Marsali Taylor - Eine Handvoll Asche (Lynch & Macrae 3)

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    Marsali Taylor - Eine Handvoll Asche


    Inhalt:


    Cass Lynch ist mit ihrer kleinen Jacht Chalida in Scalloway angelandet und besucht dort das Marine College, um ihr Kapitänspatent zu machen. Es ist Herbst und geht auf Halloween zu, so erscheint es nicht verwunderlich, dass die Menschen sich mit Hexenkulten beschäftigen und sich auf Halloween vorbereiten. Da findet ausgerechnet Cass eine Tote - ist sie Opfer eines Hexenzirkels geworden? Einige Hinweise deuten darauf hin, aber eigentlich sollte sich Cass ja auf ihr Studium konzentrieren und die Ermittlungen dem schottischen Kriminaler Gavin Macrae überlassen, zu dessen Einzugsbereich die Shetlandinseln gehören. Dennoch ist sie in den Fall verwickelt und beschäftigt sich mehr mit der Aufklärung, als ihr lieb ist - nicht zuletzt wegen des faszinierenden Kriminalpolizisten aus Schottland...


    Meine Meinung:


    Das ist nun schon der dritte Band um die segelnde Freizeitermittlerin Cass Lynch und ich hab mich damit gut unterhalten, wenn ich ihn auch nicht ganz so brillant wie die beiden Vorgängerbände fand. Die Autorin gibt mit diesem Fall einen interessanten Einblick in die shetländische Geschichte und Kultur, insbesondere was den Umgang mit Hexen und Hexenkulten betrifft. Das war für mich eine spannende Entdeckungsreise, gemeinsam mit Cass Lynch in der Bibliothek zu stöbern und den Erzählungen der Alteingesessenen zuzuhören. Überhaupt konnte mich das Setting ein weiteres Mal in seinen Bann ziehen; die Shetlands mit ihren zerklüfteten Inseln, felsigen Hügeln und nordisch-malerischen Küstenorten sind wunderbar skizziert und machen Lust auf Bilderschau im Internet, wenn nicht sogar auf eine Reise dorthin.


    Cass ist nach wie vor eine sehr gelungene Figur, die ganz unabhängig vom Kriminalfall Potential in ihrer Entwicklungsgeschichte hat. Spröde und zurückhaltend wie sie ist, mag ich sie trotzdem sehr gerne; wie ihre Psyche hier einfühlsam und tiefgründig gezeichnet wird, ist für mich ein ganz wichtiger Aspekt der Reihe. Diesmal erfahren wieder ein Stück mehr über ihre Weltumseglung, bei der ihr damaliger Liebhaber ums Leben kam, und auch die Familiengeschichte wird näher beleuchtet. Was ich etwas seltsam fand, war die Betonung ihrer Religiosität - ich kann mich nicht erinnern, dass in den letzten Bänden schon die Rede davon war, dass sie regelmäßig zum Gottesdienst geht.


    Ganz besonders schön fand ich die langsame Entstehung einer Art Beziehung zu Gavin Macrae. Es knistert ganz schön zwischen den beiden und die Autorin hat ein paar wunderbare Szenen auf See eingebaut, mit entsprechenden Romantikpotenial, aber nicht überfrachtet. Gerade der eigenbrötlerischen Cass wünscht man es doch, dass sie wieder einen Partner findet, der ihr ihre Freiheit lässt und sie nicht einengt. Genau das ist immer wieder Thema, und Gavin ist augenscheinlich der ideale Kandidat, der sich auf Cass einlassen könnte. Damit das Ganze nicht zu schnell und unkompliziert von statten geht, hat die Autorin den coolen Norweger Anders zurück kehren lassen, der nun ebenfalls wieder einen Platz in Cass‘ Herzen einnimmt. Sehr schön dargestellt, wie sich die Protagonisten im Dreieck bewegen und Cass im inneren Konflikt mit ihren Gefühlen ist. Das wird sicher noch ein paar Bände in Anspruch nehmen, bis hier Klarheit herrscht - wenn überhaupt. Mir hat dieser Teil der Geschichte jedenfalls am meisten Spaß gemacht.


    Und damit kommen wir schon zu dem Teil, der mir nicht so gefiel: der Kriminalfall an sich hat mich diesmal nicht so begeistert. Grundsätzlich hat Marsali Taylor sich da schon ein raffiniertes Konstrukt einfallen lassen, aber die Umsetzung hat für mich doch ein paar Mängel. Im Laufe der Handlung vermischen sich verschiedene Theorien über Tathergänge und zusätzlich die neuesten Ermittlungskenntnisse, so dass ich manchmal ganz schön auf dem Schlauch stand. Dazu noch kommt eine große Anzahl von Nebenfiguren, die ich nicht immer richtig einordnen und auseinanderhalten konnte, vor allem in den ersten zwei Dritteln des Buches. Dadurch, dass viele Szenen mit verkleideten Protagonisten geschildert werden, ist lange nicht klar, wer unter den Kostümen steckt - damit sind auch die unterschiedlichsten Tathergänge möglich, was mich total verwirrt hat. Mich würde es nicht wundern, wenn sich am Ende sogar ein paar Logikfehler eingeschlichen hätten, aber mir fehlt tatsächlich der Überblick, um das zweifelsfrei zu bestimmen. Die Auflösung hingegen präsentiert sich nach dem ganzen okkulten Gedöns erfrischend real und nachvollziehbar. So war ich am Ende dann wieder versöhnt mit dem Krimi an sich und konnte alle möglichen und unmöglichen Spekulationen abhaken.


    Mein Fazit:


    Ein Kriminalfall mit leichten Schwächen im Aufbau, der diese aber mit einem wunderbaren Setting, spannenden Einblicken in die Geschichte und Kultur der Shetlandinseln sowie gelungenen Figurenzeichnungen ausgleicht. Auf alle Fälle lesenswert!


    4ratten

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Cass hat ihre Pläne aus dem Vorband wahr gemacht und besucht die Marinefachschule. Zwar lebt sie weiterhin auf ihrem Boot, fühlt sich aber trotzdem vom Schulalltag eingeengt, um wenigstens einen Teil des Tages draußen zu verbringen hat sie einen Gartenarbeits-Job angenommen. Eines Abends, kurz vor Halloween, stolpert sie über die Leiche der Tochter ihres Arbeitgebers. Während ihr alter Bekannter Gavin Macrae für die Ermittlungen anreist, muss sie sich damit herumschlagen, dass der Glaube an Hexen plötzlich wieder lebendig geworden ist und gefährliche Folgen nach sich zu ziehen droht.


    Auch wenn Cass nicht dazu gehört, gibt es in diesem Buch doch so einige Personen, die tatsächlich glauben, dass eine Person eine Hexe sein kann und man sie entsprechend behandeln muss. Ich bin darüber ja reichlich irritiert gewesen… Im Gegensatz zu ihren Kenntnissen über entsprechende abergläubische Rituale ist Cass' Wissen über historische Hexen dann allerdings schon etwas dünner als ich in diesem Zusammenhang glaubwürdig finde, hier hat die Autorin über diesen Umweg dann vielleicht doch hauptsächlich ihre LeserInnen informieren wollen. Hexerei oder das Ausnutzen des Glaubens daran für eigene dunkle Zwecke, nehmen in diesem Band jedenfalls einen recht großen Teil der Handlung ein.


    Damit das Segeln nicht zu kurz kommt, hat die Autorin immerhin ein entsprechendes Kapitel eingefügt, in diesem wimmelt es dann von segeltechnischen Fachbegriffen, ich habe kaum etwas verstanden, aber das machte mir nichts, Cass‘ Leidenschaft wird jedenfalls erneut deutlich gemacht. Den Segelausflug macht sie gemeinsam mit Macrae und Cass‘ Verhältnis zu ihm beginnt sich zu einer echten Beziehung zu entwickeln. Das erneute Auftauchen ihres norwegischen Kameraden/Freundes Anders bringt da ein wenig Konfliktpotential hinein, drängt Cass aber auch dazu, sich endlich ernsthaft Gedanken über ihre Wünsche für die Zukunft zu machen und auf eine Entscheidung hinzuarbeiten.


    Es gab ein wenig Action zwischendurch, die Teilnehmer waren aber oft Halloween-tauglich verkleidet, so dass die Positionen der Figuren im Handlungsgeflecht manchmal etwas undurchschaubar auf mich wirkten. Bis auf diese einzelnen Szenen war das Tempo aber eher ruhig und von vielen Alltäglichkeiten durchsetzt. Dadurch blieb genügend Gelegenheit, die Landschaft zu bewundern und sich an Cass‘ Liebe nicht nur zur See, sondern auch zu ihrer Heimat zu erfreuen.


    Nachdem ich den zweiten Band etwas schwächer fand, stimmt für mich diesmal wieder das Rundum-Paket. Ich freue mich auf weitere Fortsetzungen.


    4ratten

  • An einem Abend kurz vor Halloween stolpert Cass Lynch fast buchstäblich über eine Leiche, als sie in einem ruhigen Viertel des Städtchens Scalloway unterwegs ist, und muss zu ihrem großen Entsetzen feststellen, dass sie die junge Frau mit den langen blonden Haaren kennt. Es handelt sich um die Tochter der Frau, der sie momentan bei Gartenarbeiten hilft, um sich ihr Studium an der Marineakademie zu finanzieren.


    Eine merkwürdige, etwas unheimliche Stimmung liegt in diesen Tagen über den Shetland-Inseln, nicht nur wegen des erschreckenden Todesfalls, sondern auch, weil alte Bräuche der Jahreszeit nach wie vor hochgehalten werden (und Cass selbst schon fast bereit ist, an Geister zu glauben). Dass die Tote mit einigen Gleichaltrigen im Clinch lag, ist bekannt, aber Cass ist nicht sicher, ob das Grund genug gewesen sein konnte, ihr tatsächlich Böses anzutun.


    Die offiziellen Ermittlungen übernimmt ein alter Bekannter von Cass (oder ist er nicht sogar schon mehr als das?) - der bekennende Kiltträger Gavin Macrae ist wieder mit von der Partie und kümmert sich um den offiziellen Part, während Cass sich ihre eigenen Gedanken macht und sich schließlich selbst mit mehr oder minder unverblümten Drohungen konfrontiert sieht. Ob die als bloßes leeres Geschwätz zu Halloween zu werten sind oder man sie doch ernst nehmen sollte, ist ihr nicht ganz klar. Auf jeden Fall will sie Annettes Mörder finden, alleine schon ihrer Teilzeit-Arbeitgeberin zuliebe.


    Dass Cass, passionierte Seglerin, neuerlich auch Studentin und Hilfsgärtnerin, in einem so begrenzten Umfeld wie den Shetlands immer wieder in Mordfälle hineingerät, ist natürlich ziemlich konstruiert, aber nichts, was man nicht auch tausend anderen Krimiserien vorwerfen könnte und somit gut hinnehmbar. Vor allem, weil Marsali Taylor die Geographie der Inseln, die Besonderheiten des dortigen Lebens und Cass' Liebe zu ihrer Heimat und zum Meer so schön zu schildern versteht.


    Der Kriminalfall selbst hat mich diesmal nicht ganz so überzeugt, zumal ich lange Zeit die Befürchtung hatte, er könne in eine eher abstruse Richtung abdriften. Am Ende kriegt die Autorin aber doch die Kurve und führt die Ermittlungen zu einer überraschenden, aber nachvollziehbaren Lösung (die mir deutlich besser gefallen hat als das, was ich zunächst vermutet hatte).


    Im nunmehr dritten Band ist mir die zunächst etwas spröde wirkende Cass durchaus ans Herz gewachsen. Schön, nicht nur die Entwicklung ihres Verhältnisses zu Gavin Macrae zu beobachten, beileibe keine glattgebügelte Lovestory, sondern auch eine Annäherung an ihre Mutter zu sehen. Etwas gewundert hat mich Cass' plötzliche Religiosität, die war mir zuvor so nie aufgefallen und wirkte ein bisschen aufgesetzt.


    Einen der nächsten Bände möchte ich dann mal im Original lesen, denn auch diesmal hat mich die Übersetzung nur bedingt überzeugen können. Dafür wurde dem Buch diesmal wenigstens ein originalgetreuer deutscher Titel vergönnt, die englische Version heißt auch "A Handful of Ash".


    Ein solider Krimi und ein schönes Wiedersehen mit liebgewonnenen Figuren.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Übrigens habe ich einige der Schauplätze gegoogelt und unter anderem festgestellt, dass es das "Ölfenster" in der katholischen Kirche tatsächlich gibt und Scalloway und Lerwick wirklich hübsche Städtchen sind.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Miramis : ich habe gerade erst Deine Rezi nachgelesen und gemerkt, dass wir uns ziemlich einig sind, was den Fall angeht. Das "okkulte Gedöns" war mir auch ein bisschen zuviel, und wie illy hat es mich befremdet, dass so viele Menschen im Buch offenbar bereit waren, an Hexen und Teufel und solchen Kram zu glauben.


    Die Recherchen zu Legenden und Historie haben mir aber wiederum gut gefallen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen