Charlotte Brontë - Jane Eyre

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  • Bis Kapitel 8


    Die Gegebenheiten in Lowood erinnern eher an ein asketisches Mönchskloster als an eine Schule - erbauliche Lektüre, Waschen mit kaltem Wasser (wenn es nicht gerade gefroren ist) und ungenießbares Essen, das zudem nicht ausreicht. Dazu noch jede Menge Gerede vom Höllenfeuer und von der Schlechtigkeit des Menschen. Ich mag das gar nicht glauben, aber solche Zustände scheinen keine Erfindung gewesen zu sein, sondern das, was herauskam, wenn sich selbstgerechte Möchtegern-Vorzeigechristen zu "Wohltätern" mittelloser Waisen aufschwingen. So sieht wahre Nächstenliebe ganz bestimmt nicht aus.


    Er kann sich damit eben richtig profilieren. Das Problem ist, dass die Bedürftigen wahrscheinlich so froh sind über die Hilfe, dass sie sich nicht trauen, gegen die offensichtlichen Missstände zu klagen. Es sind sicher einige unter ihnen, die ohne die Schule verhungern würden oder im Krankheitsfall keine Abwehrkräfte hätten. So ist das strenge Regiment das kleinere Übel.



    Vor allem diesen Brocklehurst könnte ich würgen. Das Leben dieser Mädchen ist schon schwer genug, und er koffert sich über Brot und Käse oder ein frisches Halsband oder -tuch auf und über rotes lockiges Haar, während seine ehrenwerten Begleiterinnen in Samt und Seide und Pelz gewandet sind? :grmpf:


    Vor allem geht er davon aus, dass das den Schülerinnen nicht auffällt. Das ärgert mich daran am meisten.




    Auch Helen Burns tut mir irgendwie leid, die glaubt ja ihre eigenen salbungsvollen Sprüche :rollen:


    Klingt nach erfolgreicher Gehirnwäsche. Sie hat die entsprechenden Sprüche oft genug gehört, um daran zu glauben. Ohne ihren Glauben an Gott und die Kraft, die sie darin findet, könnte sie sich längst nicht so gut mit den Gepflogenheiten in der Schule arrangieren.


  • Der Teil mit dem Waisenhaus ist der Grund weshalb in John Irvings Gottes Werk und Teufelsbeitrag den Mädchen immer aus Jane Eyre vorgelegen wird^^


    Noch was, das ich vergessen habe :breitgrins: Den muss ich irgendwann auch noch mal lesen.



    Er kann sich damit eben richtig profilieren. Das Problem ist, dass die Bedürftigen wahrscheinlich so froh sind über die Hilfe, dass sie sich nicht trauen, gegen die offensichtlichen Missstände zu klagen. Es sind sicher einige unter ihnen, die ohne die Schule verhungern würden oder im Krankheitsfall keine Abwehrkräfte hätten. So ist das strenge Regiment das kleinere Übel.


    Das ist ja das Schlimme. Es geht einigen halt dort immer noch besser, als es ihnen sonst gegangen wäre (Jane sagt ja auch am Ende des 8. Kapitels, dass es ihr in der Armut von Lowood trotz allem besser gefällt als auf Gateshead Hall, wo sie materiell besser dran war), nach außen hin wird es unter dem Deckmäntelchen der Fürsorge für die Armen verkauft, und schon steht das System, das kaum einer zu erschüttern wagt :traurig:


    Zitat

    Vor allem geht er davon aus, dass das den Schülerinnen nicht auffällt. Das ärgert mich daran am meisten.


    Entweder das, oder es ist ihm schlichtweg egal, dass sie seine abscheulichen Sprüche hören. Letzteres finde ich eigentlich noch schlimmer.


    Zitat

    Klingt nach erfolgreicher Gehirnwäsche. Sie hat die entsprechenden Sprüche oft genug gehört, um daran zu glauben. Ohne ihren Glauben an Gott und die Kraft, die sie darin findet, könnte sie sich längst nicht so gut mit den Gepflogenheiten in der Schule arrangieren.


    Ja, und letztendlich kommt sie dadurch besser klar als Jane, die alles hinterfragt. Aber trotzdem tut es mir in der Seele weh, ein noch so junges Mädchen solchen Schwachsinn herunterbeten zu hören. Aber das gab es ja noch sehr lange, wenn ich da etwa an manche Bücher aus dem Kindheitsbestand meiner Mutter denke ... Ich glaube wirklich, dass ein fester Glaube einem in schweren Zeiten helfen kann, aber eine solche Selbstzerfleischung als Bestandteil eines Glaubens empfinde ich überhaupt nicht als hilfreich.


    Charlotte lehnt sich hier für damalige Verhältnisse ganz schön weit aus dem Fenster. Dass sie so unverblümt die Missstände in ähnlichen Institutionen geschildert hat, ist bestimmt vielen unangenehm aufgestoßen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Valentine
    Der Teil mit dem Waisenhaus ist der Grund weshalb in John Irvings Gottes Werk und Teufelsbeitrag den Mädchen immer aus Jane Eyre vorgelesen wird^^


    Natürlich *aufdiestirnschlag* Den Irving habe ich letztes Jahr gelesen und kann mich noch gut ans abendliche Vorlesen erinnern.


    Mr. Brocklehurst ist mir seit seinem ersten Auftreten unsympatisch, wie er Jane bei ihrer ersten Begegnung behandelt hat. Mir kommt es so vor, als ob seine Mildtätigkeit aufgesetzt ist. Er macht es, um gut dazustehen und nicht weil er wirklich ein gütiger Mensch ist.


    Bis Kapitel 11
    Die erste Zeit auf Lowood war schwer und entbehrungsreich. Trotzdem würde Jane sie nie gegen das wesentlich luxuriösere Leben bei ihrer Tante eintauschen. Das kann ich verstehen, denn hier hat sie Freundinnnen gefunden und wird wie ein Mensch behandelt. Aber ich habe völlig vergessen, wie zornig sie manchmal werden kann. Dass ihre Leidenschaft ihr im Internat nicht mehr Schwierigkeiten einbringt, sondern eher toleriert wird, hat mich gewundert. Wenn ich daran denke, was ihre Freundin Helen alles mitgemacht hat.


    Helen ist ein lieber Mensch. Sie ist fast zu gut für das strenge Regime im Pensionat. Sie kann auch die schlimmste Bestrafung so erklären, dass diese für sie eher eine Hilfe ist. Aber dass sie wirklich glaubt, sie habe sie auch verdient und sogar den Lehrerinnen dankbar für die Bestrafung ist, hat mich erschreckt. Auf mich hat das so gewirkt, als ob sie keinen eigenen Willen hat.


    Dass Jane nicht ewig in Lowood bleiben will, war klar. Dazu ist sie viel zu neugierig. Aber eigentlich kann ich sie mir nicht als Gouvernante oder Lehrerin vorstellen. Dazu kann sie sich zu wenig zurückhalten. In einem anderen Buch hätte sie sich wahrscheinlich schrecklich mit den Eltern ihrer Schützlinge gestritten.


    Dass Bessie sie noch einmal besucht, hat mich gefreut. Den geheimnisvollen Verwandten habe ich ganz vergessen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Dass Jane nicht ewig in Lowood bleiben will, war klar. Dazu ist sie viel zu neugierig. Aber eigentlich kann ich sie mir nicht als Gouvernante oder Lehrerin vorstellen. Dazu kann sie sich zu wenig zurückhalten. In einem anderen Buch hätte sie sich wahrscheinlich schrecklich mit den Eltern ihrer Schützlinge gestritten.


    Viele andere berufliche Möglichkeiten haben sich damals nicht geboten, es sei denn, sie wäre irgendwo als einfache Hausangestellte oder Pflegerin eingetreten. Sie kann es sich auch nicht leisten, mit den Eltern ihrer Schüler zu diskutieren. Wenn die nicht mit ihren Umgangsformen oder Lehrmethoden einverstanden wären, könnten sie ihr ein schlechtes Zeugnis ausstellen. Und Referenzen waren ja gefragt, wie wir wissen. Irgendwo stand schon zu lesen, dass Jane eine neue Anzeige aufgegeben hätte, wenn es in Thornfield nicht geklappt hätte. Ich bin sicher, dass sie Differenzen tunlichst vermieden hätte.

  • Sammy, Danke. Von "Eier" bis "Ähre" war bei den Vorschlägen wie der Name nun ausgesprochen wird, alles dabei :breitgrins:


    Bis Kapitel 11



    Bis Kapitel 8


    Die Gegebenheiten in Lowood erinnern eher an ein asketisches Mönchskloster als an eine Schule - erbauliche Lektüre, Waschen mit kaltem Wasser (wenn es nicht gerade gefroren ist) und ungenießbares Essen, das zudem nicht ausreicht. Dazu noch jede Menge Gerede vom Höllenfeuer und von der Schlechtigkeit des Menschen. Ich mag das gar nicht glauben, aber solche Zustände scheinen keine Erfindung gewesen zu sein, sondern das, was herauskam, wenn sich selbstgerechte Möchtegern-Vorzeigechristen zu "Wohltätern" mittelloser Waisen aufschwingen. So sieht wahre Nächstenliebe ganz bestimmt nicht aus.


    Als ich den Teil gelesen hatte, dachte ich die ganze Zeit daran das jemand der das so gut beschreiben kann, bestimmt selbst so erlebt hat. Diese Art "Erziehung" war bestimmt normal zu der Zeit. Charlotte Brontë prangert das aber an, jedenfalls lese ich ihre Empörung raus. Und ich habe mich die ganze Zeit über gefragt ob man sie auch so behandelt hat. Jedenfalls habe ich ihre Verzweiflung richtig gespürt über dem lesen.
    Leider weiß ich über Charlotte Brontë überhaupt nichts, außer dass ihr Vater Pastor oder sowas war. Ich weiß noch nicht mal ob sie in die Schule gehen durfte, jedenfalls muss ich mich mal schlau machen über die Schwestern.


    Als dieser Bucklehurst rein kam, mit seiner pickfeinen Frau und dem Kind in den tollen Kleidern wäre ich am liebsten aufgesprungen. Und was der für ein Theater wegen den Haaren machte. Ich lese ja auch oft historische Romane, aber ich dachte einen Moment der packt gleich den "Hexenhammer" raus. Toll fand ich das die Kinder hinter seinem Rücken Fratzen geschnitten haben. Und das Jane wegen der Strafe vom Bucklehurst eher von den anderen aufgenommen wurde, anstatt gemieden zu werden. Als wäre es eine Art Aufnahmeritus vom ollen Buckelhorst ne Strafe verpasst zu kriegen.


    Dass Jane nicht ewig in Lowood bleiben will, war klar. Dazu ist sie viel zu neugierig. Aber eigentlich kann ich sie mir nicht als Gouvernante oder Lehrerin vorstellen. Dazu kann sie sich zu wenig zurückhalten. In einem anderen Buch hätte sie sich wahrscheinlich schrecklich mit den Eltern ihrer Schützlinge gestritten.


    Welche andere Möglichkeiten hätte es denn für eine "gelehrte" Frau denn noch gegeben zu dieser Zeit? Ich glaube, sehr viel mehr Auswahl gab es da nicht. Außer vielleicht noch "heiraten".



    Dass Bessie sie noch einmal besucht, hat mich gefreut. Den geheimnisvollen Verwandten habe ich ganz vergessen.


    Bessie hatte ich schon ganz wieder vergessen. Hätte nicht gedacht dass wir sie noch mal zu Gesicht bekommen.
    Und dieser Verwandte? Hätte Jane letzten Endes vielleicht noch ein wenig länger ausharren sollen und ihr Vater/Onkel/Bruder hätte sie vielleicht gerettet?

    Lesen ist die schönste Brücke zu meinen Wunschträumen.

  • Hallo zusammen,


    ich wollte mich nur mal kurz melden. Werde wohl etwas länger für das Buch brauchen. Ich habe zuerst mein voriges Buch beendet und deshalb heute erst angefangen. Ich lese die Ausgabe der Penguin Popular Classics, also auf Englisch, und die Schrift ist ziemlich kleingedruckt, also anstrengend...


    Ich lese das Bucn zum ersten Mal, habe aber schon verschiedene Verfilmungen gesehen.


    Die Vorworte habe ich erstmal übersprungen, um voranzukommen und bin jetzt im 3. Kapitel. An die Szene mit den ekelhaften Reed-Kindern und Janes Bestrafung konnte ich mich deutlich erinnern. Unerzogene Kinder gab es wohl damals wie heute und die Kinder sind wohl wie die Mutter, hartherzig und grausam. Vor allem dieser John ist fürchterlich und garantiert wird aus dem nichts Rechtes werden - mal sehen, ob das weiterverfolgt wird.
    Denn auf den ersten Blick scheinen solche Mütter und Kinder zueinander zu passen, aber ob sie auf lange Sicht glücklich sind, ist doch fraglich.



    Bei Janes Bestrafung ging mir echt der Hut hoch. Ein kleines Mädchen in dieses gruselige Zimmer zu sperren, zu absoluter Bewegungslosigkeit zu verurteilen und sie, als sie schier durchdreht, erst recht zu züchtigen - schwarze Pädagogik vom Feinsten! Auch dass sich keiner um ihre Platzwunde gekümmert hat, ist schrecklich. Wo bleibt denn da die Fürsorgepflicht? :grmpf:


    Vorsicht mit dem Begriff "schwarze Pädagogik", ich habe hier im Forum schonmal eins auf den Deckel bekommen, weil ich ihn verwendete. Aber ist stimme dir zu, genau das ist es, allerdings selektiv angewandt, denn den eigenen Kindern gegenüber legt Mutter Reed ein laissez-faire-Verhalten an den Tag und von Erziehung keine Spur. Jane, so jung sie ist mit ihren 10 Jahren, erkennt auch schon die Gründe dafür: einmal ihre Herkunft, und dann dies:



    Diese Abbot hätte ich allerdings gerne mal durchgeschüttelt für ihr dummes Geschwätz, man hätte Jane ja durchaus gernhaben können, wenn sie denn wenigstens hübsch wäre :kotz:


    Auch Jane selber äußert ja so etwas wie: wenn sie ein wildes, aber hübsches Kind gewesen wäre, hätte man sie lieber gemocht. Genau genommen sind wir auch heute nicht ganz frei davon: hübsche Kinder, oder schöne Menschen allgemein, haben es einfach leichter.
    (Bei mir beißen allerdings boshafte und grausame Kinder schnell auf Granit, und seien sie noch so hübsch und niedlich.)
    Janes starker Charakter kommt hier aber schon zum Vorschein, in ihrem Gerechtigkeitsempfinden, das sie sich trotz der miesen Behandlung bewahrt hat. Ihre Ohnmacht den Verhältnissen gegenüber finde ich eindrucksvoll geschildert.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()


  • Als ich den Teil gelesen hatte, dachte ich die ganze Zeit daran das jemand der das so gut beschreiben kann, bestimmt selbst so erlebt hat. Diese Art "Erziehung" war bestimmt normal zu der Zeit. Charlotte Brontë prangert das aber an, jedenfalls lese ich ihre Empörung raus. Und ich habe mich die ganze Zeit über gefragt ob man sie auch so behandelt hat. Jedenfalls habe ich ihre Verzweiflung richtig gespürt über dem lesen.


    Sie kannte das aus eigener Erfahrung oder hat es zumindest bei anderen miterlebt. Ihre zwei ältesten Schwestern starben nach ein paar Monaten in so einer Schule an Krankheit und Unterernährung. Ich habe vor ein paar Tagen an anderer Stelle darüber geschrieben.


  • Bis Kapitel 8


    Vor allem diesen Brocklehurst könnte ich würgen. Das Leben dieser Mädchen ist schon schwer genug, und er koffert sich über Brot und Käse oder ein frisches Halsband oder -tuch auf und über rotes lockiges Haar, während seine ehrenwerten Begleiterinnen in Samt und Seide und Pelz gewandet sind? :grmpf: Sowas bringt mich echt auf die Palme, und der Gipfel war, wie er Jane vorgeführt hat, als sei sie der Leibhaftige. Was das wohl mit so einem armen Kinderseelchen macht oder machen kann? Jane scheint mir ja trotz allem relativ widerstandsfähig gegen derartigen Mist, weil sie selbständig zu denken imstande ist und sich traut, es zu tun. (Komischerweise hatte ich das alles ziemlich verdrängt. Seltsam!)


    Da geht mir auch immer der Hut hoch wenn ich von ihm lese und seinem angeblich christlichen Werk.


    Ich bin mitten im 7. Kapitel und Jane hat sich gerade etwas eingelebt. Wobei es sich ja schon sehr trist und nicht besonders schön anhört dort die Tage zu verbringen. Wenn ich lese wie der Wind durch die Ritzen weht und die Mädchen ohne ausreichendem Gewand ins frei müssen, den langen Weg in die Kirche um dort noch mehr Kälte ausgesetzt zu sein, kein Mittagessen bekommen und dann bei der Eiseskälte wieder zurück müssen :rollen: boah, da schreit mein Herz innerlich. Dass solche Grausamkeiten immer unter dem Deckmantel der Christlichkeit und Nächstenliebe angepriesen werden... da kann ich nur mit dem Kopf schütteln.


    Das mit Frau und Fräulein stört mich überhaupt nicht - war einfach damals so, ist zeitgemäß.


    Ich bin jetzt da angelangt wo Jane sich so gut wie möglich versteckt bei der Inspektion durch Brocklehurst und ihr dann die Tafel herunter fällt und zerbricht... oh je
    Und dann muss sie sich auch noch auf einen hohen Stuhl stehlen, dass arme Ding.

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane

  • Bessie hatte ich schon ganz wieder vergessen. Hätte nicht gedacht dass wir sie noch mal zu Gesicht bekommen.
    Und dieser Verwandte? Hätte Jane letzten Endes vielleicht noch ein wenig länger ausharren sollen und ihr Vater/Onkel/Bruder hätte sie vielleicht gerettet?


    Dann wäre die Geschichte aber viel zu schnell vorbei gewesen :zwinker:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Sammy, Danke. Von "Eier" bis "Ähre" war bei den Vorschlägen wie der Name nun ausgesprochen wird, alles dabei :breitgrins:


    Etwas später kommt sogar im Buch ein Hinweis darauf - ich setze es mal verspoilert rein, um nicht zuviel über die Handlung zu verraten:



    Vorsicht mit dem Begriff "schwarze Pädagogik", ich habe hier im Forum schonmal eins auf den Deckel bekommen, weil ich ihn verwendete.


    Echt? Wieso das denn? :gruebel:


    Zitat

    Auch Jane selber äußert ja so etwas wie: wenn sie ein wildes, aber hübsches Kind gewesen wäre, hätte man sie lieber gemocht. Genau genommen sind wir auch heute nicht ganz frei davon: hübsche Kinder, oder schöne Menschen allgemein, haben es einfach leichter.


    Das stimmt wohl, wobei es mir mit so oberniedlich tuenden und hintenrum ätzenden Kindern genauso geht wie Dir.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Denn auf den ersten Blick scheinen solche Mütter und Kinder zueinander zu passen, aber ob sie auf lange Sicht glücklich sind, ist doch fraglich.


    Das denke ich schon. Schließlich kennen sie nichts anderes und glauben, das Richtige zu tun (wie alle anderen Eltern auch). Aber im Gegensatz zu anderen Eltern fehlt ihnen die Fähigkeit, zu hinterfragen und bei anderen zu schauen, was die anders/besser machen. Wenn überhaupt, schauen sie nur auf die Fehler der Anderen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Da ich im Moment konsequent auf meine zwei abendlichen Folgen "Gilmore Girls" verzichte und stattdessen lese :zwinker:, habe ich es bis Kapitel 16 geschafft.


    In Lowood werden die Bedingungen erst ein bisschen besser, nachdem viele der Mädchen krank geworden und gestorben sind, auch Helen überlebt nicht und stirbt mehr oder weniger in Janes Armen. Sie ist doch Halbwaise, der Vater lebt doch noch, warum hat er sich nicht um seine kranke Tochter gekümmert? Ich weiß, andere Zeiten usw., aber es zerreißt mir das Herz, wenn ich soetwas lese. Am schlimmsten ist aber, dass die Autorin, wie Doris ja schon erwähnt hat, aus eigener Erfahrung schreibt und so zwei Schwestern verloren hat. :sauer:
    Wie kann es außerdem sein, dass nach solch ungeheuerlichen Vorkommnissen Brocklehurst überhaupt noch eine Rolle in der Leitung der Schule spielen darf? Der Mann hätte eingesperrt werden müssen... :grmpf:


    Nun überlebt aber Jane die Zeit in dieser Schule und bleibt sogar noch zwei Jahre als Lehrerin (was sie auh schon wieder mit 16 wird, aber was eben damals so). Heutzutage unvorstellbar, dass sie in all der Zeit das Schulgelände nicht verlässt. Aber gut, wo hätte sie auch hinsollen.
    Interessant der Besuch von Bessie und die Nachricht, dass sich ein unbekannter Mann nach Jane erkundigt hat. Ich kann mich an diese Sache auch gar nicht mehr erinnern, aber vielleicht wäre Jane so manches erspart geblieben, wenn sie diesen Mann noch angetroffen hätte.


    In Thornfield, wo Jane ihre Stelle antritt, erfährt sie, dass gar nicht Mrs. Fairfax, sondern der abwesende Mr. Rochester ihr Arbeitgeber ist. Mit der kleinen Adele hat sie eine zwar talentlose (auch nicht gerade nett :rollen:), aber ganz willige Schülerin.
    Die erste Begegnung mit Mr. Rochester ist dann großes Kino mit einem Sturz vom Pferd und einer Rettungsaktion von Seiten Janes, ohne dass sie überhaupt weiß, mit wem sie es zu tun hat.
    Mr. Rochester hat eine sehr gebieterische Art und behandelt Jane, zumindest am Anfang, schon auch von oben herab, schließlich ist sie ja seine Angestellte und hat außerdem noch nichts erlebt in ihrem Leben, während er es eben gewohnt ist zu befehlen und ein Mann von Welt ist. Als solcher könnte er sich dann allerdings auch anders benehmen. :rollen: Ja, Mr. Rochester ist mir noch sehr unsympathisch, aber ich glaube mich erinnern zu können, dass sich das im Laufe des Buches noch ändern wird.


    Mysteriös sind allerdings die Geräusche, die Jane im dritten Stock hört und die angeblich von einer Dienstmagd stammen. Als Mr. Rochesters Bett in Brand gesteckt wird, hört Jane, dass die Person, sie diesen Anschlag verübt hat, sich in den dritten Stock flüchtet und ist sicher, dass es sich dann um eben jene Frau handeln muss, die sie immer lachen und reden hört. Am nächsten Morgen geht diese aber seelenruhig ihren Aufgaben nach und Mr. Rochester hat das Anwesen verlassen.
    Ein bisschen nimmt es schon von der Spannung, wenn man schon weiß, was sich hinter all dem verbirgt. Ich glaube, eine Mitleserin hier gibt es, die das Buch noch gar nicht kennt, oder? Beneidenswert. :zwinker:


    Hat eigentlich irgendjemand "Sargassosee" von Jean Rhys gelesen, quasi die Vorgeschichte zu Jane Eyre? Ich habe das getan und es beeinflußt schon auch meine Eindrücke hier. Vielleicht finde ich Mr. Rochester deswegen so unausstehlich, in Sargassossee kommt er nämlich gar nicht gut weg.

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

  • Bemerkenswert fand ich auch Janes (oder Charlottes) Gedanken im 12. Kapitel, in denen sie dafür plädiert, auch Frauen ein Betätigungsfeld jenseits vom Pudding kochen und Strümpfe stricken zuzugestehen. Jane mag ihre Stelle in Thornfield, würde aber gerne mehr sehen und erleben, was aber den Männern vorbehalten ist. Sehr fortschrittlich, aber zu dieser Zeit war es den Frauen, gerade wenn sie unvermögend waren, wohl kaum möglich, solche Träume zu verwirklichen.

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen


  • Da ich im Moment konsequent auf meine zwei abendlichen Folgen "Gilmore Girls" verzichte und stattdessen lese :zwinker:, habe ich es bis Kapitel 16 geschafft.


    Das mache ich morgens. Nicht auf Gilmore Girls verzichten, aber auf andere Berieselung. Wir mussten unsre Morgenroutine umstellen, da passt es ganz gut und ist der perfekte Anlass für Bücher, die ich nicht an einem Stück lesen möchte.



    Hat eigentlich irgendjemand "Sargassosee" von Jean Rhys gelesen, quasi die Vorgeschichte zu Jane Eyre?


    Noch nicht. Der Titel ist mir in den letzten beiden Jahren in verschiedenen Büchern über den Weg gelaufen. Nach deiner Bemerkung habe ich ihn direkt bei Booklooker bestellt und lese ihn im Anschluss an Jane Eyre :winken:


    Ich bin auch bei Kapitel 16 (nicht als Morgenlektüre, sondern weil ich eine Untersuchung beim Werksarzt hatte und die Wartezeiten gut genutzt habe :lesen: )


    Du hast recht, die Spannung ist ein bisschen weg wenn man die Geschichte schon kennt. Auf der anderen Seite fallen mir so mehr Kleinigkeiten auf. Dass Mr. Rochester so hässlich ist, habe ich komplett vergessen. Und Jane sagt ihm das direkt noch ins Gesicht, auch wenn sie später versucht die Sache herunter zu spielen.


    Mrs. Fairfax dagegen versucht, seine offensichtliche Unfreundlichkeit herunter zu spielen. Es mag sein, dass die Ereignisse der Vergangenheit ihn zu diesem unfreundlichen Kerl gemacht haben. Das ist aber nur eine Erklärung und keine Entschuldigung. Offensichtlich kann er auch anders. Unterm Strich ist er erstmal nur ein unfreundlicher, launischer Gutsherr.

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  • Bemerkenswert fand ich auch Janes (oder Charlottes) Gedanken im 12. Kapitel, in denen sie dafür plädiert, auch Frauen ein Betätigungsfeld jenseits vom Pudding kochen und Strümpfe stricken zuzugestehen. Jane mag ihre Stelle in Thornfield, würde aber gerne mehr sehen und erleben, was aber den Männern vorbehalten ist. Sehr fortschrittlich, aber zu dieser Zeit war es den Frauen, gerade wenn sie unvermögend waren, wohl kaum möglich, solche Träume zu verwirklichen.


    Das fand ich auch richtig toll :herz:


    Rochester kann ich einfach nicht nicht mögen, dazu habe ich das Buch dann doch schon zu oft gelesen. Auch wenn er sich zu Beginn ziemlich grummelig gibt. Was aber, finde ich, für ihn spricht, ist, dass er sich dessen durchaus bewusst ist.


    Und ich kann mir auch nicht helfen bezüglich seines Aussehens - für mich ist er schlichtweg nicht hässlich, sondern interessant und halt nicht einem gängigen Schönheitsideal entsprechend (aber solche Gesichter sind mir eh meistens zu langweilig).

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    Leonard Cohen






  • Wie kann es außerdem sein, dass nach solch ungeheuerlichen Vorkommnissen Brocklehurst überhaupt noch eine Rolle in der Leitung der Schule spielen darf? Der Mann hätte eingesperrt werden müssen... :grmpf:


    Einsperren hätte man ihn wirklich müssen, aber anlasten kann man ihm allenfalls die Unterernährung. Es wird kaum jemanden gekümmert haben, wie Schulleiter ihre Zöglinge behandelten. Und besonders bei dieser Art von Schule ist die soziale Kluft zwischen Leiter und Kindern so groß, dass kein Hahn danach krähte. Wahrscheinlich war die allgemeine Ansicht: "Die sollen froh sein, dass sich jemand um sie kümmert."
    Dickens hat ja auch eigene Erfahrungen in seine Werke einfließen lassen, und was er von Kinderarbeit erzählt, war teilweise schlimmer als das Leben in der Schule.



    Mysteriös sind allerdings die Geräusche, die Jane im dritten Stock hört und die angeblich von einer Dienstmagd stammen. Als Mr. Rochesters Bett in Brand gesteckt wird, hört Jane, dass die Person, sie diesen Anschlag verübt hat, sich in den dritten Stock flüchtet und ist sicher, dass es sich dann um eben jene Frau handeln muss, die sie immer lachen und reden hört. Am nächsten Morgen geht diese aber seelenruhig ihren Aufgaben nach und Mr. Rochester hat das Anwesen verlassen.


    Mich wundert, dass außer Jane niemand die Geräusche gehört oder etwas gerochen hat. Außerdem ist es seltsam, dass Janes Zimmer ausgerechnet unter dem Zimmer im 3. Stock liegt, in dem sich die unbekannte Frau befindet. Wenn da immer nur vertuscht wird, versuche ich als Drahtzieher doch, möglichst wenig Aufmerksamkeit zu wecken.



    Mr. Rochester hat eine sehr gebieterische Art und behandelt Jane, zumindest am Anfang, schon auch von oben herab, schließlich ist sie ja seine Angestellte und hat außerdem noch nichts erlebt in ihrem Leben, während er es eben gewohnt ist zu befehlen und ein Mann von Welt ist. Als solcher könnte er sich dann allerdings auch anders benehmen. :rollen: Ja, Mr. Rochester ist mir noch sehr unsympathisch, aber ich glaube mich erinnern zu können, dass sich das im Laufe des Buches noch ändern wird.


    Gebieterisch zu sein kann sich Rochester erlauben, schließlich ist er der Chef. Immerhin führen die beiden auch sehr lange Gespräche, das ist doch positiv. In Kapitel 15 ist von seiner unglücklichen Liebe die Rede, das macht ihn mir fast sympathisch, weil es eine Erklärung für seine abweisende Art sein kann. Jane hat sich einige Gedanken über ihn gemacht und schätzt ihn ziemlich objektiv ein. Er ist ein launischer Mensch, aber in einem guten Moment erklärt er ihr seine Zuneigung und auch bei ihr tut sich in der Hinsicht etwas. Das ist schon mehr als nur ein Streifschuss von Amors Pfeil.

  • Das ist schon mehr als nur ein Streifschuss von Amors Pfeil.


    Das stimmt und es ging ganz schön flott :zwinker: Dabei waren Mrs. Fairfax und ihr Korb mit Strickzeug immer in der Nähe, aber vielleicht hat die Gute auch Augen und Ohren fest zugedrückt.

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  • Einsperren hätte man ihn wirklich müssen, aber anlasten kann man ihm allenfalls die Unterernährung. Es wird kaum jemanden gekümmert haben, wie Schulleiter ihre Zöglinge behandelten. Und besonders bei dieser Art von Schule ist die soziale Kluft zwischen Leiter und Kindern so groß, dass kein Hahn danach krähte. Wahrscheinlich war die allgemeine Ansicht: "Die sollen froh sein, dass sich jemand um sie kümmert."
    Dickens hat ja auch eigene Erfahrungen in seine Werke einfließen lassen, und was er von Kinderarbeit erzählt, war teilweise schlimmer als das Leben in der Schule.


    Das glaube ich auch. Und außerdem scheint er Geld zu haben. Und er ist Priester und die hatten doch immer eine hohe Position oder? Und ein Priester mit Geld doch erst recht.


    Ich bin gestern Abend mit dem 14 Kapitel fertig geworden.
    Findet ihr Mr. Rochester so hässlich und ungehobelt? Ich lese wohl definitiv zu viele Nackenbeisser, denn die Lords in solchen Romanen sind immer zuerst Stinkstiefel bevor sie ihren weichen Kern zeigen :zwinker: .
    Ich finde ihn nicht hässlich. Etwas grob vielleicht. Aber er sagt Jane ja auch dass sie wegen seiner Art nicht beleidigt sein darf. Und obwohl ihm die kleine Adèle auf die Nerven geht, vor allem ihre übertriebene Art, bringt er ihr Geschenke mit. So schlecht kann er ja nicht sein.
    Und er lobte Janes Bilder. Er hat sie sogar seinen Gästen gezeigt.
    Wenn ich das richtig verstanden habe dann wurde er von seiner Familie enttäuscht und betrogen (ich bin mir nicht sicher, es war schon sehr spät gestern) und eine Frau hat ihn enttäuscht? Ich sollte so spät nicht mehr lesen.
    Und macht wirklich diese Näherin solche Geräusche im dritten Stock? Und mit wem redet sie, sie soll ja angeblich alleine in dem Zimmer sitzen? Komisch...

    Lesen ist die schönste Brücke zu meinen Wunschträumen.


  • Einsperren hätte man ihn wirklich müssen, aber anlasten kann man ihm allenfalls die Unterernährung. Es wird kaum jemanden gekümmert haben, wie Schulleiter ihre Zöglinge behandelten. Und besonders bei dieser Art von Schule ist die soziale Kluft zwischen Leiter und Kindern so groß, dass kein Hahn danach krähte. Wahrscheinlich war die allgemeine Ansicht: "Die sollen froh sein, dass sich jemand um sie kümmert."


    Das klingt ja immer und immer wieder durch :traurig:


    Zitat

    Gebieterisch zu sein kann sich Rochester erlauben, schließlich ist er der Chef. Immerhin führen die beiden auch sehr lange Gespräche, das ist doch positiv.


    Ich finde ihn auch nicht unsympathisch (selbst wenn ich jetzt mal meine bereits vorhandenen Kenntnisse beiseite lasse), nur halt etwas grantig und grummelig. Vielleicht auch deshalb, weil er lange Zeit niemanden hatte, mit dem er vernünftig reden konnte, oder nur selten Gelegenheit zu einem Austausch nach seinem Geschmack hat? Er scheint ein ziemlich eloquenter Mensch zu sein und recht belesen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich hänge leider auch hinterher - wie immer bei euch :breitgrins:
    :breitgrins:
    Ich war schon wieder leicht erkältet und am Donnerstag konnte ich mich nicht dazu aufraffen zu lesen - ich war irgendwie zu platt und meine Augen brannten.


    Ich bin jetzt durch mit dem 10. Kapitel -erst- und ich konnte mich noch dunkel daran erinnern, aber beim lesen war ich wieder traurig und wütend, als ich zu der Stelle kam wo die ganzen armen Kinder krank wurden und so leiden mussten weil man kaum etwas an diesem unwirtlichen Ort dagegen tun konnte. Ich hab richtig mitgelitten und fand es so grausam.
    Und dann Helen - wobei dass eigentlich klar war, da sie eh schon so krank war. Ich fand es schön, dass Jane noch bei ihr war bevor sie starb.


    Die Jahre danach vergingen wie im Flug und als ihr geliebte Miss Temple heiratet und weg geht erkennt Jane, dass sie hier auch nichts mehr hält und sie macht sich auf die Suche nach einer neuen Stelle, einem anderen Lebensraum.
    Ich fand es irgendwie witzig und eigenartig dass sie erst nicht wusste wie sie es anstellen sollte, kann man sich heutzutage kaum vorstellen.


    Jetzt hat sie endlich die ersehnte Antwort bekommen und bricht auf in neue Gefilde.


    Heute werde ich mal mehr lesen - hab nix großartiges vor und freu mich darauf.

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane