Claire Fuller - Eine englische Ehe

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.847 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

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    Gil Coleman, Schriftsteller und leidenschaftlicher Büchersammler (fast könnte man schon Bücher-Messie sagen), stöbert gerade wieder einmal in der örtlichen Buchhandlung, als er glaubt, er habe gerade Ingrid vorbeigehen sehen. Ingrid, seine Frau, die seit zwanzig Jahren verschollen ist, die ihn damals mit den zwei Töchtern alleine zurückließ, deren Verbleib nie geklärt werden konnte. Außer sich verlässt er den Laden, um die Frau zu suchen, doch er stürzt und verletzt sich schwer; die Frau ist weg.


    Weil er wegen der Unfallfolgen vorerst nicht alleine leben kann, reisen seine Töchter zu ihm, und es kommt, wie es kommen muss, die alten Konflikte und unverarbeiteten Probleme brechen sich neue Bahn.


    In Briefen, die Ingrid kurz vor ihrem Verschwinden an Gil geschrieben und in diversen Büchern versteckt hat, wird parallel dazu die Vorgeschichte deutlich: Mitte der 70er Jahre kommt die Norwegerin Ingrid zum Studium nach England und verwickelt sich in eine Affäre mit Gil, ihrem Professor, eine stürmische Angelegenheit mit vielen Aufs und Abs.


    Als Ingrid ungeplant schwanger wird, heiraten die beiden und ziehen in ein Häuschen auf einer Insel im Süden, einen zum Wohnhaus umgebauten früheren Badepavillon. Nach der Geburt ist Ingrid mit dem Baby mehr oder weniger auf sich gestellt, Gil zieht sich in sein "Schreibzimmer" in einem Nebengebäude zurück und beteiligt sich kaum am gemeinsamen Leben.


    Das geht in den darauffolgenden Jahren so weiter, und Ingrid fragt sich immer öfter, ob das jetzt alles war - Kinder, Alltag, nicht mal ein abgeschlossenes Studium und nur wenig Anerkennung von ihrem Mann. Trost findet sie nur beim Schwimmen im Meer, und selbst das nimmt ihr Gil manchmal krumm, während er sich nach wie vor ins Schreiben und in seine Bücher flüchtet.


    Das Buch beginnt vielversprechend mit dem Satz "Gil Coleman blickte aus dem Fenster der Buchhandlung im ersten Stock und sah seine tote Frau unten auf dem Gehweg", der die Neugier weckt und Appetit auf eine ungewöhnliche Familiengeschichte macht. Auch der Aufbau des Buches, in dem sich die auktorial erzählte Gegenwartshandlung mit Ingrids Briefen, in denen sie ihre eigene Geschichte schildert, abwechseln, ist geschickt gewählt. Bei den Colemans wirkt sich die Vergangenheit besonders stark in die Gegenwart hinein aus.


    Mit den Personen warmzuwerden fällt allerdings recht schwer. Insbesondere Flora, die jüngere Tochter, aber auch Ingrid und Gil sind spröde und schwer fassbar, ihre Beziehungen zu anderen sind nicht ohne Gefühle und Leidenschaften, aber durch die Bank verkorkst und manchmal sogar regelrecht ungesund. Selbst die Anfänge von Gils und Ingrids Studentin-Professor-Affäre kommen seltsam freudlos und humorlos daher, und Ingrids weiteres Leben ist auch weitgehend trostlos, sie verliert sich selbst, während sie auf der Insel quasi festsitzt und von ihren Mutterpflichten und düsteren Gedanken erdrückt wird.


    Die Figuren erscheinen oft überspannt, tun Dinge, die kaum nachzuvollziehen und spürbar auf "Merkwürdigkeit" hin konstruiert sind: Flora malt ihrem Freund mit Edding ein Skelett auf die Haut, das er tagelang nicht abwäscht; Ingrid versteckt ihre Briefe in Büchern, statt sie Gil zu geben; Flora läuft ständig in einem alten Ballkleid herum, das mal ihrer Mutter gehört hat ... Für mich war das zuviel des Guten bzw. Seltsamen und dem Gesamteindruck des Buches ziemlich abträglich.


    Bei aller Kritik hat mich das Buch aber trotzdem bei der Stange gehalten, weil ich wissen wollte, was wirklich mit Ingrid passiert ist und weil es in beiden Handlungssträngen einige überraschende Wendungen gab. Am Ende war ich dann auch halbwegs versöhnt.


    Eine Extra-Erwähnung verdient das schlicht-schöne Cover und das in hübschem Wellenmuster gehaltene Vorsatzblatt.


    Die Übersetzung hingegen hat mich oft geärgert, hier wurde viel zu viel wörtlich übersetzt, im Deutschen unübliche Begriffe verwendet (es heißt Fruchtblase, nicht Fruchtwasserblase) oder ganz falsch übersetzt. Und kein Mensch sagt in einem alltäglichen Familiengespräch "Mobiltelefon" :rollen: Ich habe mich immer wieder gefragt, ob mir das Buch im Original nicht vielleicht um einiges besser gefallen hätte, wenn mir nicht ständig solche sperrigen Stellen das Lesen verleidet hätten.


    3ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Vielen Dank für Deine Rezi. sie hat mir eine Entscheidung abgenommen, denn ich stand schon des Öfteren vor dem Buch, weil es sich vielversprechend anhörte. Da ich aber weiß, dass sich unser Lesegeschmack fast immer deckt, werde mich lieber andere Büchern zu wenden.

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    "Eine englische Ehe" von Claire Fuller ist ein Débutroman, der (aus dem Englischen Original mit dem Titel "Swimming Lessons" übersetzt von Susanne Höbel) im Piper-Verlag als HC, gebunden mit Lesebändchen, 2017 erschienen. Das schöne Cover, das sowohl im Original als auch auf Deutsch das Buchäußere ziert, passt sehr gut zu einer Frau, die es liebt, frühmorgens im Meer zu baden...


    Der Roman beginnt im Prolog mit einer Szene, in der Gil Coleman, ein Literaturprofessor und angesehener Schriftsteller Anfang 40, seine seit vielen Jahren totgeglaubte Frau Ingrid zu sehen und kurz später verunglückt. Flora, seine jüngste Tochter und Nan, die Ältere, fahren zu ihrem Vater, da er in der nächsten Zeit nicht alleine sein kann....
    Ingrid, die Studentin, die sich einst in ihren Professor Gil verliebte und mit ihm eine Liebesbeziehung einging, entgegen der Warnungen einiger Freunde diesen auch heiratete, verschwand spurlos und verließ die Familie, als Flora gerade 10 Jahre alt war. Auffallend ist hier der große Altersunterschied des Ehepaares, wobei Ingrid wusste, bevor sie die Ehe mit ihm einging, dass er als Frauenheld verschrien war. Gil sammelt zeitlebens Bücher wegen der Anmerkungen und Kritzeleien von Lesern oder Fotos, Quittungen etc. die sich oft in Büchern befinden, so ist sein Haus voller Bücher.Während Nan sich mit dem Verlust der Mutter abfindet und in deren Rolle schlüpft, trifft es die jüngere Flora umso heftiger, die sich fortan nach ihrer Mutter sehnt und in deren Kleider schlüpft...


    In Rückblicken beschreibt Ingrid in Briefen an Gil, die sie stets (thematisch passend) in seine Bücher steckte und die seine häufige Abwesenheit und ihre Sehnsucht nach ihm bezeugen, die Anfänge ihrer Beziehung. Der zweite Erzählstrang handelt von Flora, die wohl vieles mit der Mutter gemeinsam hat und ebenso gerne frühmorgens im Meer schwimmen geht - die Familie lebt an der englischen Küste, der Strand ist unweit vom Haus. In den Worten Ingrids liegt anfangs eine gewisse Naivität, die ihrem Alter geschuldet ist - sie ist Anfang 20 - und der unschönen Situation, meist mit den Mädchen alleine zu sein, während Gil unter der Behauptung, sich mit Verlagsmitarbeitern zu treffen oder Besprechungen zu haben, seine Bücher betreffend, sie betrügt.


    Als Nan, die erste Tochter, zur Welt kommt, wird Ingrid bewusst, dass nun die Idee, mit ihrer Studienfreundin Louise zu reisen und sich die Welt anzusehen, in weite unerreichbare Ferne rückt...


    Während Floras Geschichte in der Gegenwart spielt, ihren Freund Richard mit einschließt, der für den erkrankten Vater eine Hilfe sein möchte und die morbiden Familienstrukturen, auch anhand diverser Reaktionen von Flora, erkennt, liest man immer mehr von Ingrids Briefen, die in die (eheliche) Vergangenheit reisen: Mich hat die Tatsache, dass der wesentlich ältere Gil mit einer solch jungen und lebensfrohen Frau eine Familie gründen wollte (für sein eigenes Ego?) und sie dann nicht nur alleine lässt, sondern auch betrügt, sehr an diesem Protagonisten geärgert: Seine Selbstsucht und auch die Verantwortungslosigkeit für beide Töchter sind anhand seines beschriebenen Verhaltens sehr ersichtlich; während er seine Familie kurzerhand an der Küste "parkt", vergnügt er sich gerne in London und führt im Grunde sein voriges Leben weiter, während Ingrid die Freiheit gesucht hatte und in ihrer Rolle als Mutter und Ehefrau gefangen war. Die einzige Freiheit findet sie beim allmorgendlichen Schwimmen im Meer, wo sie bis zur Boje schwimmt und - zurück.


    Während gegen Ende des Romans die Emotionen hochschlagen, wird das neue Buch von Gil ein Erfolg - den er im Grunde seiner Frau Ingrid zu verdanken hat. Es folgt eine weitere Kränkung Ingrids...


    Der Stil von Claire Fuller hat mir sehr imponiert und auch gefallen; sie erzählt in sensibler Sprache und eher leisen Tönen vom Schicksal einer jungen Frau, die in ein Leben "geschubst" wurde, das sie im Grunde gar nicht wollte. Statt einem eintönigen und verantwortungsvollen Eheleben wollte sie die Welt bereisen, Abenteuer erleben - und eigene Wünsche und Vorstellungen erfüllen. Diese tragische Entwicklung und das Schwimmen als Ausgleich und Ingrids Ausdruck von Lebensfreude und Freiheit durchziehen den gesamten Roman. Die Figur des Gil war mir sehr unsympathisch, da ich ihn selbstsüchtig, untreu und durch stete Abwesenheit glänzend beschrieben fand. Für Ingrid hätte ich mir ein Leben gewünscht, das nach ihren Vorstellungen hätte verlaufen können. Das Trauma , in diesem Falle die elementare Erfahrung des Verlusts der Mutter, kommt durch Flora sehr gut zum Tragen.


    Andere Themen des Romans sind auch Verrat, Betrug, Verzweiflung, aber auch Freundschaft, die bei Jonathan sowohl zu Gil als auch zu Ingrid zutage tritt. Leider bleibt bis zum Ende unklar, ob Ingrid noch am Leben ist - oder dieses vielleicht selbst beendet hat. Ich habe da meine eigene Theorie...


    Fazit:


    Ein ernsthafter, durchaus lesenswerter und sehr sensibel geschriebener Roman über den verhinderten Lebensentwurf einer jungen Frau; tragisch, teils von Melancholie begleitet, dessen englischen Titel ich hier noch passender fand. Ich vergebe gerne 4 Sterne und eine Leseempfehlung für Leser von Beziehungsromanen, die zum Nachdenken anregen.


    4ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

    Einmal editiert, zuletzt von Sagota ()

  • Flora liegt gerade mit ihrem aktuellen Liebhaber Richard (die Bezeichnung Freund erscheint mir im Laufe des Buches immer unpassender, sie wehrt ihn ständig ab, sucht Distanz) im Bett, als sie einen Anruf ihrer Schwester erhält: Ihr Vater liegt im Krankenhaus, er hat sich beim Versuch einer Frau zu folgen, die er für seine vor Jahren verschwundene Ehefrau Ingrid hält, verletzt.


    Warum Ingrid damals verschwand, erfährt man aus diversen Briefen, in denen sie ihr Beziehungsleben schildert und die sie in den Tausenden von Büchern, die im Haus verteilt sind, versteckt hat. Diese Art distanzierter Kommunikation erscheint mir typisch für die Familie, alle erwarten dass die anderen sie verstehen, ohne jemals ihre Gefühle offen zu äußern. Dass so weder eine Ehe bestehen kann, noch emotional gesunde Kinder daraus hervorgehen, ist eigentlich klar. Der schlechte Gesundheitszustand des Vaters bringt die Schwestern, Richard und am Ende auch noch ein paar alte Freunde zwar zusammen, doch die Distanz überwinden sie trotzdem nicht. Und auch für den Leser bleiben die Figuren sperrig, man sieht zwar ihre Gefühle, kann sie aber nicht nachempfinden.


    „Eine englische Ehe“ erzählt eine deprimierende Geschichte. Niemand in diesem Buch ist glücklich und alle reißen sie willentlich oder wissentlich oder unschuldig die anderen mit in ihren Abgrund.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Den vorangegangenen Meinungen kann ich eigentlich nichts mehr hinzufügen, es reicht, wenn ich mich anschließe, denn ich habe das Buch ebenso empfunden.

    Mit den Personen warmzuwerden fällt allerdings recht schwer. Insbesondere Flora, die jüngere Tochter, aber auch Ingrid und Gil sind spröde und schwer fassbar, ihre Beziehungen zu anderen sind nicht ohne Gefühle und Leidenschaften, aber durch die Bank verkorkst und manchmal sogar regelrecht ungesund.

    Das trifft es. Jeder in dieser Familie hat Probleme, die sich nicht oder nur schwer klären lassen und alle leiden unter der "besonderen" Situation in der Familie.


    Dass Ingrid irgendwann genug von den Eskapaden ihres Mannes hatte, ist nachvollziehbar, eher weniger, dass sie spurlos verschwindet und nicht nur ihren Mann, sondern auch ihre Kinder für immer verlässt.

    Zuerst wollte ich schreiben, dass sie kommentarlos verschwindet, aber das tut sie ja eben nicht, sie hinterlässt Briefe an ihren Mann. Durch diese setzt sich das Bild für den Leser zusammen, sie enthalten die Erklärungen, was in der Beziehung der beiden vorgefallen ist. Dass sie sie in Büchern versteckt statt sie direkt ihrem Mann zu geben oder komplett zu hinterlassen, erscheint etwas seltsam. Ich bin auch gerade nicht mehr sicher, aber die Briefe kamen in chronologischer Reihenfolge? Dabei hat Gil sie vermutlich eher nicht in dieser Reihenfolge gefunden, da sie willkürlich in irgendwelchen Büchern versteckt waren. Und auch wenn er alle Bücher durchsucht hat, besteht dennoch die Möglichkeit, dass er sie nicht alle gefunden hat? Kurzum, ein paar Fragen blieben da noch offen.


    Das ändert nichts daran, dass ich das Buch sehr gerne gelesen habe. Man muss ja nicht mit den Protagonisten einer Meinung sein oder sie sympathisch finden und ihre Handlungen nachvollziehen. Ich mochte die Art der Autorin, die Geschichte von Gil und Ingrid zu erzählen. Und mit eingebauten Rückblicken und Bildern, die sich mehr und mehr zusammenfügen, kann man mich sowieso immer gewinnen!


    4ratten

  • Die Sache mit den versteckten Briefen fand ich (wie so manchen Charakterzug der Figuren) extremst konstruiert. So ein Blödsinn - das hätte doch im Leben nicht so geordnet funktioniert.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Gebundene Ausgabe: 359 Seiten

    Verlag: Piper (1. März 2017)

    ISBN-13: 978-3492057912

    Originaltitel: Swimming Lessons

    Übersetzung: Susanne Höbel

    Preis: als HC vergriffen

    als Taschenbuch, als E-Book und als Hörbuch erhältlich


    Nach einigen Anfangsschwierigkeiten hat es mich gepackt


    Inhalt:

    Die norwegische Studentin Ingrid Torgesen verliebt sich in ihren englischen Literaturprofessor, den Schriftsteller Gil Coleman. Die Beziehung steht von Anfang an unter keinem guten Stern. Doch Ingrid schafft den Absprung nicht und lässt sich in eine Ehe hineintreiben, die weder für sie noch für Gil gut ist. Und irgendwann verschwindet Ingrid. Hat sie die Familie klammheimlich verlassen? Oder ist sie tot? Zwölf Jahre später meint Gil, sie gesehen zu haben ...


    Meine Meinung:

    Anfangs schien mir der Roman etwas zäh und langweilig. Die Geschichte, wie Ingrid sich in ihren Dozenten verliebt, empfand ich als nichts Besonderes. Doch zum Glück breche ich Bücher nur ganz selten ab, denn je weiter ich las, desto mehr konnte Claire Fuller mich fesseln. Es kommen stets mehr und mehr Geheimnisse ans Licht, die mich überraschten, obwohl sie gar nicht so außergewöhnlich sind. Aber durch die Art der Erzählung hatte ich einfach nicht damit gerechnet. Die Handlung wird immer komplexer und tiefgründiger. Diese Entwicklung hat mir sehr gut gefallen.


    Im Prinzip gibt es zwei Handlungsstränge. In der Gegenwart erleben wir die Tage an der Seite von Flora, Ingrids und Gils jüngerer Tochter, die das Verschwinden ihrer Mutter noch nicht überwunden hat. Demgegenüber steht die Geschichte Ingrids, die in Briefform verfasst ist. Ingrid hatte diese Briefe für Gil geschrieben und in seinen Büchern versteckt. Sie erzählt darin von den Stationen ihrer Ehe aus ihrer Sicht.


    Die Übersetzung ist nicht hundertprozentig rund. Zum Beispiel sagt im Deutschen niemand „Mobiltelefon“ im Alltagsgebrauch, sondern Handy. Doch davon abgesehen, habe ich es nicht bereut, zu diesem Roman gegriffen zu haben.


    ★★★★☆

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    Ich gehe selten auf Cover oder den Titel eines Buchs ein, aber hier sind sie der Grund, warum ich das Buch gekauft habe. Für mich zeigt das Cover Ingrid an dem einzigen Platz, an dem sie sich wohl fühlte. Den deutschen Titel kann ich nicht nachvollziehen. Soll er eine typisch englische Ehe andeuten? Das hoffe ich nicht. Denn auch wenn sie einen Ehemann und Töchter hatte, war Ingrid in dieser Ehe allein. Gil wollte sie haben und nachdem er bekommen hat, was er wollte, hat er sie gefühlt wie eine Trophäe ins Regal gestellt und sich nicht mehr um sie gekümmert.


    Ich weiß nicht, was ich von dem Buch erwartet habe, aber das sicher nicht. Nicht die Geschichte einer Frau, die heiratet, ohne wirklich zu wissen, ob sie ihren Partner liebt und die nicht weiß, wie es für sie weitergehen soll. Auch nicht die Geschichte von Schwestern, die in dieser Umgebung aufwachsen. Was das mit ihnen gemacht hat, kann man in ihrem Umgang miteinander sehen.


    Ich fand Ingrids Geschichte schwierig zu lesen, aber ich glaube auch nicht, dass sie unrealistisch ist. Wer weiß, was sich hinter einer scheinbar perfekten Fassade verbirgt? Dass sie die Briefe schreibt, kann ich gut nachvollziehen, denn mit Gil zu reden ist ihr nicht möglich gewesen. Sie in Büchern zu verstecken, damit er sie später findet, kommt mir dagegen ein bisschen wie nachzutreten vor und so schätze ich Ingrid nicht ein.

    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.