Joey Goebel - Vincent

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    Zum Inhalt


    „Eltern aufgepasst: Zeigt Ihr Sohn oder Ihre Tochter (im Alter zwischen 5 und 12 Jahren) außergewöhnliches künstlerisches Talent? Weist er oder sie eine ungewöhnliche Begabung im Schreiben, Musizieren oder anderen künstlerischen Ausdrucksformen auf?


    Falls ja, könnte Ihr Kind mithelfen, die Welt der Unterhaltung zu verbessern.
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    Mit diesem Inserat will der Medienmogul Foster Lipowitz, der bis dato mit seinen seichten Sitcoms, seinen ebenso niveaulosen wie brutalen Actionfilmen und anspruchsloser Einheits-Brei-Musik die Medienlandschaft beherrschte Talente finden für seine Eliteschule „New Renaissance“. Lipowitz, derweil unheilbar an Krebs erkrankt, erkennt im Angesicht seines Todes sein „Verbrechen“ an die Kulturwelt und will auf diesem Weg etwas gutzumachen. In „New Renaissance“ sollen die Schüler zu anspruchsvollen Songwritern und Drehbuchautoren ausgebildet werden.


    Als talentiertester Schüler stellt sich der junge Vincent Spinetti heraus. Nach dem Grundsatz, dass wahre Kunst nur durch Elend und Leid entsteht, wird Vincent ein persönlicher Manager zur Seite gestellt. Dieser Harlan Eiffler, selber ehemaliger Medienkritiker, hat zur Aufgabe, Vincent Steine in den Weg zu legen und ihm bewusst Leid zuzufügen. Er muss dafür sorgen, dass Vincent immer mit Leid konfrontiert wird, dass er niemals glücklich ist. Dies gelingt ihm ganz hervorragend, er sabotiert angehende Beziehungen, konfrontiert ihn mit unheilbaren Krankheiten und stößt damit den übersensiblen Vincent in tiefste menschliche Abgründe was aber schöpferische Geniestreiche zur Folge hat. Die Rechnung scheint also aufzugehen….


    Joey Goebel (kopiert vom Klappentext)


    Joey Goebel ist 1980 in Henderson, Kentucky, geboren und dort aufgewachsen. Mit 5 Jahren schreibt er seine erste Story, obschon er sich bald ein Leben als Punkrocker erträumt und als Leadsänger mit seiner Band "The Mullets" fünf Jahre lang durch den Mittleren Westen bis nach Los Angeles tourt. Joey Goebel hat einen B.A. in Anglistik vom Brescia College in Owensboro, Kentucky.


    Meine Meinung


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Von Stil und Inhalt hat es mich ein bisschen an Nick Hornby erinnert.
    Aufmerksam geworden bin ich durch den Klappentext, und dieser hält, was er verspricht. Das Buch hat mich dermaßen gefesselt, dass ich es in kürzester Zeit durch hatte. Es ist spannend, es ist lustig, traurig, gemein, fies und doch versöhnlich, und - vor allem - liest es sich, bedingt durch die kurzen Kapitel (insgesamt sind es über 100), sehr flüssig.


    Die Geschichte wird aus der Sicht des Managers Harlan Eiffler erzählt.
    Zu Grunde liegt die Idee künstlich das Niveau der Medienlandschaft zu heben, indem man Talente im wahrsten Sinne des Wortes heranzüchtet. Kunst entsteht durch Leid und Elend und deshalb lässt Harlan keine Gelegenheit aus, seinem Schützling Kummer zuzufügen, sein Glück zu kreuzen, wobei auch gesagt werden muss, dass die wahren Schicksale das Leben selber spielt.


    Das ganze soll als Satire gesehen werden, wobei ich aber doch oft das Gefühl hatte, dass es der Realität sehr nahe kommt.


    Gut getroffen fand ich die Figur des Vincent, der labile, sensible und clevere Junge in seiner vertrauenswürdigen Naivität, der all den erwachsenen Besserwissern trotzdem einen Schritt voraus ist und sehr wohl seine eigenen Werte und Vorstellungen hat.


    Alles in allem - ein wunderbares Buch zur Unterhaltung und auch zum Nachdenken, wohin uns die Medienlandschaft führen kann...


    5ratten

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • Das Buch ist fantastisch geschrieben! Mir gefällt fast alles daran!


    Ein Stilmittel, das mich besonders ansprach, war die Charakterisierung der jeweils vorgestellten Personen durch die Nennung ihrer Lieblingsband, Lieblingsserie und ihres Lieblingskinofilms.


    Allerdings finde ich den Titel der deutschen Ausgabe nicht passend.
    Der Ich-Erzähler des Buches ist Vincents Manager Harlan Eiffler und SEINE Sicht der Ereignisse ist zentraler Schwerpunkt des Buches. Vincent bleibt bis kurz vor dem Ende in einer passiven Rolle.
    Der Originaltitel "Torturing the artist" ist zweideutiger und trifft den Sachverhalt viel besser!


    Der Roman ist eine Mischung aus Humor und Pathos, Komödie und Drama, anspruchsvoll und aspruchslos - alles in allem ein "Tweener" (ein Titel ohne spezifische Zielgruppe).


    5ratten

    Ich werde kein&nbsp;Geld hinterlassen. Ich werde keinen Aufwand und Luxus hinterlassen. Aber ich möchte ein engagiertes Leben hinterlassen.<br />(Martin Luther King)

  • Es dauerte einige Zeit, bis ich mich an den Stil des Buches gewöhnt hatte. Aber dann musste ich es in einem Rutsch durchlesen.


    Das ganze Szenario erinnerte an Truemanshow ohne Kameras und Öffentlichkeit.
    Nur das Ende kam war für mich zu abruppt und zu weit hergeholt. Aber ansonsten war es sehr unterhaltsamn. Auch die Einteilung der einzelnen Kapitel nach Frauen, die eine Rolle spielen für Harlan und/oder Vincent einfach mal was anderes.
    Alles in allem: 4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • ich habe das Buch gestern ausgelesen und bin auch sehr sehr begeistert. Es ist beängstigend, dass man sich dieses Szenario durchaus für die reale Welt vorstellen kann, das sollte doch eigentlich ein Alarmzeichen sein, oder?
    Den Anfang des Buches hatte ich auf der Buchmesse in Leipzig gelesen (muss vor zwei jahren gewesen sein)... es war sehr laut und voll und wuselig, aber ich hab da in der menge gesessen und hab diesen Brief, den Harlan an Vincent geschrieben hat, gelesen und war sofort total an die zeilen gebunden und konnte nicht mehr aufhören. Warum ich nun so lange gebraucht habe, mit dem buch nun richtig anzufangen, weiß ich nicht. Aber es gehört auf jeden Fall zu den Büchern, die es schaffen das Bewusstsein in einem zu verändern.


    Wie Critical war ich von dem Ende aber auch nicht so begeistert... es hat sich irgendwie so ins Ende verlaufen, ein offenes Ende hätte mir wahrscheinlich besser gefallen.

    Dieser Satz kein Verb

  • Der Inhalt ist in dem ersten Post hervorragend wiedergegeben, daher spare ich mir eine Wiederholung und gehe direkt zu meiner Meinung über.


    Der Roman wurde mir von meiner Buchhändlerin empfohlen als Geschenk für einen (viellesenden) 16-jährigen. Und da sowohl er, als auch dessen Mutter restlos begeistert waren, habe ich mir das Buch auch gekauft und jetzt im Rahmen des SLW gelesen.


    Anfangs war ich von der Geschichte zwar gefesselt, aber gleichzeitig auch angewidert. Zur Mitte hin habe ich mich der zugrundeliegenden - für mich - deprimierenden Stimmung ergeben. Zwar hat die Geschichte auch satirische Momente, aber so richtig konnte ich nur an einer Stelle lachen. Es ist definitiv hauptsächlich ein Roman, der zum Denken anregen soll und das Ziel wird er vermutlich bei allen Lesern erreichen. Einerseits über die traurige Medienlandschaft, die erstaunlicherweise an Niveau keine unteren Grenzen zu kennen scheint, andererseits über die Art und Weise, wie mit Vincent verfahren wird. Ist es der Kunst willen gerechtfertigt, ein Leben mutwillig zu verpfuschen?


    Der Roman ist aus der Sicht des "Bösen" geschrieben und dadurch ist man geradezu gezwungen ihm Verständnis, wenn nicht sogar Sympathie entgegen zu bringen.


    Vieles schien mir allerdings an den Haaren herbeigezogen und für manches gab es nach meinem Geschmack zu vage Erklärungen. Ich hätte mir außerdem gewünscht, genaueres über die anderen "New Renaissance"-Schüler bzw. Projekte zu erfahren.


    Auf jeden Fall ist das ein Buch, das länger in mir nachhallen wird. Ich würde den Roman zur Pflichtlektüre für Jugendliche ab 15 Jahren erklären.


    Alles in allem ein sehr gutes Buch, das absolut zu empfehlen ist.


    5ratten


    Edit:


    4 Tage später und 2 Bücher weiter stelle ich fest, dass das Buch überhaupt nicht so in mir nachhallt, wie ursprünglich angenommen. Vielleicht ist es nur meiner weibischen Launenhaftigkeit zuzusprechen, aber aus heutiger Sicht würde ich nur noch 3 Nagetiere vergeben... :confused:


    Damit wir uns aber nicht missverstehen: Lesenswert ist das Buch allemal.

    Ich bezeige, nach Hertzens-Aufrichtigkeit, dass ich mich glücklich schätze, mich mit Verehrung nennen zu dürfen und ersterbe,<br />Roulade<br /><br />[url=http://www.literaturschock.de/autoren/interviews/119-intervie

    Einmal editiert, zuletzt von roulade ()

  • Ich hab das Buch mal angefangen, aber nach ein paar Seiten wieder weggelegt. Hab ich was verpasst? :gruebel:

    //Grösser ist doof//

  • Naja, die Superlative sind wohl mit mir durchgegangen. Es ist kein "schönes" Buch. Aber jetzt, nachdem ich es fertig gelesen habe, denke ich, das ist eines der Bücher, die "man gelesen haben sollte". Ich werde es aber sicher kein zweites Mal lesen.
    Ich wurde auch durch die Neugier getrieben, wie es wohl mit Vincent ausgeht, ob er nicht doch noch glücklich werden kann.
    Das Buch ist außerdem recht leicht zu lesen. Es wird in einfachen Sätzen eine Sache nach der anderen geschildert. Ich schätze, wenn du nach 50 Seiten noch nicht an der Thematik interessiert bist und nicht wissen willst, wie es weiter geht, ist es nicht deins und du hast nichts verpasst.

    Ich bezeige, nach Hertzens-Aufrichtigkeit, dass ich mich glücklich schätze, mich mit Verehrung nennen zu dürfen und ersterbe,<br />Roulade<br /><br />[url=http://www.literaturschock.de/autoren/interviews/119-intervie

  • Hallo.


    Mich konnte "Vincent" nicht ganz so sehr wie "Heartland" fesseln. Ein Grund hierfür war die für mich von Beginn an klare Entwicklung des Romans. Jedoch trotzdem ein sehr interessantes Buch mit wirklich äußerst lustigen Momenten für diejenigen unter uns die schwarzen Humor mögen.

  • Meine Meinung
    Irgendwie fällt es mir schwer, zu diesem Buch eine Rezi zu schreiben. Das Buch hat mir gut gefallen, leider kann ich die Gründe dafür nicht so gut in Worte fassen. Hier ein Versuch:


    Joey Goebel greift in seinem Buch ein Thema auf, das aktueller nicht sein könnte: die vorwiegend anspruchslosen Werke, die man im Kino, Fernsehen und Radio über sich ergehen lassen muss. Mit diesem Thema trifft Goebel bei mir einen Nerv. Das Radio schalte ich gar nicht mehr an, die Musik klingt für mich immer gleich und die stetig wechselnden Popsternchen kann ich selten unterscheiden. Auch Hollywood-Blockbuster können mich selten begeistern und von dem Mist, der im Fernsehen läuft, will ich gar nicht erst anfangen. Man sieht: Joey Goebel hatte es nicht schwer, mich zu begeistern. :zwinker:


    Dementsprechend gut fand ich das Buch. Die Überlegung, dass aus Leid große Kunst entsteht, fand ich spannend und nachvollziehbar. Vincent Spinetti, einer der "Auserwählten", wird schon als Kind von Harlan Eiffler betreut, der dafür zu sorgen hat, dass sein Schützling regelmäßig leidet. Dabei geht es hauptsächlich um seelisches Leid, was nicht angenehm zu lesen ist.


    Die ganze Geschichte wird aus Harlans Sicht erzählt. Und obwohl man Harlan für seine Taten eigentlich verabscheuen müsste, schafft er es doch, einem sympathisch zu sein. Er vermittelt dem Leser den Eindruck, dass er Vincents Leben zwar manipuliert, aber ihn gleichzeitig auch schützt, dass er ihn liebt und ihm das alles eigentlich auch wahnsinnig leid tut. Klingt komisch, aber beim Lesen hatte ich Verständnis für Harlan.


    Allerdings habe ich mich manchmal gewundert, wie viele Menschen von dem Projekt wissen. Und dennoch dringt nichts an die Öffentlichkeit bzw an Vincents Ohren. Kann das funktionieren?


    Spannend ist, dass einiges von dem Leid, das Vincent erfährt, nicht von Harlan beeinflusst wird. Das Leben hält eben für jeden Rückschläge bereit und man muss lernen, damit zurecht zu kommen. Dass das natürlich schwieriger ist, wenn man zusätzlich noch manipuliert wird, ist aber auch klar. Oder wird es Vincent gerade deshalb gelingen, glücklich zu werden? Das verrate ich natürlich nicht.


    Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, nur den Schluss fand ich nicht mehr ganz so gelungen wie den Rest des Buches. Dennoch ist das Buch auf jeden Fall empfehlenswert und ich vergebe:
    4ratten

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

    Einmal editiert, zuletzt von mondy ()

  • Meine Meinung
    Vincent hat mich gleich zwei Mal angenehm überrascht. Ich hatte eine andere Geschichte erwartet und dann nochmal einen anderen Ausgang. Der Einblick in die gar nicht schöne Welt der Unterhaltungsindustrie ist bestimmt nicht ganz so, wie in dem Buch dargestellt, trotzdem ist er sehr interessant. Ich kann mir schon vorstellen, dass man einen gewissen Teil seiner Seele verkaufen muss, um langfristig großen Erfolg zu haben.


    Vincent selbst hat in dieser Sache kein Mitspracherecht. Dass er bei New Renaissance mitmacht, wird über seinen Kopf hinweg entschieden. später wird sein Leben gnadenlos manipuliert und das ausgerechnet von dem Mann, dem er am meisten vertraut.


    Harlan sieht sich in seiner Erzählung ebenso als Opfer wie Vincent eines ist. Aber das ist er nicht und auch wenn er sich am Ende geläutert gibt, nehme ich ihm das nicht ab. Mehr noch: ich gönne ihm sein neues, besseres Leben nicht. Für das, was er dem Kind angetan hat und wie er später den Heranwachsenden behandelt hat, geht seine Geschichte zu gut aus. Ich nehme ihm nicht ab, dass er sein Handeln wirklich bereut.


    Mir geht es wie mondy, der Schluss war nicht so stark wie der Rest des Buchs. Trotzdem hat mir Vincent sehr gut gefallen.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Danke, dass Du den Thread wieder hervorholst, Kirsten. Ist direkt auf meine Wunschliste gewandert, nachdem ich vor ein paar Jahren "Heartland" von Goebel so toll fand.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Gern geschehen :smile: Ich habe mir leider viel zu viel Zeit gelassen, bis ich das Buch gelesen habe.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Oh, du hast es gelesen! :klatschen:


    Mache ich doch immer :zwinker: Hoffentlich bekommst du das Buch bald in die Hände, bei mir ist es in der OnLeihe aufgetaucht. Die schafft es immer wieder, mich mit Büchern zu überraschen, die schon lange auf meiner Leseliste stehen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Der Katalog meiner Stadtbücherei ist so intelligent und zeigt mir auch die Medien aus der Onleihe an, deswegen ist da leider nichts zu finden. Ich glaube, da hilft alles nichts, das Buch muss wohl anderweitig angeschafft werden. :rollen: (Oder ich versuche mal einen Beschaffungswunsch zu äußern. :breitgrins: )

  • In diesem Buch begleiten wir Vincent vom Grundschulalter bis ins junge Erwachsensein. Mit alleinerziehender drogensüchtiger Mutter und diversen Geschwistern, hat er eigentlich nur wenig Chancen im Leben, doch seine Mutter bewirbt ihn für eine Ausbildung zum anspruchsvollen Künstler - das bringt der Familie ein geregeltes Einkommen. Das Buch ist aus der Perspektive seines Betreuers Harlan geschrieben, der nicht nur seine Werke vermarkten soll, sondern vor allem dafür zu sorgen hat, dass Vincent nie lange glücklich ist. Unglück fördert das künstlerische Potential - so die Devise der hinter dieser Aktion steckenden Organisation.


    Harlan nimmt eine Mischung aus Folterer, Gefängniswärter und bestem Freund ein. Er macht abscheuliche Dinge und zugleich glaubt er wirklich daran, Vincents bester Freund zu sein und mag ihn. So zwiespältig betrachtet man ihn dann auch beim Lesen - irgendwie schafft er es als Freund glaubwürdig zu erscheinen, so das man ihm so einiges verzeiht bzw. als „doch gar nicht sooo schlimm“ abtut. Und wie wenig der Mensch innerhalb der Medienszene wert ist, wird dabei ungeschminkt aufgezeigt.


    Eine interessante Geschichte, die gegen Ende unnötigerweise ein wenig in Richtung Thriller abdriftet.


    4ratten

  • Oh es gibt ein Vincent- Thema!

    Vincent ist eines meiner Lieblingsbücher, ich habe dazu sogar meine Masterarbeit geschrieben.


    Leider ist das englische neu nirgendwo mehr zu bekommen, das deutsche habe ich nachdem ich es bereits gelesen hatte, mal auf einem Mängelexemplartisch gefunden und mitgenommen.


    Ich wäre aber schon gespannt, wie ich das Buch jetzt, ein paar Jahre später, so empfinden würde. :)

  • Der alternde Medienzar Foster Lipowitz ist angewidert von all dem künstlerisch anspruchslosen Mist in Film, Fernsehen und Musik, obwohl er mit seinem Imperium keinen unwesentlichen Anteil daran hatte, dass sich die Medienlandschaft so entwickelt hat. Er hat das Gefühl, etwas wiedergutmachen zu müssen, und gründet "New Renaissance", eine Organisation, die begabte Kinder zu Künstlern heranziehen soll, die qualitativ hochwertige Songs und Drehbücher mainstreamfähig machen.


    Der erfolglose Musikjournalist Harlan Eiffler hat ungefähr denselben Eindruck von der Mainstreamkultur wie Lipowitz und wird als Manager für eines der Kinder engagiert, den sensiblen Vincent, der aus prekären Verhältnissen stammt und schon als Siebenjähriger vielversprechendes schriftstellerisches Talent an den Tag legt.


    Nach Lipowitz' Ansicht entsteht wahre Kunst aus Leiden und Entbehrungen, und so hat Harlan die Aufgabe, Vincent nicht nur die Karriereleiter hinaufzuhelfen, sondern auch dafür zu sorgen, dass der Junge nie zu lange glücklich ist.


    Während Vincent sich zu einem wahren Wunderkind entwickelt und berufliche Erfolge feiert, aber dafür nie eine glückliche Beziehung führen oder Freundschaften aufrechterhalten kann, leidet Harlan immer mehr unter seinen unschönen Pflichten und sucht nach Auswegen. Doch es ist kaum möglich, sich aus den Zwängen von New Renaissance zu lösen, denn die Organisation sitzt immer am längeren Hebel.


    Das Buch beginnt sehr überzeichnet, stellenweise wird es schon beinahe albern oder übermäßig böse, und ich hatte Bedenken, ob ich das über mehr als 400 Seiten durchhalten mag.


    Der Roman nimmt zwar bis zum Schluss den US-Medienbetrieb mit zahlreichen Seitenhieben auf real existierende oder nur leicht verfremdete Personen und Organisationen ordentlich auf die Schippe und erhält die zynische Prämisse, nur gequälte Künstler könnten wirklich gute Kunst erschaffen, als oberstes Gebot der "New Renaissance" stets aufrecht, aber die Satire wird im Verlauf des Buches etwas subtiler und die Handlung nimmt realistischere Züge an. Man fühlt sowohl mit Vincent mit, dem introvertierten Jungen, der Spielball höherer Interessen ist, obwohl er eigentlich nur schreiben und seine Ruhe haben will, als auch mit Harlan, der seine zweischneidige Managerrolle immer schlechter ertragen kann und genauso wie Vincent nur eine Spielfigur auf dem Schachbrett von New Renaissance ist.


    Clever konstruiert, ziemlich bissig, voller Popkultur-Anspielungen und gut nachvollziehbarer Medienkritik und nach dem mir etwas zu überzogenen Anfang so fesselnd geschrieben, dass ich es fast in einem Rutsch ausgelesen habe.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ein Stilmittel, das mich besonders ansprach, war die Charakterisierung der jeweils vorgestellten Personen durch die Nennung ihrer Lieblingsband, Lieblingsserie und ihres Lieblingskinofilms.

    Das fand ich auch klasse!

    Harlan sieht sich in seiner Erzählung ebenso als Opfer wie Vincent eines ist. Aber das ist er nicht und auch wenn er sich am Ende geläutert gibt, nehme ich ihm das nicht ab.

    Doch, ich habe ihm das schon geglaubt. Natürlich hätte er bis zu einem gewissen Punkt die Wahl gehabt, bestimmte Dinge nicht zu tun, aber spätestens,

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Oh das ist eigentlich ein Tamkatz- Buch, das ich als nicht geschafft angeschrieben hatte, aber nach deiner Rezi rückt es doch wieder in den Fokus, zumal ich den Autor ganz gerne mag.