Deborah Feldman - Unorthodox

Es gibt 29 Antworten in diesem Thema, welches 5.825 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Wusstet ihr, dass das Buch als Miniserie verfilmt worden ist und bei Netflix zu sehen? Ich habe gestern die erste Folge gesehen. Ich fand's gut.

    Ja, hab ich entdeckt und gespeichert, aber irgendwie kommen wir gar nicht mehr zum netflixen - mehr so chillen ohne Netflix...:boff::err:

    Viele Grüsse,

    Weratundrina :verlegen:


    Help me, help me ~ Won't someone set me free? ~ There's no right side of the bed ~ With a body like mine and a mind like mine

    ~ IDLES ~


  • Avila

    Netflix schlägt mir ja immer alles vor, was mit dem Judentum zu tun hat. (Ich interessiere mich aus wissenschaftlicher Sicht auch für die populärkulturelle Rezeption von Religion(en) )

    Die Autorin war ja vor letztes Jahr in einem Dokumentarfilm zum Thema Feminismus zu sehen (mir fällt grad spontan der Titel nicht ein) , dadurch wurde ihr Buch nochmal gepuscht. Das hat sicher Netflix aufmerksam gemacht. Ob ich die Serie anschauen werde weiß ich noch nicht, ich hab mich beim Lesen des Buches schon so aufgeregt über vieles was Feldman erlebt hat oder von dem sie allgemein erzählte.

  • Ich bin Samstag durch Zufall drauf gestoßen und kam überhaupt nicht mehr davon weg.


    Auch das Making-of ist sehr sehenswert.


    Inhaltlich war es schon sehr heftig...

    Früherer Nutzername "Alexa" :)

  • Ich bin immer noch nicht über die erste Folge hinaus, aber mich drängt es auf jeden Fall weiterzuschauen. Gibt es das Making-Of auch bei Netflix?

  • Vor vier Jahren war ich in New York und unsere Unterkunft war genau in dem Stadtteil von Williamsburg, in dem Deborah Feldman groß geworden ist. Es war für mich sehr beklemmend, auf den Straßen fast nur Männer mit Schtreimel zu sehen. Die wenigen Frauen, die zu sehen waren, trugen alle Perücke, die kleinen Mädchen waren in schwarze/dunkelblaue Kleider gehüllt. Seit meinem Aufenthalt dort wollte ich mehr darüber erfahren.


    Und dann habe ich kürzlich auf Netflix Unorthodox gesehen und mir direkt auch das Buch gekauft. Heute habe ich es endlich ausgelesen. Ich fand es sehr spannend und interessant, allerdings war es für mich nicht leicht zu lesen, da ich den Schreibstil wirklich nicht gut fand. Das kann einerseits am Übersetzer liegen, andererseits ist es auch oft so, dass Menschen, die ein Buch schreiben, noch lange keine Schriftsteller sind.


    Mir hat das Buch den Eindruck, den ich vor Ort hatte, total bestätigt. Ich bin froh, dass Frau Feldman den Weg dort raus gefunden hat und hoffe, sie hat jetzt ein glücklicheres Leben.

    Bücher kaufen und Bücher lesen sind zwei völlig verschiedene Hobbys.

  • Avila

    Netflix schlägt mir ja immer alles vor, was mit dem Judentum zu tun hat. (Ich interessiere mich aus wissenschaftlicher Sicht auch für die populärkulturelle Rezeption von Religion(en) )

    Die Autorin war ja vor letztes Jahr in einem Dokumentarfilm zum Thema Feminismus zu sehen (mir fällt grad spontan der Titel nicht ein) , dadurch wurde ihr Buch nochmal gepuscht. Das hat sicher Netflix aufmerksam gemacht. Ob ich die Serie anschauen werde weiß ich noch nicht, ich hab mich beim Lesen des Buches schon so aufgeregt über vieles was Feldman erlebt hat oder von dem sie allgemein erzählte.

    Ich hab die Serie nun doch geschaut :lachen: Ich fand die Serie ziemlich gut, aber an einigen Stellen schon etwas arg Hollywood-kitschig.
    Sehr Heftiges wurde ja z.B. weggelassen.

  • Meine Meinung


    Biografien finde ich immer schwierig zu lesen, und das genau aus dem Grund, den HoldenCaulfield hier nennt.

    Trotz allem ist das Buch ein Buch und vor allem aus Erinnerungen heraus entstanden. Deshalb ist auch klar, das wir hier nur eine Seite der Wahrheit, so wie die Autorin sie erlebt hat, zu lesen bekommen.

    Selbst wenn ich nur diese Seite berücksichtige, fand ich die Schilderungen teilweise bedrückend. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, in so einem strengen Regelwerkt aufzuwchsen und ständig hinterfragen zu müssen, ob ich alles richtig mache. So, wie die Autorin es beschrieben hat, bleibt nicht viel Platz für eine eigenständige Entwicklung.


    Ich persönlich konnte kaum aufhören zu lesen. Die Autorin hat eine Art Dinge zu beschreiben, obwohl in diesem Biografiestil geschrieben, der mir oftmals nicht so liegt, war das Buch einfach spannend.

    Spannend fand ich das Buch allemal. Ich habe eine für mich neue Welt kennengelernt. Lustig fand ich, dass ich alle Bücher, aus denen am Anfang der Kapitel zitiert wurde, bis auf eines auch gelesen habe.


    Unorthodox ist seit langer Zeit das erste Buch, das mich beim Lesen richtig mitgehommen hat.

    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ihren 24. Geburtstag feiert Deborah Feldman in New York gemeinsam mit ihrer Mutter in einem Restaurant. Zum allerersten Mal in ihrem Leben. Was für die meisten völlig unspektakulär und normal ist, stellt für sie eine große Besonderheit dar, denn Deborah ist chassidisch aufgewachsen, in einer streng religiösen jüdischen Gemeinschaft, die sich allen äußeren Einflüssen verschließt und alles Weltliche verbietet.


    Weil ihre Mutter es in diesem reglementierten Umfeld nicht aushielt und ihr Vater aufgrund einer geistigen Behinderung nicht in der Lage war, sie großzuziehen, ist Deborah bei ihren Großeltern aufgewachsen, dem Mittelpunkt einer weit verzweigten Familie. Schon früh beginnt sie, die Dinge zu hinterfragen, etwa als sie einen Schokoriegel geschenkt bekommt und ihn nicht essen darf, weil er nicht den hyperstrengen Speisevorschriften der Chassiden entspricht, doch Antworten findet sie in ihrer kleinen Welt nicht.


    Später werden Bücher ihre Zuflucht und ihr Trost, die sie heimlich ins Haus schmuggelt und liest, wenn sie alleine zu Hause ist, denn auch nichtreligiöse Lektüre ist tabu. Wohl aus gutem Grund, denn ihre literarischen Heldinnen werden Deborah zum Vorbild in ihrem Streben nach Freiheit, und sie sträubt sich mehr und mehr gegen die engen Denkmuster und die Zwänge, die insbesondere den Frauen in der Gemeinschaft auferlegt werden.


    Trotzdem wird sie mit 17 Jahren mit einem Mann verheiratet, den sie vorher nur wenige Male gesehen hat, unterwirft sich all den Ritualen und Gepflogenheiten rund um Verlobung und Eheschließung und verzweifelt dann fast an dem Druck, nach der Hochzeit möglichst schnell schwanger zu werden.


    Die strikten Vorschriften und die abgeschottete Lebensweise der chassidischen Juden in New York kannte ich schon ein wenig aus dem großartigen Buch "Die Romanleserin" von Pearl Abraham (das übrigens auch für Deborah eine Inspiration wird) und fand dieses Weltfremde und Rückwärtsgewandte damals schon gleichermaßen faszinierend und furchtbar. Genauso ging es mir auch jetzt, es tut in der Seele weh, dass ein wissbegieriges, aufgeschlossenes Kind offiziell nicht einmal Bücher lesen darf, um seine Neugier zu stillen, in züchtige Kleidung gesteckt wird und alles, was sie im Leben erreichen kann, sich ein paar Jahre Hilfslehrerinnentätigkeit und dann die Aufzucht von möglichst vielen Kindern beschränkt.


    Deborah Feldman schreibt ihre Erinnerungen im Präsens nieder, ziemlich ungeschminkt und direkt, wodurch man das Gefühl hat, unmittelbar an ihrem Leben teilzuhaben und oft förmlich mitleidet. Der Einblick in diese archaisch wirkende Glaubensgemeinschaft, die fast allen modernen Einflüssen widersteht, war auch über Deborahs persönliche Erlebnisse hinaus spannend. Die Entwicklung hin zu ihrer Entscheidung, die Gemeinschaft zu verlassen, auf die Gefahr hin, für immer ausgeschlossen zu bleiben, fand ich allerdings ein wenig zu schnell und glatt abgehandelt. Ich fand es auch ein bisschen schade, dass man nur wenig über die Reaktionen ihrer Familie auf ihren Ausstieg oder ihre Wiederannäherung an ihre Mutter erfahren hat.


    Insgesamt aber ein fesselndes Buch, das wahrscheinlich gerade deshalb so gut funktioniert, weil die Autorin ungefiltert und ohne große schriftstellerische "Vorkenntnisse" zu Werke gegangen ist.


    Interessant sind im übrigen auch die Fotos, mit denen die Kapitel eingeleitet werden, so dass man eine Vorstellung von der traditionellen Kleidung und anderen Aspekten des chassidischen Lebens bekommt. Schön wäre noch ein Glossar der verwendeten jiddischen Ausdrücke gewesen. Einiges kannte ich zwar schon, aber bei weitem nicht alles.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Außerdem finde ich gerade die Tatsache, das dieses Leben nicht in Israel oder in irgendeinem kleinen Wüsten-ort in Utah oder anderswo mitten im Nirgendwo stattfand sondern in New York, auch irgendwie krass. Eine Paralellgesellschaft mit ganz eigenen Regeln und anderen Wertvorstellungen in der Stadt in der zur gleichen Zeit Sex and the City gedreht wurde und die Twin Towers einstürzten. Das zusammen zu bringen ist irgendwie surreal.

    Das ging mir genauso, ich konnte das anfangs zeitlich gar nicht einordnen (auch die Bilder wirkten so altbacken, wie aus den 60er Jahren oder so), bis ich mir verdeutlicht habe, dass Deborahs Großeltern den Holocaust überlebt haben und sie somit grob in meinem Alter sein muss. Ich habe dann noch mal bei Wikipedia geschaut und festgestellt, dass die Autorin sogar einige Jahre jünger ist als ich.

    Lustig fand ich, dass ich alle Bücher, aus denen am Anfang der Kapitel zitiert wurde, bis auf eines auch gelesen habe.

    Ich kenne auch die meisten. Den Rest muss ich mir noch mal aufschreiben. Besonders gefreut habe ich mich über die Bezüge zu Jane Eyre, Anne auf Green Gables und auch der "Romanleserin" (was meine eigene erste Berührung mit den Chassiden war).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen