Alexandra David-Néel - Mein Leben auf dem Dach der Welt

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    Alexandra David-Néel - Mein Leben auf dem Dach der Welt (Reisetagebuch 1918-1940)


    440 Seiten voller Briefe.. durchaus eine Leseaufgabe.

    (Vor Beginn der Lektüre empfiehlt es sich durchaus, sich wenigstens kurz über die Person Alexandra David-Néel und ihre "Lebensstruktur" zu informieren - andernfalls läuft man Gefahr, mitten hineingeworfen in die Ereignisse gleich orientierungslos darin zu versinken.)


    Schon als Kind ein ruheloser Geist und dem Asiatischen zugewandt, setzte sich A.D.-N. als junge Erwachsene intensiv mit orientalistischen Themen auseinander, um dann zunächst nach intensivem Kurz-(meist Selbst-)Studium einige Jahre als Opernsängerin nach Indochina zu gehen. Anschließend versuchte sie es in Paris und Tunis (wo sie Monsieur Néel ehelichte..) mit der sesshaften Lebensweise, allerdings nicht mit bleibendem Erfolg: In insgesamt 3 großen Asienreisen, von denen die mittlere 14 Jahre (!) dauerte, erkundete sie Asien - wobei ihre "Herzensgegend" Tibet wurde. Das Ganze war, ihren Interessen gemäß, immer hinterfüttert mit intensiven Sprach- und Literaturstudien. Alle ihre Reisen zeichnen sich in großen Teilen durch einen bemerkenswerten Mangel an Komfort aus.

    Zwischen der 2. und 3. Reise (die sie mit knapp 70 antrat..) sowie in ihren letzten Jahren (sie wurde knapp 101 Jahre alt!) schrieb sie mehrere Bücher, viele Artikel und hielt Vorträge.


    Dieses spezielle Buch besteht rein aus einer Sammlung von Briefen, die A. D.-N. seit 1918 (in der Mitte ihrer zweiten Reise - daher der unvermittelte Einstieg!) und (weniger) in der Zeit zwischen den Reisen und während ihrer 3. Reise an ihren Ehemann Philippe geschrieben hat. Da sie ihn immer auf dem Laufenden gehalten hat (er war Derjenige, der ihr die nötigen finanziellen Mittel an die verschiedenen Stationen überwies - wobei sie in Europa auch eigene Einkünfte hatte..), ergibt sich eine relativ gute Kontinuität der Ereignisse.


    Alexandra wurde nach Abschluss gewisser Studien offiziell zum weiblichen Lama erhoben - sie reiste abwechselnd unter dem Schutz von Empfehlungsbriefen hochgestellter Persönlichkeiten und je nach Situation aber auch gerne inkognito; so erreichte sie Anfang der 20er Jahre als vorgebliche Bettlerin, wie immer in Begleitung ihres tibetischen Adoptivsohnes, als erste Europäerin auch die "verbotene Stadt" Lhasa.

    Zeitlich fallen ihre 2. und 3. Reise mit dem 1. und 2. Weltkrieg zusammen - man erlebt bei der Lektüre diese Ereignisse aus einer völlig ungewohnten Warte; das Wort "Weltkrieg" erhält quasi eine völlig neue Dimension.


    Die Beschreibungen in den Briefen erstrecken sich von Begegnungen mit den unterschiedlichsten Personen mit sehr verschiedenen Absichten über Landschaftsbeschreibungen und Schwierigkeiten im Umgang mit den örtlichen und übergeordneten Verwaltungsvertretern und finanziellen Engpässen bis zu Details der Lebensführung auf Reisen unter einfachsten Bedingungen - wir erhalten ein zeitgemäßes Bild von der Stellung europäischer Männer und Frauen in Asien und der Psychologie, wie auch eine nur 1,56 m große Frau sich hier (durchaus auch körperlich!) Respekt verschafft. Alexandra David-Néel leidet bei ihren Darstellungen durchaus nicht an Mangel an Selbstbewusstsein - glücklicherweise ist sie aber auch zu Selbstironie fähig.


    Ein staunenswertes Leben - hier durch die ureigenen Worte der großen Reisenden ganz unmittelbar erlebbar. Ich habe ergänzend den schnell lesbaren "Lebensroman" über die Orientalistin von Antje Windgassen gelesen und werde das Ganze noch durch die Biografie der Fosters ergänzen - von solchen zusätzlichen Informationen profitiert das Gesamtbild sehr, denke ich.

    2 Mal editiert, zuletzt von Alice ()