Puh, dieser Abschnitt ist mir wirklich schwergefallen. Einerseits mag ich die eindringliche Art und Weise, mit der Pierre Lemaitre die Geschichte erzählt. Andererseits nervt mich der sexualisierte Blick, der von Antoine ausgeht.
Denkt ein 12jähriger wirklich konkret darüber nach, dass das wogende Hinterteil der noch unreifen Valentine Sex und Scheitern gleichermaßen ausstrahlt?
Sex ja - ich habe zwölfjährige Jungs schon über Mädchen reden hören und echt gestaunt. Fraglich ist nur, ob sie aus eigener Erfahrung reden. Soweit ich weiß, kommt das Wissen hauptsächlich aus dem Internet. Von eigenen Erlebnissen zu reden, wäre zu weit hergeholt. Bei Antoine müssen es Fantasien sein. Es war keine Rede davon, dass er selbst im Internet war. Was das Scheitern anbelangt, weiß ich nicht, wie da ein Zusammenhang hergestellt werden kann. Ein Hintern ist ein Hintern.
Entsetzt hat mich das Verhalten von Antoines Mutter nach seinem Suizidversuch. Der nicht sonderlich geliebte Arzt erkennt, was der angeblichen Magenverstimmung zugrunde liegt - aber warum zur Hölle tut Madame Courtin so, als wäre (fast) nichts geschehen? Sie räumt einfach die Medikamentverpackungen beiseite und damit ist alles nicht existent? Die spinnt doch richtig! Oder will sie sich selbst etwas einreden?
Ich denke, Letzteres ist der Fall. Sie hat sich eine Gedankenwelt zurechtgelegt, in der für solche Sachen kein Platz ist.
Die Sorgen um die Arbeitsplätze, der plötzlich offen zu Tage tretende Hass gegen Kowalski ...
Es ist bequem, jemand anderen zum Sündenbock zu machen. Dann fällt auf einen selbst kein Verdacht. Wir wissen, dass es Kowalski nicht war und trotzdem beschuldigt wird. Genauso gut könnte es jeden von ihnen treffen.