Brauchen wir mehr Diversität in der Phantastik?

Es gibt 36 Antworten in diesem Thema, welches 7.329 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Dani79.

  • Hallo allerseits,


    ich war letzte Woche auf dem PAN Branchentreffen und habe dort den großartigen Lars Schmeink, den ersten Vorsitzenden der Gesellschaft für Fantastikforschung, kennen gelernt. Zwei Tage lang gab es Panels zum allgemeinen Thema "Träumen Androiden von Freiheit?" und es sollte um politische und gesellschaftliche Themen in der Phantastik gehen. Da blieben engagiert geführte Diskussionen nicht aus und diese zogen danach bis auf Twitter weiter.


    Als Reaktion hat Lars Schmeink nun einen Artikel veröffentlicht, in dem er zur weiteren Diskussion einlädt:


    Brauchen wir mehr (interessante) Frauenfiguren in der Phantastik?


    Hier ein paar Zitate, aber bitte lest den ganzen Artikel. Er ist es wert.


    Zitat

    Vor allem aber, und das spiegelt sich in der sich anschließenden Twitter-Explosion, hat eine Frage die Gemüter bewegt. Der Moderator fragte das Panel, ob die Phantastik mehr weibliche Protagonisten bräuchte. Die Frage ist unglücklich verkürzt und trifft nur sehr oberflächlich das eigentlich zu diskutierende Phänomen der gesellschaftlichen und systematischen Benachteiligung von Frauen (und ebenso wichtig LGBTQ-Menschen oder „people of color“).

    Zitat

    Denn es nützt ja nichts, eine Heldin zu haben, die effektiv nur ein Mann ist, dem ein anderes Geschlecht angedichtet wurde. Auch Frauenfiguren, die sich in Klischees ergehen oder die nur eindimensionale Handlungsfunktionen erfüllen, sind nicht Maßgabe für eine gute Repräsentation.

    Und für mich der wichtigste Teil:


    Zitat

    Ich finde, eine Pause zum Nachdenken über die eigenen Vorteile und Privilegien kann positive neue Impulse bringen. Sich selbst zu fragen, was an der Position der anderen mir als Bedrohung oder Angriff vorkommt, kann Erkenntnis generieren. Sich in der eigenen Position zu verschanzen, ist bedauerlich, sich komplett aus der Debatte zu verabschieden, ist hinderlich – gerade weil wir berühmte Verstärker brauchen, um die Forderungen nach mehr Vielfalt und Repräsentation in die Verlage und zu den LeserInnen tragen.

    Ich bin gespannt auf eure Meinung :winken:


    Grüßle
    Suse

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Und ein weiterer sehr interessanter Artikel ist hier zu finden:


    Welche Verantwortung hat Phantastik?


    Zitat

    „Wir“ – das sind die Weißen. Die „Normalen“. Wir gehen von unserem Blick aus, den wir auf die kreierte Welt und die dortigen fiktiven Kulturen wie selbstverständlich übertragen. Und das ist schade. Wir sind in der Lage, uns die durchdachtesten Plots auszudenken, vielschichtige Figuren zu entwerfen und auf die Vielfalt der Figuren in Geschlecht und Sexualität zu achten – aber sobald es um Völker geht, greifen wir bequem auf Klischees zurück. Die sind nicht per se rassistisch – prägen aber ein rassistisches Bild.

    Ganz großartige und wichtige Gedanken in beiden Artikeln. Bitte unbedingt mehr davon!

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Suse

    Hat den Titel des Themas von „Brauchen wir mehr (interessante) Frauenfiguren in der Phantastik?“ zu „Brauchen wir mehr Diversität in der Phantastik?“ geändert.
  • Ich würde mich freuen, wenn wir eine Diskussion zu den Themen führen könnten. Hat niemand eine Meinung dazu?


    Ein weiterer toller Artikel: Warum fällt es uns so schwer über Rassismus zu sprechen


    Zitat

    Rassistisch sind immer die anderen

    Das Phänomen nennt sich othering und macht es uns so schwer unsere eignen Rassismen zu benennen und Rassismus überhaupt wahrzunehmen.

    Was für ein wunderbarer Absatz:


    Zitat

    Wie Udo Lindenberg kürzlich anmerkte, steckt in dem Wort Unterhaltung der Begriff Haltung. Uns allen würde es gut zu Gesicht stehen ebendiese Haltung zu entwickeln und zu reflektieren. Es reicht nicht aus, aus dem heterosexuellen Protagonisten einen Schwarzen Krieger mit polyamoröser Homosexualität zu machen. Es geht um die Empathie sich in die Lebensrealitäten von anderen Menschen hineinzuversetzen, welcher weniger Privilegien als man selbst hat. Rassismus ist kein Buch, was man beliebig in die Hand nehmen und wieder weglegen kann, wenn man betroffen ist. Rassismus bedeutet für viele Menschen (Angst vor) Verletzungen und Sorge um das eigene Leben, sowie eine permanente, omnipräsente Benachteiligung.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Ich würde mich freuen, wenn wir eine Diskussion zu den Themen führen könnten. Hat niemand eine Meinung dazu?

    Nein. :evil:


    Die Frage ist m.M.n. zuerst: Warum und wozu lesen wir Phantastik? Denn Verlage wie Autors liefern ja primär einmal, was gelesen - sprich: verkauft - wird. In vielen Fällen dient die Lektüre dem Eskapismus (Stichwort: "Ich kann beim Lesen in fremde Welten abtauchen."). Aber Das Buch soll bitte nicht allzu eskapistisch sein, sonst fühle ich mich als Les nicht mehr wohl. Schon als 5-Jähriger habe ich gelernt, dass in einem TV-Western der Böse immer einen schwarzen Hut trägt. Ich will zwar aus meinem Alltag ausbrechen, aber in der Gegenwelt mich doch orientieren können. Und das ist am einfachsten - für Les wie Autors - wenn gewisse Vorurteile unhinterfragt bleiben, bzw. unhinterfragt bedient werden.


    Ich schätze, dass in Europa 99% der Les weiss sind. Davon wohl mindestens 3/4 Frauen. Es ist kein Wunder, dass sich die Diskussion nun am Thema Frauen entzündet, denn die Frauen beginnen, sich ihrer Unterdrückung bewusst zu werden. Menschen, die nicht weiss und/oder körperlich oder geistig nicht dem Standard entsprechen, Transgender etc. sind eine so kleine Minderheit, dass sie nicht zu Wort kommen. Das ist schade, aber vielleicht muss man irgendwo anfangen?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Wir wollen auch nicht raus aus unserer Wohlfühlzone. Warum sollten wir unsere eigenen Grenzen verschieben? Warum unsere eigenen Denkmuster hinterfragen. Selbstreflexion? Das ist doch unbequem.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Ich würde es vielleicht sogar ausweiten und fragen, brauchen wir generell mehr Diversität in allen Genres der Literatur?


    Mir fällt grade auf das sich gerade im Bereich Jugendbuch und YA viel tut, was aber für mich erst als Anfang spürbar ist. Bei manchen Verlagen habe ich den Eindruck das sie jetzt gemerkt haben, das sie sich in den letzten Jahrzehnten einfach überhaupt nicht damit auseinander gesetzt haben, weshalb jetzt einfach alles genommen wird, was Diversität auch nur Ansatzweise berührt. Das ist nicht so gemeint, das ich total dagegen bin das hier nun endlich mal jemand drauf schaut, aber es entsteht schon das Gefühl das eben nicht so ganz genau genommen wird wie Hauptsache DAS. Und das finde ich dann auch schade, denn dabei geht genau das flöten.


    Der Blick darauf wie eigentlich diese Frauenfiguren dargestellt werden fehlt mir oftmals. Denn auch mir reicht nicht, das eben die Hauptfigur eine "starke" Frau ist (und ja ich setze das ganz bewusst in Anführungsstrichen, weil es mich nervt, das Frauen damit implizit zugesprochen wird eigentlich schwach zu sein und das deshalb betont werden muss das es aber eine starke Frau ist.) Auch die Beziehungen zu anderen Figuren, wie werden sie etwa in Bezug auf Männer dargestellt. Wie werden ihre Rollen innerhalb der Handlung dargestellt, welchen Wertungen werden sie dabei ausgesetzt?


    So war ich super positiv überrascht als etwa bei Gail Carriger, die Hauptfigur in einem ihrer Romane schwanger war und trotzdem, wie man es aus den Vorgängern gewohnt war, agierte. Und ja im Vergleich etwa zur Schwangerschaft von Bella in den Bissromanen komplett anders. Das liegt aber auch daran. wie Bella als Hauptfigur dargestellt wurde, die mich immer noch sehr stört. Ohne Bezug auf die männlichen Figuren der Reihe bleibt Bella immer wieder passiv. Auch bei den Büchern von Gail Carriger gibt es Werwölfe und Vampire. Aber ihre weiblichen Figuren handeln viel eigenständiger und sind auch insgesamt viel diverser dargestellt. Alexia Tarrabotti wird eindeutig als jemand dargestellt, der nicht nur nicht dem Schönheitsideal entspricht, sondern auch deshalb tatsächliche Nachteile hat. Zudem findet sich meiner Meinung nach dort auch ein breites Spektrum an Frauenfiguren, das heißt es gibt nicht nur eine Sorte von z.B. "starken" Frauen sondern verschiedene Lebensmodelle, die aber nicht wertend dargestellt werden.


    In "The Custard Protocolls" gibt es Reisen nach Indien und Ägypten und so wird auch die Frage, wie eigentlich vor Ort und auch aus England heraus, damit umgegangen wird, wenn etwa herausgefunden wird, das es neben Werwölfen noch andere Wer-möglichkeiten gibt.


    In den "Finishing School"- Büchern gibt es eine wichtige Bezugsperson von Sophrania, der Hauptfigur, die auch als Love Interest in Erscheinung tritt und bei der von Beginn an klar ist, das er eine schwarze Hautfarbe hat.


    Ich finde das man bei ihr gute Ansätze findet, auch wenn mir schon klar ist, das es auch hier Kritikpunkte gibt. Etwa das die Hauptfiguren bisher insgesamt vor allem als weiß eingestuft sind. Aber ich sehe hier eben, das die Autorin versucht diversität umzusetzen.

  • Bei manchen Verlagen habe ich den Eindruck das sie jetzt gemerkt haben, das sie sich in den letzten Jahrzehnten einfach überhaupt nicht damit auseinander gesetzt haben, weshalb jetzt einfach alles genommen wird, was Diversität auch nur Ansatzweise berührt.

    Nicht die Verlage. Die Les. Schleichen wir uns nicht aus der Verantwortung... ;)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Ich bin mir nicht sicher, wie gut mehr Diversität mit bestehenden AutorInnen entstehen kann. Wenn ich weiß und heterosexuell bin, muss ich schon sehr gut schreiben können, um einen "Schwarzen Krieger mit polyamoröser Homosexualität" hinzubekommen, der nicht nur ein wandelndes Klischee ist. Mehr Diversität in den Figuren wäre einfacher durch diversere Erfahrungswelten in der Realität des Autors/der Autorin, diese Personen erleben aber wiederum oft Diskriminierung für ihre entsprechenden Eigenschaften und haben es schwerer ihre Bücher auf den Markt zu bringen.


    Ich selbst lese gerne mal etwas weiter weg vom Mainstream, was daran liegt, dass ich gefühlt schon alles übliche kenne. Aber das heißt nur, dass ein Teil meiner Wohlfühlzone voller alter Kissen ist und ich deswegen an den Rand gehe. Manchmal weitet das den Rand durch Gewöhnung, das merkt man gar nicht, aber das ist sicher eine gute Sache und fühlt sich auch noch gut an, wenn es einem nach einiger Zeit bewusst wird. Aber ab und zu nimmt mich ein Buch plötzlich weit über diesen Rand hinweg und zeigt ihn mir dadurch deutlich, was sich weniger gut anfühlt. Wenn die Komfortzone kleiner ist, landet man noch schneller draußen, und genau Suse, wer will da schon raus...

  • Auch in Game of Thrones wird meiner Meinung nach vieles richtig gemacht. Auch hier finden sich viele verschiedene Frauenfiguren, die verschieden agieren und einfach gleichwertig wichtig sind, wie die männlichen Figuren. Sie haben Handlungsstränge und entwickeln sich weiter. Von Aria, die lieber mit dem Schwert ihre Meinung sagt, über Daenerys, die ihrem Bruder abspricht der geeignete Kandidat für den Drachenthron zu sein und lieber sich selbst als legitime Erbin des Drachenthrons einsetzt. Von Cercei über Sansa... ich könnte zu jeder Frauenfigur vielschichtiges sagen. Es ist also möglich und wir finden diese Frauenfiguren auch in prominenten Büchern (Harry Potter wäre auch ein schönes Beispiel).


    Aber nur Frauenfiguren anzuhäufen ist ja auch noch keine Diversität. Das wäre, wenn diese Frauen auch verschiedenste Hintergründe hätten, die auch ihre Hautfarbe und Sexualität mit einschließen würde. Und wichtig wäre mir hier, das es da eben nicht nur um Frauen geht, sondern auch um die allgemein Frage nach Gender-vielfalt. Wir hatten es ja auch schon an anderer Stelle von Queeren Figuren, Transgenderfiguren etc.


    Für mich wäre es aber ein deutliches Zeichen das sich auch in der Gesellschaft etwas verändert, wenn z.B eben auch in der Phantastik Figuren anders angelehnt werden und vermieden wird, bestimmte Orientalismen weiterhin zu verwenden. Also die Definition des Fremden als Folie zu benutzen um das nicht Fremde aufzuwerten. Oder das Fremde zu exotisieren: ein Beispiel hierfür wären die Indianerdarstellungen z.B. bei Karl May, aber auch späteren Romanen und dabei dann Negatives oder Positives auszulassen. Also keine differenziertere Darstellung zu bieten.

  • Wenn ich weiß und heterosexuell bin, muss ich schon sehr gut schreiben können, um einen "Schwarzen Krieger mit polyamoröser Homosexualität" hinzubekommen, der nicht nur ein wandelndes Klischee ist.

    Wobei. Stimmt das wirklich? Männer schreiben weibliche Figuren, Erwachsene schreiben aus Kindersicht.

    Mehr Diversität in den Figuren wäre einfacher durch diversere Erfahrungswelten in der Realität des Autors/der Autorin, diese Personen erleben aber wiederum oft Diskriminierung für ihre entsprechenden Eigenschaften und haben es schwerer ihre Bücher auf den Markt zu bringen.

    Ja, das stimmt leider. War auf dem Branchentreffen auch ein Thema, als ein renommierter Autor erzählte, dass er seit Jahren weibliche Figuren erschaffe und noch nie deshalb irgendwelche Maßregelungen oder Nachteile gehabt habe. Der Einwand war aber eben: Er ist ein (weißer) Mann. Als Mann hat er statistisch gesehen leichter, einen Verlag und Leser*innen zu finden.


    Und weiße Frauen haben es nochmal einfacher als Menschen anderer Hautfarbe usw.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • sandhofer

    Stimmt nicht ganz, beide Seiten würde ich sagen. Jetzt erkenne ich auch deine Abkürzung wieder. Die habe ich vorhin nicht gleich im Kopf gehabt.


    illy

    Und hier wären auch wieder alle gefragt. Man könnte ja von vorneherein mal fragen, welche Chancen Autoren*innen mit anderer Hauptfarbe für eine Veröffentlichung haben im Gegensatz zu als weiß wahrgenommenen.

  • Wobei. Stimmt das wirklich? Männer schreiben weibliche Figuren, Erwachsene schreiben aus Kindersicht.

    Und wer gut schreiben kann, kriegt das auch hin, wobei in der eigenen Umgebung sicherlich bei den meisten Menschen mehr "normale" Frauen und Kinder sind als "schwarze Krieger mit polyamoröser Homosexualität" oder andere Gruppen, denen es nicht nur Diversität in der Literatur, sondern auch an Existenz in der Umgebung der meisten AutorInnen mangelt (sofern diese eben nicht selbst dazu gehören). Unsere Gesellschaft ist nun einmal nicht völlig Multi-Irgendwas, man agiert meist mit Menschen, die einem irgendwie ähneln.


    Ach so, und wer nicht schreiben kann produziert so etwas: https://www.theguardian.com/bo…female-characters-twitter

  • ein Beispiel hierfür wären die Indianerdarstellungen z.B. bei Karl May, aber auch späteren Romanen und dabei dann Negatives oder Positives auszulassen.

    Ich verstehe jetzt nicht, was Du meinst. Karl May hat - bei aller Exotisierung und Romantik als einer der ersten im deutschen Sprachraum den Indianer positiv dargestellt. Natürlich hat seine Darstellung aus heutiger Sicht, auch aus der Sicht jeder political correctness, seine Mängel. Aber seiner Zeit war er voraus.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • sandhofer

    Es geht darum das eine positive Darstellung auch zu einer exotisierung führt. In dem Sinne das dann eine unrealistische Darstellung erfolgt. Ich verstehe deinen Punkt schon, allerdings wird der Indianer bei Karl May auch unrealistisch dargestellt und nicht differenziert. Und das ist genauso nicht in Ordnung wie der umgekehrte Fall. Der "edle Wilde" ist eben genauso ein Klischee und daher auch mit Vorurteilen behaftet und daher kein gutes Beispiel für Diversität.

  • Und das ist genauso nicht in Ordnung wie der umgekehrte Fall.

    Ich verstehe schon, was Du meinst. Du gehst vom Standpunkt des/der aufgeklärten Weissen des 21. Jahrhunderts aus. Von diesem Standpunkt aus kannst Du aber praktisch alles wegwerfen, was vor 2015 geschrieben oder gesagt wurde. Du sägst Dir Deine eigene Geschichte ab. Dieser Standpunkt ist aber nur vermeintlich objektiv und universal. Indem wir die Scheuklappen des 19. oder des 20. Jahrhunderts anprangern, können wir unsere eigenen verdrängen. Indem wir May vorwerfen, die Indianer zu romantisieren und zu exotisieren, verdrängen wir nicht nur die Bemühungen seiner Zeit, dem Indianer gerecht zu werden, wir können uns gleichzeitig als die besseren Menschen fühlen und uns zurücklehnen. Und dagegen wehre ich mich bei all diesen Vergleichen mit früheren Zeiten. Nur unsere Grosseltern schlecht machen, macht uns nicht zu besseren Menschen. Wir. Hier. Jetzt.


    Und, nein:


    Stimmt nicht ganz, beide Seiten würde ich sagen

    Es sind wir Les. Und nur wir. Die Verlage wollen einfach Geld verdienen. Die wollen uns kein Weltbild aufzwingen. Wenn morgen alle Les auf zuckerkranke, an muitipler Sklerose leidende transsexuelle Helds abfahren, nur weil ein Buch mit diesem Thema Erfolg hatte, werden uns alle Verlage mit so was kommen. Wir kriegen, was wir wollen.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Um aber auf die Phantastik zurückzukommen: Warum wollen wir ausgerechnet in dem Genre, das sich - neben der Science Fiction - am besten eignet für zumindest literarische Experimente, immer wieder denselben schon x-mal aufgekochten Brei? Warum immer den physisch starken weissen Krieger mit Schwert, der die Bösewichte (allesamt Vertreter der dunklen Seite!) niedermacht?


    Warum?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • sandhofer Ich habe das Indianerbild bei Karl May lediglich als Beispiel wie ich das meine aufgeführt und keinesfalls gesagt, das wir unsere Geschichte absägen sollen oder sonst etwas. Trotzdem kann man Karl Mays Blickwinkel hinterfragen. Aber ich habe das ganze lediglich als Beispiel gemeint, um zu daran zu illustrieren wie das gemeint ist. Das fiel mir lediglich in diesem Moment dazu ein. Nicht mehr und nicht weniger.

  • sandhofer

    Gute Frage. Verlage bieten ja auch deshalb diesen Einheitsbrei an, weil es vermutete Verkäufe dafür gibt. Ich überlege grade ob das dann auch wieder mit einer Gewohnheit zu tun hat... also was man kennt gibt Struktur und Sicherheit und daher fällt es dann auch nicht ganz leicht sich aus dieser Zone zu verabschieden.


    PS: Doch es sind beide Seiten, denn Verlage spiegeln auch die Gesellschaft wieder und ja, auch ein Verlag könnte sehr wohl entscheiden bestimmt Bücher eben nicht zu verkaufen, auch wenn er wirtschaftlich denken muss, heißt das nicht, das Verlage dann gar nicht selbstständig denken...

  • auch ein Verlag könnte sehr wohl entscheiden bestimmt Bücher eben nicht zu verkaufen, auch wenn er wirtschaftlich denken muss, heißt das nicht, das Verlage dann gar nicht selbstständig denken...

    Kann er ja. Und irgendwann wird er, wie der Ammann-Verlag, seine Tore schliessen müssen.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)