Elena Ferrante - Meine geniale Freundin

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    Elena Greco bekommt von Rino dem Sohn von Raffaella Cerullo (genannt Lila) einen Anruf. Lila ist verschwunden, aber warum wunderte das Elena nicht, Lila wollte doch schon immer eines Tages verschwinden.
    Wir blenden zurück in die 50 er Jahre: Italien Rione bei Neapel, der Krieg ist ein paar Jahre zu Ende, in vielen Familien herrscht immer noch Armut. In dieser Zeit freunden sich Lila die Tochter des Schusters und Elena die Tochter des Pförtners miteinander an. Elena ist fasziniert von Lila, den Lila ist hübsch, intelligent und alle lieben sie. Aber besonders ist Elena von Lila fasziniert, ist sie doch die Klassenbeste, was Elena sofort motiviert ebenfalls besser als sie zu werden. Doch dann verlässt Lila die Schule und soll bei ihrem Vater in der Werkstatt mitarbeiten. Elena die durch die Motivation eine gute Schülerin wurde, macht die Mittelschule und später das Gymnasium. Und nun ist es Lila die besser sein will als Elena, dazu besorgt sie sich Bücher in der Bibliothek und hilft aber somit Elenas Lerneifer weiter anzuspornen. Und der Kontakt der beiden reißt nie auseinander, selbst als Elena ein paar Wochen sich auf Ischia erholt. Aber Lila ist immer einen Schritt weiter wie Elena und so sind auch viele Jungs aus Rione hinter ihr her, weil sie so hübsch ist. Mit 16 heiratet dann Lila ihren Verlobten Stefano und Elena muss nun ebenfalls versuchen einen Mann zu finden.


    Meine Meinung:
    Erkennbar ist nicht ob diese Saga auf einem realen Hintergrund basiert. Elena Ferrante hat mit diesem Buch den Start einer Familiensaga in vier Teilen begonnen. Kein Wunder benötigt die Autorin vier Bücher, wenn man in einem Band gerade mal nur 20 Jahr abdeckt. Auf über 400 Seiten erzählt sie uns die Freundschaft der beiden, ihre Familiengeschichten aber auch das Leben in Rione. Der Schreibstil ist sehr gut und flüssig, kann einen aber im Lauf des Buches schon mal ermüden. Zwar passieren mal so die einen oder anderen Unfälle, Schlägereien, fast einen Missbrauch, aber im großen ganzen war mir das zu wenig. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht warum um diese Saga so einen Medienrummel gemacht wird. Natürlich ist die Geschichte nett zu lesen, allerdings weiß ich nicht ob ich den zweiten Band lesen werde. Literarisches Meisterwerk ist es meiner Meinung nach nicht, aber ein guter Roman und wer auf solche Familiengeschichten steht, für den mag es das richtige sein. Das Cover ist recht einfach gehalten, passt aber zum Buch, von daher 3 von 5 Sterne.

  • In den fünfziger Jahren wachsen Elena, genannt Lenu, und Raffaella, genannt Lila, in ärmlichen Verhältnissen auf. Sie gehen zusammen zur Schule und wetteifern miteinander, wer die Bessere ist. Obwohl Lila begabt ist, muss sie die Schule verlassen und in der Schusterei ihres Vaters arbeiten. Die ehrgeizige Elena schafft es mit Unterstützung das Gymnasium zu besuchen. Die Freundschaft zwischen den beiden bleibt weiterhin bestehen, auch als Lila in der Pubertät von den jungen Männern umschwärmt wird. Sie weist den älteren Marcello ab und heiratet sehr früh den wohlhabenden Stefano.
    Das Buch beginnt nachdem Lila spurlos verschwunden ist. Die Freundschaft der beiden hat schon über sechzig Jahre bestanden. Elena will herausfinden, warum Lila mit allem Hab und Gut verschwunden ist und sie blickt zurück auf ihr gemeinsames Leben.
    Die beiden Mädchen sind sehr unterschiedlich. Lila ist hochbegabt, aber sie ist auch impulsiv und manchmal aufbrausend. Die ruhigere Lenu lässt sich von Lila mitreißen. Ihr fliegt nichts zu, sie muss sich alles erarbeiten.
    Das Viertel, in dem die Mädchen aufwachsen, ist ärmlich aber voller Leben. Es wird einem nichts geschenkt und häusliche Gewalt ist gang und gäbe. So verwundert es einen nicht, dass sich die Mädchen eine bessere Zukunft erträumen.
    Das Buch liest sich angenehm flüssig. Die Verhältnisse im damaligen Neapel werden realistisch beschrieben ohne zu bewerten. Ich bin aufgrund des Medien-Hypes um diese Buchserie mit einigen Bedenken an das Buch gegangen. Aber die Geschichte hat mich angesprochen, obwohl der Verlauf doch sehr ruhig vonstattengeht und eigentlich nichts Spannendes passiert.
    Ich bin gespannt, wie die Freundschaft von Elena und Raffaella sich weiterentwickelt.


    4ratten

  • Hallo Ihr Lieben,


    schön, dass es zu diesem Buch bereits einen Thread gibt, da ich schon sehr gespannt auf andere Meinungen war. Aufgrund des großen Rummels um das Buch, habe ich es mir zu Weihnachten gewünscht und auch bereits mit dem Lesen begonnen.


    Ich bin jetzt ca. bei der Hälfte des Buches und habe mich auch schon gefragt, warum eigentlich so ein riesiger Rummel um das Buch gemacht wurde. Es freut mich zu lesen, dass es euch auch so ging und nicht nur ich alleine den ganzen Hype nicht so ganz verstehe.


    Das Buch liest sich sehr gut, aber es ist doch eher eine ruhige Lektüre und wenn ich das Buch mal für ein paar Tage liegen lasse, macht mir das auch nichts aus. Also ich möchte nicht so unbedingt wissen, wie es weitergeht.


    Außerdem finde ich bis jetzt zumindest, dass ich eher von einem Konkurrenzkampf zwischen den beiden Hauptfiguren lese, als von einer Freundschaft. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die beiden Mädels mehr damit beschäftigt sind sich gegenseitig zu übertrumpfen, als dass sie wirkliche Freundinnen sind, aber vielleicht sehe ich das auch zu eng? Wie habt ihr das empfunden?


    Spannend fand ich nur jetzt bei der Hälfte des Buches, dass mal erwähnt wurde, warum eigentlich so Spannungen in dem Rione vorherrschen und inwiefern die politische Gesinnung und die Auswirkungen des zweiten Weltkriegs da noch mit hinein spielen.


    Zum Teil habe ich auch Probleme mit den unterschiedlichen Familien und Namen, die immer wieder eingeworfen werde und bin sehr dankbar für das Namensverzeichnis zu Beginn des Buches.


    Ich berichte dann noch weiter, wenn ich mit der Lektüre des Buches weiter gekommen bin.


    Liebe Grüße
    Tammy :winken:

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • @Tammy
    Und wie war die restliche Lektüre? Mir hat der erste Band richtig richtig gut gefallen (siehe unten :smile:) und der zweite war natürlich ein Muss. Ich schätze, ich bleibe auch den restlichen noch Kommenden treu :breitgrins:


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Elena, Mitte 60, erhält einen überraschenden Anruf vom Sohn ihrer besten Freundin Lila: Diese ist verschwunden. Und mit ihr alles, was in irgendeiner Form ein Beweis für ihre Existenz sein könnte. Elena ist davon weit weniger überrascht als Lilas Sohn und nimmt dieses Ereignis zum Anlass, die Geschichte ihrer Freundschaft schriftlich festzuhalten.
    Sie beginnt Mitte der 50er Jahre im Rione, einem armen Viertel von Neapel. Vermögend ist dort niemand (und wenn, dann bestimmt nicht auf legalem Weg), Gewalt bestimmt den Alltag. Man verdient nicht viel, trinkt dafür umso mehr und Streitigkeiten werden mit den Fäusten ausgetragen und vererben sich von den Eltern auf die Kinder. Hier begegnen sich die freche Lila und die schüchterne Elena und sind bald unzertrennlich. Sie wetteifern darum, wer die Beste in der Schule ist, was Lila überaus leicht fällt. Doch während Elenas fleißiges Lernen mit dem Besuch einer weiterführenden Schule belohnt wird, muss Lila in der Schusterei ihres Vaters mithelfen.
    Es ist eine grausame und archaische Zeit, in der die beiden Mädchen aufwachsen. Doch Lila verfügt über eine derart große Intelligenz, Wissbegier und ein immenses Selbstbewusstsein, dass sich selbst die Jungen vor ihr fürchten und manche Erwachsene eingeschüchtert sind. Elena, ebenfalls intelligent, findet in Lila ein Vorbild, dass ihr die Kraft gibt, sich anzustrengen um in der Schule voranzukommen - ein Weg, der Lila verwehrt bleibt. Während Elena eine Klasse nach der anderen besucht und sogar auf das Gymnasium kommt, wird es für Lila immer schwieriger je älter sie wird, ihre Unabhängigkeit zu bewahren.
    Das Buch ist weit mehr als 'nur' die Geschichte einer Kinder- und Jugendfreundschaft. Die unter einem Pseudonym schreibende Autorin lässt ein Neapel auferstehen, das ich beim Lesen stets deutlich vor Augen hatte: die Armut, den Dreck, die heruntergekommenen Häuser und mittendrin die Menschen, die sich so gut wie möglich durchschlagen. Es ist ein Sittengemälde des Neapels der Fünfziger Jahre, das so eindrucksvoll und überzeugend geschrieben ist, dass ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die folgenden Bände lesen werde, die in Italien bereits vor mehreren Jahren erschienen sind. Vielleicht ist es nicht ganz einfach zu lesen (jede Menge 'Personal' mit italienischen Namen - aber es gibt ein Personenverzeichnis) und nicht immer eine chronologische Erzählweise, aber die Mühe lohnt sich. Mir sind alle Figuren sehr ans Herz gewachsen und ich freue mich schon auf den Folgeband!

    Je mehr sich unsere Bekanntschaft mit guten Büchern vergrößert, desto geringer wird der Kreis von Menschen, an deren Umgang wir Geschmack finden.    Ludwig Feuerbach (1804 - 1872)

  • Meine Meinung:


    Aufgrund des Medienhypes, der ja mittlerweile glücklicherweise wieder abgeflaut ist, wurde ich auf das Buch aufmerksam und hielt es nicht zuletzt aufgrund des Schauplatzes im sonnigen Italien für eine gute Balkonlektüre. Damit lag ich auch richtig, denn obwohl der Roman teils Längen aufweist und ich vor allem in der ersten Hälfte stark mit großen Anzahl an Personen zu kämpfen hatte (erst auf Seite 300 habe ich gemerkt, dass Antonio und Alfonso nicht dieselbe Person sind), hat er mich doch gut unterhalten.


    Vor allem die beiden starken Frauenfiguren haben mich angesprochen. In einem verarmten Neapel, das noch unter den Nachwehen des zweiten Weltkriegs leidet, haben es vor allem die Mädchen schwer. Schule ist eigentlich Nebensache und es wird erwartet, einen möglichst guten Fang zu machen. Elena nimmt daher ein wenig die Außenseiterrolle ein, merkt dies aber selbst erst recht spät. So wirklich passt sie nicht mehr in diese Welt und möchte mehr, andererseits wetteifert sie aber ständig mit Lila, die sich den Anforderungen der Nachbarschaft wohl oder übel anpassen muss.


    Was mich erst im Nachhinein zum Nachdenken gebracht hat, ist die Erzählweise. Alles wird aus retrospektiv aus der Sicht Elenas erzählt, aber da auch sie das ein oder andere Geheimnis vor ihrer besten Freundin hat, frage ich mich, ob vielleicht auch Lila mehr erlebt hat, als Elena und dem Leser bewusst ist.



    Ich hoffe hier darauf, dass der letzte Band ein Aufeinandertreffen der älteren Elena und Lila bereithält, das vielleicht Licht ins Dunkel bringt.


    Ich war mir nach der Lektüre etwas unschlüssig, ob mich das Buch so gut unterhalten hat, dass ich noch vier weitere Bände lesen will, habe ich dann doch dafür entschieden. Die einzige Zwickmühle: Ich würde zwischendurch gerne was anderes lesen, aber bis dahin hätte ich dann wohl alle Namen wieder vergessen. :rollen:


    4ratten



    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die beiden Mädels mehr damit beschäftigt sind sich gegenseitig zu übertrumpfen, als dass sie wirkliche Freundinnen sind, aber vielleicht sehe ich das auch zu eng? Wie habt ihr das empfunden?


    Ja, das ist mir genauso gegangen, aber dann hab ich mich zurückerinnert, dass ich so mit 13 Jahren auch eine Freundin hatte, mit der ich ständig in Konkurrenz stand. Da ging es auch um die üblichen Eitelkeiten und darum, wer besser in der Schule war etc. Ich weiß gar nicht, ob das so ungewöhnlich ist. In dem Alter ist man ja doch noch sehr leicht beeinflussbar... Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob die beiden Mädels (vor allem Elena) etwas selbstbewusster und unabhängiger voneinander werden. Ich denke, dass dann eine tatsächliche Freundschaft entstehen könnte.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)

  • Für eine weitere vollständige Rezension fehlt mir gerade der "Atem", Angaben zum Inhalt wurden schon ausreichend gemacht, darum von mir nur ein kürzeres Statement:


    Ich finde mich hier vor allem in der Rezension von Xirxe wieder. Wer gerade eine reine Unterhaltungslektüre sucht, ist mit dem Buch von Elena Ferrante sicher nicht gut beraten - die Zeichnung der beiden Hauptcharaktere erfolgt nicht "sympathisch", sondern schon fast schmerzhaft ehrlich und genau. Die Ich-Erzählerin beschönigt auch in der Retrospektive nichts - das macht das Buch eben nicht zum Wohlfühlbuch über idealisierte Freundschaft und kompromisslose Liebe, sondern zeigt die Welt der Heranwachsenden in einem ärmeren Stadtteil von Neapel in allen auch hässlichen Zwischentönen: Berechnung, Egoismus und Gewalt gehören dazu.
    Erbarmungslos und detailliert beschreibt Ferrante die oft zweischneidige aber tiefe Beziehung zwischen der "sperrigen" Lila und der introvertierteren Elena und den Anfang der Entwicklung ihrer unterschiedlichen Lebenswege - die Namensgleichheit zum Pseudonym der Autorin ist auffällig. Falls hier nicht viele eigene Erlebnisse verarbeitet wurden, ist es zumindest hohe Kunst.
    Beeindruckend und beunruhigend, wenn man sich drauf einlässt.

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Zum Inhalt haben die Leute über mit ja schon einiges geschrieben, deswegen wiederhole ich es hier nicht.
    Und es passiert ja auch nicht viel, im Sinn, dass das Buch nicht auf ein Ereignis oder einen Höhepunkt zusteuert.
    Was mich zwischendurch echt fertig gemacht hat, ist die Lieblosigkeit der Eltern gegenüber ihren Kindern.
    Lenas Mutter scheint sie eigentlich nur als Störfaktor zu sehen.


    Die große Menge an Protangonisten hat mich am Anfang sehr verwirrt, da ich nicht wußte, ob ich mir die Namen merken musste oder nicht. (ich würde mal sagen, muss man nicht). Einiges an Beziehungsgeflecht habe ich erst verstanden als ich mit in den zwei Folgebänden die Personenverzeichnisse durchlesen habe.



    Alles in allem hat das Buch es aber geschafft, dass ich direkt im Anschluss die Bände 2 und 3 gelesen habe bzw. gerade, und diese gefallen mit deutlich besser.
    Was aber wahrscheinlich auch daran liegt, dass ich Romanen die sich mit der Kindheit einer Person nicht so interessant finde.
    Bei dieser Reihe würde ich aber ganz klar sagen, es ist absolut sinnvoll, bei Teil 1 anzufangen. Daher war es für mich kein Zeitverlust, dieses Buch zu lesen.



    :winken:
    bibse

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)

  • Die wilde, ungebärdige Lila und die eher ruhige und brave Lenù sind auf den ersten Blick ein ungewöhnliches Freundinnenpaar, doch vielleicht sind es gerade die Unterschiede, die sie zusammenbringen. Kennengelernt haben sie sich in der Grundschule, wo Lila gleich doppelt auffällt. Einerseits durch ihre frechen Antworten und boshaften Streiche, aber auch durch ihren blitzgescheiten Kopf und ihre großartige Auffassungsgabe. Auch Lenù ist eine gute und ehrgeizige Schülerin, mit den geistigen Höhenflügen ihrer Freundin kann sie jedoch nicht ganz mithalten.


    Die beiden leben in einem Stadtteil von Neapel, wo die einfachen Leute zu Hause sind und Bildung nicht viel gilt (schon gar nicht für Mädchen). Eindruck macht, wer es als Geschäftsmann geschafft hat. Lenù hasst ihre Mutter inbrünstig und wünscht sich schon als Kind sehnlich, aus dem ärmlichen Viertel ausbrechen zu können, wo Streit und Handgreiflichkeiten an der Tagesordnung sind. Während sie ihr Bestes gibt, in der Schule erfolgreich zu sein, steht sich Lila mit ihrer widerspenstigen Art häufig selbst im Weg, ist mal die Überfliegerin, mal völlig desinteressiert; ihre wechselnden Launen prägen erst recht die Freundschaft, als die Mädchen langsam in die Pubertät kommen und sich mit den körperlichen Veränderungen und dem Hormonchaos auseinandersetzen müssen. Als die ersten Liebeleien ins Spiel kommen, wird es endgültig kompliziert zwischen den Mädchen.


    Der Auftaktband des vielgerühmten "neapolitanischen Quartetts" beginnt stark, mit eindrucksvoll geschilderten Szenen aus dem Alltagsleben der Mädchen, deren Umstände für die Erzählerin Lenù ganz normal sind und aus heutiger Sicht oft befremdlich wirken - die Armut, der harsche Umgangston, die Erziehungsmethoden. Warum die ruppige Lila eine solche Faszination auf Lenù ausübt, erschließt sich mir zwar nicht so ganz, aber die Autorin vermag sich generell ganz ausgezeichnet in die Grundschülerin hineinzuversetzen, vielleicht ja auch aus eigener Erfahrung. (Ob die Namensgleichheit - Lenù heißt ja auch eigentlich Elena - beabsichtigt oder Zufall ist, wurde viel diskutiert, ich tippe auf ersteres.)


    Mit dem Eintritt in die Pubertät hat das Buch für mich dann etwas an Reiz verloren. Zwar schildert Ferrante auch die Verzweiflung Lenùs angesichts ihrer Pickel und ihrer Gewichtszunahme, die Angst, so zu werden wie ihre grässliche Mutter und die vielen Unsicherheiten, die typisch für das Alter sind, sehr authentisch, aber all das Bäumchen-wechsel-dich zwischen diversen jugendlichen Pärchen, das Gezicke der Mädchen und die Poserei der Jungs hat mich streckenweise doch ganz schön gelangweilt, zumal ich die Beweggründe nicht immer wirklich verstanden habe und die meisten Figuren eher unsympathisch fand.


    Was aber trotzdem schön herausgearbeitet ist, sind die gegensätzlichen Charaktere und Lebenswege der beiden Hauptfiguren und die oft widersprüchlichen Gefühle, die Lenù Lila gegenüber empfindet, und das Umfeld jener Zeit, das Ferrante schön auf den Punkt bringt, ohne sich in weitschweifigen Beschreibungen zu ergehen.


    Den großen Hype kann ich somit nur bedingt nachvollziehen, aber vor allem in der ersten Hälfte und dann wieder zum Schluss ein durchaus lesenswerter Roman. Die drei Folgebände muss ich allerdings nicht sofort haben.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen