Adriaan van Dis - Das verborgene Leben meiner Mutter

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    "Wir werden alle ein Brühwürfel unserer eigenen Suppe." So urteilt die Mutter des Autors über den Charakter des Menschen, der sich ihr zufolge im Alter nicht abnutzt, sondern einkocht, wobei die Essenz herauskommt (S. 138). Eine spezielle Person? Aber Hallo! Beim Lesen dieses Romans, des Denkmals, das ihr eigener Sohn ihr gesetzt hat, wird deutlich, dass nicht nur ihre Kinder sie so sahen.


    Die alte Dame - wir lernen sie hier kurz vor ihrem Tod kennen, einem Tod, den sie selbst sich wünscht, denn eigentlich ist sie noch ganz gut beisammen, vor allem geistig und das ist mehr, als viele Altersgenossen von sich behaupten könnten.


    Ich muss gestehen, ich würde zu gern wissen, was ihr Landsmann und ungefährer Altersgenosse Hendrik Groen, dessen ehrliches Alterstagebuch "Eierlikörtage" gerade so boomt, über diese Dame sagen würde - ich glaube, sie wäre eine von denen, deren Histörchen er ab und an mal gerne lauschen würde, um sich dann aber wieder schnell zu verdrücken, wenn es gar zu garstig wird, denn das ist ein wesentlicher Charakterzug dieser Dame.


    Sie hat es nie leicht gehabt und auch nicht leicht gemacht - weder sich noch anderen, teilweise auf richtig niederträchtige Art ihre Kinder gegeneinander ausspielend, dann wieder überraschend offen ihre Erinnerungen herauskramend - und die sind spannend, wenn auch unglaublich hart: zwei Weltkriege und ein japanisches Internierungslager in Indonesien liegen hinter ihr, zwei Ehen bzw. Beziehungen zu Männern, aus denen ihr Kinder blieben, eine schwierige und traurige Liebesbeziehung. Soweit wir wissen. Naja, einige wissen möglicherweise mehr, da ihnen bereits mehr über den Autor Adriaan van Dis bekannt ist bzw. sie sein Werk kennen. Ich bisher nicht und so fiel es mir recht schwer, mir dieses Buch, die Mutter des Autors und seine eigene extrem schwierige Beziehung zu ihr zu erschließen, auch wenn er großartig schreibt (und ebenso übersetzt wird) , mit Humor, Respekt, aber auch mit einer gewissen Distanz, die wohl ein Leben lang zwischen ihm und seiner mutter bestand.


    Obwohl auf dem Cover als solcher bezeichnet, ist es eigentlich kein Roman, es sind eher (auto)biographische Erinnerungen, die auch für den Autor neu sind. Vieles packt die Mutter erst am Ende ihres Lebens aus, in der Hoffnung, dass man ihr dafür den Tod schenkt. Was ich damit meine? Lesen Sie selbst. Allerdings lassen Sie sich auf ein schwieriges Buch ein, auf eine Herausforderung, die gemeistert werden, Worte, die in ihrem Zusammenhang erst erobert werden müssen. Schwere Kost, allerdings mit leichten Untertönen und nichts für Leser, die einfach nur so unterhalten werden wollen!
    4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von TochterAlice ()

  • Danke, das ist sehr lieb von Dir. Ich denke, die Lektüre ist vor allem dann lohnenswert, wenn man schon andere Werke des Autors kennt bzw. ein wenig mit seiner Biographie vertraut ist. War bei mir leider nicht der Fall.

  • Maria Van Dis ist schon fast hundert Jahre alt und des Lebens überdrüssig. Zwei Töchter hat sie begraben und eine wohnt im Ausland. Daher hat sie einen regelmäßigen Kontakt zu ihrem Sohn Adriaan. Sie ruft ihn zu unmöglichen Zeiten in Paris an, doch es sind keine Unterhaltungen, die sie führen. Nachdem sie ihren Ruhesitz an der Küste genommen hat und Adriaan aus finanziellen Gründen aus Paris weggeht, wohnen sie recht nah beieinander. Adriaan und seine Mutter haben ein sehr unterkühltes Verhältnis, dennoch besucht er sie regelmäßig. Er versucht mehr über seine Mutter zu erfahren, doch sie gibt nur das preis, was sie möchte und oft sind es erfundene Geschichten. Sie schließen dann einen Vertrag. Während die Mutter sich verpflichtet, ihm ihre Geschichte zu erzählen, muss er dafür sorgen, dass sie das Medikament bekommt, um sich aus dem Leben zu schleichen. Ob es soweit kommt?


    Während der Sohn die Geschichte am liebsten chronologisch erfahren möchte, verliert sich die Mutter in sprunghaften Erinnerungen. So lernen wir die Geschichte aus vielen Puzzleteilen kennen, die scheinbar nicht so recht zusammen passen. Teilweise zeigt sie nun boshafte Züge, wenn sie das vernichtet, was Zeugnis ablegen hätte könnte.


    Sie hat drei Kriege hinter sich und das Leben hat sie bis nach Indonesien verschlagen. Schlimmes hat sie dort erlebt. Aber sie hat es beiseitegeschoben und weitergemacht. Sie hat es den Menschen um sie herum nicht leicht gemacht, genauso wenig wie sie es sich selbst leicht gemacht hat.


    Während dieser Zeit des Erinnerns spürt man deutlich die Distanz zwischen Mutter und Sohn und doch kommen sie sich auch näher. Im Besitz der Mutter gibt es jeher eine Truhe, geheimnisvoll und für niemanden zugänglich gemacht, dabei immer präsent. Es ist am Ende für ihn eine Überraschung, was er dort findet.


    Diese sehr emotionale Geschichte lässt sich angenehm lesen, dabei ist sie ziemlich nüchtern erzählt. Sie erinnert einen daran, dass das Leben endlich ist und dass das, was nicht ausgesprochen wird, dann für immer vergessen ist. Wenn man die Geschichte der Vorfahren besser kennen würde, wäre vielleicht manches Verhalten verständlicher.


    Es ist keine liebevolle Mutter-Sohn-Beziehung, die wir in diesem sehr persönlichen Buch erleben, aber sie ist sehr authentisch.


    5ratten

  • Inhalt:


    Van Dis erzählt in diesem Buch das Leben seiner Mutter. Die nähert sich dem 100. Lebensjahr und möchte ihr Leben beenden. Zu ihrem Sohn hat sie bisher ein eher unterkühltes Verhältnis, als ihn das Leben aber in die Nähe ihres Wohnorts bringt, nähern sich die beiden an. Die beiden schließen eine Vereinbarung, sie erzählt ihm die Geschichte ihres Lebens und er hilft ihr dabei beim Sterben.

    Meine Meinung:


    Mich hat das Buch von der ersten Seite gefangen genommen. Der Schreibstil ist zwar nicht ganz einfach zu lesen, aber die Handlung weist eine erhebliche Spannung auf. Van Dis Mutter hat 2 Kriege erlebt und ist in Indonesien in japanische Gefangenschaft geraten. Allein diese Eckpunkte bieten sehr viel Raum für eine spannende Handlung. Hinzu kommen noch 2 Ehen und einige unglückliche Beziehungen, aus denen ihre Kinder stammen.


    Sie hat sich und ihren Kindern das Leben nicht einfach gemacht, hat sie ihre eigenen Kinder doch gegeneinander ausgespielt. Bis zum Ende merkt man in der Beziehung zwischen Mutter und Sohn eine Distanz, die nicht ausgeräumt werden konnte. Auf mich wirkte dieses Buch wie ein Versuch des Autors, die Beziehung zur eigenen Mutter aufzuarbeiten, jedoch blieben bis zum Ende offene Wunden, die nicht verheilt sind.


    Ich kann dieses Buch sehr empfehlen, auch wenn die Lektüre nicht ganz einfach ist, zeigt es doch einen intensiven Mutter-Sohn Konflikt und das Wechselbad der Gefühle aus Distanz und Liebe.