Jennifer Ryan - Der Frauenchor von Chilbury / The Chilbury Ladies' Choir

Es gibt 36 Antworten in diesem Thema, welches 5.118 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Juva.

  • Schön zusammengefasst, Avila :)


    Ich habe jetzt etwas weitergelesen, es bleibt durchaus dramatisch. Die Hebamme hat ihren Teil des "Handels" erfüllt (mehr will ich hier nicht verraten), doch es gibt eine Mitwisserin, deren Schweigen nicht sicher ist. Venetia Winthrop hat es geschafft, bei Alistair Slater, dem Künstler, zu landen ... und Kitty hat sie dabei zufällig beobachtet und macht sich jetzt so ihre Gedanken.


    Der Frauenchor zählt stolze 13 Mitglieder, und die resolute Chorleiterin Prim hat auch gleich ein ehrgeiziges Ziel in den Raum gestellt, nämlich die Teilnahme an einem Chorwettbewerb, für den jetzt fleißig geübt wird. Es wurden auch schon ein paar Choräle genannt, die ich mir mal bei Gelegenheit anhören möchte. Englische Kirchenmusik gefällt mir häufig sehr gut.


    Ich fühle mich durchaus wohl mit dem Buch, aber ich muss auch sagen, dass mir manche Charaktere ein bisschen zu klischeehaft gestrickt sind und die Handlung tatsächlich an einigen Stellen hart an der Grenze zur Seifenoper.


    Was mir nach wie vor gefällt, sind die vielen verschiedenen Blickwinkel, was bedeutet, dass man dieselbe Figur aus verschiedenen Perspektiven betrachten kann. Sowas ist ja immer ziemlich spannend.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Was mir nach wie vor gefällt, sind die vielen verschiedenen Blickwinkel, was bedeutet, dass man dieselbe Figur aus verschiedenen Perspektiven betrachten kann. Sowas ist ja immer ziemlich spannend.

    Da gebe ich dir recht, aber das alleine macht es dann doch nicht aus. Vergleiche zu GZSZ kann ich nicht ziehen, weil ich das auch nicht kenne, aber aufgrund der allgemeinen Berichterstattung darüber und über ähnliche Seifenopern weiß ich, das mich da nicht interessiert. Sieht also schlecht aus für mich und die Chilbury-Ladies. Grundsätzlich klingt es nicht schlecht, aber hört sich für mich ein bisschen arg simpel an.


    Aber ich lese trotzdem mal weiter mit. Valentines Buchauswahl hat ja doch schon häufiger auch meinen Geschmack getroffen. Vielleicht wird das noch was.

  • Mal sehen, wie mein Fazit am Ende ausfällt.


    Der Vergleich mit GZSZ und ähnlichen Soaps, die in der Gegenwart spielen passt gar nicht (sowas interessiert mich ja auch nicht die Bohne). Es geht eher in Richtung Downton Abbey, also unterhaltsames Drama mit viel Zeitkolorit und ab und an etwas hanebüchenen Handlungssträngen :breitgrins:


    Die Chorgeschichte an sich gefällt mir sehr, die Damen waren gerade auch in der ersten Runde des Wettbewerbs erfolgreicher als befürchtet. Ansonsten menschelt es so vor sich hin, Mrs. Tilling musste einen grantigen Untermieter aufnehmen, und nicht nur Kitty hat den Verdacht, dass Alistair Slater, der schöne Maler, irgendwas verbirgt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich habe mir eben das Buch in der Bücherei reserviert (ist natürlich verliehen). So im Stil von Downton Abbey könnte das was für mich sein, das fand ich ganz tolle Unterhaltung.

  • Ich habe jetzt ungefähr 2/3 gelesen und möchte nicht mehr viel vom Inhalt verraten, nur so viel: es geht dramatisch weiter und auch ziemlich traurig, denn der Krieg hinterlässt in Chilbury erstmals richtige Spuren. In einer Szene hab ich auch einige Tränchen verdrückt, das ist mir wirklich nahegegangen.


    Eine zwischenmenschliche Beziehung entwickelt sich auch in eine Richtung, die ich zwar schon ganz am Anfang vorhergesehen habe, die aber so nett geschildert ist, dass sie mir dennoch gefällt ;)


    Das Etikett "Wohlfühlbuch" kann ich durchaus nachvollziehen, auch wenn die Autorin beim Drama gerne einen Gang hätte runterschalten können.


    Für die, die das Buch schon kennen oder eh nicht lesen wollen:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Eine zwischenmenschliche Beziehung entwickelt sich auch in eine Richtung, die ich zwar schon ganz am Anfang vorhergesehen habe, die aber so nett geschildert ist, dass sie mir dennoch gefällt

    Sowas kenne ich. Aber wie du sagst, wenn es nett geschrieben ist, kann man sowas verzeihen, da man dem trotzdem gerne folgt. Aber das kann auch bei Weitem nicht jeder

  • HoldenCaulfield : im direkten Vergleich wird "Deine Juliet" bei mir wahrscheinlich etwas besser abschneiden. Aber ich weiß, was Du meinst, und es geht mir auch mit diesem Buch so ;)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Weil alle Sänger im Kriegseinsatz sind, löst der Pfarrer des kleinen Örtchens Chilbury in Kent im Jahr 1940 kurzerhand den Kirchenchor auf. Doch dabei hat er die Rechnung ohne die Frauen des Dorfes gemacht, die, völlig zu Recht, die Frage stellen, warum es denn keinen Frauenchor geben soll, wenn es auch reine Männerchöre gibt, und warum man auch noch diese kleine Freude aufgeben soll, wenn der Krieg schon genug Entbehrung, Angst und Sorge bedeutet.


    Schon bald stellt sich das bunt zusammengewürfelte Häuflein - von der bestimmerischen älteren Lady bis zum dreizehnjährigen Mädchen sind alle Altersklassen vertreten - der ersten Herausforderung und nimmt an einem Chorwettbewerb teil.


    Wie sich die Chilbury Ladies dort schlagen und was die Sängerinnen und die restlichen Bewohner von Chilbury in dieser Zeit bewegt, schildert Jennifer Ryan aus verschiedenen Perspektiven, in Form von Tagebucheinträgen oder Briefen. Die Witwe Mrs. Tilling bangt um ihren Sohn, der in Frankreich im Einsatz ist; die Hebamme Edwina Paltry hat sich auf einen unmoralischen Handel eingelassen, weil sie Geld braucht, um ihr Elternhaus zurückzukaufen; die 18jährige Venetia, Tochter des militärisch-strengen Brigadier Winthrop, hat es sich in den Kopf gesetzt, den geheimnisvollen Künstler um den Finger zu wickeln, der seit kurzem in Chilbury wohnt; und Venetias jüngere Schwester Kitty beobachtet gerne, was um sie herum los ist, macht sich so ihre Gedanken darüber und ist heimlich in einen jungen Mann verliebt.


    Der Krieg, der anfangs eher wie ein ferner Schatten über allem hängt, wird im Laufe des Buches für alle Beteiligten zur bitteren, greifbaren Realität. Vieles verändert sich, glücklicherweise jedoch nicht nur zum Schlechten.


    Chilbury ist ein typisches kleines Dörfchen, wo jeder jeden kennt, man (zu) viel voneinander weiß und, wenn auch manchmal zähneknirschend, zusammenhält, wenn es hart auf hart geht. Eine tolle Kulisse für die Chorsängerinnen, deren Proben- und Konzertszenen zu den schönsten des Buches gehören.


    Den anderen Geschehnissen im Buch stehe ich etwas gespalten gegenüber. Eine Romanze habe ich schon früh erahnt und etwas genervt die Augen verdreht, doch sie entwickelte sich auf zarte, natürliche Art, dass ich mich am Ende einfach nur für die beiden gefreut habe. In anderen Handlungssträngen trägt die Autorin das Drama aber mit sehr dickem Pinsel auf. Das war mir etwas zu viel des Guten und eigentlich schade, weil sie an vielen Stellen zeigt, dass sie auch subtiler (und dadurch glaubwürdiger) kann.


    Auch die Erzähltechnik mit den Briefen und Tagebüchern fand ich nicht immer überzeugend. Vor allem Kittys Erzählstimme klang oft nicht wie eine Dreizehnjährige, sondern entweder viel älter oder aber zu kindlich.


    Letztendlich war es aber so wie mit manchen TV-Serien, die zwar im Grunde bloß gut gemachte und schön ausgestattete Seifenopern sind, aber trotzdem Spaß machen und einen gewissen Wohlfühlfaktor haben.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

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  • Ich habe gestern in dem Magazin der db (mobil) gelesen, dass der Roman verfilmt wird :klatschen: Bin sehr gespannt drauf!

    Oh, schön. Beim Lesen dachte ich mir noch, dass mir das gut als Film vorstellen kann (und da wahrscheinlich eher bereit wäre, bei dem, was mich im Buch gestört hat, ein Auge zuzudrücken).


    Weißt Du, wer das verfilmt?

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Doris : denk ich auch ... wenn mich schon das eine oder andere genervt hat, würde es Dich wohl noch mehr nerven ;)

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  • Ich habe gestern in dem Magazin der db (mobil) gelesen, dass der Roman verfilmt wird :klatschen: Bin sehr gespannt drauf


    Weißt Du, wer das verfilmt?

    Laut Verlag die BBC - und zwar das gleiche Team, das auch "Downton Abbey" gedreht hat <3

    Leider ist aber noch nicht bekannt, wann er auf der "Bildfläche" erscheinen wird :|

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Oh, schön - was die BBC macht, hat normalerweise Hand und Fuß (und Stil)!

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    Leonard Cohen





  • Weil ich die englische Literatur und den englischen Chorgesang liebe, habe ich mir diesen Roman auf Anraten meines Buchhändlers vor einem halben Jahr gekauft, in der Taschenbuchausgabe.

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    Viel schreiben muss ich nicht mehr dazu, denn Valentine hat den Roman genauso rezensiert, wie ich es auch empfunden habe. Ein schönes Thema, einzelne wirkliche gute Szenen und gelungene Formulierungen wie die mit dem Wetter und dem Kabeljau, die oben schon erwähnt wurde. Aber insgesamt eben doch ziemlich nullachtfuffzehn: Am Ende findet fast jeder Topf seinen Deckel, aus der Hauptprotagonistin wird im Laufe der Handlung trotz früherer Verhuschtheit eine selbstbewusste Frau mit viel Autorität, vor der selbst dorfbekannte Schläger kuschen. Auch die Erzählform finde ich jetzt keineswegs so originell wie oben mehrfach betont, denn das multiperspektivische Schreiben ist schon ein alter Hut, und Tagebuch- und Briefromane gibt es spätestens seit Goethes Werther.

    Unterhaltsam und atmosphärisch war die Lektüre dennoch, und ich habe wieder einige Hinweise auf Musiktitel bekommen, die ich mal auf einschlägigen CDs mit englischen Chören suchen will.

  • finsbury: schön, dass wir uns so einig sind! ;)


    Ich muss mich mal schlau machen, was eigentlich aus den Verfilmungsplänen geworden ist.

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    Leonard Cohen





  • Zum Inhalt des Romans "Der Frauenchor von Chilbury" wurde hier ja schon einiges geschrieben, deshalb gehe ich darauf nicht näher ein. Ich finde die Idee des Erzählens aus verschiedenen Perspektiven grundsätzlich reizvoll, bei diesem Roman aber nicht besonders gut ausgearbeitet, dafür sind mir die verschiedenen Stimmen zu ähnlich (da schreibt die 13jährige stilistisch genauso wie die 18jährige oder die Frau in den mittleren Jahren). Außerdem ergeben sich dadurch viele kleine Geschichten, die dann auch schnell in die Belanglosigkeit abdriften. Der im Titel genannte Frauenchor ist eigentlich nur der Rahmen für diese vielen kleinen Anekdoten.

    Das muss an sich ja nicht schlecht sein, gerade weil dadurch die mehrfach erwähnte Wohlfühlatmosphäre geschaffen wird, aber meinen Lesegeschmack hat diese Konstruktion leider nicht so richtig getroffen, dafür war mir einiges zu dramatisch und anderes schlicht zu banal. Mehrfach wurde der Roman hier mit dem ähnlich konzipierten Roman "Deine Juliet" von Mary Ann Shaffer verglichen und dabei schneidet für mich persönlich "Deine Juliet" deutlich besser ab. Ein anderer Roman, der in Kriegszeiten in einem kleinen Dorf in England spielt ist "Der Buchclub" von Annie Lyons, auch dieser hat mir sehr viel besser gefallen.


    Für meinen Geschmack ist "Der Frauenchor von Chilbury" einfach Mittelmaß - kann man gelesen haben, muss man aber nicht. Ich überlege, ob ich dem zweiten Versuch der Autorin "Die Köchinnen von Fenley" noch eine Chance geben soll, da scheint der Inhalt mehr aus einem Guss zu sein.


    3ratten