Bernhard Aichner - Totenrausch

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    Ein Krimi der anderen Art: Eher der ruhigen, der introvertierten - doch wer glaubt, es ginge hier gemächlich zu, der befindet sich auf dem Holzweg! Nein, dies ist ein auf reduzierte Art überaus rasanter Krimi, auf den sich einzulassen lohnt.


    Worum es geht: Bestatterin Blum - eingeführt bereits in den Vorgängerbänden "Totenfrau" und "Totenhaus"- ist auf der Flucht: jede Menge Leichen haften ihr an. Diesmal führt ihr Weg über den Umweg in den hohen Norden geradewegs nach Hamburg - und Blum wäre nicht Blum, wenn sie nicht schnurrstracks auf der Reeperbahn und im Rotlichtmilieu landen würde - und das mit ihren beiden Töchtern im Schlepptau!


    Dass sie bald nicht mehr Blum, sondern Marie Müller heißt und dem brutalen Zuhälter Schiele auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist - das müssen Sie nicht verstehen. Jetzt noch nicht - erst, wenn Sie der Geschichte von Brünhilde Blum/ Marie Müller literarisch gefolgt sind.


    Weitere Figuren tauchen auf - sie alle als schräg zu bezeichnen, ist - gelinde gesagt - eine Untertreibung sondergleichen! Und die Handlung wird blutig und hart - auch wenn es viel um innere Entwicklungen geht, sind es große Themen, die hier angesprochen werden: es stellt sich die Frage, wem man vertrauen kann und wer man selber ist - vom gesamten Umfeld gar nicht zu Reden. Blum jedenfalls bereitet sowohl sich als auch anderen jede Menge Schwierigkeiten - wobei nur der kleinere - durchaus nicht geringe Teil - hausgemacht ist .


    Ein ruhiger, aber heftiger Thriller und damit eine ausgesprochen ungewöhnliche, umso wirkungsvollere Kombination. Teilweise sind die Entwicklungen dennoch ein wenig langsam. Das bezieht sich aber ausschließlich auf den Schreibstil, wenn man sich vergegenwärtigt, was da so los ist, geht es eindeutig Knall auf Fall.


    Ein Buch für anspruchsvolle Thrillerfreunde, die wollen, dass es kracht und dass blut fließt und die nicht zu empfindlich sind. Im Gegensatz zum Vorgänger "Totenhaus", der meinen Geschmack nur teilweise getroffen, bin ich diesmal so ziemlich auf meine Kosten gekommen. Und empfehle die Geschichte mit Brünhilde/Marie, die mit diesem Band vollendet bzw. abgerundet wird, von ganzem Herzen!
    4ratten

  • Brünhild Blum, Bestatterin aus Innsbruck, ist mit ihren Kindern Nela und Uma auf der Flucht. Sie hat in Österreich 5 Männer umgebracht und wird weltweit gesucht. Von den Lofoten, wo sie die Sommerzeit verbracht haben, ziehen die drei über Norwegen und Dänemark nach Hamburg. Hier soll es eine junge Frau geben, die den dreien helfen wird. Über sie gerät Brünhild an Egon Schiele, den selbsternannten Herrn auf St. Pauli. Sie braucht neue Pässe. Dafür bietet sie an, jemanden für Schiele zu töten, denn das kann sie ja...


    Dies ist der dritte Teil einer Trilogie, deren erste beiden Bände Totenfrau und Totenhaus ich noch nicht gelesen habe. Das werde ich aber schnellstens nachholen. Trotzdem fühle ich mich über die Hintergründe der Geschichte und zur Person von Blum, zu denen es immer wieder Informationen gibt gut informiert.


    Spannung ab der ersten Seite. Die Seitenzahlen und die Zahlen der Kapitel rot, wie mit Blut geschrieben erzeugen eine erste Spannung, die sich konstant hoch bis zum Schluss hält; schnörkellose kurze Sätze und Kapitel, die alles genau auf den Punkt bringen, sich nicht mit Unwichtigkeiten aufhalten und eine Schnelligkeit erzeugen, der ich kaum hinterher komme; Gespräche, bei denen man sofort weiß, wer mit wem spricht - das alles hat mich nur so durch die Seiten fliegen lassen.


    Die Protagonisten, allen voran Blum und Schiele, sind sehr menschlich und mit ihren vielen Facetten detailliert beschrieben. Ich kann es spüren: ihre Wut, ihren Hass, ihren Schmerz und ihre Angst um ihre beiden Mädchen. Ich fühle mit Blum, deren Liebe zu ihren Mädels ich absolut verstehen kann und habe eine Abscheu gegen Schiele entwickelt. Mit seinen Beschreibungen facht der Autor auch meine Gefühle an, was ich so selten bei einem Buch gespürt habe.


    Alles wird gut – der Satz der Hoffnung gibt. Blum möchte aus diesem Teufelskreis raus und ihr Leben zurück. Aber wie wird bei dem Hintergrund alles gut werden, das habe ich mich sehr lange gefragt. Der Autor hat hier einen Schluss gefunden, der auch für mich alles gut werden lässt. Ich hätte nicht gedacht, dass er das so prägnant hinbekommt.


    Ich habe einen Thriller gelesen, in dem viel Blut fließt, der nichts für zartbesaitete Seelen ist, der mich fest in seinen Bann gezogen und mich überrascht hat. Ich habe die Lesestunden sehr genossen.


    5ratten

  • 1ratten


    Die Kinder und Blum. Auf dem Weg nach Norwegen. Wieder zurück. Nach Hamburg. Blum und Schiele. Der Zuhälter. Er besorgt Papiere. Will eine Gegenleistung. Blum und die Todesliste. Blum will nicht. Schiele doch. Schiele entführt ihre Kinder. Blum tötet. Mal den, mal den. Blum ist sauer. Und traurig. Und bekommt Hilfe. Immer wieder. Auch wenn's brenzlig wird. Buch ist aus. Buch über Blum. Ende gut. Alles gut.


    Ihr findet meinen Schreibstil komisch? So schreibt der Aichner. Bei ihm ist das wohl cool. In der Schule wurden wir für so einen schrottigen Stil gnadenlos abgestraft, und zu Recht, wenn ich das so im Nachhinein sagen darf. Bei diesem "Krimi" gibt es so viel, dass einfach nur dumm war, allen voran Blum. Die hat aber auch immer ein Glück. Immer wenn es eng wird, kriegt sie Hilfe.

    Die Message dieser Bücher ist die: Wenn Blum killt, ist es entweder ein dummer Ausrutscher (und daher nicht schlimm) oder die Leute hatten es eh verdient (und daher nicht schlimm). Wenn andere Leute killen, ist das verwerflich. Tolle Message.
    Nicht.
    Der eine Punkt ist übrigens nicht, weil ich einen geben muss. Der ist für die geile Haptik des Covers. Soll keiner sagen, ich finde nicht was Positives zu dem Buch zu sagen.


    Spoilermarkierung gesetzt. LG, Valentine

    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • ACHTUNG: Dies ist der 3. Band einer Trilogie. Meine Rezension kann SPOILER zu den ersten beiden Bänden enthalten.

    Genialer Abschluss der Toten-Trilogie

    Inhalt:

    Blum ist mit ihren beiden Kindern auf der Flucht, Reza für sie im Gefängnis. In Hamburg scheint es nun einen Neuanfang für die kleine Familie zu geben. Der Kiezkönig hat einen Narren an Blum gefressen und ermöglicht ihr und ihren Kindern ein angenehmes Leben. Doch nichts im Leben ist umsonst und eines Tages bekommt Blum die Rechnung. Sie soll jemanden ermorden …


    Meine Meinung:
    Man kann „Totenrausch“ zwar auch ohne Vorkenntnisse lesen, wird so aber sicher nicht den vollen Genuss haben. Dazu fehlt dann einfach die Entwicklung von Blum, die doch viele ihrer unorthodoxen Handlungsweisen erklären kann. Insofern würde ich auf jeden Fall dazu raten, die Vorgängerbände auch zu lesen – es lohnt sich!


    Den 1. Band dieser etwas schrägen Thriller-Trilogie fand ich einfach klasse, den 2. etwas schwächer. Der 3. Band schließt die Reihe nun genial ab. Wie gewohnt ist Aichners Schreibstil knapp und direkt. Dadurch entsteht ein hohes Tempo. Man hält sich nicht mit Nebensächlichkeiten auf, sondern stürmt geradewegs durch die Handlung. Ich liebe das!


    Blum hat sich mittlerweile seit dem Tod ihres Mannes und der Entdeckung ihrer Morde etwas gefasst. Ihr Wunsch ist es einfach, zusammen mit ihren zwei kleinen Mädchen in Sicherheit zu leben. Dafür würde sie alles tun. Alles? – Nun, das wird man sehen.


    Mit dem Zuhälter Egon Schiele hat Bernhard Aichner einen ebenbürtigen Gegenspieler für Blum geschaffen. Die beiden spielen miteinander, und es ist bis zum Schluss unklar, wer gewinnen wird. Mal ist die eine einen Schritt voraus, mal der andere. Und beide gehen nicht gerade zimperlich miteinander um.


    Aichner hat manche Überraschung auf Lager, sodass es nie langweilig wird und die Spannung nie abfällt. Ich habe mit Blum mit gefiebert, habe dieselbe Angst, denselben Hass und dieselbe Wut in mir gespürt wie sie und wollte, dass es für sie zu einem guten Ende kommt. So habe ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen und konnte es gar nicht aus der Hand legen. Wie schon bei den ersten beiden Bänden sind allerdings auch hier viele leere Seiten zwischen den einzelnen Kapiteln, insgesamt 156, auf denen gar nichts oder nur die Kapitelnummer steht. Das wirkt zwar irgendwie besonders, aber mir tut es leid um die armen Bäumen, die dafür sinnlos sterben mussten.


    Fazit:
    „Totenrausch“ ist der Abschlussband der Toten-Trilogie und von der ersten bis zur letzten Seite hochspannend. Bernhard Aichner punktet mit seinem prägnanten Schreibstil und außergewöhnlichen Charakteren, die im Zusammenspiel so richtig zur Geltung kommen.


    Ich kann die gesamte Trilogie für alle Leser empfehlen, die gerne mal vom Mainstream abweichen und offen für das Besondere sind.


    Die Trilogie:
    1. Totenfrau
    2. Totenhaus
    3. Totenrausch


    ★★★★★

  • Das ist ein berechtiger Einwand, Lilli. Ich habe eine Spoilermarkierung eingefügt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen