonderes Buch entgangen.


    Der Autor José Samarago schafft es in diesem Buch die Abgründe des Menschen in Extremsituationen auf so realistische Art und Weise zu beschreiben, sodass man keinen Zweifel hegt, dass es sich nicht genauso abspielen könnte. Dabei hat er die Protagonisten so gut gezeichnet, dass man sie wahrhaftig vor seinem geistigen Auge entstehen lassen kann.


    Saramago hat für dieses Buch eine ganz eigene Sprache entwickelt. Es gibt keine gekennzeichnete direkte Rede, jedoch erkennt man die Dialoge sehr schnell. Auch die Menschen haben keine Namen, werden jedoch durch äußere Merkmale oder deren früheren Beruf beschrieben. Dadurch wird die Handlung noch übertragbarer auf andere Situationen und Orte. Für mich hat sich dieser Aspekt auch nicht als schwierig erwiesen. Ich konnte mich dennoch gut in die Menschen und die Situation einfinden.


    Schon während dem Lesen hat es mir gut gefallen, dass Saramago seine Botschaft mit in den Text hat einfließen lassen. Die Menschen sind nur so lange zivilisiert, solange es den Meisten gut geht. Sobald eine Gefahr von einer bestimmten Gruppe ausgeht, reagieren alle panisch wie Tiere. Auch innerhalb von Gruppen setzt sich dann schnell das Prinzip, dass nur die Stärksten überleben, durch. Dies hat er sehr überzeugend dargestellt, ohne jedoch dabei übertrieben zu wirken.


    Alles in allem war es für mich ein Buch, das nicht im eigentlichem Sinne einen hohen Lesegenuss darstellte, sondern es wird durch seinen wunderbaren Stil und dem Thema ein herausragendes Buch.


    5ratten + :tipp:

    Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere! - Erich Kästner<br /><br />SLW 2016 9/30

    Einmal editiert, zuletzt von YRachel ()

  • Deshalb hat mich "Die Stadt der Blinden" auch noch lange nachdem ich das Buch ausgelesen hatte beschäftigt.


    Und so geht es mir immer noch. Auch nach fast sieben Jahren ist das Buch immer noch sehr präsent. Ich kann mich erinnern, dass ich mich beim Lesen schwer getan habe, aber es beschäftig mich immer noch.


    YRachel: schöne Rezi :winken:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Gestern hat mir eine Freundin erzählt, dass sie Die Stadt der Blinden abgebrochen hat. Es war ihr zu grausam, zu deprimierend. Daraufhin hab ich wieder über das Buch nachgedacht, auch mich hat es sehr mitgenommen.
    Ich fand die Darstellung des Chaos, der Gewalt und schließlich den Zusammenbruch der Gesellschaft sehr realistisch. Ja, es ist natürlich sehr bedrückend und obwohl ich neugierig war, wie es weitergeht, musste ich das Buch öfters aus der Hand legen, weil es irgendwie zu viel auf ein Mal war. Ich hab dann parallel ein zweites Buch gelesen (das mache ich fast nie) und von Die Stadt der Blinden nicht zu viel auf ein Mal. Ich hab wirklich schon einige bedrückende Bücher gelesen, aber die Beschreibungen hier waren so stark, dass es mir förmlich die Sprache verschlagen hat.
    Mit der Schreibweise kam ich allerdings nicht so gut zurecht. Die fehlenden Satzzeichen haben mich bis zum Ende hin gestört und mit den fehlenden Namen dazu fand ich es manchmal ein wenig verwirrend. Das hat den Lesefluss bei mir immer wieder unterbrochen.
    Ich bin aber trotzdem froh, dass ich es gelesen hab, es regt zum Nachdenken an. Und es hat mich gefesselt, ich wollte unbedingt wissen wie es weiter geht, daher 4ratten
    Ob ich mich so schnell wieder ein Buch von Saramago wage? Hatte ich eigentlich nicht vor, ich habe aber eine zweisprachige Ausgabe von Die Geschichte von der unbekannten Insel geschenkt bekommen, mal sehen, da gehen die Meinungen ja sehr auseinander.


  • Ich bin normalerweise überhaupt nicht zimperlich und Horrorbücher kann ich mitten in der Nacht lesen, aber dieses Buch ist echt eine Probe für meine Nerven.


    Katrin


    Ich kann das total nachempfinden! So ging es mir auch. Dieses Buch hat mich echt fertig gemacht, ich habe es abgebrochen und bis heute nicht zu Ende gelesen. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren könnte. Vorallem, weil ich über denjenigen gelacht habe, der es mir ausgeliehen hat. Er selbst konnte es nämlich auch nicht beenden und hatte mich vorgewarnt.
    Noch heute muss ich ab und zu an dieses Buch denken. Ich habe mir nun den Film gekauft und hoffe, dass ich diesen bis zum Schluss durchhalte. :zwinker:

    Ein Tag ohne Buch ist kein guter Tag!<br />______________________________<br /> :lesen: &quot;Der Tod und die Diebin&quot; - Swantje Berndt<br /> :lesen: &quot;Elyson&quot; - Thomas Elbel<br /> :lesen: &quot;Der Märchenerzähler&quot; - Antonia Michaelis<br /><br />TAMKA 2/4&nbsp; März 2/3&nbsp; Mai 1/2