Anthony Powell - Tendenz steigend/A Buyer's Market

Es gibt 72 Antworten in diesem Thema, welches 13.130 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von dodo.

  • Danke für die Eröffnung des Threads, Valentine. Und die ersten zwanzig Seiten habe ich gerade mit Genuss gelesen.
    Die Erzählweise setzt sich fort: Der Ich-Erzähler ist der Resonanzkasten seiner Begegnungen, doch erfahren wir nun ansatzweise auch etwas über seine Eltern und seine Lebensumstände als Jugendlicher jenseits des Internats. Anknüpfend an eine Wiederbegegnung mit Gemälden eines ehemaligen Bekannten seiner Eltern taucht der Ich-Erzähler in die Vergangenheit ab - eine sehr proustsche Szene, die mit zu dem Image als englischem Proust beigetragen haben könnte.
    Was mir weiter auffällt, ist das Prinzip der Kettenreihung der Erzählhandlung, was mich an Krimiserien erinnert, wo das Verhör eines Verdächtigten sich als blinde Spur erweist, aber auf eine andere Person hingewiesen wird, mit der es dann weitergeht, wenn diese Reihung hier auch wesentlich kunstvoller gehandhabt wird.
    Zunächst erinnern die Bilder Deacons den Ich-Erzähler an diesen Maler, der wohl auch von homoerotischen Motiven getrieben wird und an die Begegnung in Paris. Dann wiederum wird ein anderes Bild desselben Malers mit einer neuen Liebesgeschichte verknüpft, diesmal ist es eine burschikose Barbara, der Jenkins zeitweise verfällt.

  • Knapp 30 Seiten sind gelesen und wie auch letztes Mal fiel mir der Einstieg etwas schwer. Deacons Bilder waren diesmal das Hindernis, das sich glücklicherweise bald auflöste.
    Interessant wird es nun, das der Ich-Erzähler nun mehr persönliches in seine Erzählung einfließen lässt. Er berichtet über das Treffen mit Deacon in Paris, wo ihm richtig klar wird, dass er nun als Erwachsenen gesehen und behandelt wird.



    Was mir weiter auffällt, ist das Prinzip der Kettenreihung der Erzählhandlung, was mich an Krimiserien erinnert, wo das Verhör eines Verdächtigten sich als blinde Spur erweist, aber auf eine andere Person hingewiesen wird, mit der es dann weitergeht, wenn diese Reihung hier auch wesentlich kunstvoller gehandhabt wird.


    Das ist mir wähend des Lesen gar nicht so aufgefallen, aber du hast natürlich recht damit. Dabei fiel mir ein, dass ich einige Menschen kenne, die diese Art der Erzählung gar nicht mögen und sich darüber beschweren, wenn sich der Erzähler so "verzettelt". Mir dagegen gefällt es sehr gut, da man fast das Gefühl hat, direkt etwas erzählt zu bekommen. Denn die meisten Gespräche, wenn man sich zufällig trifft und Neuigkeiten austauscht verlaufen in ähnlichen Bahnen. :smile:


    Deacon ist jemand, den ich nicht unbedingt begegnen müsste. Auch Barbara, für die der Erzähler damals im Park Gefühle entwickelte, müsste nicht sein. Wer mich viel mehr interessieren würde, selbst nach den wenigen, was man erfahren hat, ist Eleanor Walpole-Wilson. Was die Budds wohl sagten, als sie zum Tee ihren Hund mitbrachte?


    Die Annahme des Erzählers, dass die Frauen hochgestellter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oft nicht fähig oder willens waren angemessene Gastgeberinnen zu sein, hat mich erst recht erstaunt. Wobei er damit oft ins Schwarze getroffen haben mag. Diese Damen müssen nichts mehr beweisen, sie oder ihre Gatten müssen der Gesellschaft nichts mehr beweisen. Damen, die auf der Erfolgsleiter nach oben streben, müssen sich dabei viel mehr verausgaben, denn sie möchten, dass man von ihren Gesellschaften und Einladungen spricht, sie akzeptiert.

  • Na, es schleppt sich diesmal etwas hier. Ich komme auch nicht so recht voran.


    Was aber nicht an Powell liegt: Auch dieser Band hat die gleichen Schwächen und Stärken wie der erste. In den reflektierenden Teilen ist er ziemlich verschwiemelt und verbirgt Banalitäten hinter Wortkaskaden, die einem das Lesen erschweren, wie du, yanni, ja auch anführst. Aber wenn er dann ans Erzählen kommt, ist er genauso amüsant und mit analytischem Blick für menschliche Schwächen wie im ersten Band.
    Leider bin ich auch noch nicht viel weiter, in den Vierzigern, weil ich arbeiten muss und noch ein anderes Buch zu Ende lesen will, aber es macht wieder viel Freude, Jenkins seiner Angebeteten Barbara auf seinen Freiersfüßen zu folgen. Wobei ich dir Recht gebe, yanni. Auch ich finde Eleanor viel interessanter als die kokette und scheint's recht oberflächliche Barbara. Aber zu der letzteren Einsicht arbeitet sich Jenkins anscheinend auch gerade vor und ich hoffe nur, dass wir Eleanor noch ein Stücks Weg begleiten dürfen.

  • So, jetzt komme ich auch endlich zum Kommentieren - am Wochenende sind mir ein paar unvorhergesehene Dinge dazwischengekommen :rollen:


    Gelesen habe ich aber schon einiges und finde es für die Leserunde einigermaßen unpraktisch, dass die Kapitel so lang und auch nicht noch mal unterteilt sind ... ich gebe jetzt erst einen Teil meines Senfs zu Kapitel 1, das in meiner englischen Ausgabe etwa 100 Seiten umfasst.


    Die ziemlich ausschweifende und elaborierte Sprache finde ich einerseits faszinierend schön, andererseits diesmal auch einigermaßen anstrengend. Ich weiß nicht, ob ich mich momentan einfach schlechter konzentrieren kann als bei der letzten Runde, aber ich musste so manchen Satz zwei- oder dreimal lesen, bis ich ihn erfasst hatte.


    Der Buchanfang hat mir gut gefallen mit der Bilderauktion als Aufhänger, die ihm das Deaconsche Gemälde bei den Walpole-Wiltons und damit wieder eine ganze Episode aus seinem Leben wieder ins Gedächtnis ruft.


    Das komplette erste Kapitel dreht sich ansonsten hauptsächlich um Tanzpartys in der feinen Society, Veranstaltungen, die jeder zu hassen vorgibt (oder sie vielleicht tatsächlich nicht mag), sich dort aber dennoch sehen lässt, ganz comme il faut, und zwar am besten gleich auf allen Partys, die am selben Abend stattfinden. (Wie fürchterlich anstrengend!) Gepflegte Langeweile mal wieder. Aber durchaus amüsant dargeboten, wenngleich es mir diesmal der Konversation fast zuviel ist. Dass Leute wie Tompsitt mit dem Fleck auf dem Hemd und absichtlichem Zuspätkommen gegen die eingefahrenen Gepflogenheiten zu rebellieren suchen, fand ich wiederum ganz witzig zu sehen - erste Risse in der betonierten Fassade der Konventionen?


    Der Erzähler treibt erneut eher farb- und konturlos in der Masse mit, wobei wir diesmal ein klein bisschen mehr über ihn und seine Familie erfahren, zumindest wissen wir jetzt, dass sie eine Weile in Paris gelebt haben und er immer noch in puncto Frauen ziemlich unbeleckt ist.


    Was genau ihn an Barbara so anzieht, weiß ich nicht so recht, außer vielleicht, dass sie ihn keck angesprochen hat, ob er mit ihr tanzen will. Allerdings fand ich die Episode mit dem Zuckerstreuer doch ziemlich lustig :breitgrins: Ich mag wohldosierte Slapstick-Elemente. Und mit Widmerpool trifft es auch irgendwie den Richtigen (wirklich so eine Art Neuauflage der Bananengeschichte aus Teil 1).


    Der hat sich auch keinen Deut verändert, er will noch immer unbedingt nach oben kommen, und zwar möglichst schnurstracks. Ich musste ziemlich lachen, als herauskam, dass Widmerpool senior mit Jauche sein Geld gemacht hat. Darüber rümpfen die feinen Herrschaften natürlich gleich doppelt die Nase, kein Wunder, dass er immer so herumgeheimnist hat, was seine Vergangenheit und seinen Hintergrund anbelangt.


    Die Tanzgesellschaften als Kulisse eignen sich natürlich prima dafür, alten Bekannten zu begegnen. Widmerpool, Stringham, sogar der schreckliche Sillery ... auch Onkel Giles wird wieder ein paarmal erwähnt und ist mir noch genauso unsympathisch wie im ersten Band, ein Mensch, der alle verabscheut, weil sie etwas haben, was er nicht hat :rollen:


    Als Lady Walpole-Wilton und ihre Schwester erwähnt werden, die es ständig mit den Nerven haben, habe ich mich gefragt, ob diese Damen wirklich so kränklich waren oder ob das nicht eine Art war, sich den öden Verpflichtungen zu entziehen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Bis Seite 50 bin ich erst gekommen, diese Woche hatte es terminmässig in sich. :rollen:


    Amüsiert habe ich mich über Jenkins Kommentar zu Barbara.

    Zitat

    Die Ehe schien mir etwas Fernes und Gefährliches, mit dem mein Verlangen nach Barbara keine oder nur eine geringe Verbindung hatte.


    Eine Erkenntnis, die er sicher mit vielen anderen Männern zu ihren jeweiligen Angebeteten teilte. :zwinker:


    Widmerpool! Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich einige Zeilen brauchte bis ich wieder wusste, wer er noch mal war. Spätestens als die weiße Weste erwähnt wurde, die ein undefinierbares Seltsames in ihrem Schnitt hatte, ist der Groschen gefallen. Er wird's einfach nicht los.
    Leid tat er mir, als Jenkins ihn mit einem jener Jungen verglich, die sich dem Ziel entgegen quälen und doch nie gewinnen werden. Dabei hat sein Auftauchen dieses Fest für mich erst interessant gemacht.


    Vergleiche mit Onkel Giles durften natürlich auch nicht fehlen. Bedauerlicherweise schneiden die Betroffen nie gut ab.


    Archie Gilbert, der außerhalb der Veranstaltungen vielleicht gar kein wirkliches Leben führt und eventuell das Gerücht über seine mögliche Beschäftigung selbst gestreut hat, hat in diesem notorischen Zuspätkommer Tompsitt ein völliges Gegenteil. :breitgrins: Wächst hier etwa eine neue Generation heran, die die alten Traditionen nicht zu würdigen weiß?



    Als Lady Walpole-Wilton und ihre Schwester erwähnt werden, die es ständig mit den Nerven haben, habe ich mich gefragt, ob diese Damen wirklich so kränklich waren oder ob das nicht eine Art war, sich den öden Verpflichtungen zu entziehen.


    Das, oder es ist einfach chic leidend zu sein. Man wirkt dann zart und empfindsam, so ganz anders als das gemeine Volk. Wenn ich auf diese öden Bälle und Veranstaltungen gehen müsste, hätte ich wahrscheinlich auch chronische Migräne. :breitgrins:


  • Widmerpool! Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich einige Zeilen brauchte bis ich wieder wusste, wer er noch mal war. Spätestens als die weiße Weste erwähnt wurde, die ein undefinierbares Seltsames in ihrem Schnitt hatte, ist der Groschen gefallen. Er wird's einfach nicht los.


    Das denke ich auch. Je mehr er unbedingt dazugehören will, umso weniger wird es funktionieren, wage ich mal zu prophezeien.


    Zitat

    Wächst hier etwa eine neue Generation heran, die die alten Traditionen nicht zu würdigen weiß?


    Den Eindruck habe ich auch. Witzigerweise musste ich dabei wieder an Downton Abbey denken, vielleicht, weil ich gerade die vorletzte Staffel gesehen habe, in der die jüngere Generation gegen einiges aufbegehrt und die ältere damit ihre liebe Not hat.


    Zitat

    Das, oder es ist einfach chic leidend zu sein. Man wirkt dann zart und empfindsam, so ganz anders als das gemeine Volk.


    Das kann auch gut sein. Allerdings glaube ich auch hier in der jüngeren Frauengeneration einen Wechsel zu erkennen. Diese empfindsamen Dämchen sind ja eher ein Relikt aus viktorianischer Zeit.


    Zitat

    Wenn ich auf diese öden Bälle und Veranstaltungen gehen müsste, hätte ich wahrscheinlich auch chronische Migräne. :breitgrins:


    Das ganz bestimmt :breitgrins: Da lob ich mir ehrlich gesagt meinen Arbeitsalltag. Der nervt zwar auch gelegentlich, aber wenigstens tue ich etwas Sinnvolles und hocke nicht nur angeödet herum.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Den Eindruck habe ich auch. Witzigerweise musste ich dabei wieder an Downton Abbey denken, vielleicht, weil ich gerade die vorletzte Staffel gesehen habe, in der die jüngere Generation gegen einiges aufbegehrt und die ältere damit ihre liebe Not hat.


    Mich erinnerte es sehr an das Buch Eine Klasse für sich von Julian Fellowes, von dem ja auch Downton Abbey stammt, das ich im Gegensatz zum vorgenannten Buch nicht kenne.

  • Das Buch kenne ich wiederum nicht, aber ich notiere es mir gleich mal :smile:

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    Leonard Cohen






  • Als Lady Walpole-Wilton und ihre Schwester erwähnt werden, die es ständig mit den Nerven haben, habe ich mich gefragt, ob diese Damen wirklich so kränklich waren oder ob das nicht eine Art war, sich den öden Verpflichtungen zu entziehen.


    Ich dachte eher an Bore-Out und Depressionen. Frauen hatten damals wenige Rechte. In dieser Gesellschaftsschicht wurden sie von den Männern dann auch noch als zarte Pflänzchen behandelt, die man zwar hegen und pflegen muss, die aber auch keine eigene Meinung haben und von den Dingen sowieso nichts verstehen. Wenn einem die Flügel derart beschnitten werden und das Betätigungsfeld auf einige wenige, gesellschaftlich akzeptable Dinge beschränkt werden, können psychosomatische Beschwerden sicher eine Konsequenz sein.

    Einmal editiert, zuletzt von dodo ()

  • Ich habe jetzt auch das erste Kapitel beendet.
    Wie dir, Valentine, wurde es auch mir fast zuviel mit diesem Ball-Gerede, aber dann kam das furiose Kapitelende! Wie kann der Mensch schreiben - und der Übersetzer kongenial formulieren, muss man hinzufügen!
    Wie er Deacons Aussehen beschreibt, ist wieder die hohe Kunst des Euphemismus. Bei folgendem Satz habe ich fast Tränen lachen müssen:
    "Die über schwarzen Socken getragenen Sandalen gaben seinen Beinen einen Hauch mittelalterlicher Authentizität." (S.93)
    Vorher gibt es außerdem ein schönes Beispiel für eine Art literarischer Zeitlupe, also einer Zeitdehnung, die Powell ja auch öfters benutzt. Auf S. 76/77 wird der Ablauf des Balls geschildert, und plötzlich hält der Erzähler das Geschehen förmlich an:
    "Die Folge all dieser verschiedenen Umstände war, dass sich ein fraglos merkwürdiger Zwischenfall abspielte, der Widmerpool zu seiner zentralen Figur hatte ..."
    Und dann geht es genauestens weiter mit den Geschehnissen zwischen Widmerpool und Barbara.
    Ich kann nicht sagen, dass mich die Thematik in diesem Band bisher besonders interessiert, aber die Art der Darstellung ist einfach nur meisterhaft und macht mir sehr viel Spaß.

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()


  • "Die über schwarzen Socken getragenen Sandalen gaben seinen Beinen einen Hauch mittelalterlicher Authentizität." (S.93)


    Hehe, den Satz fand ich auch Weltklasse :lachen: Ich muss eh noch ein bisschen mehr zum Ende des Kapitels schreiben, bei meinem letzten Posting musste ich mich irgendwann meinen Kopfschmerzen ergeben :rollen: Die Begegnung mit Deacon und seiner Begleiterin fand ich nämlich gelinde gesagt ziemlich interessant :breitgrins:


    Zitat

    Ich kann nicht sagen, dass mich die Thematik in diesem Band bisher besonders interessiert, aber die Art der Darstellung ist einfach nur meisterhaft und macht mir sehr viel Spaß.


    Es wird mit der Zeit ein bisschen interessanter, finde ich. Anfangs war es mir sehr viel Ballgeplänkel.

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    Leonard Cohen





  • Ist Euch auch aufgefallen, dass der Butler die Hälfte der Namen vermurkst hat, als er die Gäste bei den Huntercombes ankündigt? :breitgrins: Die "wichtigen" Leute kriegt er hin, aber aus Miss Manasch wird Miss Manners, aus Widmerpool Winterpool, aus Tompsitt Tompsey ... Auf der Fahrt dorthin habe ich mich ein bisschen gewundert, dass nicht genügend Automobile zur Verfügung stehen und sich die ganze Hautevolée in zwei Taxis zwängen muss. Noch ein, zwei Jahrzehnte zuvor hätte man doch sicher genügend Kutschen zur Verfügung gehabt.


    Miss Manasch finde ich übrigens eine ganz interessante Figur, von ihr würde ich gerne mehr lesen.


    Tompsitts trinkbare "Witwe" ist doch sicherlich Veuve-Clicquot-Champagner ;) (veuve=Witwe). Ein durchaus nicht zu verachtendes Gesöff :breitgrins:


    Die letzten Szenen in diesem Kapitel schlagen dann auch den Bogen zu dem anfangs so ausführlich beschriebenen Mr. Deacon - ich hatte mich da schon gefragt, wieso ihm so viel Raum zugestanden wird -, aber er ist nun einer der vielen alten Bekannten, denen Jenkins in dieser Ballnacht über den Weg läuft. Ein ziemlich unkonventioneller Herr, möchte ich mal sagen, der sich offenbar auch politisch gegen das Establishment engagiert, wobei mich da noch interessieren würde, wie stark das von ihm selbst kommt, der ja eine etwas anarchische Ader zu haben scheint, und wie viel von Gypsy Jones (dieser Name! :spinnen: )


    Gypsys Frisur wird im Original "Eton crop" genannt, was ich erst mal googeln musste. Die deutsche Entsprechung Bubikopf ist mir natürlich ein Begriff. Bestimmt trägt Gypsy die ganz strenge Variante und nicht die weichere, die man gemeinhin im Kopf hat! Ihr Aufzug ist auch ganz schön gewagt. In den Roaring Twenties wurden die Rocksäume zwar kürzer, aber eine Tunika, die überm Knie endet, dürfte trotzdem Aufsehen erregt haben. Auch hier gefiel mir der Vergleich mit der Antike :breitgrins:


    Mit einem Wiedersehen mit Stringham hätte ich überhaupt nicht gerechnet. Und schon gar nicht damit, dass sein Name "intimately linked" mit dem einer anscheinend verheirateten Frau ist!

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    Leonard Cohen





  • Ende Kapitel 1


    Der Zwischenfall mit dem Zuckerstreuer war unangenehm für alle, was auch durch dieses peinliche Schweigen zum Ausdruck kam. Widmerpool zieht solche Situationen geradezu an.
    Wie schlimm es wirklich für ihn war, kann man erahnen, als er sich Jenkins öffnet und von seiner Hoffnung bezüglich Barbara sprach.


    Jenkins bemerkt, nach einem Gespräch mit Tompsitt, dass er die Qualitäten Widmerpool (oder so ähnlich) zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig erfasst hätte. Das bedeutet, dass wir noch so einiges über diesen Herren zu lesen bekommen werden, oder?


    Überraschend tauchen dann sogar noch Deacon und Stringham auf. Über die Beschreibung Deacons und seiner Begleiterin konnte man sich amüsieren. Dabei kam mir eine frühere Beschreibung Deacons in den Sinn, als er über den heiligen Sebastian sprach. Wie er wohl zu einer Begleitung wie Gypsy Jones kam?


    Stringhams gesellschaftliche Karriere hat sich doch nicht so entwickelt, wie es in Band 1 sich noch darstellte. Auf mich machte er einen etwas heruntergekommenen Eindruck.



    Ist Euch auch aufgefallen, dass der Butler die Hälfte der Namen vermurkst hat, als er die Gäste bei den Huntercombes ankündigt? :breitgrins:


    Ich fand es recht respektlos. :zwinker:



    Miss Manasch finde ich übrigens eine ganz interessante Figur, von ihr würde ich gerne mehr lesen.


    Da kann ich dir nur zustimmen!



    Tompsitts trinkbare "Witwe" ist doch sicherlich Veuve-Clicquot-Champagner ;) (veuve=Witwe). Ein durchaus nicht zu verachtendes Gesöff :breitgrins:


    Danke, Valentine. Mir war klar, dass es sich auf ein Getränk bezog, dachte dabei allerdings eher an einen Cocktail.



    Ein ziemlich unkonventioneller Herr, möchte ich mal sagen, der sich offenbar auch politisch gegen das Establishment engagiert, wobei mich da noch interessieren würde, wie stark das von ihm selbst kommt, der ja eine etwas anarchische Ader zu haben scheint, und wie viel von Gypsy Jones (dieser Name! :spinnen: )


    Über den Namen musste ich auch schmunzeln. :breitgrins:


  • Der Zwischenfall mit dem Zuckerstreuer war unangenehm für alle, was auch durch dieses peinliche Schweigen zum Ausdruck kam. Widmerpool zieht solche Situationen geradezu an.


    Sieht so aus. Ich fand es auch nicht gerade nett von Barbara, dass sie sich nicht mal richtig entschuldigt hat, sondern nur meinte, das sei ja doof vom Gastgeber, nicht sicherzustellen, dass der Zuckerstreuer fest verschlossen ist.


    Zitat

    Jenkins bemerkt, nach einem Gespräch mit Tompsitt, dass er die Qualitäten Widmerpool (oder so ähnlich) zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig erfasst hätte. Das bedeutet, dass wir noch so einiges über diesen Herren zu lesen bekommen werden, oder?


    Das vermute ich auch. Bestimmt laufen sich die beiden immer mal wieder über den Weg.


    Zitat

    Stringhams gesellschaftliche Karriere hat sich doch nicht so entwickelt, wie es in Band 1 sich noch darstellte. Auf mich machte er einen etwas heruntergekommenen Eindruck.


    Ging mir genauso, und auch seine Andeutung der Liaison mit Mrs. Andriadis klang nicht gerade nach einer glänzenden Verbindung, zumindest nicht im traditionellen Sinne. Man hätte ja eher von dem aufstrebenden jungen Mann eine standesgemäße junge Braut erwartet.


    Zitat

    Ich fand es recht respektlos. :zwinker:


    Ja, ich auch, da war mein Smiley vielleicht etwas missverständlich. Mir ist es nämlich erst auf den zweiten Blick aufgefallen, was der Butler da treibt. Die "wichtigen" Gäste kann er ja alle problemlos korrekt benennen, aber mit den "dahergelaufenen" treibt er seinen Spott.


    Zitat

    Danke, Valentine. Mir war klar, dass es sich auf ein Getränk bezog, dachte dabei allerdings eher an einen Cocktail.


    Etwas weiter hinten war dann noch mal von "wine" die Rede, was ich einfach mal als "Schaumwein" im weiteren Sinne interpretiert habe.


    Zitat

    Über den Namen musste ich auch schmunzeln. :breitgrins:


    Jede Wette, dass sie eigentlich Frances, Mary oder Elizabeth heißt :elch:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Kapitel 2, bis S. 130 (englische Ausgabe)


    Immer wieder legt Jenkins Onkel Giles' Maßstäbe an, wenn er eine Situation beschreiben oder bewerten möchte, das ist mir jetzt schon mehrmals aufgefallen ...


    Mrs. Andriadis scheint tatsächlich nicht gerade ein Muster an Tugendhaftigkeit zu sein - mehrmals verheiratet gewesen, eine Affäre mit einem Mitglied des Königshauses, es läuft wohl etwas mit Stringham, und einen Mr. Andriadis scheint es auch nicht zu geben, zumindest nicht vor Ort. Die rauschenden Partys mit viel Alkohol, Musik und frechen Liedern schmeißt sie offenbar alleine und spielt, wie in der Halskettenepisode zu sehen, auch gerne mal den einen Liebhaber gegen den anderen aus. Ganz schön skandalös.


    Sillery ist noch genauso unsympathisch wie im ersten Band, ein schrecklicher Typ, und zeigt sich jetzt auch noch rassistisch, ekelhaft!

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Kapitel 2



    Immer wieder legt Jenkins Onkel Giles' Maßstäbe an, wenn er eine Situation beschreiben oder bewerten möchte, das ist mir jetzt schon mehrmals aufgefallen ...


    Das ist mir auch aufgefallen. Ständig stellt er Vergleiche mit seinem Onkel oder dessen Weltanschauungen/Meinungen an. Da stellt sich einem dann schon mal die Frage, warum? Jenkins kennt doch genug Leute, um auch mal mit anderen vergleichen zu können. Oder liegt es eventuell daran, dass er seinen Onkel insgeheim bewundert.



    Ich hatte ja gehofft, dass nach dem ersten Kapitel die Bälle abgehandelt wären. Aber weit gefehlt - schwupps landen wir auf der nächsten Veranstaltung. Nun, immerhin ist hier die Mischung etwas interessanter. Dass es anders ablaufen würde, war ja eigentlich schon klar, als Stringham erklärte, dass zusätzliche Gäste kein Problem wären.


    Milly, mit ihrem Nachnamen stehe ich etwas auf Kriegsfuss, gehört wohl mehr in die Grauzone der Gesellschaft. Jeder kennt sie, viele besuchen ihre Gesellschaften, aber sie gehört nicht wirklich dazu. Im Text fiel einmal der Ausdruck exotisch. Das passt sehr gut auf unsere Milly.


    Witzig fand ich, dass wir dort Prinz Theodoric begegnen. :breitgrins: Ein Schmelztiegel, in dem sich die unterschiedlichsten Mitglieder der Gesellschaft und Bevölkerung Londons einfinden. Kein Wunder, dass Deacon und Gypsy nicht weiter auffielen.


    Jenkins wird mir langsam unsympathisch. Seine Beurteilung, beispielsweise von Widmerpool, ist oft so oberflächlich, dass ich ihm am liebsten einen Tritt in den Allerwertesten geben möchte.
    Schade, dass uns die Unterhaltung zwischen Gypsy und Widmerpool entgangen ist.


    Als Stringham mit Milly streitet, weil er wo anders hingehen möchte, kommt er auf Jenkins zu und spricht ihn an. In der deutschen Ausgabe ist das auf Seite 158. Und dabei nennt er Jenkins erstmal bei seinem Vornamen.

    Zitat

    Stringham nahm jetzt wahr, dass wir in der Nähe saßen. Er kam auf mich zu.
    >Wenigstens kann ich mich darauf verlassen, dass du, Nick, als ein alter Freund<, sagte er, >mich zu einer der Höhlen, des Lasters begleitest.[...]<


    Dass ein Mann wie Sillery dort auftaucht, wundert gar nicht. Das muss das reinste Paradies für ihn sein.
    Bei Lady Waringham bin ich mir immer noch nicht sicher, woher ich sie kennen sollte. Aber es kommen auch so viele Personen vor, dass ich mir nur einen Teil davon merken kann. :redface:


    Dann taucht doch sogar noch der ewig zitierte Onkel vor Jenkins Wohnung auf und ist wie Widmerpool erstaunt über der Lage seiner Unterkunft. Onkel Giles Ratschläge sind nur vernünftig.
    Warum Jenkins nun genau dort Wohnung bezogen hat, würde mich langsam doch interessieren. :zwinker:



    Sillery ist noch genauso unsympathisch wie im ersten Band, ein schrecklicher Typ, und zeigt sich jetzt auch noch rassistisch, ekelhaft!


    Auf manche Leute könnte man gut verzichten.


  • Das ist mir auch aufgefallen. Ständig stellt er Vergleiche mit seinem Onkel oder dessen Weltanschauungen/Meinungen an. Da stellt sich einem dann schon mal die Frage, warum? Jenkins kennt doch genug Leute, um auch mal mit anderen vergleichen zu können. Oder liegt es eventuell daran, dass er seinen Onkel insgeheim bewundert.


    Das habe ich mich auch schon gefragt. Dass Powell das rein als Stilmittel einsetzt, glaube ich nicht (bzw. fände ich enttäuschend und wenig raffiniert).


    Zitat

    Ich hatte ja gehofft, dass nach dem ersten Kapitel die Bälle abgehandelt wären. Aber weit gefehlt - schwupps landen wir auf der nächsten Veranstaltung. Nun, immerhin ist hier die Mischung etwas interessanter. Dass es anders ablaufen würde, war ja eigentlich schon klar, als Stringham erklärte, dass zusätzliche Gäste kein Problem wären.


    Gar nicht so viel anders als heute eine Facebook-Party :breitgrins:


    Zitat

    Witzig fand ich, dass wir dort Prinz Theodoric begegnen. :breitgrins: Ein Schmelztiegel, in dem sich die unterschiedlichsten Mitglieder der Gesellschaft und Bevölkerung Londons einfinden.


    Das gefällt mir. Auf der Veranstaltung war auch irgendwie mehr echtes Leben in der Bude.


    Zitat

    Bei Lady Waringham bin ich mir immer noch nicht sicher, woher ich sie kennen sollte. Aber es kommen auch so viele Personen vor, dass ich mir nur einen Teil davon merken kann. :redface:


    Das muss ich auch noch mal untersuchen, ob ich sie wirklich kennen müsste oder ob nur angedeutet werden sollte, dass die Protagonisten sie kennen. Ich frage mich auch schon die ganze Zeit, was es mit diesem Maler auf sich hat (Barnby oder so ähnlich - ich hab das Buch gerade nicht zur Hand), der dauernd erwähnt wird. Den kennen wir noch nicht persönlich, oder?

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    Leonard Cohen






  • Das muss ich auch noch mal untersuchen, ob ich sie wirklich kennen müsste oder ob nur angedeutet werden sollte, dass die Protagonisten sie kennen. Ich frage mich auch schon die ganze Zeit, was es mit diesem Maler auf sich hat (Barnby oder so ähnlich - ich hab das Buch gerade nicht zur Hand), der dauernd erwähnt wird. Den kennen wir noch nicht persönlich, oder?


    Nein Barnby kennen wir noch nicht persönlich. Ich habe aber auch sehr lange gegrübelt, ob ich ihn schon kennen müsste oder nicht.


    Das ist mir auch aufgefallen. Ständig stellt er Vergleiche mit seinem Onkel oder dessen Weltanschauungen/Meinungen an. Da stellt sich einem dann schon mal die Frage, warum? Jenkins kennt doch genug Leute, um auch mal mit anderen vergleichen zu können. Oder liegt es eventuell daran, dass er seinen Onkel insgeheim bewundert.


    Mich wundert das auch sehr, warum er immer diesen Onkel als Referenzpunkt heranzieht. Als handelnder Charakter kommt er ja sehr wenig vor, Jenkins erzählt nur auffallend oft von ihm. Dass er ihn bewundert, glaube ich eigentlich nicht. Ich habe mich schon gefragt, ob er seinem Onkel vom Charakter her ähnlicher ist, als ihm selbst genehm und auch bewusst ist. Er also gar nicht so sehr seine Umgebung an den Maßstäben des Onkels misst, sondern an seinen eigenen?