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Den ersten Band Das Syndrom hatte ich damals in Englisch unter dem Titel Lock In gelesen. Was mir daran gut gefiel, war die Tatsache, dass Scalzi seine Hauptfigur Chris Shane bewusst keine geschlechtliche Zuordnung gab und es damit dem Leser selbst überließ, ob Chris nun ein Mann oder eine Frau ist. Für mich war Chris eine Frau. Eine farbige Frau noch dazu. Die deutsche Übersetzung habe ich nicht gelesen gehabt, hatte mich aber sehr gefreut, als mit Frontal (Head On) ein zweiter Teil angekündigt wurde.
Erneut folgen wir Chris Shane und ihrer Kollegin Leslie Vann durch eine Welt voller Hadens und Nicht-Hadens. Beide ermitteln zum Tod eines Hilketa-Spielers namens Duane Chapman, der während eines Spiels ums Leben kam. Es wird schnell klar, dass hier weitaus mehr dahintersteckt und der gesamte Fall ist sehr clever aufgebaut, so dass ich als Leserin gedanklich einige Male in einer Sackgasse landete.
Chris und Vann sind von ihren Persönlichkeiten her sehr unterschiedlich. Vann raucht und bezieht meistens die Position des bösen Cops. Dabei mag ich sie sehr gern, weil sie so unangepasst ist. Ihre Bullshit-Toleranzgrenze ist extrem niedrig und das lässt sie die Welt auch wissen. Ich mag es, dass sie sich nicht für andere verbiegt. Chris ist da wesentlich diplomatischer, dabei aber genauso schlagfertig und schlau.
Ich mag beide Figuren total. Und bei Chris kommen wir damit zum Problem der deutschen Übersetzung. Scalzi schrieb letztes Jahr einen Beitrag dazu, warum er bewusst versucht hat, eine Figur zu schreiben, deren Geschlecht er selbst nicht kennt. Es bleibt dem Leser selbst überlassen, beim Lesen Chris ein Geschlecht zuzuordnen. Im englischen Original macht Scalzi das außerdem absolut meisterhaft. In der deutschen Übersetzung wird Chris kurzerhand als männliche Figur gehandelt. Das wird daraus ersichtlich, dass er „der Kollege“ ist, nicht „die Kollegin“ bzw. es auch absolut keine neutralen Sprachverwendung gibt, die Scalzis Schreiben sauber ins Deutsche überträgt. Das ist etwas schade, denn es macht dieses Buch wie seinen Vorgänger eigentlich zu einem absoluten Vergnügen, weil jeder Leser Chris anders sieht. Im deutschen gibt’s Chris Shane nur als Mann. Und das hat mich an Frontal etwas gestört. Vielleicht macht sich ja irgendwann nochmal ein/e Übersetzer/in die Mühe, das Werk unter Berücksichtigung diesen Aspekts neu in unsere Sprache zu übertragen.
Fazit:
Frontal ist genauso unterhaltsam und spannend wie sein Vorgänger und dürfte seine LeserInnen begeistern. Wer Wert auf Scalzis Versuch legt, Chris weiterhin kein vordefiniertes Geschlecht zu verpassen, der/die sollte allerdings doch besser zur englischen Originalversion greifen. Für beides eine klare Leseempfehlung.