Anthony Powell - Eine Frage der Erziehung / A Question of Upbringing

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    Beschreibung


    Der zwölfbändige Zyklus „Ein Tanz zur Musik der Zeit“ ― aufgrund seiner inhaltlichen wie formalen Gestaltung immer wieder mit Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ verglichen ― gilt als das Hauptwerk des britischen Schriftstellers Anthony Powell und gehört zu den bedeutendsten Romanwerken des 20. Jahrhunderts. Inspiriert von dem gleichnamigen Bild des französischen Barockmalers Nicolas Poussin, zeichnet der Zyklus ein facettenreiches Bild der englischen Upperclass vom Ende des Ersten Weltkriegs bis in die späten sechziger Jahre. Aus der Perspektive des mit typisch britischem Humor und Understatement ausgestatteten Ich-Erzählers Jenkins ― der durch so manche biografische Parallele wie Powells Alter Ego anmutet ― bietet der „Tanz“ eine Fülle von Figuren, Ereignissen, Beobachtungen und Erinnerungen, die einen einzigartigen und aufschlussreichen Einblick geben in die Gedankenwelt der in England nach wie vor tonangebenden Gesellschaftsschicht mit ihren durchaus merkwürdigen Lebensgewohnheiten. So eröffnet Powell seinen „Tanz“ in dem Band „Eine Frage der Erziehung“ mit Szenen der Jugend: Jenkins in der Abschlussklasse des College, während eines Sprachaufenthalts in Frankreich sowie beim Five O’ Clock Tea seines Universitätsprofessors.


    Meine Meinung


    Im ersten Band der zwölfteiligen Reihe begleiten wir den Ich-Erzähler Jenkins auf seinem Weg vom Jugendlichen zum jungen Erwachsenen.
    Der Roman ist in vier Kapitel unterteilt. Im ersten Kapitel erleben wir das Ende von Jenkins Internatszeit, das zweite Kapitel befasst sich mit diversen gesellschaftlichen Besuchen von Jenkins bei Internatskameraden, im dritten Kapitel begleiten wir ihn bei einem Frankreichaufenthalt und im vierten Kapitel schließlich erleben wir ihn zu Beginn seiner Studienzeit an der Universität.


    Der Roman setzt sich hauptsächlich aus den Beobachtungen des unmittelbaren gesellschaftlichen Umfelds von Jenkins zusammen. Dabei werden Verhaltensweisen Einzelner, gesellschaftliche Interaktionen, Gewohnheiten und Mechanismen und Charaktere auf amüsant-ironische Art betrachtet, ja kritisiert.


    Die Sprache ist blumig und komplex, aber nicht übertrieben oder gewollt kompliziert. Man muss sich zunächst ein wenig einlesen und insgesamt erfordert die Lektüre Konzentration, trotzdem ist sie ein Vergnügen! Es gibt zahlreiche witzige Episoden, die über das schwer verdauliche zweite Kapitel, das ein wenig von der Erheiterung auslösenden Erzählweise der anderen Kapitel einbüßt, hinwegsehen lassen.


    Kritikpunkte: Der Ich-Erzähler, obwohl der beschriebenen Gesellschaftsschicht zugehörig und mitten im Geschehen, wirkt merkwürdig distanziert oder sogar unbeteiligt. Wir erfahren so gut wie nichts über ihn, Informationen bezüglich seines Familienhintergrundes werden bewusst ausgespart. Auch scheint er keine eigene Haltung zu vertreten und man hat manchmal das Gefühl, dass er seinem eigenen Leben nur beiwohnt.
    Des Weiteren bleiben einige Geschehnisse unaufgeklärt, da auch hier der Ich-Erzähler unbeteiligt und ohne Neugier bleibt. Schließlich hätte ich mir etwas mehr Atmosphäre gewünscht, Landschafts-, Natur-, Wetter- oder Umgebungsbeschreibungen kommen etwas zu kurz.


    Trotz der Kritik überwiegt jedoch das Lesevergnügen!


    4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von louzilla ()

  • Ich wollte eigentlich auch noch was dazu schreiben, aber ich finde gerade überhaupt nicht die richtigen Worte dafür und unterschreibe einfach mal bei louzilla, weil sie wunderbar alles zusammengefasst hat, das ich beim Lesen empfunden habe.


    Sicherlich ein sehr spezielles Buch, dessen Humor sich bestimmt nicht jedem Leser erschließt, und ganz bestimmt nichts für Leute, bei denen in Büchern "was los" sein muss, aber ein tolles Gesellschaftsporträt, das viele Skurrilitäten gerade der britischen Gesellschaft auf den Punkt bringt und auch Wendepunkte im Leben gut einfängt.


    Ich bin gespannt auf den nächsten Band und darauf, ob Jenkins dann noch etwas mehr Kontur bekommt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Louzilla hat wirklich eine tolle Rezi zu diesem ersten Band des Romanzyklus "A Dance to the Music of Time" von Anthony Powell geschrieben, trotzdem möchte ich meine eigenen Eindrücke auch noch kurz zusammenfassen.


    "A Dance to the Music of Time" wird of mit "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von Marcel Proust verglichen und trotzdem ist es hierzulande relativ unbekannt. Der kleine Elfenbein Verlag bringt nun alle Bände auch auf deutsch heraus, ich habe mich aber doch dafür entschieden, die Bücher im Original zu lesen und mir (todesmutig :zwinker:) eine Gesamtausgabe bestellt.
    Der komplette Romanzyklus ist nach einem Bild des Malers Nicolas Poussin benannt, auf dem vier Figuren, die die Jahreszeiten oder Lebenszyklen eines Menschen darstellen, abgebildet sind.
    Dementsprechend sind auch je drei der 12 Bände zu Jahreszeiten zusammengefasst.


    Der erste Band des Frühlings, "A Question of Upbringing", beschreibt nun aus Sicht des Ich-Erzählers Nick Jenkins einige Begebenheiten und Charaktere aus dessen Schulzeit und erstem Studienjahr und einen Sommeraufenthalt in Frankheit. Von der Zeitschiene her ist das alles kurz nach dem ersten Weltkrieg anzusiedeln.


    Von Jenkins selbst, dessen Eltern, Familie usw. erfährt man dabei sehr wenig. Ich hatte mich eigentlich auf einen Entwicklungsroman eingestellt, stattdessen geht es Powell wohl eher darum, die englische Upper-Class Gesellschaft aus Sicht eines "Insiders" (denn Powell und auch sein Alter-Ego Jenkins gehören ja selbst zu der von ihm beschriebenen Gesellschaftsschicht) darzustellen.


    Eine durchgehende Handlung gibt es dabei nicht wirklich, es werden Tee- und Kaffeekränzchen, Abendessen und Ausflüge beschrieben, dabei geht es noch oft um Belanglosigkeiten, kleinere und größere Intrigen und Klatsch und Tratsch, die aber gerade den Zustand einer Gesellschaft oder die Machtverhältnisse innerhalb einer Gesellschaft zeigen können.


    Auch wenn es sicherlich keine leichte Lektüre war und man schon mit Konzentration an das Buch herangehen muss, hat es mir Spaß gemacht, nicht zuletzt auch aufgrund der teilweise etwas exzentrischen Figuren und der leichten Ironie, die die Erzählung oft durchdringt.


    4ratten

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen