Das Glück des Zauberers
von Sten Nadolny
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Klappentext:
»Allem Zauber wohnt ein Anfang inne«: So formulierte es sein Berliner Lehrmeister Schlosseck gern – und die Anfänge des Zauberers Pahroc reichen zurück in die Jahre vor dem ersten Weltkrieg. Schon bald kann Pahroc durch die Lüfte spazieren, später lernt er durch Wände zu gehen und für Sekunden aus Stahl zu sein, was ihm dabei hilft, auch den nächsten Krieg zu überleben. Als es ihm gelingt, Geld herbeizuzaubern, kann er endlich auch seine wachsende Familie ernähren. Pahroc gehört bald zu den Großen seines heimlichen Fachs, getarnt hinter Berufen wie Radiotechniker, Erfinder und Psychotherapeut. Im Alter von über 106 Jahren gilt seine größte Sorge der Weitergabe seiner Kunst an seine Enkelin Mathilda – und so schreibt er sein Leben für sie auf. Es ist die lebenskluge, unerhörte Geschichte eines Mannes und seiner sehr eigenen Art des Widerstands gegen die Entzauberung der Welt.
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Ich hatte mich sehr auf das Buch gefreut weil ich "Die Entdeckung der Langsamkeit" und "Weitlings Sommerfrische" vom selben Autor sehr gern gelesen habe. Schon in Letzerem gabe es ein gelungen eingefügtes magisches Element und nun sollte es also noch weiter in Richtung Magie gehen. Ich war über weite Teile der Geschichte nicht sicher ob es sich wirklich um einen Zauberer im klassischen Sinne handelt oder ob alles Zaubern Methapher ist und Pahroc die letzten 100 Jahre aus seiner speziellen Sicht erzählt und seiner Enkelin mitgeben möchte, daß man sich den Blick für die Magie des Lebens erhalten soll und das Fähigkeiten, die man im Laufe des Lebens erwirbt wie Magie wirken können. Genau diese konstante Unsicherheit diesbeüglich ist für mich einer der wirklich positiven, vielleicht der positivste Aspekte der Geschichte, immer wieder denkt man über die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten der zauberischen Fähigkeiten nach, die Pahroc im Laufe seines langen Lebens nach und nach erlernt.
Sehr liebevoll fand ich auch den unbedingten Glauben des Großvaters an die Zukunft seiner Enkelin, er zweifelt keine Sekunde daran, daß auch sie eine Zauberin sein würde und ihre Zukunft schon gut werden würde, obwohl er das Mädchen nur als Baby und Kleinkind kannte; außerdem behielt sich Pahroc bis ins hohe Alter eine Begeisterung für das Leben und eine fast kindliche Neugier auf alles Neue, Zukünftige und vor allem den Willen bis ins hohe Alter weiter offen zu bleiben und zu lernen.
Indem er seiner Enkelin in 12 Briefen über sein Leben erzählt und ihr Weisheiten und Ratschläge mit auf den Weg gibt, sowohl fürs Zaubern als auch fürs "normale" Leben, erzählt er gleichzeitig die Geschichte der letzten 100 Jahre beginnend mit dem ersten Weltkrieg. In diesem Zusammenhang geht es mit meiner Kritik los, denn diese Verknüpfung der tatsächlichen historischen Ereignisse mit den manchmal schelmenhaften Zauberereien des Pahroc hat mich leider nicht so richtig gefesselt. Die historischen Gegebenheiten kenne ich, da war wenig neu, wenn auch manchmal amüsant lakonisch oder pragmatisch erzählt, auch schwere Zeiten unterlegte der Zauberer oft mit einer Prise Humor, charakterisiert manchen Typos der NS-Zeit und auch spätere politische Entwicklungen sarkastisch gekonnt, aber wie er so über die teilweise gravierenden "Probleme" hinweggezaubert hat fand ich manchmal zu leicht und an manchen Stellen sogar befremdlich. Er erzählt zwar immer wie schwierig das ein oder andere war oder wie belastend, aber leider kommt das Gefühl oftmals nicht rüber, ich hatte den Eindruck Pahroc nimmt gar nicht richtig teil an dem was ihm geschieht, vielleicht ist dieser Mangel an Emotion aber auch der Briefform geschuldet.
Es gab einige wirklich schöne, kurz auch spannende Passagen im Buch, das Kennenlernen seiner Frau, die ersten Begegnungen mit seiner Enkelin, das Spannungsfeld mit seinem Zeitgenossen Scheidebein und viele kleine Details und Andeutung auf Personen, Bücher und Ereignisse des letzten Jahrhundert. Wenn er z.B. über die Lande flog, mußte ich kurz an Krabat denken, einem Zauberer der in der schwierigen Zeit des 30-Jährigen Kriegs überleben mußte, so wie Pahroc die Zeit des 2. Weltkriegs überstehen mußte.
Obwohl ich zwischendurch mal dachte das Buch hätte mich jetzt doch gepackt, muß ich aber in der Summe sagen, daß ich doch leider enttäuscht davon bin. Der Funke sprang immer nur kurz über, um dann in eher seltsamen Abhandlungen über zwar teilweise ganz informative aber im Verlauf der Geschichte irgendwie deplazierte technische Spielereien und im altväterlichen Monolog der Lebensweisheiten wieder zu erlöschen.
Wirklich gerne gewußt hätte ich, was aus seiner Enkelin wurde und wie sie auf diese Briefe reagiert hätte, wa sie drüber denkt, aber darüber erfährt man leider nichts.
Was ich u.a. mitnehme ist eine Empfehlung aus der Kategorie "Bücher führen zu Büchern" . Der Zauberer Pahroc berichtet über einen Schriftsteller namens Kurt Kusenberg auf eine Art die mich aufhorchen lies und eine kurze Recherche ergab, daß es diesen Schriftsteller tatsächlich gab und mich interessiert was und wie er geschrieben hat. Ich werde also das Buch "Zwist unter Zauberern" lesen, eine Kurzgeschichtensammlung des eher unbekannten Autors. Auf dessen Buchrückseite steht: "Kurt Kusenberg verkörpert den Typus des magischen Erzählers, der mit seinen Geschichten das Phantastische aus dem Alltäglichen hervorzaubert." Ich habe bei meiner kurzen Suche nach dem Autor, ebenfalls erfahren daß Sten Nadolny ein großer Verehrer Kusenbergs ist und vielleicht ist dieses Buch "Das Glück des Zauberes" auch eine Hommage an diesen Autor.
Fazit: Eine eigentlich sehr schöne Grundidee, in die man einiges hineininterpretieren kann,
die aber leider über weite Strecken nicht zu fesseln vermag.