Tom Drury - Grouse County

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    Tom Drury - Grouse County
    Klett-Cotta, August 2017
    795 Seiten; EUR 28.- (Hardcover)
    ISBN 978-3-608-98025-7
    Originalsprache: englisch
    Originaltitel: "The End of Vandalism", "Hunts in Dreams" & "Pacific"



    ++Das Ende des Vandalismus++


    Willkommen in Grouse County, einem fiktiven Landkreis im Mittleren Westen des USA! Alles scheint herrlich normal, irgendwie vertraut…
    Der Leser lernt einen Mikrokosmos kennen, der sich mit den Strukturproblemen der dortigen ländlichen Region, politischen Themen wie die Wahlen zum Sheriff, alltäglichen Problemen, aber auch Liebes- und Beziehungsfragen beschäftigt - dem ganz normalen Leben also.
    Die Darlings leben in einem Ort namens Grafton, als Sheriff Dan Norman Tiny wegen Vandalismus verhaftet. Schlussendlich verliert Tiny seine Frau Louise, diese ihre Selbstwahrnehmung und heiratet schlussendlich der Sheriff.
    Dan, der Sheriff, beschäftigt sich mit Diebstählen der existenzvernichtenden Sorte: im County werden teure landwirtschaftliche Maschinen gestohlen. Aber auch wenn der Bezirk kein außergewöhnlicher ist, gibt es natürlich auch noch anderes zu tun - zum Beispiel als im Supermarkt ein Baby ausgesetzt wird. Zum Glück gibt es für solche Fälle eine funktionierende Gemeinschaft! Oder aber jugendliche Randalierer, die den Wasserturm „verschönern“ und ein wenig gemeinnützliche Arbeit aufgebrummt bekommen. Dies sind nur Fragmente des Romanes - weitere Figuren bekommen ihren Raum…


    Und genau dies ist einer der entscheidenden Punkte, auf die man sich einlassen muss: eine Vielzahl an Charakteren lernt man in „Das Ende des Vandalismus“ kennen. Anfänglich hatte ich Sorge, ob ich sie alle in meinem Kopf behalten und voneinander unterscheiden kann. Aber dann hat mich der Sog erfasst und ich war derart im Buch angelangt, dass ich mir keine Gedanken mehr um solche Fragen gemacht habe. Ehrlich gesagt passiert in diesem Roman nicht furchtbar viel - oder besser gesagt nicht furchtbar viel Ungewöhnliches. Aber Tom Drury hat die ländliche Gemeinschaft und Struktur derart gekonnt zusammengefasst und aufsummiert, dass ich den Alltag der unterschiedlichen Menschen inklusive ihrer Sorgen und Nöte nur zu gerne miterlebt habe. Mitunter amüsant, vielleicht sogar komödiantisch, liest sich dieser Roman und ich wollte stets immer weiterlesen, weil er mich derart gefesselt hat.


    ++Die Traumjäger++


    Zurück in Grouse County, einige Jahre nach der Handlung von „Das Ende des Vandalismus“.
    Im Mittelpunkt steht die Patchwork-Familie von Charles „Tiny“ Darling, seiner zweiten Ehefrau Joan, ihrem gemeinsamen Sohn Micah und Joans Tochter Lyris. Letztere beschäftigt vor allem die Frage, warum ihre Mutter sie als Baby zur Adoption freigegeben hat. Keine leichte Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte - schon gar nicht für eine 16jährige… Ihr siebenjähriger Halbbruder wandert durch die nächtliche Stadt, ihre Mutter wiederum begibt sich auf eine Suche nach sich selbst, während Tiny sich mit einer historischen Schusswaffe, die seit Generationen im Besitz der Familie seines Stiefvaters war und nun zurückgekauft werden soll, beschäftigt.


    Sehr schlüssig erzählt Tom Drury die Geschichte des ersten Romanes weiter, fokussiert sich dabei auf ein Oktoberwochenende einer Familie, die Darlings. Noch mehr hat mich bei diesem Band die Klarheit des Autors, mit der er aus dem Leben ganz gewöhnlicher Leute erzählt, fasziniert. Auch in „Die Traumjäger“ entfernt er sich nicht von den alltäglichen Themen der Menschen, sondern schildert ihre Suche nach ihrem eigenen Ich, indem sie in der Vergangenheit suchen und sich mit diesen Wurzeln zu identifizieren versuchen. Hat mich das Debüt des Autors schon überzeugt, so muss ich mit dem zweiten Roman feststellen, dass Drury über ein enormes Talent verfügt, dass darin besteht, alle Seiten einer Gemeinschaft einzufangen.


    ++Pazifik++


    Sieben Jahre nach „Die Traumjäger“ begibt sich der Teenager Micah Darling nach Los Angeles, um dort endlich wieder mit seiner Mutter Joan, inzwischen eine Seriendarstellerin, vereint zu sein. Ihr Ehemann ist ohne seine Frau vereinsamt und geht wieder illegalen Tätigkeiten nach. Micahs ältere Halbschwester Lyris lebt mit ihrem Partner Albert in der Wohnung über Dan Norman, dem ehemaligen Sheriff von Grouse County und seiner Frau Louise, Tinys Ex.
    Dan hatte sich gegen eine sechste Kandidatur als Sheriff entschieden und arbeitet mittlerweile als Privatdetektiv. Als solcher verfolgt er einen Betrüger und gerät somit an seinen vermutlich größten Fall in seiner gesamten beruflichen Laufbahn…
    Tom Drury kehrt in „Pazifik“ einerseits dem Mittleren Westen kurzzeitig den Rücken, andererseits findet er zu all den Figuren zurück, die er in den ersten beiden Romanen begleitet und beleuchtet hat. Er verknüpft ihre Leben, schildert ihren Werdegang und - wieder einmal - ihre Gedanken und Emotionen. Die Probleme sind nicht weniger geworden und dennoch verdeutlichen sie realitisch die Sorgen und Nöte der Gesellschaft. Auch seinem Stil bleibt der Autor treu: dicht an seinen Charakteren, widmet er sich diesen exakt und dennoch nüchtern - Drury brilliert auch in „Pazifik“, verliert niemals das Interesse an seinen Figuren und verdichtet das Portrait einer Gemeinschaft im Mittleren Westen und einer Familie, die trotz so mancher seltsamer Entscheidung liebevoll geschildert wird.


    Fazit zur Trilogie: Ein Meisterwerk, das nachhallt.


    5ratten und ein :tipp:

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Falls es noch jemand nach dieser begeisterten Rezension lesen (und rezensieren!) möchte, ich hätte es nochmal gegen Porto abzugeben :winken:

    LG, Dani


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  • Hmmm ... ich muss leider sagen, dass mich Drury nicht so recht begeistern konnte.


    Ich habe den ersten Teil des Sammelbandes, "Das Ende des Vandalismus", gelesen und beschlossen, dass ich auf den Rest wohl eher verzichten werde.


    Bücher, in denen eher wenig passiert und der Alltag nachgezeichnet wird, mag ich gerne, ich lasse mich auch gerne auf eine gewisse Fülle an Figuren ein und folge ihnen bei dem, was sie an ganz normalen Tagen so treiben, aber Tom Drury hat es nicht geschafft, mich wirklich zu packen. Auf den ersten 100 Seiten war ich mehrmals nahe am Aufgeben, weil ich es so langweilig und fast schon nichtssagend fand, gespickt mit eher faden Beschreibungen von Bekleidung oder Autos und öden Gesprächen.


    Irgendwann stellte sich dann zwar so viel Interesse ein, dass ich weitergelesen und den ersten Band beendet habe, aber ich denke, ich belasse es dabei. Die Figuren erreichen mich einfach nicht so, wie ich es mir wünschen würde.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen