Anthony Powell - Casanovas chinesisches Restaurant/Casanova's Chinese Restaurant

Es gibt 29 Antworten in diesem Thema, welches 6.850 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.


  • Als er mit Nick darüber spricht - ein Glas sei noch erlaubt, er müsse nicht komplett mit dem Alkohol brechen - dachte ich mir, dass ihm noch ein sehr weiter Weg bevorsteht, wenn er ihn den jemals überhaupt betreten wird.


    Ich glaube es kaum. Auch sein Umfeld trägt ja nicht dazu bei, dass er sich komplett von der Flasche trennen könnte. Man behandelt ihn, wie man einen dementen oder zumindest etwas vertrottelten alten Onkel behandeln würde, lässt ihm in gewissem Umfang Narrenfreiheit und passt halt auf, dass er keinen Mist anstellt. Echte Unterstützung sieht anders aus. Wirklich schlimm, er ist doch noch so jung!

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ah, bis zum Erscheinen des beschwipsten Stringham bin ich schon gekommen.


    Etwas entsetzt war ich ja über Matildas Äußerungen zur Ehe. Erst jammert Moreland rum, dass er sich im Eheleben nicht wirklich wohl fühlt und nun auch noch Matilda.



    Die Maclinticks sind noch ein Beispiel für eine grausliche Ehe. Gab es überhaupt bei Powell schon mal eine gute Ehe (oder überhaupt eine gelungene Beziehung?) :gruebel:


    Gut, so schlimm wie die Maclinticks ist bisher kein anderes Paar, aber glücklich scheint keiner über die Maßen zu sein. Eigentlich recht traurig. Außerdem wimmelt es nur so von Geschiedenen.



    Normans Rolle im Hause Foxe kommt mir auch etwas seltsam vor. Er scheint dort Mädchen für alles zu sein. Vor allem hat er das Wohlwollen aller!

  • Ich bin jetzt im letzten Kapitel. Muss sagen, dass das einer von den Bänden, so wie der dritte, ist, der mir weniger gefällt. Zuviel Ehe-Rumgezicke, auf männlicher und weiblicher Seite. Die Maclinticks sind natürlich die schlimmsten, aber es entsteht insgesamt der Eindruck, dass Powell einer der vielen Autoren ist, die insgesamt der Meinung sind, dass Ehe einfach nicht gelingen kann, wie auch schon Valentine erwähnt.
    Erfreut war ich, wieder von Stringham zu hören und ihn sozusagen live zu erleben: Ich finde, dass Powell diesen anarchischen und dennoch gefangenen und dadurch gedemütigten Geist sehr gut hinkriegt. Kein sympathischer Charakter, selbstverliebt und hemmungslos, aber gerade deshalb faszinierend. Und bei so jemandem ist man traurig, wenn ihm die Flügel gestutzt werden, auch wenn man weiß, dass er sonst in der Sonne verbrennt.


  • Ich bin jetzt im letzten Kapitel. Muss sagen, dass das einer von den Bänden, so wie der dritte, ist, der mir weniger gefällt. Zuviel Ehe-Rumgezicke, auf männlicher und weiblicher Seite.


    Die Befürchtung hatte ich zunächst auch, aber zum Ende hin gab es dann doch einige interessante Entwicklungen, die mich unterm Strich versöhnt haben. (Dazu hoffentlich heute abend noch mal etwas mehr, ich war leider in den letzten Tagen ziemlich eingespannt oder hatte gar keine Lust auf Rechner.)


    Zitat

    Die Maclinticks sind natürlich die schlimmsten, aber es entsteht insgesamt der Eindruck, dass Powell einer der vielen Autoren ist, die insgesamt der Meinung sind, dass Ehe einfach nicht gelingen kann, wie auch schon Valentine erwähnt.


    Kommt mir wirklich langsam so vor. Mir fällt kein einziges glückliches Paar ein, eigentlich nicht mal eins, das zu Beginn richtig glücklich ist. Die Beweggründe für Beziehungen scheinen sich auf Sex, Status oder schiere Berechnung zu beschränken. Oder das berühmte "weil man's halt so macht".

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Bin jetzt durch. Das Ende hat mich dann, so wie du es, Valentine schon angedeutet hast, doch etwas versöhnt. Maclinticks zutiefst deprimierender Abgang war erzählerisch konsequent und führt das Buchende an die Düsternis heran, die nun ante portas steht: Die nächsten drei Bände spielen ja während des 2. Weltkriegs.


    Nicks Erinnerung an die Geisterbahnfahrt mit Moreland am Ende ist eine große Metapher für das Bevorstehende und auch deshalb ungewöhnlich, weil er ja ansonsten der analytische Kommentator ist und nicht durch emotionale oder metaphorische Sprechweise auffällt.

  • Hallo in die Runde, :winken:
    ich hab jetzt doch mal angefangen zu lesen, bisher aber nur das erste Kapitel und ein paar Seitem vom zweiten geschafft. (Herr Knödelchen hat aber ab übermorgen Urlaub, dann sieht es wieder etwas besser aus für mich :zwinker:)


    Wie anscheinend einige andere auch war ich von den Zeitsprüngen im ersten Kapitel erst etwas überfordert, aber so ungefähr konnte ich mir dann schon zusammenreimen, wann dieses erste Treffen zwischen Morland und Jenkins stattfand, da ja Deacon noch am Leben ist und die beiden einander vorstellt.
    Die Szene, in der Morland Jenkins seine Angebetete im Theater vorstellt, muss ja dagegen Jahre später stattgefunden haben, kurz bevor er selbst Isobel kennenlernt und sie heiratet.
    Allerdings könnte ich jetzt so aus dem Stehgreif keine Jahreszahlen nennen, kann da jemand helfen? :verlegen:
    Ich habe mir auch lange den Kopf zermartert, ob und wo man vielleicht von Morland schon gehört hat, aber er sowie die ganze Truppe um ihn herum und auch seine zukünftige Frau sind tatsächlich neue Figuren und nicht uninteressant, wie ich finde. Ich bin gespannt, ob wir im weiteren Verlauf noch mehr von ihnen erfahren werden.


    Zu Beginn des zweiten Kapitels stimmt die zeitliche Reihenfolge dann wieder, auch wenn die Heirat mit Isobel einfach übergangen wird und er gleich schon als Schwiedersohn bei Lady Katherine auftaucht.



    Dass es auch eine Menge Tolland-Brüder gibt, hatte ich ganz vergessen, ich hatte nur noch Erridge und die Mädchen auf dem Schirm. Aber beim Lesen fiel mir zumindest der korrekte George wieder ein (der offenbar inzwischen eine nicht ganz so korrekte Gattin gefunden hat).


    Ich hatte die Brüder auch vergessen, sogar den korrekten George... :zwinker:

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    Einmal editiert, zuletzt von knödelchen ()


  • Anfangs war ich auch etwas verwirrt, dass wir uns bereits mitten im Krieg befinden, wobei die Eingangsszene dazu diente, eine Erinnerung hervorzurufen. Das hat Powell übrigens im ersten Band auch schon gemacht. Der erwachsene Jenkins kommt wegen einer Pfütze auf der Straße ins Sinnieren und beginnt über Umwege von seiner Schulzeit zu erzählen.


    Warum Powell der englische Proust sein soll, ist damit wieder klar. Ich mag diese Einsteigs- oder Rahmenhandlungen, die dann in die Vergangenheit führen, sehr gerne, auch wenn es natürlich etwas kompliziert ist, immer die Zeitebenen richtig auf die Reihe zu bekommen.
    Mir geht es selbst auch oft so, bei bestimmten Liedern z.B., das nenne ich dann immer einen Proust´schen (oder in Zukunft dann Powell`schen) Moment. :smile:

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  • Kapitel 4


    In diesem recht kurzen letzten Kapitel überstürzen sich noch mal regelrecht die Ereignisse und Entwicklungen, wohingegen der Rest des Buches oft langsam vorankam und ich vor allem zu Beginn auch mit der zeitlichen Einordnung extrem verwirrt war.


    St. John Clarke hat nun doch das Zeitliche gesegnet, die Nachrufe sind ja eher lauwarm ... und ob er das zu Lebzeiten ernst gemeint hat mit dem Nobelpreis?


    Als Widmerpool mit Beau Brummell verglichen wird, habe ich den erst mal nachgeschlagen ... na, dass es Widmerpool unter einem im Amt verbliebenen König Edward zur Stilikone gebracht hätte, wage ich zu bezweifeln! :lachen:


    Maclinticks Ende war traurig, aber irgendwie auch folgerichtig. Die Fassung, die er an den Tag gelegt hat, als Moreland und Jenkins bei ihm waren, war dann wohl doch nur künstliche Fassade.


    Und dass Carolo mit Audrey glücklich wird, wage ich auch noch zu bezweifeln. Das ist sicher nur wieder ein neues kurzfristiges Bäumchen-wechsel-dich. So langsam bin ich ja gespannt, wer sich am Ende des Zyklus in wessen Armen befinden wird ;)


    Außerdem bin ich gespannt, wie groß die Rolle des Krieges letztendlich in den nächsten Bänden sein wird - bleibt er nur Hintergrundrauschen oder erfährt man doch etwas mehr?

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    Leonard Cohen





  • Ich bin inzwischen auch durch mit dem Buch. Am Ende passierte dann doch noch so einiges.


    St. John Clarke, der von mir bereits tot geglaubte, hat das Zeitliche gesegnet und mit seinem Testament noch für eine Überraschung gesorgt. Erridge ist nun einige Sorgen ärmer und Quiggins ist sauer. Wenn ich es recht verstanden habe, dann hat SJC eigentlich nur einen wirklichen Bestseller zu Stande gebracht.


    Erridge ist bis auf seine Erkrankung heil aus Spanien zurückgekehrt. Priscilla heiratet Lovell, sehr überraschend muss ich sagen. Robert hat die Möglichkeit sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Dann sind die Familienangelegenheiten ja gut geregelt.


    Moreland hat sich mit Matilda versöhnt/arrangiert, wie auch immer, sie versuchen es noch mal. Mag vielleicht mit dem Schock über den Selbstmord von Maclintick zusammenhängen. Tja, der war nun echt der Verlierer. Er konnte nicht mit Audrey, aber auch nicht ohne sie.


    Dass sie mit Carolo glücklich wird, bezweifle ich genau so wie ihr. Mag sein, dass sie nur mit Carolo abgehauen ist, um ihn zu ärgern. Und Carolo hat es genossen so umworben zu werden.


    Über Nick weiß ich inzwischen kaum mehr, aber das habe ich auch gar nicht erwartet. Isobel ist weiterhin nur ein Name, mit dem er verheiratet ist. :rollen:


    Ja, Widmerpool, der schrullige Typ, der doch irgendwie meine Sympathie hatte, entwickelt sich zu einem echten Ekel! :sauer:


    Onkel Giles hat uns gänzlich im Stich gelassen. Ob er inzwischen zu alt geworden ist? Vielleicht taucht er in den nächsten Bänden noch auf, um Nick wertvolle Tipps aus seiner eigenen Soldatenzeit zu geben. Von der drohenden Kriegsgefahr hat man in diesem Band weniger gelesen als in dem davor finde ich.



    So langsam bin ich ja gespannt, wer sich am Ende des Zyklus in wessen Armen befinden wird ;)


    :eis:


  • Wenn ich es recht verstanden habe, dann hat SJC eigentlich nur einen wirklichen Bestseller zu Stande gebracht.


    Ja, der Rest war dann nichts Besonderes mehr.


    Zitat

    Über Nick weiß ich inzwischen kaum mehr, aber das habe ich auch gar nicht erwartet. Isobel ist weiterhin nur ein Name, mit dem er verheiratet ist. :rollen:


    Das passt ja auch wieder zur Darstellung der Ehe im allgemeinen in diesem Zyklus. Nick wird schätzungsweise bis zum Ende ziemlich farblos bleiben. Auch auffällig, dass Isobel diejenige unter den vielen Tollands ist, über die wir eigentlich am wenigsten wissen, oder? Selbst Hugo, der bisher wenig in Erscheinung getreten ist, oder Robert haben hier etwas mehr Kontur bekommen, und Norah, die wenig Erwähnung fand, kennen wir aus den früheren Bänden.


    Zitat

    Ja, Widmerpool, der schrullige Typ, der doch irgendwie meine Sympathie hatte, entwickelt sich zu einem echten Ekel! :sauer:


    Wirklich gemocht habe ich ihn noch nie, aber am Anfang hatte er zumindest noch mein Mitgefühl als stets belächelter und gehänselter Außenseiter. Jetzt wirkt er nur noch berechnend und ätzend.


    Zitat

    Onkel Giles hat uns gänzlich im Stich gelassen. Ob er inzwischen zu alt geworden ist? Vielleicht taucht er in den nächsten Bänden noch auf, um Nick wertvolle Tipps aus seiner eigenen Soldatenzeit zu geben.


    Ich hatte auch gehofft, dass wir noch erfahren, was aus ihm geworden ist. Der kann doch nicht einfach so ausgeschlichen werden!


    Zitat

    Von der drohenden Kriegsgefahr hat man in diesem Band weniger gelesen als in dem davor finde ich.


    Das stimmt. Der Band hing generell zeitlich so ein bisschen in der Schwebe, abgesehen von der Erwähnung das spanischen Bürgerkrieges.

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    Leonard Cohen