William Shakespeare - Othello (LR 2)

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 3.772 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von schokotimmi.

  • So... wie schauts aus mit unsere Leserunde ? :winken:


    Ich hab ja schon bis zum Ende des 1. Aktes gelesen.


    1. Akt

    1. und 2. Szene
    Man wird wirklich sehr stringent und flott in die Geschichte eingeführt. Jago und Rodrigo werden gleich mal positioniert und schon nach der 1. Szene entfaltet sich die Intrige die gesponnen werden soll. Das geht wirklich zügig. Jago treibt in der nächsten Szenen sein doppelzüngiges Spiel mit wahrhafter Bosheit, ganz integrer Untergebener Otellos. Warum er Othello so sehr hasst wird mir allerdings noch nicht klar, ist es wirklich "nur" ein Frust darüber, daß ein Schwarzer diese gehobene, wichtige Stellung einnimmt und dann noch, dazu eine in seinen Augen weniger Befähigten, nämlich Cassio, statt ihm als Leutnant einsetzt ? Fühlt er sich ungerecht behandelt, gepaart mit Fremdenhass? Im Grunde sägt er ja auf dem Ast auf dem er sitzt? Da muß der Hass schon wirkich groß sein.
    Othello dagegen scheint Jago wirklich blind zu vertrauen.... , was mich auch etwas verwundert, angesichts dessen wie er als Befehlshaber und General beschrieben wird. Daß er da derart blind sein kann oder spielt Jago seine Rolle einfach zu gut?



    3. Szene
    Dann im Dogenpalast gehts auch gleich richtig zur Sache, Othello und Desdemona offenbaren ihre Liebe, gar ihre Ehe. Desdemonas Vater unterstelle Othello (angstachelt durch Jago und Roderigo) zunächst nur durch Hexenkunst Desdemona für sich gewonnen zu haben und ist natürlich ganz und gar erschüttert vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Othello stellt zusamme mit Desdemona die Geschenisse richtig und man glaubt ihr, wie fasziniert sie von dem weltläufigen, aber seelisch geschundenen Othello ist und wie gut es ihm tut zärtlich von ihr geliebt zu werden (und bewundert ;) )


    Die Sprache ist von Anfang an durchwegs ziemlich deftig, an Schimpfworten und Beleidigungen wird nicht gespart. In meinem Shakespeare-Handbuch hab ich sogar gelesen, daß die Flucherei im Laufe der Zeit gegenüber dem Original sogar entschärft wurde und früher noch um einiges unflätiger gewesen sein muß.


    Der Doge fungiert von vorneherein als Verteidigers Othellos aus eigenem Interesse, er braucht ihn einfach als General für seine Vorhaben auf See und wiegelt von vorneherein ab, schätzt Othello aber als Ehrenmann wohl auch wirklich. Barbantio ist nicht ganz zu Unrecht enttäuscht von seiner Tochter, die ihm nichts erzählt hat, was man wiederrum auch verstehen kann, weil er dieser Ehe wohl nie zugestimmt hätte. Alles schwierig von Anfang an .


    Das Othello Desdemona ausgerechnet in Jagos Hände gibt, tut schon weh, an dieser Stelle haben sich für den Leser oder Zuseher die Schlingen ja schon enger gezogen.... , man weiß ja mehr.


    Was ich auch spannend fand war die absolute, fast schon belustigende Nüchternheit Jagos, als Roderigo ihm eröffnet sich "ersäufen" zu wollen und wie Jago dann zum glühenen Verfechter des freien Willens wird. Dieser Jago ist zweifelsohne die Gestalt um die sich alles dreht in diesem Stück, er spielt sein eigenes Spiel, dreht jedem en andere Gesicht zu wie es ihm gerade passt und wenn es ihm oder seinen Zwecken zum Vorteil gereicht, ganz nach seinem höchst eigenen freien Willen - allerdings frei von Anstand und Moral. Seine Motivation ist mir, weiterhin völlig unklar, vielleicht ist wirklich einfach nur "Bosheit" , er will vielleicht den Menschen um ihn herum ganz allemein schaden, allgemeiner Menschenhass?

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



  • Hallo zusammen, ich nehme mir die Freiheit, meinen Senf in aller Kürze dazuzugeben.


    Dieser Jago ist zweifelsohne die Gestalt um die sich alles dreht in diesem Stück, er spielt sein eigenes Spiel, dreht jedem en andere Gesicht zu wie es ihm gerade passt und wenn es ihm oder seinen Zwecken zum Vorteil gereicht, ganz nach seinem höchst eigenen freien Willen - allerdings frei von Anstand und Moral.


    So habe ich Jago auch immer gesehen. Meiner Ansicht nach müsste das Stück Jago heißen, nicht Othello. :zwinker:

  • Hallo,


    ich bin nu mitten im ersten Akt und begeistert von meiner Ausgabe, denn sie ist in recht alter Sprache übersetzt, was wie ich finde toll zum Stück passt.
    Jago ist für uns Leser gleich als Fiesling gezeichnet, ich bin sehr gespannt, wie sich die Figur weiter entwickelt.


    Ich muss gestehen, ich wußte nicht viel über das Stück und bin nun überrascht dass die Dame "Desdemona" heißt. Da muss ich gleich an das Buch "Wenn du geredet hättest Desdemona" denken und bin nun gespannt, ob sie wirklich so stumm bleibt.


    Firiath, wiviele Szenen hat dein erster Akt, gefühlt hast du über mehr Inhalt geschrieben, obwohl ich schon in der 9. bzw. 10. Szene bin.


    Grüße
    schokotimmi

  • schokotimmi
    Mein 1.Akt hat drei Szenen ...
    Was liest du für eine Ausgabe? Ich die von Frank Günther.


    Schön das Dir das Stück gefällt, mir bisher auch, obwohl die Intrige die gesponnen wird, im wesentlichen von Jago, schon schwer verdaulich sind ....
    Ich bin jetzt schon ein ganzes Stück im 2. Akt, hab dann aber noch gewartet ob hier noch wer mitliest. Die Schlinge zieht sich immer enger und Jago wird immer böser.
    Ich hab inzwischen auch ein mögliches Motiv entdeckt, aber ich warte noch ein bisschen mit weiteren Aussagen.


    Doris
    Ja.. sogar jetzt kann ich Dir da glaub ich schon zustimmen. Jago wär durchaus ein Name für das Stück gewesen, aber... ich glaub Othello klingt einfach besser ;)

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    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



    Einmal editiert, zuletzt von Firiath ()

  • Hallo,


    ich habe den 1. Akt gestern noch beendet, er hat insgesamt 11 Szenen und die Übersetzung ist von Christoph Martin Wieland, also schon ein wenig älter :zwinker:
    Nun bleibt ja Desdemona erstmal bei Jago, das verheißt nichts Gutes. Ich bin gespannt wie es weiter geht.


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Ich bin nun auch mitten im 2. Akt und eine kriegerische Handlung gegen die Türken scheint nun nicht mehr vorzukommen. Schon ganz schöner Zufall das 3 italienische Schiffe dem Sturm trotzen wo eine ganze türkische Flotte untergeht.
    Aber gut, ansonsten würde wohl aus der Intrige nichts werden...


    Doris
    Ja.. sogar jetzt kann ich Dir da glaub ich schon zustimmen. Jago wär durchaus ein Name für das Stück gewesen, aber... ich glaub Othello klingt einfach besser ;)


    Auch wenn Jago hier doch ziemlich viel durch seine Intrigen lenkt, geht es letztlich doch um Othello, den "Mohr" der durch seinen Charakter und seinen Fleiß wohl eine recht angesehene Stellung hat. Kommt mir insgesamt recht ungewöhnlich vor für die Zeit. Durch diese besondere Stellung empfinde ich den Namen des Stücks schon gerechtfertigt.
    ...und ja es klingt viel besser :zwinker:


    Ich habe auch eine Ahnung was Jagos "Problem" mit Othello ist, ich bin gespannt.
    Trotzdem, mir machen Leute wie Jago Angst...


    Grüße
    schokotimmi

  • ..das stimmt natürlich. Um Othello und alles was von den Männern um ihn herum in ihn hineinprojeziert wird, dreht sich natürlich alles. Im Grund sehen sich Jago besonders, aber auch die anderen Männer, in ihrer eigenen Männlichkeit bedroht von diesem schwarzen Mann , der ihnen allen einfach die schöne Desdemona wegschnappt. Um schwarze Männer haben sich damals ja immer alle möglichen Mythen von Potenz und Männlichkeit gerankt, was den weißen Männern natürlich Angst eingejagt hat, besonderns natürlich auch noch weil hier ja wirklich eine von vielen weißen Männern begehrte Frau einen Schwarzen zum Mann gewählt hat. Jago hat ja auch geradezu bereitwillig sofort für sich übernommen, was ihm beiläufig zugetragen wurde, daß Othello evtl. auch mal was mit seiner Frau gehabt haben könnte, das steigert seinen Hass auf diesen "Anderen" noch.


    Ja... mir macht soviel Bosheit wie sie von Jago ausgeht auch Angst.... , teilweise ist dieses Intrigen spinnen schwer zu lesen,
    gerade auch die Szene in der er herum"philosophiert" wie er die Güte und Freundlichkeit von Desdemona ausnutzen wird um die Schlinge immer enger zu ziehen ...


    Da steckt auch insgesamt viel "Es kann nicht sein, was nicht sein darf" drin - Es darf aus der Sicht dieser Männer einfach nicht sein, das ein Mann wie Othello befähigter, besser, klüger und anziehender ist, als sie und Jago kommt ganz besonders schlecht damit klar. Und Jago hat es natürlich auch auf Cassio abgesehen, der dies eben durchaus anerkennt; er will sein Weltbild in der Wirklichkeit wieder zurechtgerückt sehen und setz dazu auf Biegen und Brechen und ohne jede Rücksicht alle Personen und Mittel ein. Roderigo wird zwar einerseits ausgenutz und eingespannt, aber letztlich will er seinen verletzen Stolz und seine Eitelkeit, auch gerächt sehen, deshalb nimmt er billigend in Kauf was Jago tut, obwohl er es selbst so vielleicht nicht tun würde, aber im Grund passt es ihm ganz gut.
    Und Cassio... , nimmt diesen ach so gut gemeinten Rat von Jago an über den Umweg "Desdemona" seine Ehre bei Othello wieder herstellen zu lassen, das ist natürlich auch ganz schön feige, zumal auch er das Gift glaub das Jago ihm berichtet, das eigentlich Desdemona inzwischen der "General" wäre.


    Daß jeder genau das tut was Jago von ihm will, ist in dieser Ausprägung natürlich schon konstruiert, aber dieses sich immer enger zuziehende Netz ist wirklich genial komponiert und viele Handlungsweisen der Protagonisten spiegeln viel Wahres (in der Summe ist es natürlich schon ein bisschen "too much" , aber das macht so ein Theaterstück natürlich auch irgendwie aus) .

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

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  • Tut mir leid, ich lese noch an einem anderen Leserunden-Buch. Bin derzeit so eingespannt mit Baustelle und Umzug, dass ich kaum zum Lesen komme. Aber ich werde demnächst Othello weiterlesen.


    Ich schreibe nachher noch was zum 1. Akt, den ich schon gelesen habe.


  • Daß jeder genau das tut was Jago von ihm will, ist in dieser Ausprägung natürlich schon konstruiert, aber dieses sich immer enger zuziehende Netz ist wirklich genial komponiert und viele Handlungsweisen der Protagonisten spiegeln viel Wahres (in der Summe ist es natürlich schon ein bisschen "too much" , aber das macht so ein Theaterstück natürlich auch irgendwie aus) .


    Das es konstruiert ist, stimmt natürlich, aber für mich gehört es bei Theaterstücken dazu, zu übertreiben und anzustacheln.
    Insgesamt toll zusammengefasst. Ich bin gespannt wie es weitergeht...


    Hafermilch, kein Problem, ein wenig lese ich auch noch daran. Also immerzu, schreib wann es passt.


    Grüße
    schokotimmi

  • .. ich bin inzwischen schon eine Weile durch mit dem "Othello" .


    Ds Ende ist fulminant und tragisch, wirklich schmerzhaft die Szene zwischen Othello und Desdemona kurz bevor er sie tötet...
    Emilia, Jagos Frau ist nochmal eine bemerkenswerte Frauengestalt in der Geschichte, überhaupt wirken die Frauen auf mich wesentlich ehrlicher, präsenter und in gewissem Sinne auch stärker auf mich als alle Männer in dieser Geschicht zusammengenommen, obwohl sie ausgenutzt und manipuliert werden.
    Daß ein Mann wie Othello derart diesem Eifersuchts-Wahn verfällt wie er es eben tut und keine Beteuerung seiner Frau oder auch Emilias ihn belehrt ist schon sehr tragisch. Diese Eifersucht steigert sich bei ihm ja geradezu in einen Wahnsinn....


    Interessant ist, daß Jagos Schicksal offen bleibt ...

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  • Ich bin noch nicht durch, dümple immer noch im 3. Akt herum.
    Irgendwie dreht sich immer alles um Jago, er hält die Fäden in der Hand.
    Ich frage mich, ist es Naivität der anderen Herren oder einfach konstruiert...


    Nach deinen Ausführungen bin ich aufs Ende sehr gespannt.

  • Ich habe nun den 3 und 4. Akt beendet und ich bin verblüfft wie leicht Zweifel und Misstrauen gesäht werden können.
    Jago hat das wirklich geschickt gemacht, sein Winden und Zweifeln, sein vorgetäuschtes schlechtes Gewissen. Das war toll geschrieben. Einer der die Menschen kennt und genau nach ihrem Schwachpunkt sucht.


    Im 4. Akt mochte ich Aemilia und wie sie über den Schurken, den Verleumnder herzieht, was ja ihr eigener Mann ist...ich frage mich ob Jago darauf in irgendeiner (psychopathischen) Weise reagiert...


    Viele Grüße
    schokotimmi

  • Ja Emilia war toll !
    Es hätte mich auch interessiert wie es mit der Ehe von Jago und Emilia weitergeht. Sie war ja ehrlich entsetzt über das Tun ihres Ehemanns und ich kann mir nicht vorstellen daß sie bei ihm bleibt, andererseits war das zur damaligen Zeit natürlich auch nicht so einfach.
    Das ist es auch was an Jago so ungewöhnlich ist und was wirklich toll geschrieben ist, das stimmt, er weiß sehr gut um die Schwächen der Menschen, ist sehr intelligent, er kann sein Gegenüber auch gut einschätzen und er selbst kennt im Grunde auch sich selbst sehr gut, allerdings ist er freu von jedem Skrupel und Mitgefühl und nutz all sein Wissen und seine ins negative gekehrte Form von Einfühlungsvermögen, ausschließlich um anderen zu schaden und Unheil anzurichten.


    Und warum? Wegen verletzter Eitelkeit ? Weil Cassio den Job bekam den er wollt ? Oder ist es einfach Selbstzweck, ist er einfach "böse" und zieht sein Selbstbewußtsein aus diesem Machtgefühl das ihm seine Intrigen geben. Ich glaub fast das ist es ...
    Die andere Sache mit Emilia: Eigentlich glaub er doch nicht wirklich das Othello was mit Emilia hatte (da will er bewußt auf das Geschwätz hören um sich selbst noch ein Motiv zu geben) .


    Jago hat es geschickt eingefädelt, aber daß Othello so blind, geradezu wahnhaft auf diese Intrigen hereinfällt...., da muß schon eine starke Veranlagung zur Eifersucht da sein und letztlich doch zu wenig Vertrauen in Desdemona. Traurig :sauer:

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  • Ja Emilia war toll !
    Es hätte mich auch interessiert wie es mit der Ehe von Jago und Emilia weitergeht. Sie war ja ehrlich entsetzt über das Tun ihres Ehemanns und ich kann mir nicht vorstellen daß sie bei ihm bleibt, andererseits war das zur damaligen Zeit natürlich auch nicht so einfach.


    Ich bin ja noch nicht ganz am Ende, aber ich dachte mir schon, dass sich nicht alles auflöst.



    Und warum? Wegen verletzter Eitelkeit ? Weil Cassio den Job bekam den er wollt ? Oder ist es einfach Selbstzweck, ist er einfach "böse" und zieht sein Selbstbewußtsein aus diesem Machtgefühl das ihm seine Intrigen geben. Ich glaub fast das ist es ...


    Das Motiv ist mir auch noch nicht ganz klar, ich hatte einen Verdacht, aber der hat sich recht schnell zerschlagen. Und Cassio, ja das ist ein Ansatz, aber ein wenig fehlt mir die Verhältnismäßigkeit.
    Hier gehe ich eher mit deinem Satz mit - er ist einfach "böse" und weidet sich an seinen Intrigen...


    Ich hoffe ich schaffe es in den nächsten Tagen...


    Viele Grüße
    schokotimmi