Sarah Crossan/Brian Conaghan - Nicu & Jess

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  • Sarah Crossan/Brian Conaghan - Nicu & Jess


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    Gebundene Ausgabe: 300 Seiten

    Verlag: Mixtvision (27. Februar 2018)

    ISBN-13: 978-3958541061

    empfohlenes Alter: ab 14 Jahren

    Originaltitel: We come apart

    Preis: 16,90€

    auch als E-Book erhältlich


    Wahnsinn, wie viel man mit so wenigen Worten sagen kann


    Inhalt:

    Nicu ist mit seiner Familie von Rumänien nach London gekommen und hofft auf ein besseres Leben in seiner neuen Heimat. Doch seine Eltern haben andere Pläne für ihn.


    Jess lebt mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater zusammen. Häusliche Gewalt ist ihr Alltag.


    Die beiden so unterschiedlichen Jugendlichen fassen langsam Vertrauen zueinander und beschließen, ihrem Schicksal zu entkommen. Doch dann macht eine dumme Tat alles zunichte.


    Meine Meinung:

    Schon in „Eins“ konnte Sarah Crossan mich mit ihrem ganz besonderen Schreibstil begeistern. Und auch „Nicu & Jess“ ist wieder in Versform geschrieben. Dabei hat jedes Wort eine wichtige Bedeutung und die Stelle auf der Seite, an der das Wort steht, ist sorgfältig gewählt. Mit nur relativ wenigen Worten vermögen die Autoren dadurch wahnsinnig viel zu erzählen und auszudrücken. Die Zusammenarbeit von Sarah Crossan und Brian Conaghan ist absolut gut gelungen. Der Roman wirkt wie aus einem Guss.


    Die einzelnen Kapitel sind nur wenige Zeilen bis wenige Seiten lang, wobei die Perspektive stets zwischen Nicu und Jess wechselt. Beide erzählen in der Ich-Form. Nicus Part fand ich anfangs recht anstrengend, weil er ziemlich gebrochen spricht. Aber er beherrscht die Sprache seiner neuen Heimat einfach noch nicht gut. Fast unmerklich wird die Grammatik im Lauf der Zeit etwas besser. Es wirkt auf jeden Fall sehr authentisch.


    Nicu ist ein sehr lieber Junge, der sich anpassen und niemandem Kummer bereiten will. Doch seine Umwelt macht es ihm nicht leicht. Er wird gemobbt und verlacht, von Mitschülern wie auch von Lehrern. Mit den Plänen seiner Eltern ist er ganz und gar nicht einverstanden, aber er weiß nicht, wie er sie abwenden soll, ohne seinen Eltern wehzutun. Man muss ihn einfach mögen.


    Auch wenn Jess nicht gerade ein Unschuldsengel ist, ist man als Leser doch auf ihrer Seite. Man kann sehr gut nachvollziehen, warum sie so handelt, wie sie handelt, und erkennt schnell, dass sie eigentlich ein gutes Herz hat. Doch dauert es einige Zeit, bis sie über ihren Schatten springen kann. Die Entwicklung beider Protagonisten war für mich logisch und gut verständlich.


    Eigentlich war ich während des Lesens hellauf begeistert. Doch leider versetzte mir das relativ offene Ende einen kleinen Dämpfer. Viele Leser wird das sicher gar nicht stören. Aber ich mag dieses Offene einfach nicht.


    Fazit:

    Obwohl mir am Schluss etwas fehlte, haben mich Sarah Crossan und Brian Conaghan mit „Nicu & Jess“ überzeugen können. Mit relativ wenigen, zielsicher gesetzten Worten, erzählen sie eine intensive, tiefgründige Geschichte, die eine breite Palette von Themen aufgreift: erste Liebe, Zwangsheirat, Immigration, Fremdenhass, häusliche Gewalt und mehr.


    ★★★★☆

  • Sehr aktuell und authentisch


    Klappentext

    „Jess und Nicu lernen sich beim Müllaufsammeln im Park kennen. Auf den ersten Blick ein ungleiches Paar, entwickelt sich ihre Freundschaft bald zu einer zarten Liebe. Als die Situation bei Jess zu Hause immer schlimmer wird und auch Nicus Zukunft in England bedroht ist, laufen sie davon. Doch dann trifft Nicu eine folgenschwere Entscheidung …“


    Gestaltung

    Mir gefällt das Cover, da ich es mag, wie der rote Faden sich um die beiden Menschen windet und hinter dem Titel zu einer Art Knäul zusammen gekräuselt wird. Es ist schlicht und doch muss man hinsehen, weil dieser Knoten irgendwie faszinierend ist. Auch mag ich den Zeichenstil der beiden Figuren, da es mich ein wenig an Comics oder Graphic Novels erinnert.


    Meine Meinung

    Bevor ich „Nicu & Jess“ gelesen habe, habe ich mir nur das Cover und den Klappentext angesehen, sodass ich beim Aufschlagen des Buches überrascht wurde: die Geschichte wird in ganz kurz gehaltenen Sätzen erzählt, die angeordnet sind wie Verse bei einem Gedicht. So wird das Buch zu einer sprachlichen Besonderheit, die mich sehr schnell überzeugt und für sich eingenommen hat, denn die Handlung wird aus der Sicht von Jess und Nicu erzählt. Dabei ist gerade Nicus Perspektive sehr besonders, da er gebrochenes Deutsch spricht. Dies wurde sprachlich hervorragend und realistisch umgesetzt, wobei ich auch sagen muss, dass ich zu Beginn leichtere Probleme hatte, da sich seine Parts aufgrund seiner Sprachschwierigkeiten etwas holprig lasen.


    Aber mit der Zeit gewöhnte ich mich daran und erlag schnell dem Sog der Geschichte. Auch empfand ich Nicus Vergleiche, wenn ihm Worte für eine Beschreibung gefehlt haben, sehr poetisch und ansprechend. Durch die wirklich kurzen Sätze und ihre Anordnung, fliegt man geradezu durch das Buch, wodurch es schnell ausgelesen ist. Auch die Sogwirkung trägt ihr Übriges dazu bei, denn die Handlung ist super aktuell! So werden familiäre Probleme, Gewalt und Migration thematisiert. Mit Nicu bekommt der Leser eine Sichtweise auf die Schwierigkeiten, die Migranten mit einer fremden Sprache und ihnen fremden Kulturen haben. Der innere Konflikt, der dadurch entsteht, wird sehr stark deutlich in diesem Buch. Zudem spricht das Buch auch Vorurteile an und schwierige Lebenssituationen.


    Jess hat auch mit einigen Bürden zu kämpfen, denn ihr Umfeld ist gezeichnet von Gewalt. Zudem hat sie nicht die richtigen Freunde, ist aber nicht imstande, sich so einfach aus ihrem Leben zu befreien.

    Diese beiden Figuren empfand ich als sehr authentisch und realistisch, da sie für mich sehr gut ihre schwierigen Verhältnisse verkörpern und verdeutlichen, wie schwer es eigentlich ist, damit umzugehen. Durch die eindringliche Sprache des Buches erhielt ich einen tiefen Einblick in das Innenleben der Figuren. So können wir, die vermutlich aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen ganz anders sind als Nicu und Jess, sehr schön sehen, wie es in den Charakteren aussieht. So trägt dieses Buch für mich sehr schön zu einem tieferen Verständnis anderer Menschen bei.


    Die Handlung hielt zudem einige Überraschungen und viele dramatische Wendungen bereit, die mich sehr gefesselt haben. Gleichzeitig ließ mich das Ende aber etwas zwiegespalten zurück, da es wirklich sehr offen war. Einerseits passt dies gut zum Buch, da jeder Leser sich so seine eigenen Gedanken machen kann, andererseits sind bei mir aber noch einige Fragen offen geblieben, auf die ich sehr gerne Antworten erhalten hätte.


    Fazit

    Für mich ist „Nicu & Jess“ ein super aktuelles Buch, das mit seinen Thematiken wie familiäre Probleme, Gewalt und Migration die Schwierigkeiten unserer Zeit aufgreift und sie dem Leser auf verständliche Weise aufbereitet. Für mich trägt diese Geschichte zum tieferen Verständnis anderer Menschen bei, da ich sie als sehr eindringlich und intensiv empfunden habe. Der besondere Sprach- und Erzählstil des Buches ist vielleicht nicht für jeden etwas, aber solche Leser, die literarische Besonderheiten gerne mögen, sollten unbedingt einen Blick hineinwagen. Für mich blieb das Ende etwas zu offen, wobei ich gleichzeitig denke, dass die dramatische, überraschende Geschichte von Nicu und Jess viele Leser in ihren Bann ziehen kann!

    4 von 5 Sternen!

    4ratten

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