01 - Seite 7 bis Seite 83 (Kapitel 1 und 2)

Es gibt 21 Antworten in diesem Thema, welches 4.409 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von dubh.

  • Hallo ihr Lieben!


    Hier startet die Leserunde zu "Der Neue" von Tracy Chevalier.


    Postet hier bitte erst, wenn Ihr mit der Lektüre begonnen habt und etwas zum Buch zu sagen oder zu fragen habt. Die Beiträge "Buch liegt bereit, ich fange heute Abend an" ziehen das Ganze zu sehr in die Länge und passen besser in den Buchvorschlag. Außerdem wäre es schön, wenn Ihr darauf achtet, nicht einzeln zu sehr vorzupreschen, damit wir zusammen bleiben und mit einem ähnlichen Stand spekulieren und diskutieren können. Als Faustregel gilt, nicht mehr als ein Abschnitt pro Tag.

    Bitte beachtet auch die Hinweise zur Aktivität und Qualität.


    Zum Abschluss: bitte denkt auch daran, dass ein wichtiger Teil der Leserunden eure abschließenden Rezensionen sind und stellt diese am Ende der Runde zeitnah hier im Forum und auf literaturschock.de direkt ein.

    Zahlreiche Rezensionen hier und die Streuung auf anderen Seiten steigern bei den Verlagen die Attraktivität von solchen Aktionen: Denkt daran, dass die Teilnahme an der Runde und die Rezensionen die "Gegenleistung" für die Freiexemplare sind.


    Bitte beachtet auch die folgenden Hinweise

    http://literaturschock.de/lite…x.php?thread/40214.0.html


    Hier könnt Ihr zum Inhalt Seite 7 bis Seite 83 (Kapitel 1 und 2) schreiben.

    Spoilermarkierungen sind aufgrund der Seitenbeschränkung nicht vorgesehen.


    Ich wünsche uns allen eine vergnügliche Runde.

    Liebe Grüße

    Claudia :winken:

    :lesen:





  • Hallo liebe Mitleser! :) (Soo schönes Wetter..)

    Nach Lesen der "Exposition" führt mein Kopf immer mal wieder eine Diskussion mit sich selbst:

    Ist das ein Jugendbuch (in der Beschreibung ist nichts vermerkt)?

    Inwieweit ist ein Buch mit jugendlichen Protagonisten (11? 12? 13? Jahre alt) immer (auch?) ein Jugendbuch?

    Was macht überhaupt (genau) den Unterschied aus - oder ist die Grenze (heutzutage) verschwommen??

  • Meine Antworten wären im Augenblick (diskutiere noch.. ;):(

    - Jedenfalls nicht für 11-13-Jährige..

    - Nein, nicht unbedingt.

    - Ich denke, dass der Autor durchaus bestimmte Adressaten beim Schreiben im Kopf hat, ja, und darum die Komplexität anpasst - aber der Übergang von "jugendlich" zu "erwachsen" erfolgt ja auch nicht in einem einzigen Schritt, und Köpfe sind auch altersunabhängig verschieden, daher sind Überschneidungen sinnvoll.


    (Steckt noch nicht wirklich viel Reflexion hinter aber..)

  • Ist das ein Jugendbuch (in der Beschreibung ist nichts vermerkt)?

    So wird es nicht beworben. Ich lese es als Erwachsenenliteratur wobei ich mir inzwischen - nach Beendigung des ersten Abschnittes - gut vorstellen kann, dass es AUCH von Jugendlichen problemlos gelesen werden kann und die Aussagen im Buch ALL-AGE sind.


    Inwieweit ist ein Buch mit jugendlichen Protagonisten (11? 12? 13? Jahre alt) immer (auch?) ein Jugendbuch?

    Ich finde nicht, dass ein Buch, NUR weil es jugendliche Protas hat, IMMER ein Jugendbuch ist. Ich kenne viele Bücher, die nicht in dieses Muster fallen.


    Was macht überhaupt (genau) den Unterschied aus - oder ist die Grenze (heutzutage) verschwommen??

    Ein Unterschied, der oft bemerkbar für mich ist, ist die Sprache. In Jugendbüchern wird sie meist einfacher und klarer gehalten. Oft sind auch die Charakterbeschreibungen nicht so detailiert und der Plot oberflächlicher. Das soll nicht abwertend klingen. Und ich persönlich finde ja sowieso, dass Jugendbücher auch gerne anspruchsvoller geschrieben sein dürfen, um die Jungendlichen zu fordern und fördern und nicht zu unterschätzen. Aber natürlich wird versucht, den Erzählstil der Altersgruppe anzupassen. Und dass das Ganze fließend ist, liegt ja auf der Hand. So wie die Altersgrenzen und die Reife der Leser fließend ist.


    Für mich ist das Buch von Tracy Chevalier eine Geschichte, die anhand jungendlicher Protagonisten das Verhalten einer ganzen Gesellschaft beschreibt. Ihre Ängste, Sorgen, Gefühle sind ähnlich wie die der Erwachsenen mit dem einzigen Unterschied, dass die Jungendlichen teilweise noch mit mehr Naivität an das Thema "Der Neue" herangehen bzw. ihre Charaktere noch nicht so gefestigt aber auch noch nicht so festgefahren sind, wie die Erwachsener.

    :lesen:





  • Jedenfalls nicht für 11-13-Jährige..

    Da sollten wir im letzten Abschnitt nochmal drüber diskutieren. Da würde mich Eure Meinung wirklich interessieren. Wie gesagt - nach einem gelesenen Abschnitt habe ich schon so eine ungefähre Vorstellung, wo die Reise bei diesem Buch hingeht. ;)

    :lesen:





  • Moin ihr Lieben,


    ich bin zwar erst mit dem ersten Kapitel fertig, aber eine Szene fand ich ganz besonders schön und das muss ich einfach loswerden.


    Als aus der Sicht von Osei er der erste Mal Dee hinter sich sieht beschreibt er die innere und äußere Schönheit von ihr. "Osei hatte das Gefühl, dass ih ihrem Inneren etwas leuchtete; etwas , das die meisten entweder gar nicht besassen oder gut verbargen: ein Herz." Hach...

    Das sind keine Stirnfalten. Das ist ein Sixpack vom Denken.

    Einmal editiert, zuletzt von Delena ()

  • Grüß Euch!


    Ich habe den ersten Abschnitt noch nicht ganz geschafft, aber die Diskussion hier finde ich schon jetzt sehr interessant! Für mich ist das Buch auch ein All-age-Buch.

    So wie Shakespeares Othello auch ein Buch für jeden ist - geht es schließlich um die ganz großen Themen wie Liebe und Eifersucht, Neid, Intrigen, Hass, Ausgrenzung, aber auch Menschlichkeit.


    Das Hogarth Shakesoeare Projekt gibt erfolgreichen Autoren die Möglichkeit, ihre ganz persönliche Neuerzählung eines Werkes von Shakespeare zu präsentieren. Und Tracy Chevalier hat hier Othello neu erzählt. Das bedeutet allerdings nicht, dass man deshalb Othello unbedingt kennen muss - die Geschichte wird eh neu, nämlich modern, erzählt


    Und ich bin schon sehr gespannt auf ihre Version.

    Vernunft, Vernunft...

  • Also ein toller Einstieg! Ich mag die sehr bildreichen Beschreibungen aller Szenen und der Charaktere sehr. Ich hab alles so deutlich vor mir gesehen, wie schon lange nicht mehr bei einem Buch. So gelang mir auch der Einstieg ist das Buch sehr gut und fix. Auch von den verschiedenen Perspektiven bin ich angetan. Teilweise überlappt sich die Zeitschiene, aber dennoch wird es überhaupt nicht langweilig, sondern erhöht sogar den Spannungsbogen!


    Wie alt sind die Jugendlichen? Das habe ich mich die ganze Zeit gefragt. Ich habe gerade mal geschaut und Junior High Schools umfassen wohl 7. bis 9. Klasse. Also sind die Kinder in der 6. Klassen, also 11/12 Jahre alt. Das finde ich jetzt fast sehr jung, wenn ich mir überlege, wie reif und weit die Kinder schon in den zwischenmenschlichen Beziehungen sind. Das Buch spielt in den 1970er Jahren. Hm. Egal, ich überspringe das mal und kann es auch sonst einfach so hin nehmen. ;)


    Dee ist mir natürlich sehr sympathisch in ihrer unbefangenen Art und wie sie auf O zugeht. Aber auch als Freundin scheint sie wirklich toll zu sein. Immerhin ist sie auch mit der Außenseiterin Mimi befreundet, aber trotzdem noch bei all den anderen Kids beliebt. Diesen Drahtseilakt muss man auch erstmal überstehen. Aber sozial scheint Dee wirklich gefestigt und fit zu sein. Hut ab! Auch O ist erstaunlich offen und selbstbewusst. Aus seiner Perspektive wurden immer wieder krasse Aktionen gegen ihn angedeutet. Er wird verprügelt, mit Worten nieder gemacht, sogar von Respektpersonen... Ich finde es bewundernswert, dass er dann noch so offen durchs Leben geht. Ich könnte mir auch vorstellen, davon irgendwann so entnervt zu sein, dass ich gar keinen Bock mehr hätte, mich zu integrieren. Wo er ja auch nie weiß, wie lange er überhaupt an einem Ort sein wird. Aber er ist tapfer und sieht sein Eingewöhnen als Arbeit an und vergleicht sich sogar mit seinem Vater.


    Ian hingegen macht mir Angst. Er hat es nicht nur faustdick hinter den Ohren, ich halte ihn für gefährlich. Es wird schnell klar, dass er etwas gegen O "unternehmen" will. Ich könnte mir fast vorstellen, dass er erstmal Gerüchte verbreitet, dass Caspar und Dee ein Paar oder verliebt sind. Das wäre ja noch relativ harmlos. Mal sehen, wo uns das noch hinführt.


    Ich mag übrigens den englischen Titel. Die deutsche Übersetzung davon ist eigentlich nicht wirklich möglich, aber sie haben es bestmöglich gemacht. "New Boy" ist der englische Titel. "Der Neue" somit wirklich gelungen, auch wenn die tiefere Bedeutung des Wortes "Boy" in diesem Kontext natürlich nicht mit übertragen werden kann.

  • Ist das ein Jugendbuch (in der Beschreibung ist nichts vermerkt)?

    Inwieweit ist ein Buch mit jugendlichen Protagonisten (11? 12? 13? Jahre alt) immer (auch?) ein Jugendbuch?

    Was macht überhaupt (genau) den Unterschied aus - oder ist die Grenze (heutzutage) verschwommen??

    Interessante Gedanken. Für mich war das Buch von Anfang an eigentlich kein Jugendbuch und ich überlege gerade, woran ich das festmache. Die Figuren agieren zwar wie Kinder, aber ich finde, es wird nicht wirklich kindlich 'rüber gebracht. Der Stil richtet sich für mich eher an Erwachsene. Das Buch kann problemlos auch von Jugendlichen gelesen und verstanden werden, aber bisher waren die Jugendbücher, die ich gelesen habe, doch lockerer und nicht so ernst geschrieben.

  • Das Buch hat mich mitgerissen, ich bin begeistert und mochte den Reader gar nicht zur Seite legen.
    Die Charaktere sind sehr schön detailliert beschrieben, bei den wechselnden Sichtweisen hatte ich keine Probleme, zu folgen.


    Osei ist eine starke Persönlichkeit. Natürlich ist es immer wieder ein unangenehmes Gefühl für ihn, ständig "Der Neue" und dazu noch der einzige Afrikaner an der Schule zu sein. Trotzdem habe ich den Eindruck, er ruht in sich selbst. Man muss bedenken, dass er erst ca. 12 Jahre alt ist, dann mit einer solchen äußeren Gelassenheit die Sache anzugehen. Schon beeindruckend, zumal er in der Vergangenheit schon schlechte Erfahrungen gemacht hat.


    Dee ist nahezu perfekt. Gutaussehend, intelligent, freundlich und sie kommt sowohl mit der Aussenseiterin Mimi als auch mit der extrovertierten Blanca zurecht. Ganz toll, wie unvoreingenommen sie auf O zugeht, auch wenn alle anderen komisch schauen. Sie tut das was in ihren Augen richtig ist und es ist ihr egal was die anderen denken. Und das, obwohl man in dem Alter normalerweise ständig darauf achtet in Reihe zu sein und nicht aufzufallen.


    Und dann der fiese Ian, ein Mega-Kotzbrocken. Ich habe jetzt schon Angst welche gemeine Intrige er sich ausdenkt, um einen Keil zwischen O und Dee zu treiben. Mimi hat zwar den Entschluss gefasst sich bald von ihm zu trennen, aber ich vermute, sie wird den Schritt noch nicht so bald gehen. Sie ist zunächst froh, einen Feund zu haben, auch wenn er eine miese Type ist und sie das auch weiss.


    Sehr gut fand ich den direkten Namensbezug zu den Figuren aus Othello. Man hat keine Probleme, die Kinder den Protagonisten im Original zuzuordnen. Aus Desdemona wird Dee, aus Iago wird Ian, aus Cassio wird Casper usw..

    Das sind keine Stirnfalten. Das ist ein Sixpack vom Denken.

  • Ich lese es als Erwachsenenliteratur wobei ich mir inzwischen - nach Beendigung des ersten Abschnittes - gut vorstellen kann, dass es AUCH von Jugendlichen problemlos gelesen werden kann und die Aussagen im Buch ALL-AGE sind.

    Der Stil richtet sich für mich eher an Erwachsene. Das Buch kann problemlos auch von Jugendlichen gelesen und verstanden werden, aber bisher waren die Jugendbücher, die ich gelesen habe, doch lockerer und nicht so ernst geschrieben.

    Das sehe ich genau wie ihr. Vom Stil her ist es für mich auch ein Erwachsenenbuch, das im Moment (ich weiss ja noch nicht, was genau so alles noch passiert) auch von Jugendlichen gelesen werden kann.

    Also sind die Kinder in der 6. Klassen, also 11/12 Jahre alt. Das finde ich jetzt fast sehr jung, wenn ich mir überlege, wie reif und weit die Kinder schon in den zwischenmenschlichen Beziehungen sind. Das Buch spielt in den 1970er Jahren.

    Stimmt, die Kinder im Buch sind da wirklich schon sehr reif. Ich überlege immer, ob ich sie nun als Kinder oder Jugendliche bezeichnen soll, aber mit 11 oder 12 ist man auf jeden Fall noch Kind.

    ich halte ihn für gefährlich.

    Ian ist auf jeden Fall gefährlich. Was für krumme Dinger er dreht und wie skrupellos er andere ausnimmt, er ist bestimmt zu so einigem fähig.

    "New Boy" ist der englische Titel. "Der Neue" somit wirklich gelungen, auch wenn die tiefere Bedeutung des Wortes "Boy" in diesem Kontext natürlich nicht mit übertragen werden kann.

    Oh das ist interessant, wirklich passend.

    Das sind keine Stirnfalten. Das ist ein Sixpack vom Denken.

  • Ja - dass die Rufnamen der Hauptpersonen einfach ihre Initialen "D" und "O" sind, fand ich auch sehr gelungen!

    Die Schulhof-Sozialstruktur mit all ihren Prototypen ist sehr gekonnt und glaubhaft dargestellt, finde ich; ein Mikrokosmos wie ein Bühnenensemble, der sich, wie Ian voraussieht, in seinen Machtverhältnissen durch das Hinzutreten einer neuen Figur verschieben könnte..

  • Also ein toller Einstieg! Ich mag die sehr bildreichen Beschreibungen aller Szenen und der Charaktere sehr. Ich hab alles so deutlich vor mir gesehen, wie schon lange nicht mehr bei einem Buch. So gelang mir auch der Einstieg ist das Buch sehr gut und fix. Auch von den verschiedenen Perspektiven bin ich angetan. Teilweise überlappt sich die Zeitschiene, aber dennoch wird es überhaupt nicht langweilig, sondern erhöht sogar den Spannungsbogen!

    Besser hätte ich es auch nicht sagen können. Die Sprache ist einfach wundervoll. Man taucht tief in die Gefühlswelten der Kinder ein. (Für mich sind sie eigentlich noch keine richtigen Jugendlichen.) Auch ihr Verhalten ist oft noch etwas kindlich. Da entbrennt man schon mal innerhalb eines Blickes in unsterblicher Liebe und auch die Abneigung und sogar Hass sind schnell bei der Hand. Die Charaktere werden sehr glaubwürdig aufgedröselt. Man spürt, dass alle noch irgendwie auf der Suche nach sich und einer klaren Haltung sind.

    Wie alt sind die Jugendlichen? Das habe ich mich die ganze Zeit gefragt. Ich habe gerade mal geschaut und Junior High Schools umfassen wohl 7. bis 9. Klasse. Also sind die Kinder in der 6. Klassen, also 11/12 Jahre alt. Das finde ich jetzt fast sehr jung, wenn ich mir überlege, wie reif und weit die Kinder schon in den zwischenmenschlichen Beziehungen sind. Das Buch spielt in den 1970er Jahren. Hm. Egal, ich überspringe das mal und kann es auch sonst einfach so hin nehmen

    So reif finde ich die gar nicht. Ich denke mal, du meinst, dass sie sich küssen und von Liebe "sprechen". Das geht da schon los in dem Alter. Aber dieses Hin und Her und dieses überschwängliche, das ist schon ziemlich kindlich. Ich muss da an meinen Erstgeborenen denken, der so mit fünf oder sechs z.B. im Urlaub am Strand Kinder kennengelernt hat und dann nach einer halben Stunde davon sprach, dass das jetzt seine Freunde wären. Also das war noch vor Facebook. :D Kinder denken noch in gröberen Strukturen. So kommen mir die Jungs und Mädels teilweise vor. Wobei spannend ist, dass sie auch schon "reifere" Gedanken haben, auf die Du sicher abzielst, Avila. Die gibt es natürlich auch.

    Ian hingegen macht mir Angst. Er hat es nicht nur faustdick hinter den Ohren, ich halte ihn für gefährlich. Es wird schnell klar, dass er etwas gegen O "unternehmen" will. Ich könnte mir fast vorstellen, dass er erstmal Gerüchte verbreitet, dass Caspar und Dee ein Paar oder verliebt sind. Das wäre ja noch relativ harmlos. Mal sehen, wo uns das noch hinführt.

    Ian hat so eine tiefe Wut in sich und so ein Bedürfnis nach Macht und Geltung, dass er mir auch große Angst macht. Ständig will er Schwächere schubsen, ihnen weh tun, ihre Furcht beflügelt ihn. Sorgen macht mir auch, dass Mimi sich vor ihm genauso fürchtet. Wenn sie sich wieder von ihm trennt, dann wird er sie bestrafen. Eine Situation, die ich mir gar nicht vorstellen mag.


    Überhaupt toll beschrieben, wie sich das Ganze so schnell hochschaukelt und auch schon auf die Lehrer überzugreifen beginnt. Keiner weiß, wie er sich O gegenüber verhalten soll und alle unterstellen ihm Sachen. Dass er auf Rabatz aus wäre, dass er ein Sportkrack sein muss usw.

    :lesen:





  • Dee ist nahezu perfekt. Gutaussehend, intelligent, freundlich und sie kommt sowohl mit der Aussenseiterin Mimi als auch mit der extrovertierten Blanca zurecht. Ganz toll, wie unvoreingenommen sie auf O zugeht, auch wenn alle anderen komisch schauen. Sie tut das was in ihren Augen richtig ist und es ist ihr egal was die anderen denken. Und das, obwohl man in dem Alter normalerweise ständig darauf achtet in Reihe zu sein und nicht aufzufallen.

    Dee ist wirklich sehr nett. Aber sie hat auch keinen realistischen Blick auf die anderen. Sie ist sehr mit sich selber beschäftigt und merkt nicht, dass sie mit ihrem Verhalten alle verschreckt und eigentlich die Abneigung gegen O noch verstärkt.

    :lesen:





  • Die Schulhof-Sozialstruktur mit all ihren Prototypen ist sehr gekonnt und glaubhaft dargestellt, finde ich; ein Mikrokosmos wie ein Bühnenensemble, der sich, wie Ian voraussieht, in seinen Machtverhältnissen durch das Hinzutreten einer neuen Figur verschieben könnte..

    Das ließe sich hervorragend als Theaterstück inszenieren. In meinem Kopf funktioniert es auf jeden Fall perfekt.

    :lesen:





  • Natürlich ist es immer wieder ein unangenehmes Gefühl für ihn, ständig "Der Neue" und dazu noch der einzige Afrikaner an der Schule zu sein.

    Immerhin ist er wirklich Ghanese. Ich dachte anfangs schon: Oh je, jetzt halten sie ihn für einen Afrikaner, dabei ist er lediglich ein schwarzer Amerikaner. Interessant bei diesem Thema fand ich auch seine Gedankengänge, dass Amerikaner sich vor Afrikanern weniger fürchten als vor schwarzen Amerikanern und er in diesem Sinne seine Sprache anpasst. Da sieht man auch mal wieder, wie weit seine Gedanken schon gehen und wie viele Nuancen er wahrnimmt. Sowas schaffen manche Erwachsene noch nicht mal!



    Sehr gut fand ich den direkten Namensbezug zu den Figuren aus Othello. Man hat keine Probleme, die Kinder den Protagonisten im Original zuzuordnen. Aus Desdemona wird Dee, aus Iago wird Ian, aus Cassio wird Casper usw..

    Wenn man "Othello" kennt. :redface: Mir ist das nicht aufgefallen, aber ich kenne Othello auch gar nicht. Ich habe mal den Wikipedia-Artikel angelesen, aber wirklich nur angelesen, um nicht zu viel zu wissen vorab. Gute Beobachtung auf jeden Fall. Mal schauen, vielleicht werde ich mir demnächst auch mal "Othello" zu Gemüte führen und eine weitere Bildungslücke schließen. :D



    Kinder denken noch in gröberen Strukturen. So kommen mir die Jungs und Mädels teilweise vor. Wobei spannend ist, dass sie auch schon "reifere" Gedanken haben, auf die Du sicher abzielst, Avila. Die gibt es natürlich auch.

    Ja, genau darauf habe ich abgezielt. Ich gebe dir vollkommen Recht, viele Gedankengänge sind noch sehr kindlich orientiert, aber gerade die Kussszene von Ian und Mimi am Fahnenmast und wie er sich an sie gepresst hat, damit sie ihn spüren kann (also ich denke mal sein erigiertes Glied), da dachte ich mir dann schon: Wow, mit elf Jahren!

    Die kleine Schwester meines Freundes ist jetzt auch genau in diesem Alter und klar sind da Jungs auch ein Thema bei ihr, aber so weit ist sie auf jeden Fall noch nicht. Aber gut, Ian ist auch ein besonderer Charakter in dem Buch und auf keinen Fall der durchschnittliche Typ. ;)



    Überhaupt toll beschrieben, wie sich das Ganze so schnell hochschaukelt und auch schon auf die Lehrer überzugreifen beginnt. Keiner weiß, wie er sich O gegenüber verhalten soll und alle unterstellen ihm Sachen.

    Das finde ich auch absolut gelungen! Das Verhalten der Lehrer finde ich auch absolut erschreckend. Sie sollte mit gutem (vorurteilsfreiem) Denken und Handeln voran gehen. Aber weit gefehlt,bis auf Dee gibt es keinen, der ihm offen begegnet. Ihre Fragen sind zwar auch geprägt durch Vorurteile, aber immerhin fragt sie, um genau so etwas in ihrem Bild gerade rücken zu können. Und sie schämt sich ja sogar für ihre falschen Ansichten. Hach, Dee ist toll!

  • Ich merke, wie ich mich selbst immer wieder daran erinnern muss, dass die Handlung in den 1970er Jahren spielt, wo Rassismus noch in keinster Weise subtil war. Die Gestalt von Oseis Schwester, die sich in der Black Power-Bewegung engagiert, finde ich ein interessantes zeitgenössisches Detail, das wohl keine Entsprechung bei Shakespeare hat (?!).

    Und wieder mal ein Buch mit sehr interessanten und detaillierten "Inneren Monologen" (wie viel lernen wir doch über die Charaktere genau daraus!) - wir hatten vor Kurzem mal eine Diskussion über Frank McCourts "Die Asche meiner Mutter": Genau diese Komponente hatte mir in dem Buch gefehlt.

  • Die Gestalt von Oseis Schwester, die sich in der Black Power-Bewegung engagiert, finde ich ein interessantes zeitgenössisches Detail, das wohl keine Entsprechung bei Shakespeare hat (?!).

    Ich glaube nicht, obwohl ich nicht alle Figuren im Kopf habe. Das wird wohl ein zeitgenössisches Detail sein.

    Das sind keine Stirnfalten. Das ist ein Sixpack vom Denken.

  • Wenn man "Othello" kennt. :redface: Mir ist das nicht aufgefallen, aber ich kenne Othello auch gar nicht. Ich habe mal den Wikipedia-Artikel angelesen, aber wirklich nur angelesen, um nicht zu viel zu wissen vorab. Gute Beobachtung auf jeden Fall. Mal schauen, vielleicht werde ich mir demnächst auch mal "Othello" zu Gemüte führen und eine weitere Bildungslücke schließen.

    Ich habe ihn auch nicht gelesen. Aber Romeo und Julia ist eines meiner Lieblingsstücke ich kann mir also vorstellen, wie die Geschichte mit Othello sich aus Shakespeares Feder so anhört. :) Es gab auch mal eine Verfilmung die ich erst letztes Jahr im Fernsehen gesehen habe. So ungefähr weiß ich also, was hier passiert.

    :lesen:





  • Der erste Abschnitt ist geschafft, der Einstieg in dieses Buch ist mir recht leicht gefallen.


    Ich finde es schon mal sehr interessant bzw gewagt, dass Tracy Chevalier diese Geschichte in einer amerikanischen Schule der 1970iger Jahre spielen lässt. Sie ist ja selbst in dieser Zeit in Washington zur Schule gegangen. Es wäre spannend, zu wissen, welche autobiographischen Elemente sie hier reingepackt hat.


    Desdemona wird zu Dee - und ist bis jetzt ganz eindeutig sehr sympathisch. Vor allem, weil sie den Menschen sieht und sich nicht groß mit Vorurteilen aufhält.

    Othello wurde zu Osei - ein Junge, der immer wieder der "Neue" ist. Was sowieso schon schwierig ist, aber als Schwarzer in den 1970iger Jahren sicherlich ganz besonders schwer. Er erzählt ja immer wieder von den Problemen, die er hatte.

    Iago wurde zu Ian - ein manipulativer, grausamer und intriganter Mensch.

    Roderigo ist jetzt Rod - Ians Handlanger und der vergleicht ihn auch einmal mit einem Hündchen.


    Das Alter der Kinder wurde hier ja auch schon diskutiert. So ung 12 oder 13 Jahre - dafür finde ich sie auch sehr reif und sehr überlegt hinterhältig. Ich weiß nicht, ob es in dieser Altersklasse so sein kann. Aber Kinder bzw Jugendliche überraschen mich ja immer wieder - im positiven wie auch im negativen!


    Bei Ian hab ich mich gefragt, ob es möglich ist, dass ein "Kind" derart Freude an Grausamkeit haben kann. Allerdings muss ich zugeben, dass es tatsächlich Menschen gibt, die einfach so sind. Auch wenn es unverständlich ist und ich immer wieder versucht bin, nach den Ursachen zu forschen. Manchmal liegen diese Ursachen im Charakter.

    In Shakespeares Stück, sucht Jago nach den Motiven für seine Intrigen. Und (lt Wikipedia) verrät seine Selbstreflexion, dass er aus reiner Bosheit handelt und bewusst keinen anderen Weg einschlagen will.


    Ich merke, wie ich mich selbst immer wieder daran erinnern muss, dass die Handlung in den 1970er Jahren spielt, wo Rassismus noch in keinster Weise subtil war.

    Das muss ich mir auch immer wieder ins Gedächtnis rufen um zum Beispiel Mr. Brabants Aussagen leichter hinzunehmen, aber auch um besser zu verstehen, welche Glanzleistung Dee hier bringt, indem sie den Rassismus (und ich bin sicher, dass ihr Elternhaus nicht wirklich offen und liberal war) nicht zulässt.

    Das Verhalten der Lehrer finde ich auch absolut erschreckend. Sie sollte mit gutem (vorurteilsfreiem) Denken und Handeln voran gehen

    Tja... ich fürchte, die Beschreibung des Verhaltens der Lehrer ist durchaus realistisch. Die 1970iger Jahre waren diesbezüglich nicht harmlos und tolerant! Das ist übrigens eine Tatsache, die mich immer wieder erschreckt, denn es ist ja noch nicht so lange her, dass Rassismus durchaus salonfähig war. Allerdings gibt es ja auch heute noch immer (und überall) genügend rassistische Übergriffe. Wir werden anscheinend nicht gescheiter!


    Und wieder mal ein Buch mit sehr interessanten und detaillierten "Inneren Monologen" (wie viel lernen wir doch über die Charaktere genau daraus!)

    Ja! Es sind die inneren Monologe, die uns die einzelnen Charaktere näher bringen. Dass man so auch die verschiedenen Standpunkte kennenlernt, macht vieles durchschaubarer, wenn auch nicht immer verständlicher!


    Entzückend und unschlagbar ehrlich fand ich übrigens die Szene im Schulhof - das Anfassen des Kopfes und der Wange. Etwas unschuldigeres gibt es ja kaum! Und es ist gerade dieses Anfassen, das so einen Wirbel hervorruft!

    :leserin:

    Vernunft, Vernunft...