"Das dunkle Herz des Waldes - (Orig.: "Uprooted")
von Naomi Novik
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Veröffentlicht 2015, auf deutsch 2016
im cbj-Verlag
576 Seiten
Übersetzt von Marianne Schmidt
Kurzbeschreibung:
Agnieszka liebt das Tal, in dem sie lebt: das beschauliche Dorf und den silbern glänzenden Fluss. Doch jenseits des Flusses liegt der Dunkle Wald, ein Hort böser Macht, der seine Schatten auf das Dorf wirft. Einzig der »Drache«, ein Zauberer, kann diese Macht unter Kontrolle halten. Allerdings fordert er einen hohen Preis für seine Hilfe: Alle zehn Jahre wird ein junges Mädchen ausgewählt, das ihm bis zur nächsten Wahl dienen muss – ein Schicksal, das beinahe so schrecklich scheint wie dem bösen Wald zum Opfer zu fallen. Der Zeitpunkt der Wahl naht und alle wissen, wen der Drache aussuchen wird: Agnieszkas beste Freundin Kasia, die schön ist, anmutig, tapfer – alles, was Agnieszka nicht ist. Niemand kann ihre Freundin retten. Doch die Angst um Kasia ist unbegründet. Denn als der Drache kommt, wählt er nicht Kasia, sondern Agnieszka.
Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte der Holzfäller-Tochter Agnieszka, die in einem kleinen Dorf in "Polnya" lebt, nahe dem gefürchteten, magischen Wald. Aus diesem kommen von Zeit zu Zeit unheimliche Gestalten die Verderben und Leid über die Bevölkerung bringen; verirrt sich jemand im Wald kommt er entweder nie mehr zurück oder wenn doch, dann verdorben, gefährlich und böse.
Slawische Mythen und Sagen sind lose ebenso in die Handlung verwoben, wie polnische Geschichte in Andeutungen. Es ist von der "Jaga" die Rede, sicherlich eine Anlehnung an die berühmte Hexe "Baba Jaga", ebenso ist von einem König Sigismund die Rede. Die Landschaften die beschreiben werden, könnten gut in Polen, Teilen Rußlands, Tschechien oder der Slowakai liegen. Große, weite Täler, umgeben von Gebirge und riesige, unberührte, dunkle Wälder, ich hatte beim Lesen weite Karpatenlandschaft vor Augen. In der amazon-Autorenbeschreibung steht u.a. : "Naomi Novik wurde 1973 in New York geboren und ist mit polnischen Märchen, den Geschichten um die Baba Yaga und den Büchern von J.R.R. Tolkien aufgewachsen. " . Genau dies kann man aus dem vorliegenden Buch herauslesen, Anleihen in alle diese Richtungen sind zu erkennen.
Die Handlung war durchwegs spannend, ich konnte kaum aufhören zu lesen, ein echter Pageturner. Anfangs hatte ich noch ab und zu die leise Befürchtung, die Handlung gleite ins "Übliche" ab (desillusionierter, abweisender Magier + naives junge Mädchen) , nach und nach entwickelt sich die Geschichte aber doch anders, eigenständig und eher zu einem großen Märchenepos über alte Schuld, Machterhalt, der Sinnlosigkeit von Krieg und die Verwurzlung in einer Gegend oder einem Kulturkreis, insofern ist der englische Titel "Uprooted" sehr vieldeutig und passend.
Teile der Handlung spielen, gegen Ende hin zunehmend, auf einer magischen, spirituellen, nicht realen Ebene, man begibt sich immer tiefer in das "Herz" des Waldes, was möglicherweise nicht jedem liegt, was aber auch einen ganz eigenen Sog entwickelt. Das eigentliche Magiesystem der Zauberer oder eher die Gegenüberstellung und Verwicklung zweier solcher Systeme fand ich sehr gelungen dargestellt und haben ebenfalls eine tiefere Ebene, die aber jeder für sich erkennen soll beim Lesen. Insgesamt stecken wirklich viele schöne Details in der Geschichte.
So gefesselt ich beim Lesen auch war, hab ich aber doch auch ein paar Kritikpunkte:
Agniezka war mir über weite Strecken zu naiv dargestellt, was überhaupt nicht zu ihren sonstigen Fähigkeiten, ihren Handlungen und ihrer autarken Persönlichkeit passte. Diese doch deutliche Diskrepanz hat mich immer mal wieder ziemlich gestört. Die beiden Hauptprotagonisten schrammen teilweise haarscharf an Fantasy-Stereotypen vorbei und liesen mich mehr als einemal die Stirn runzeln, dafür gibt es aber auch einige wirklich interessante Nebenfiguren, allen voran Kasia, die Freundin von Agnieszka.
An manchen Stellen hatte ich das Gefühl, als ob die Autorin noch eine zweite Geschichte oder noch weitere Entwicklungen im Hinterkopf hatte und sich manchmal nicht genau entscheiden konnte, in welche Richtung es nun genau gehen soll. Das kann man im besten Falle als überraschende Wendung interpretieren, manchmal aber hab ich es auch als "Bruch" empfunden, an diesen Stellen holpert die Geschichte ein bisschen. Insgesamt ist vielleicht ein bisschen zuviel hineingepackt worden in den Roman, es fehlt manchmal die Struktur, als ob die Geschichte genauso wie der Wald beginnt ausufernd zu ranken und zu wachsen. Die große Stärke des Buches liegt in der Beschreibung der dunklen Macht und des Waldes und der Atmosphäre, leider nicht so sehr in der Ausarbeitung der Charaktere.
Ein kurzes Wort noch zur Aufmachen der deutschen Ausgabe: Ich schlich schon länger um das Buch herum, gereizt hat mich der "Wald" und die Verwebung der Geschichte mit slawischen Märchen, lange abgeschreckt hat mich aber das langweilige, kitschige Cover der deutschen Ausgabe und die dadurch genährten Bedenken, es handle sich doch bloß wieder um eine der üblichen, momentan so modernen Fantasy-Liebesgeschichten. Eine solche kommt zwar vor, spielt aber nicht die übergeordnete Rolle. Ich bin positiv vom Inhalt überrascht worden, meine Neugierde auf Legenden und Sagen aus dem slawischen Kulturkreis ist wieder einmal geweckt, die ganze Geschichte bezieht ihre Kraft daraus und ich hab das Bedürfnis mich mit diesen Mythen und vielleicht sogar ein bisschen mit der Historie Polens zu beschäftigen.
Die Cover der englischen Ausgaben sind so viel gelungener! Schön finde ich beide, das bräunliche vom DelRey-Verlag passt aber absolut perfekt zur Geschichte, sagt auch am meisten aus über Stimmung und Inhalt.
Noch eine Anmerkung zum Lesealter, das Buch wurde ja im cbj-Verlag veröffentlicht, ich würde es aber nicht für Kinder empfehlen, eher für erwachsene Fantasy-Leser und Jugendliche ab ca. 14, die Kriegs- und Kampfszenen, nicht zuletzt die Monster, sind durchaus detailliert beschrieben und auch insgesamt fände ich die ganze Handlung für Kinder zu unübersichtlich und finster.
Fazit: Ein ungewöhnliches, dunkles Märchen-Epos, das zwar manchmal ein bisschen überladen wirkt, aber einen ganz eigenen Sog entwickelt.
Von mir gibts: