Samar Yazbek - Hon som vandrar/Planet of Clay

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    Dieser Roman der syrischen Schriftstellerin Samar Yazbek scheint weder ins Deutsche noch Englische übersetzt worden zu sein. Ich habe die schwedische Übersetzung gelesen, deren Titel wörtlich übersetzt "Sie, die wandert" bedeutet. Der arabische Originaltitel hat eine andere Bedeutung, glaube ich.

    EDIT: Mittlerweile ist eine englische Übersetzung erschienen "Planet of Clay".


    "Sie, die wandert" ist die Ich-Erzählerin Rima, eine syrische Jugendliche aus Damaskus, die eigentlich ganz und gar nicht wandert. Sie würde es zwar gerne, kann es aber nicht, da sie, seit sie als Vierjährige zum ersten Mal einfach losgegangen war "immer der Nase nach", von ihrer Mutter festgebunden wird, entweder am Bett, oder am Handgelenk ihrer Mutter. Später - nach dem gewaltsamen Tod ihrer Mutter - übernimmt ihr Bruder diese Rolle und nach ihm ein Freund des Bruders. So wandert sie höchstens im Zimmer der mütterlichen Wohnung hin und her und später in dem Kellerraum, in dem sie nach einer Odyssee durch das zerbombte Damaskus eine Unterflucht gefunden hat, wo sie, ans Fenstergitter gefesselt, auf die Rückkehr des Freundes ihres Bruders wartet.


    In dieser Situation erzählt, beziehungsweise schreibt sie ihre Geschichte auf, gerichtet an ein unbekanntes "Du", das vielleicht einmal diese Seiten lesen wird. Erzählen tut sie die Geschichte nicht, denn das kann, richtiger gesagt will sie nicht. Als kleines Kind hat sie aufgehört zu sprechen und wird seitdem als geistig oder psychisch behindert angesehen. Eine Schule hat sie nie besucht, hat aber viel Zeit bei einer Bibliothekarin verbracht, die ihr Lesen und Schreiben beigebracht hat.


    Rima ist einerseits nicht dumm und auch nicht ungebildet (sie hat einiges an Literatur und auch an Sachbüchern gelesen), andererseits aber sehr naiv, unwissend in politischer und gesellschaftlicher Hinsicht. So beobachtet sie nur die Geschehnisse um sich her, deutet sie vielleicht auf eine halb träumerische Art, überlässt aber der Leserin die Entschlüsselung der dahinter liegenden Ereignisse. Auf diese zugleich direkte aber auch distanzierte Weise erfahren wir von den Gräueln des Krieges in Damaskus. An einer Straßensperre wird ihre Mutter er- und Rima angeschossen, in dem Gefängniskrankenhaus, in dem sie landet, werden die "Patienten" gefoltert, Giftgasbomben und andere fallen, zu Essen gibt es kaum noch...


    Nur durch diese spezielle Erzählweise ist der Inhalt dieses großartigen Buches überhaupt erträglich. Schwere Kost ist es, sowohl inhaltlich, als auch erzähltechnisch. Auf den ersten Seiten war ich mehrfach nahe am Abbrechen, da ich "nichts" verstand. Erst nach und nach wurde mir allmählich Rimas Situation klar, aber auch danach gab es immer wieder Stellen, deren volle Bedeutung mir nicht oder erst später klar wurde. Ein Buch, das nach einem Re-Read schreit, wobei ich aber nicht weiß, ob ich die geschilderten Gräuel wirklich noch einmal lesen möchte.


    5ratten

    Wir sind irre, also lesen wir!