Jules Verne - Der Leuchtturm am Ende der Welt

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    Jules Verne - Der Leuchtturm am Ende der Welt


    Zum Buch:


    Ich habe eine vollständige Neuausgabe als ebook gelesen, herausgegeben von Karl-Maria Guth, Berlin 2015. Mit der Qualität des ebooks war ich sehr zufrieden. Textgrundlage ist die Originalausgabe Jules Verne - Der Leuchtturm am Ende der Welt. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band LXXXVIII, Wien, Pest, Leipzig: A. Hartleben, 1906. Veröffentlich wurde der Roman also erstmals nachdem Jules Verne bereits tot war, und er wurde von Michel Verne stark bearbeitet.


    Zum Inhalt:


    Auf der argentinischen Staateninsel wird ein Leuchtturm neu gebaut, um Seefahrer auf ihrer gefährlichen Reise um das Kap Hoorn vor den Untiefen der dortigen Inselwelt zu warnen. Betrieben wird der Leuchtturm von einer ausgesuchten dreiköpfigen Mannschaft, die auf dem kargen Eiland drei Monate ausharren müssen, um dann für drei Monate abgelöst zu werden.


    Was niemand weiß: so einsam ist die Insel gar nicht, wie es den Anschein hat. Eine Gruppe von ruchlosen Seeräubern ist dort gestrandet und hat riesige Reichtürmer aufgehäuft, indem sie unschuldige Seefahrer auf Grund lockt und nach deren Kentern die Schiffe plündern, die Mannschaften gnadenlos ums Leben bringen. Als jedoch ein Schiff relativ unbeschädigt an Land gespült wird, sieht die Räuberbande endlich eine Gelegenheit, von der unwirtlichen Insel zu verschwinden und mittels ihrer Reichtümer ein Leben in Saus und Braus zu führen.


    Ihr Anführer Kongre entscheidet, das Schiff in die Leuchtturmbucht zu steuern, dort die Reparaturarbeiten aufzunehmen und die Beute, die sich in einer nahegelegenen Höhle befindet, zu verladen. Dies bekommen die Leuchtturmwärter natürlich mit, aber ehe überhaupt ein Kontakt stattfinden kann, werden zwei von ihnen von den Piraten umgebracht, der dritte entkommt mit knapper Not. Da nun der Leuchtturm von den Seeräubern eingenommen ist, wird er nicht mehr betrieben und ein weiteres Schiff strandet, dessen einziger Überlebender von Vasquez, dem überlebenden Leuchtturmwärter, aufgefunden und versorgt wird. Gemeinsam hecken die beiden einen Plan aus, wie man den Verbrechern das Handwerk legen kann - ob dies wohl gelingt?


    Meine Meinung:


    Erwartungsgemäß glänzt dieser Roman von Jules Verne wie so viele zuvor mit einem spannenden und lesenwerten Abenteuer, das sich diesmal besonders mit der Nautik beschäftigt. Auch wenn man sich nicht besonders gut mit Schiffen auskennt und mit keinerlei nautischem Verständnis ausgestattet ist wie ich, kann man doch ganz gut nachvollziehen, um was es geht.


    Der Roman ist abwechselnd aus der Perspektive des überlebenden Leuchtturmwärter Vasquez und aus Sicht der Seeräuber geschildert, so dass man als LeserIn immer auf dem Laufenden ist, was die jeweiligen Protagonisten gerade vorhaben. Das Spannende dabei ist, dass die beiden Gruppierungen keinesfalls voneinander wissen und daher manche brenzlige Situation entsteht.


    Jules Verne schildert seine Figuren so, dass es den LeserInnen sehr leicht fällt, sich für eine Seite zu entscheiden. Auf der einen Seite die ruchlosen Seeräuber, die als Ausgeburt des Bösen dargestellt werden und keinerlei Skrupel oder Respekt vor dem Leben anderer haben. Demgegenüber steht mit Vasquez ein echter Held, ein redlicher, geradliniger und bescheidener Mann, später verstärkt durch den smarten Amerikaner, den er rettet und der auch für einige clevere Einfälle gut ist. Wie die beiden den Seeräubern zusetzen, das ist ganz großes Kino, und deswegen auch mit Kirk Douglas und Yul Brunner verfilmt worden.


    Wer Spaß an nautischen Abenteuerklassikern hat, kann mit diesen 144 Seiten nichts verkehrt machen und wird einen vergnüglichen Lesenachmittag auf hoher See und auf den Klippen der Staateninsel erleben.


    5ratten

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

    Einmal editiert, zuletzt von Miramis ()

  • Danke für die Rezi, Miramis. Jetzt weiß ich sicher, dass ich das Buch noch lesen werde. Stutzig machen mich die unterschiedlichen Seitenangaben. Du schreibst von 144 Seiten, während die von dir verlinkte HC-Ausgabe fast doppelt so viele Seiten hat. Bedeutet "stark bearbeitet" demnach auch "stark gekürzt"? Kannst du das einschätzen oder steht sogar etwas dazu im Impressum?

  • Stimmt, das ist seltsam. Von Kürzung steht da aber nichts, ich hab extra nochmal nachgesehen. Was bei der HC-Ausgabe allerdings noch dazu kommt, sind die Illustrationen der Original-Ausgabe. Und vielleicht ist einfach das Schriftbild größer. Aber eine andere Erklärung habe ich nicht dafür.

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Ich werde auf jeden Fall mal nachsehen, bevor ich meine E-Book-Ausgabe lese. Gekürzte Ausgaben mag ich nicht, selbst wenn der Herr Sohn die Finger im Spiel hat.

  • Oh, da haben wir uns wohl ein Stück weit missverstanden. Bearbeitet ist das Manuskript in jedem Fall worden, bereits bei der Erstveröffentlichung 1906 hatte Michel Verne den Text stark bearbeitet. Ob von heutiger Verlagsseite weitere Veränderungen vorgenommen wurden, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht wurde die Sprache ein Stück weit angepasst, ich fand den Text sehr gut zu lesen. Ein paar Erklärungen und Fußnoten sind auch enthalten, die fand ich sehr hilfreich.

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Keine Angst, ich denke, ich hatte dich schon in der Einleitung der Rezi richtig verstanden. Kürzungen mag ich vor allem dann nicht, wenn sie nach dem Tod des Autors vorgenommen werden und egal, von wem es gemacht wird. Wenn ein Autor ein Buch so schreibt, wie er es für richtig hält, sollte sich niemand aufschwingen dürfen und es in irgendeiner Form ändern. Auch wenn ich manchmal selbst meckere, dass mir ein Buch zu lang ist. Das ist ja dann Geschmackssache und nicht der Versuch, ein Produkt so zu gestalten, dass es sich gut verkauft. Aber das hat jetzt eigentlich gar nichts mehr mit dem Ausgangsthema Leuchtturm zu tun.

  • Der Sohn, wenn ich mich richtig erinnere, hat ja nicht nur gekürzt. Sondern auch erweitert. Dann nämlich, wenn Jules gerade ein paar Ideen notiert hatte. Oder nur das erste Kapitel. Oder so...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Ach, das ist ja interessant! :kommmalherfreundchen: Frei nach dem Motto: Hauptsache, der Name Verne steht darunter? Eigentlich muss man sich nicht ärgern, so lange die Geschichte gefällt, aber ein bisschen betrogen fühlt man sich schon. Ein frühes Beispiel von Ghostwriting.

  • In diesem Fall hat Jules Verne tatsächlich alle fünfzehn Kapitel selbst geschrieben. Aber es blieb beim Manuskript; er starb, bevor die Geschichte veröffentlicht werden konnte. Ich finde das nicht schlimm, dass sein Sohn da Hand angelegt und das Manuskript soweit bearbeitet hat, dass es reif für eine Veröffentlichung wurde. Aber fairerweise hätte dann sein Name mit draufstehen können, in dem Punkt hast du vollkommen recht, Doris.


    Es fühlt sich aber beim Lesen wie ein Original Jules-Verne-Roman an. :zwinker:

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Inzwischen habe ich das Buch vom "Leuchtturm am Ende der Welt" gelesen, kann aber Miramis' Begeisterung nicht ganz zustimmen. Es ist ein solider Abenteuerroman, der über das eigentliche Abenteuer hinaus wenig zu bieten hat. Die Guten sind gut und die Bösen böse, in der Hinsicht gibt es keine Überraschungen. Die Versuche des Leuchtturmwärters, gemeinsam mit dem Schiffbrüchigen die Abfahrt der Piraten zu sabotieren, sind gut ausgeschmückt und sorgen mit dem Zeitdruck, unter dem alle stehen, für Spannung. Etwas zu simpel war die Lösung, dass alle erforderlichen Gegenstände bei Bedarf aus der Ansammlung von Strandgut hervorgezaubert wurden. Gut gefallen hat mir die Beschreibung der Insel und des Leuchtturmes, den man sich in der sturmumtosten kargen Landschaft gut vorstellen kann. In dem Zusammenhang hätte mich interessiert, ob Jules Verne bzw. sein Sohn darüber konkrete Informationen hatten oder ob dies auch der Phantasie entsprungen ist.


    Die Übersetzung fand ich nicht so geglückt. Die Geschichte ist nicht sehr tiefgründig und gewinnt durch die einfache Formulierung nicht dazu. Vor allem der häufige Gebrauch des Wortes "übrigens" wie beispielsweise "Übrigens hatten sie das schon längst gemacht." nervte zunehmend. Das will ich aber dem Autor nicht anlasten.


    Der "Leuchtturm" ist für mich nicht Vernes bestes Buch, aber durchaus ein lesenswertes Abenteuer.


    4ratten