Tony Parsons - In eisiger Nacht

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  • Sehr authentisch!



    Tony Parsons- In eisiger Nacht


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    In London wird ein entsetzlicher Fund gemacht. In einem Kühllaster sind zwölf Frauen erfroren, der Verdacht liegt nahe, dass es sich um Flüchtlinge handelt, die von einem Schlepper nach England gebracht wurden. Zwölf tote Frauen, jedoch dreizehn Pässe in der Führerkabine. Wer und vor allem wo ist die Frau, die fehlt? DI Max Wolfe und sein Team nehmen die Ermittlungen auf und entdecken, dass der Menschenhandel, aber auch der Bandenkrieg in London tobt.


    Der Prolog der Geschichte ist absolut entsetzlich und grausig. Der Autor hat sehr bildlich beschrieben, wie man sich fühlt, wenn man erfriert. Beim Lesen denkt man sich, dass es genau so sein muss. Man fühlt sich den Frauen, die dort in diesem Laster dem Tod entgegensehen, gleich nahe…und so war das Entsetzen bei mir gross, als sich im nächsten Kapitel herausstellt in was für einer Verfassung sie von den Ermittlern schlussendlich aufgefunden werden. Gerade die medizinischen Details zu Hypothermie sind hervorragend recherchiert und überzeugend eingeflochten. Ging mir sehr nahe!

    Ebenso wie die Kriminalität rund um die Flüchtlinge, die Abzocke der Schleuser, die Hoffnung der Menschen, die flüchten. Gerade dieser Aspekt ging mir nahe, weil man weiss, dass es genau so auch noch in der aktuellen Weltlage ist. Gerade das hier beschriebene Beispiel, erinnert sehr an den Sommer 2015, als in Österreich 71 Menschen in einem Kühltransporter erstickt sind.

    Dies war mein erstes Buch von Tony Parsons, wird jedoch ganz sicher nicht das letzte sein. Der Schreibstil hat mir ausserordentlich gut gefallen. Sehr linientreu, bleibt er eng bei dem Fall, schweift nicht ab und fügt Privates der Ermittler sehr dezent ein. Witzige Sätze wie "Sie trug ein schwarzes, ärmelloses Cocktailkleid, das aufhörte, ehe es auch nur begonnen hatte"(Seite 83) haben mich immer wieder schmunzeln lassen. Und haben die eher düstere und schreckliche Thematik aufgelockert.

    Die Figur Max Wolfe empfand ich als wohltuend "normal"….in letzter Zeit begegnen mir in Krimis und Thrillern eher komplexbeladene und abgedrehte Ermittler. Wolfe ist auf dem Boden geblieben, versucht den Spagat Beruf und Kind zu schaffen und meistert dies als alleinerziehender Vater mit einer Haushaltshilfe. Ich werde die vorderen Bände nun noch nachholen, weil ich wissen will, warum Wolfe und seine Kollegin eine etwas spezielle Beziehung haben.

    Die Handlung ist schlüssig, das immer intensivere Eintauchen in den Menschenhandel hat mich berührt und betroffen gemacht. Spannend ,wie sich gerade dieser Aspekt immer weiter entwickelt.

    Diese Geschichte ist eine, mit der ich mitgefühlt und mitgelitten habe, weil sie sehr authentisch ist.


    5ratten

  • Die Figur Max Wolfe empfand ich als wohltuend "normal"….in letzter Zeit begegnen mir in Krimis und Thrillern eher komplexbeladene und abgedrehte Ermittler. Wolfe ist auf dem Boden geblieben, versucht den Spagat Beruf und Kind zu schaffen und meistert dies als alleinerziehender Vater mit einer Haushaltshilfe.

    Das hat mir bei dieser Krimireihe auch sehr gut gefallen, denn solche Ermittler trifft man wirklich eher selten.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Kirsten Ich habe echt in letzter Zeit das Gefühl, das Motto bei der Charakterisierung der Ermittler ist je abgedrehter....Drogen, Frauengeschichten, psychische Probleme.....

  • Igela : manchmal passt es, wie z.B. bei John Rebus oder Logan MacRae. Da erklären sich die Macken aus der Vorgeschichte. Aber sehr oft ist es mir zu viel, was der einzelne Ermittler an Problemen mit sich herumschleppt.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • "In eisiger Nacht" ist bereits der 4. Kriminalroman von Tony Parsons in der Reihe um den sehr sympathischen Ermittler DC Max Wolfe; geschieden, eine Tochter (6) und einen Spaniel, der in einem Londoner Loft lebt und alleinerziehend ist.


    Ohne die Vorgänger bereits zu kennen (wobei Bd. 1 bereits vor mir liegt ;) kam ich sehr gut in diesen Kriminalroman hinein, der durch eine meisterhafte präzise Sprache und Menschlichkeit des Max Wolfe besticht: Die Thematik ist der skrupellose Menschenhandel und beginnt mit dem Auffinden eines Trucks in einem Stadtteil von London, Chinatown, vor einer "Partnerschaftsvermittlung" einer gewissen Frau Gonzalez, einer alten Bekannten von Max: In dem LKW werden 12 erfrorene junge Frauen (aus aller Welt) gefunden - ebenso wie 13 Pässe: Vom Fahrer fehlt jede Spur, wohingegen die Frauen auf der langen Fahrt nach England, für die sie nicht nur viel Geld, sondern auch mit ihrem Leben bezahlen mussten....


    Tony Parsons beschreibt sehr authentisch die Ermittlungsarbeit, die polizeiliche Suche nach möglichen Informanten, da man ein Schleusernetz hinter dem Verbrechen vermutet, das man aufdecken will und deren Ursprünge in einem Flüchtlingslager in Nordfrankreich vermutet werden, dessen "Helfer" man auf den Zahn fühlen will. Durch eine Fehlentscheidung von DCI Whitestone, der direkten und sehr unterkühlten Vorgesetzten Wolfes, setzt ein Kollege und Freund sein (junges) Leben aufs Spiel: Die Kälte und Emotionslosigkeit bei Whitestone, dem die Menschlichkeit und Empathie- sowie Beurteilungsfähigkeit von Max entgegensteht, hat mich sehr betroffen gemacht: Selten ist in Krimis auch von Gefahren die Rede, denen Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind - und einige davon ihr Leben lassen.


    Es geht bei der Aufklärung auch um ein zwielichtiges Etablissement, genannt "Champagne Room", das sehr günstig für Schleuserbanden direkt an einer Autobahn verortet ist und um dessen Besitzer, den Enkel eines der alten Gangsterbosse, die vor über 50 Jahren London in der Hand hatten... - was hat Steve Warboys mit dem Ganzen zu tun?


    Interessant hier auch die Nebenfigur von Keith Li: "Chinesen kümmern sich um sich selbst" - diese Einstellung ist für die gesamte Krimihandlung von großer Bedeutung für Max.
    Im 50. Stock des sog. "Hopewell-Center"s kommt es dann zum 'showdown'...



    Fazit:


    Hochspannend, stilistisch im Krimi-Genre 'at its best', sozialkritisch und mit einem sympathischen, toughen Ermittler punktet dieser hochkarätige Kriminalroman, der durchaus Thrillerelemente in sich trägt und Einblick in eine der schlimmsten kriminellen Machenschaften gibt: Dem Menschenhandel!
    Es wäre ein 5Karäter, wenn ich nicht in einigen Sequenzen doch etwas unrealistische Übertreibungen gelesen hätte (Bsp. Nesha). Aber insgesamt ein Krimitipp und eine absolute Leseempfehlung für Krimifreunde! 4,5 * und 93° auf der "Krimi-Couch". Ich werde die Vorgänger/Nachfolger auf jeden Fall lesen!


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Es wäre ein 5Karäter, wenn ich nicht in einigen Sequenzen doch etwas unrealistische Übertreibungen gelesen hätte

    Das stört mich in jedem seiner Krimis und ich finde es sehr schade, denn er hätte das gar nicht nötig.

    :lesen:





  • gagamaus:

    Fand ich auch schade - dennoch interessieren mich die anderen noch ungelesenen auch :zwinker:

    Bleibt nur zu hoffen, dass er dies in den Folgebänden (????) unterlassen wird :breitgrins:

    Ansonsten war ich wirklich sehr angetan - super Schreibe bei dieser schwierigen Thematik! :daumen:

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)

  • Eigentlich könnte ich die Rezi von Sagota komplett übernehmen, so spricht sie mir aus der Seele. Aber ich will ja meine Meinung abgeben, deshalb beschränke ich mich auf zwei Zitate.


    Meine Meinung

    Ansonsten war ich wirklich sehr angetan - super Schreibe bei dieser schwierigen Thematik!

    Das stimmt. Wie sich die Frauen auf die Reise gemacht haben und wie diese Reise ausging war sehr eindrucksvoll beschrieben. Auch was mit ihnen passiert wäre und was mit ihren Vorgängerinnen passiert ist oder wie das Geschäft mit ihnen eigentlich läuft- das hat Tony Parsons sehr sachlich beschrieben und trotzdem so, dass es mir ans Herz gegangen ist.


    Es wäre ein 5Karäter, wenn ich nicht in einigen Sequenzen doch etwas unrealistische Übertreibungen gelesen hätte

    Gerade zum Schluß haben sich diese Übertreibungen gehäuft. Jede von ihnen hätte ich dem Autor verziehen, wenn sie alleine gestanden hätte. Aber die Häufung hat mir überhaupt nicht gefallen und dem Buch eine Ratte abgenommen.

    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Gerade zum Schluß haben sich diese Übertreibungen gehäuft. Jede von ihnen hätte ich dem Autor verziehen, wenn sie alleine gestanden hätte. Aber die Häufung hat mir überhaupt nicht gefallen und dem Buch eine Ratte abgenommen.

    Ich habe drei Bücher durchgehalten. Mir reicht es jetzt von dem Autor. So toll sein Schreibstil und so liebenswert ich den Ermittler mit Kind und Hund finde, diese Übertreibungen sind haarsträubend. Und wären gar nicht nötig. :cursing:

    :lesen:





  • Bei Max Wolfe stört es mich noch nicht, weil der Rest der Geschichte für mich stimmt. Bei anderen Ermittlern habe ich einen Schlußstrich gezogen und die Serie für mich beendet.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.