Dervla Murphy - Aus eigener Kraft: Mit dem Fahrrad nach Indien

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    Full Tilt: Ireland to India with a Bicycle


    Ebenso wie die genau 100 Jahre früher geborene Isabella Bird ("Eine Lady in den Rocky Mountains" - Lesebericht hier) ist auch Dervla Murphy (Jahrgang 1931) quasi eine "professionelle Reisende" - ihr Beruf wird biographisch mit "touring cyclist" angegeben.
    Infrastruktur und Komfort, durchaus auch die "Kulturunterschiede" bei den beiden beschriebenen Reisen sind wahrscheinlich oft ähnlich, weshalb ich den direkten Vergleich der beiden Bücher, den ich ab und zu hier ziehe, für legitim halte. Zumal auch die Form sehr ähnlich ist - in beiden Fällen handelt es sich um aufbereitete Berichte an die Zurückgelassenen daheim.


    Im Jahr 1963 reist Dervla Murphy innerhalb eines halben Jahres aus Westeuropa nach Nordindien, nicht unbedingt immer auf dem direktesten Wege - ganz überwiegend mit dem Fahrrad, oft dieses auch zu Fuß schiebend, zuweilen mit anderen Verkehrsmitteln. Dabei steht bei ihr nie die "sportliche Leistung" im Vordergrund, sondern immer die Freude an der ursprünglichen Landschaft und der Kontakt mit den Menschen, auf die sie unterwegs trifft.
    Verglichen mit Birds Berichten war für mich Dervla Murphys Buch um Vieles angenehmer, informativer und farbiger zu lesen - das Bild der Menschen, denen sie unterwegs begegnet, zeichnet sie in meinen Augen genauer, toleranter und "relativer" und bei ihren Landschaftsbeschreibungen ist ihre Begeisterung geradezu spürbar. Nach Lektüre der Bücher kann man kaum glauben, dass Murphys Buch nur um 25% dicker ist als das von Bird (obwohl sich dieses beim Lesen durchaus "zog" :zwinker:), so viel an Stimmungen und Informationen hat man aufgenommen. Dabei verzichtet die Autorin glaubhaft ganz ausdrücklich auf das Einfügen von nachträglich recherchierten Details.


    Immer sind ihre Eindrücke als ausdrücklich subjektiv gekennzeichnet, aber man kann nicht umhin, ihr Erleben der verschiedenen Kulturen in den verschiedenen Ländern mit dem heutigen "Empfinden" und den heutigen Zuständen dort zu vergleichen - 1963 ist jetzt doch immerhin auch schon so lange her, dass man auch diesen Bericht schon als "Zeitdokument" bezeichnen könnte.
    Besonders aufgefallen ist mir dabei ein Abschnitt auf S. 85 über ihre Wahrnehmung vom Islam, insbesondere in Afghanistan (das Land, das sie ganz ausdrücklich zum "Lieblingsland" ihrer ganzen Reise erkoren hat..) - ich fand ihn so beeindruckend, dass ich ihn hier ausnahmsweise einmal ganz zitieren möchte:


    "Nicht zum ersten Mal bin ich überrascht, ja beinahe gedemütigt, von der Toleranz der Moslems, mit der sie mich als Angehörige einer fremden Kultur und Religion akzeptieren. Noch bemerkenswerter finde ich, dass die Freiheit meines Verhaltens, die sie als Teil meines kulturellen Erbes betrachten, sie keineswegs davon abhält, mir mit ausgesuchter Höflichkeit zu begegnen, wie man sie sich im modernen Europa nur noch wünschen kann. Nach meiner Erfahrung haben Moslems, selbst die ungebildetsten Bauern unter ihnen, weniger Vorurteile anderen Religionen gegenüber, als wir Christen mit unserer unseligen Art, jede andere Religion als "ignoranten Aberglauben" zu brandmarken. Angesichts dieser Toleranz der Moslems stimmt es um so trauriger mitanzusehen, wie Politiker aus purer Machtgier künstlich religiöse Differenzen schüren."
    (Sehr wahrscheinlich ging mit dieser Art von "höflicher Behandlung" wohl auch ein entsprechendes Verhalten in der anderen Richtung einher - wie das eben meist so ist.)


    Obwohl ein "Spannungsbogen" wie in einem gut konstruierten Roman natürlich auch in diesem Bericht nicht unbedingt vorhanden ist, ist mir Dervla Murphys Buch sehr viel näher gekommen, als das von Isabella Bird es vermochte - teilweise ja vielleicht auch dem größeren Kulturunterschied zu einer schon länger vergangenen Zeit geschuldet, der sich Bird sicherlich nicht entziehen konnte. Aber auch, wenn man dieses berücksichtigt, ist Dervla Murphy einfach um Vieles sympathischer und in meinen Augen auch die viel bessere Erzählerin.


    Aus verschiedenen Gründen : 4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Alice ()

  • Meine Meinung

    Zuerst war ich von dem Buch enttäuscht, ich hatte mehr Rad und weniger andere Verkehrsmittel erwartet. Aber manchmal war es einfach nicht möglich, mit (diesem) Rad weiter zu kommen. Dervlas Leistung ist trotzdem oder vielleicht auch deswegen, fantastisch. Nicht nur, dass sie alleine unterwegs ist. Sie muss auch viele Rückschläge hinnehmen und gibt trotzdem nie auf. Wer schon einmal alleine auf einer Tour unterwegs war der weiß, wie schwer es oft ist wenn man niemand hat, der einen wieder aufbaut.


    Auch in diesem Buch in ich wieder auf den Karakorum gestoßen. Diesmal zu einem früheren Zeitpunkt als in den bisherigen Büchern und auch auf einer niedrigen Höhe. Deshalb habe ich mich mehr als einmal gewundert, dass Dervla dort wirklich mit dem Rad unterwegs sein wollte. Wusste sie nicht, was sie erwartet? Oder hat sie es gewusst und auf das Beste gehofft?


    Das Ende habe ich als sehr plötzlich empfunden. Auf der anderen Seite habe ich auch oft dieses Gefühl, wenn eine Tour wieder vorbei ist.


    Wenn ich davon absehe, dass Dervla für meinen Geschmack zu kurz auf dem Rad gesessen hat (sie wird das mit Sicherheit anders sehen ;) ) ist es eine interessante Geschichte einer beeindruckenden Frau.

    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Wusste sie nicht, was sie erwartet? Oder hat sie es gewusst und auf das Beste gehofft?

    Bei den Armin Strohmeyr - Weltensammlerinnen: Spektakuläre Reiseabenteuer mutiger Frauen war es ja bei den meisten Frauen so, dass man sie vorher gewarnt hat. Ob es nun das Wetter war oder, wie bei Dervla, vor unbefestigten Straßen.

    Einerseits habe ich immer gedacht: Mädchen, wie kann man nur so unvernünftig sein. Sie aber andererseits für ihren Mut und ihre Courage bewundert.


    Danke für den Tipp, Kirsten , ich habe mir die Bücher schon notiert und werde sie mir bestellen.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


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