Louise O'Neill - Du wolltest es doch/Asking for it

Es gibt 44 Antworten in diesem Thema, welches 6.870 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von JanaBabsi.

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    Inhalt

    Emma O'Donovan hat alles, was sich ein junges Mädchen erträumt: sie ist hübsch, beliebt und ständig von den begehrten Jungen der Schule umgeben. Jeder beneidet sie. Doch dann passiert etwas, was sie zur Außenseiterin macht und plötzlich sind gerade die Dinge, die sie so beliebt machten, schuld daran.


    Meine Meinung

    Auf den ersten Blick scheint Emmas Leben und das ihrer Freundinnen perfekt. Aber der zweite Blick zeigt, dass hinter der schönen Fassade die weniger schönen Dinge lauern. In Emmas Fall ist es ein Mutter, der der schöne Schein wichtiger ist als alles andere. Solange Emma so funktioniert, wie sie das von ihrer Tochter erwartet, ist alles gut. Aber sie kann nicht damit umgehen, wenn Emmas Verhalten von ihren hochgesteckten Normen ausweicht.


    Alles beginnt bei einer Party, die aus den Fugen gerät. Emma trinkt zu viel und nicht nur das. Plötzlich ist sie mit einem Jungen in einem dunklen Zimmer und die Dinge geraten außer Kontrolle. Erst am nächsten Mittag wacht Emma auf der Schwelle ihres Elternhauses mit einem fürchterlichen Sonnenbrand auf, der vermuten lässt, dass sie schon lange draußen gelegen hat. Was genau passiert ist, weiß Emma nicht. Sie kann sich nur an Bruchstücke erinnern. Erst später macht ein Video die Runde, das aus dem Mädchen Emma ein Objekt macht mit dem man machen kann, was man will. Ab diesem Moment geraten die Dinge außer Kontrolle.


    Genau das ist das Schlimme an Emmas Geschichte. Solange das Video nicht da ist, können sie und ihre Familie so tun, als ob nichts geschehen wäre. Die Mutter will keinen Skandal. Warum ihre Tochter stundenlang in der Sonne gelegen hat, ist ihr egal. Nicht aber, dass es Gerede gibt und so erfindet sie eine Geschichte. Dann kommt das Video und das kann sie nicht vertuschen.


    Schnell wird aus dem beliebten Mädchen die Schlampe, von der man immer schon wusste, dass sie so etwas macht. Ihre Freundinnen wenden sich von ihr ab, weil Emma auch mit ihren Freunden herum gemacht hat. Dass Emma offensichtlich nicht mehr in der Lage war, sich zu wehren- egal. Warum war sie dann eine Woche später noch auf einer anderen Party und hat so getan, als ob nichts passiert war? Vertuschen kann man nichts mehr. Mit der Veröffentlichung des Videos kommt die Polizei ins Spiel. Die jungen Männer werden angezeigt. Jetzt steht Aussage gegen Aussage.


    Ein Jahr später soll es zu einem Prozess kommen. Von dem Mädchen, das alle beneidet haben, ist nichts mehr übrig geblieben als der Skandal. Sie ist die Schlampe, die das Leben von sechs vielversprechenden Rugbytalenten verdorben hat. Denn die war selbst schuld, mit ihrem Verhalten und ihrem Auftreten.


    Asking for it zeigt, wie leicht man dieses Urteil fällen kann. Gerade im ersten Teil wird eine eher unsympathische Emma gezeigt. Sie ist oberflächlich und nicht immer ehrlich. Aber es wird auch erklärt, warum sie sich so verhält. Warum sie auf diese Party und auch auf die nächste Party geht. Und warum sie letztendlich eine Entscheidung trifft, die nur wenige verstehen können. Es ist kein leichtes Buch, aber es ist sehr ehrlich geschrieben. Deshalb kann ich es nur jedem ans Herz legen, der den Gedanken "selbst schuld" schon einmal hatte.

    5ratten


    Liebe Grüße

    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

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    Titel: Du wolltest es doch

    Autorin: Louise O'Neill


    Allgemein:

    368 S.; Carlsen, 2018


    Inhalt:

    Emma verlässt sich sehr auf ihre Schönheit. Sie ist nicht zwingend ein nettes Mädchen und wertet sich im allgemeinen auch darüber gegenüber ihren Freundinnen auf, das sie von allen Jungs angestarrt wird. Manchmal wird ihr von ihrem Bruder vorgeworfen sie würde sich schon sehr nuttig anziehen... Und im Grunde wollte sie es doch? Die Footsballmannschaft allein mit ihr im Zimmer, ihr kurzes Kleidchen und die Fotos... Die ganze Schule schaut ihr nach und alles was sie sehen ist eine "Schlampe".



    Bisher:

    Emma ist tatsächlich jemand, den ich in meiner Schulzeit gehasst hätte. Sie macht andere nieder um sich selbst aufzu werten und definiert sich über ihr Aussehen - was aber ehrlich gesagt sogar verständlich ist. Denn alle anderen sehen auch nur wie hübsch sie ist. Niemand kommt auf die Idee das auch sie ihre Probleme hat. Geschickt verbirgt sie dies hinter einer Fassade, die aber auch wiederum von ihr erwartet wird. Ich finde der Autorin ist schon zu Beginn gelungen, das komplizierte Beziehungsgeflecht in einer Schule unter lauter Teenagern zu zeigen. Die eben alle auch so ihre Unsicherheiten haben und einfach nur versuchen, cool genug zu sein um dazu zu gehören - aber bloß nicht zu "strange" um als Looser abgestempelt zu werden.

    Ich wusste das mich diess Buch wütend machen würde. Aber das dies schon im ersten drittel soweit sein könnte...

    Die Geschichte schildert bisher schon sehr glaubwürdig und eindringlich, wie immer wieder Mädchen gegenüber Jungen anders behandelt werden - einfach weil die Mädchen sind. Wie tief Slutshaming - das herabwürdigen von Mädchen als Schlampe z.B wegen ihrer Schminke und/oder ihrer Kleidung - in der Gesellschaft verankert ist. Ich kann es kaum ertragen.

  • Für dieses Buch eine klare Triggerwarnung. Es wird schon deutlich was Emma (und so wie es angedeutet wird auch einer ihrer Freundinnen etwas früher) passiert ist. Sie hat an einem bestimmten Punkt einen Filmriss und mehrere Jungs auf der Party nutzen diesen Punkt aus.

    Kaum erträglich sind die Reaktionen ihrer Freundinnen - gleichzeitig ist aufgrund der ganzen Dynamik wie sie im Vorfeld beschrieben wird trotzdem auch verständlich wie es genau zu diesen kommt. Und auch das ist kaum zu ertragen, zeigt es doch sehr sehr deutlich,das genau hier das eigentliche Problem liegt. Wenn all diese Mädchen nicht gelernt hätten, das es auf ihren Körper, ihre schönheit ankommt und eigentlich vro allem darum geht auf keinen Fall eine "Schlampe" sein. Und das eigentlich sowieso das Mädchen immer selbst schuld ist, dann würde vieles von dem, was im weiteren Verlauf passiert nicht passieren. Dann gäbe es andere Reaktionen. Dann hätte auch Emma gegenüebr ihrer Freundin Jamie anders reagiert und ihr nicht im glauben ihr zu helfen, stillschweigen geraten.


    Es ist auch nicht zu ertragen das Emma diejenige ist die Angst hat, das sie nun alle hassen. Emma ist diejenige die sch die Schuld an allem gibt. Ich bin soooo wütend, g erade weil ich weiß, das dies, eben dies immer wieder Mädchen und Frauen passiert.

  • Diese Schweigementalität. Dieses nicht Thematisieren von Vergewaltigung. Das nicht aussprechen. Die Stigmatisierung der Menschen denen dies angetan wurde, das ist hier das Problem. Ich könnte grade ausrasten, Emma stößt im Buch eine Debatte über Vergewaltigung an und genüsslich wird alles in den Medien ausgeschlachtet. Sie wird in ihrer Schule als Nestbeschmutzerin stigmatisiert. Theoretisch könnte man sich es jetzt bequem einfach machen, ist ja alles im streng katholischen Irland. Aber das ist es eben nicht, auch in Deutschland wird das Thema genauso totgeschwiegen. Frauen die sich nicht in die Opferrolle drängen lassen ungläubig angeschaut. Getuschelt, vielleicht war sie ja doch mit schuld etc. etc.

  • Das Buch würde ich auf keinen Fall unter 16 Jahrem empfehlen, einfach weil es inhaltlich schon sehr heftig ist. Ich kann es grad selbst gefühlsmäßig kaum ertragen. Mir ist aber wichtig das sich jeder Mensch mal überlegt, was wir eigentlich aus der Meetoo Kampagne, Aufschrei usw. wirklich gelernt haben? Hören wir jetzt auf, weil ja alles angeblich aufgearbeitet ist? Bleiben wir stehen oder sprechen wir jetzt endlihc wirklich über Sexismus, Begrapschen, ins Höschen fassen, Vergewaltigung? Sprechen wir darüber oder ist das alles nur Schall und Rauch und klopfen wir uns dann auf die Schulter weil wir jetzt alle sooo progressiv, proDiversity und Solidarisch mit allen Frauen auf der ganzen Welt sind?

    Nein verdammt noch mal, genau jetzt hab ich verdammt noch mal kein Bock mehr darauf!! Ich kotze! das dieses Buch überhaupt nötig ist. Das ich darüber schreibe wie wütend ich bin, das ich das überhaupt erwähnen muss.

  • Ich würde mir wünschen das jede Person die diesen Roman liest, sich mal überlegt welche Konsquenzen daraus gezogen werden könnten. Im ganz persönlichen Umfeld, vielleicht z.B im Umgang mit den eigenen Kindern, wie darüber gesprochen werden könnte. Wie überhaupt mit der Frage,von Sexualät, dem eigenen Körperbild/Körperverständnis umgegangen wird. Wie darüber in der Schule im Untericht gesprochen wird und so weiter und so fort. Auch mit dieser Idee Frauen seien Verfügbar und was ist schon ein Nein?

    Alle diese Themen werden im Roman mit einanderverknüpft, wie sie auch im Leben oftmals aufeinander bezogen werden.

  • Nochmal zum Schluss:

    Nein dieser Roman ist alles nur nicht mit einem Happy End versehen. Die Autorin schreibt vieles von dem was ich hier grade wütend vom Stapel gelassen habe auch in ihrem Nachwort und ich bin froh um dieses Nachwort. Denn ihr erging es wie mir, sie möchte das wir offen über Vergewaltigung sprechen, dass das Tabu endlich gebrochen wird.

    Slut Shaming und Victim Shaming müssen endlich wirklich ein Thema sein. Hinterfragen wir endlich wirklich wie wie das Verhalten von Mädchen und Jungs, Frauen, Männern bewerten wenn es z.B darum geht, mit wem sie Sex haben und wie oft.

    Emma fühlt sich schuldig, an allem was auch nach ihrer Anzeige passiert. Sie resigniert, fühlt sich nur noch als "Das Mädchen" und nicht mehr als Emma. Einzig ihr Bruder scheint zu erkennen, wie schlecht es ihr geht. Sie ist es die als Schlampe gebranntmarkt wird. Sie ist die Schuldige, obwohl andere die Täter sind. Unfassbar das sich Mitschülerinnen mit den Tätern solidarisch zeigen. Emma zerrbricht daran.

    Von vielen Büchern wird gerne gesagt: Ooh ein wichtiges Thema lest es. Ja, ich sage das hier jetzt auch: Lest es und ich gehe noch einen Schritt weiter: Lest, versteht und handelt!


    5ratten

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Louise O'Neill - Asking for it“ zu „Louise O'Neill - Du wolltest es doch/Asking for it“ geändert.
  • Danke für den Hinweis, Kirsten, ich habe die beiden Threads zusammengefügt.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich hab mir das Buch nach euren Rezis übrigens auch besorgt und habe gestern angefangen zu lesen. (Habe aber erst das erste Kapitel, wo die Personen eingeführt werden.) Vor dem Einschlafen habe ich aber dann erstmal zu einem anderen Buch gegriffen,

    weil meine Träume leicht beeinflussbar sind und ich keine Albträume haben wollte. Meine Rezi wird sicher bald folgen.

  • Kirsten Danke! Die Suche hat irgendwie die Autorin nicht gefunden.

    Hat sie bei mir auch nicht, als ich meine Rezi gesucht habe. Deshalb habe ich zuerst gedacht, dass ich keine geschrieben habe. Erst als ich nach dem englischen Titel gesucht habe, habe ich sie gefunden.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Wow, das Buch ist wirklich heftig. Ich bin auch froh, dass ich heute keine Verabredungen mehr habe, denn wirklich in Stimmung dafür wäre ich jetzt nicht. Eine TRIGGERWARNUNG wegen Vergewaltigung ist bei diesem Buch unglaublich wichtig.


    Emma ist schön. Sie wird von allen deswegen bewundert und so versucht sie auch weiterhin allen zu gefallen, vorrangig dem anderen Geschlecht. Ihrer Freundin, die ihr von ihrem sexuellen Missbrauch erzählt, rät sie, darüber hinwegzusehen. Doch was wird sie sagen, wenn ihr das eines Tages auch passiert und niemand drüber hinwegsehen kann?


    Die Autorin schafft mit Emma eher eine Anti-Heldin. Im ersten Kapitel treffen wir auf ein schönes Mädchen, die gemein gegenüber ihren Freundinnen ist, sie in allem übertrumpfen will. Ein Mädchen, die um ihre Schönheit weiß und ihre Reize zeigt. Ein Mädchen, die mit allen Jungs flirtet, selbst mit den festen Freunden ihrer Freundinnen. Ein Mädchen, die auf Partys öfter betrunken ist und andere Drogen konsumiert und ein reges Sexualleben führt. Die Autorin gibt sich also nicht die Mühe ein graues Mäuschen zu erschaffen, mit dem jede*r sofort nur Mitleid haben kann. Im Gegenteil. Doch genau daran liegt die Stärke in diesem Roman. Auf den ersten paar Seiten waren meine Sympathien NICHT bei Emma. Sie ist egoistisch, gemein und verdammt arrogant. Doch je weiter der Roman führte, desto mehr wendete sich das Blatt. Denn was Emma widerfährt, ist falsch, widerwärtig und nicht ihre Schuld. Ich konnte nur noch eins: mit ihr fühlen!


    Der Schreibstil der Autorin ist schonungslos und aufwühlend. Von Anfang an war ich mit all meinen Emotionen beim Buch und im Nachhall ist es laut. Ich fühle mit, ich fühle mich schlecht und bin entsetzt. Die Autorin schafft ein recht düsteres Szenario. Es gibt kaum Hilfe, aber dadurch zeigt sie, wo Hilfe angebracht wäre. Sie zeigt durch Emmas Gedanken, was Eltern, Freund*innen, Lehrer*innen anders machen könnten, um zu helfen. Aber noch viel wichtiger - sie macht deutlich, dass das Verhalten von (jungen) Frauen und das Verhalten von (jungen) Männern oftmals ganz anders bewertet wird. Es existiert eine Schieflage in der Wahrnehmung des Sexualleben von weiblichen und männlichen Personen.


    Ich halte das Buch für ungemein wichtig und trotz all der Heftigkeit würde ich es Eltern von Heranwachsenden empfehlen zu lesen und es im Anschluss ihren Kindern zum Lesen geben. Über dieses Thema muss gesprochen werden - und das nicht nur mit Mädchen sondern auch mit den Jungen. Und ich denke, am besten schon bevor die Jugendlichen 16 sind und auf Parties gehen, trinken, feiern, Sex haben.

  • Ich würde im Allgemeinen empfehlen, dass die Eltern mit ihren Kindern über die Thematik (gerne mit dem Buch als Aufhänger) sprechen. Ich fand gerade auch die Reaktion der Eltern hat gezeigt, dass auch da einiges im Argen liegt. Und am Besten natürlich bevor die Parties etc. anfangen.

  • Avila : du beschreibst sehr schön, was ich beim Lesen empfunden habe.

    Avila Also wenn, würde ich unter 16 das Buch auf keinen Fall alleine lesen lassen.

    Ich habe mir beim Lesen auch überlegt, wann ich das Buch mit meiner Tochter lesen würde. Ganz sicher lasse ich sie nicht alleine lesen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.