Petra Hartlieb - Ein Winter in Wien

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    Petra Hartlieb - Ein Winter in Wien - Kindler


    Wien, 1911
    Die 18jährige Marie Haidinger ist ein Mädchen aus ärmlichen und ländlichen Verhältnissen, als sie ihre Pflichtschulzeit beendet hat, denkt der Vater gar nicht daran, dass sie sich weiterhin mit Lesen, Schreiben und Lernen abgibt, er verschachert sie an einen weitabgelegenen Bauerhof als billige Arbeitskraft. Marie versteht die Welt nicht mehr, möchte sie doch daheim bleiben, bei ihren Eltern und Geschwistern, bei ihrer über alles geliebten Großmutter.
    Wie sagte sie immer: "Marie, du gehst mal in die Stadt und wirst in einem schönen Haus wohnen. Wirst einmal in einem feinen Lokal essen und das Theater besuchen."
    Die Mutter sagt: "Mach mir keine Schande!" und drückt ihr ein dünnes Bündel in die Hand, selbiges ist schnell gepackt, als ihr ein Knecht unmissverständliche Avancen macht. Bei einer Bankiersfamilie findet sie eine Anstellung als Küchen/Kindermädchen, als die Frau stirbt, steht sie auf der Straße. Mit ausweglosen Gedanken blickt sie in den Kanal.
    "Kein Mann ist das wert, mein Kindchen!" redet sie eine verhärmte Frau an und Marie erzählt ihr von ihren Sorgen. "Wirst sehn´, alles wird gut!", ..und tatsächlich geschieht dieses Wunder.
    Im Hause Arthur Schnitzler wird ein neues Kindermädchen gesucht, sie wird in der Sternwartestraße vorstellig und der berühmte jüdische Schriftsteller nimmt Marie auf.
    Alles erscheint ihr wie ein Märchen, sie bekommt genug zu essen, bekommt eine eigene Kammer und die Kinder Lili und Heinrich sind ganz vernarrt in sie. Eines Tages wird sie von ihrem Dienstherren in den Buchladen geschickt und als der junge Buchhändler sie sieht, fragt
    er sich stündlich, wie er ihr Herz erobern könnte..


    Ganz zauberhaft sieht man sich in die kleine Welt der Kinder/Küchen/Stubnmaderln versetzt, die Vermischung von Literatur und Geschichte birgt eine warmherzige Novelle, die nichts weiter braucht, als sich selbst. Perfekt! Petra Hartlieb streut Puderzucker auf des Lesers Herz, wenn der Schnee nicht kommen will. Eine Romanze zum Liebhaben.
    Buchtipp für den kalten Advent, ein schönes Geschenk!


    "Ein geliebter Mensch, das bedeutet sieben Mal Schmerz und einmal Freude."
    Arthur Schnitzler, (1862 - 1931)


    5ratten:tipp:

    Einmal editiert, zuletzt von SABO ()

  • Marie kommt aus sehr ärmlichen Verhältnissen mit viel Glück nach Wien. Da sie lesen kann, findet sie Arbeit als Kindermädchen im Haus des Dr. Arthur Schnitzler. Schon nach kurzer Zeit haben sich die Kinder an sie gewöhnt.
    Eines Tages soll sie ein Buch abholen und so stand sie das erste Mal in einer Buchhandlung.


    Zitat

    Marie wurde rot, sie kam sich plötzlich schrecklich ungebildet vor. Unglaublich, dass es Menschen gab, für die es normal war, einfach so ein Buch zu bestellen.


    Da das Buch noch nicht eingetroffen war, bot der junge Verkäufer Oskar Novak an, das Buch am späten Nachmittag ins Haus zu liefern. Doch er brachte nicht nur das Buch für den Doktor, sondern auch eines für Marie: „Mir zur Feier. Rainer Maria Rilke“ stand drauf. Marie hat noch nie so ein wertvolles Geschenk erhalten.


    Wenn die Familie aus dem Haus war, schlich sich Marie in das Arbeitszimmer des Doktors. Sie besah sich die Bücher in den Regalen, las die Titel auf den Buchrücken und nahm hin und wieder verstohlen eines in die Hand, um es rasch wieder zurückzustellen.


    Weihnachten rückte immer näher. Die Kinder träumten von ihren Geschenken. Der Doktor litt unter einem schlimmer werdenden Ohrenleiden. Die gnädige Frau war ungeduldig und reizbar. Das Ehepaar stritt sich öfter. Was Marie gar nicht verstehen konnte. Warum war Olga Schnitzler oft so zänkisch? Andere wären froh, so ein Leben führen zu können.


    Oskar Novak dachte immer wieder an Marie. Bei ihrem ersten Treffen im Buchladen traf ihn fast der Schlag, sah sie doch der Schauspielerin Hedwig Kramer, die er so verehrte, sehr ähnlich. In den nächsten Tagen dachte er immer wieder an sie, und immer wenn die Ladentür klingelte, hoffte er, dass es Marie wäre. Als er es nicht mehr aushielt, schrieb er ihr einen kleinen Brief und bat um einen Spaziergang.


    Dieses Büchlein, erschienen im Verlag Kindler (unter dem Dach der Rowohlt Verlage), ist nicht nur eine Liebeserklärung an Bücher, sondern auch eine an die Stadt Wien. Und sie kommt ganz leise und einfach daher. Durch die einzelnen Protagonisten (Marie aus einer ganz armen Familie, Oskar aus dem Mittelstand und die Familie Schnitzler aus der gehobenen Klasse) erfahren wir einiges über die sozialen Strukturen des Wiens aus der Zeit um 1900.
    Man braucht für das Büchlein nur zwei, drei Stunden, aber diese Lesezeit habe ich genossen.

  • Eine wunderbare zarte Romanze in Wien


    Endlich scheint auch ihr, der 18-jährigen Marie Haidinger von einem ärmlichen Bauernhof, das Glück holt zu sein. Nachdem sie ihr Vater nach der Schulzeit auf einen angrenzenden Bauernhof verschachtert hatte, sie sich in einer Küche hat anstelen lassen, als Kinderfrau und Abwäscherin in einer Wirtschaft gearbeitet hat, ist sie nun bei dem Schriftsteller Arthur Schnitzler in Wien alsKindermädchen gelandet. Seine beiden Kinder Heinrich und Lili wollen schon nach kurzer Zeit nicht mehr, dass sie wieder weg geht. Aber sieht ihr Dienstherr das genau so? Marie würde so gerne bleiben, auch weil sie gerade einen jungen Mann kennengelernt hat. Oskar Novak ist Buchhändler und als die Beiden sich das erste Mal gegenüber stehen, sieht man die Funken buchstäblich fliegen.


    Petra Hartlieb nimmt mich mit ins wienerische Milieu um 1910. Sie hat die Sprache derdamaligen Zeit angepasst und so bin ich noch näer an diesem Zeitgeist dran. Ich lerne kleine Teile der winterlich verschneiten, im Weihnachtsfieber steckenden Stadt kennen, höre hier und da den wienerischen Dialekt heraus und lasse mich von der kleinen Liebesgeschichte zwischen Oskar und Marie verzaubern.
    Aber es sind nicht nur die heiteren sondern auch die ernsten Töne, die diese Geschichte zu etwas ganz Besonderem machen. So lernt Marie sehr schnell die Unterschiede zwischen der ärmlichen Bevölkerung und der gehobenen Oberschicht kennen. Immer wieder erinnert sie sich an die Worte ihrer Oma, bevor sie von zuhause fort ging: "Marie, du gehst mal in die Stadt und wirst in einem schönen Haus wohnen. Wirst einmal in einem feinen Lokal essen und das Theater besuchen." Das mit dem schönen Haus hat sich ja schon mal bewahrheitet. Und der Theaterbesuch wird auch folgen, denn sie bekommt von Schnitzler zu Weihnachten ein Billet für eine Theateraufführung.


    " Ein Winter in Wien" ist eine wunderschöne, leichte, leise weihnachtlich angehauchte Geschichte, die ich sehr gerne gelesen habe. Nun freue ich mich auf den Frühling in Wien.


    5ratten