Felicity Whitmore - Das Herrenhaus im Moor

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    Felicity Whitmore: Das Herrenhaus im Moor, Roman, München 2018, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3 423 21763 7, Klappenbroschur, 413 Seiten, Format: 12,1 x 3,8 x 19 cm, Buch: EUR 9,95 (D), EUR 10,30 (A), Kindle: EUR 8,99.


    Düstere Herrenhäuser mit unfassbar vielen Räumen, schreckliche Familiengeheimnisse, intrigante Verwandte, spießige Sitten, schöne Kleider, prachtvolle Feste und junge Frauen in Not: Als Teenager habe ich jede Menge hochdramatischer Romane verschlungen, die – plusminus – im viktorianischen England spielten. Bücher von Victoria Holt, Madeleine Brent und so. In diese Richtung geht das hier.


    Die Geschichte ist auf zwei Zeitebenen derart packend erzählt, dass ich manches Kapitel ungebührlich oberflächlich gelesen habe, weil ich unbedingt wissen wollte, wie es den Hauptpersonen im anderen Jahrhundert ergangen ist. Und doch hatte ich ein paar kleine Probleme mit dem Roman. Doch der Reihe nach:


    Düsseldorf, 2017: Die Köchin Laura Milton, eine Deutsche, hat Krach mit ihrem Mann Frank, einem aus England stammenden Banker. Der Anlass ist nichtig, aber seine Wut so groß, dass er seine Frau mitten in der Stadt stehenlässt und mit dem Auto davonrast. Er kommt nie zuhause an, denn er hat unterwegs einen tödlichen Autounfall. Oder hat da jemand nachgeholfen? Laura hatte einen Unbekannten in verdächtiger Weise um das Fahrzeug herumschleichen gesehen, aber keine Chance mehr gehabt, ihren Mann zu warnen.


    Hatte Lauras Mann Feinde? Sie weiß es nicht

    Hatte Frank Milton denn Feinde? Laura muss sich eingestehen, dass sie es nicht weiß. Im Grunde hat sie den Mann, mit dem sie 13 Jahre lang zusammen war, gar nicht richtig gekannt. Er konnte charmant sein, wenn er etwas erreichen wollte, aber was sein Gefühlsleben oder gar seine Vergangenheit anging, war er mehr als zugeknöpft. Sie weiß nichts über seine Kindheit, nichts über seine Familie. Es ist, als hätte er vor seinem Auftauchen in Deutschland vor 13 Jahren überhaupt nicht existiert. Und wo ist eigentlich sein Geld hingekommen? Frank hat immer gut verdient, doch das Konto ist leer.


    Laura reist nach England um über ihren Mann Nachforschungen anzustellen. Hinweise führen sie an einen Ort im Exmoor. Dass sie hier richtig ist, merkt sie daran, dass die Leute erstarren, wenn sie ihren Ehenamen hören. Milton? Da war doch mal was vor über 100 Jahren. Jemand aus dieser Familie wurde für einen Mehrfachmord gehängt. So jedenfalls heißt es.



    Dartmoor, England, 1898: Das Drama scheint bei Lady Victoria Milton seinen Anfang zu nehmen. Nach dem Tod ihres Vaters erbt die gerade mal Zwanzigjährige das Anwesen Milton Castle. Bis zu ihrer Volljährigkeit in einem Jahr ist Onkel Richard ihr Vormund. Das kommt Laura seltsam vor. Sie weiß, dass ihr Vater in seinem Testament seinen Anwalt für diesen Posten bestimmt hat, doch das Testament ist verschwunden, genau wie diverse Wertgegenstände und ein nicht unbeträchtlicher Geldbetrag aus Victorias Erbe. Kein Zweifel: Der Onkel bereichert sich an ihrem Vermögen!



    Victoria Miltons Schicksal hat Auswirkungen bis auf den heutigen Tag. Dass Laura und ihr angeheirateter Cousin Nicholas in der Vergangenheit wühlen und diesem entsetzlichen Verbrechen auf der Spur sind, bleibt nicht lange geheim. Schon sehen manche Leute ihre Felle davonschwimmen und treten in Aktion …


    Drastische Reaktionen auf einen alten Skandal

    Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, ob überhaupt etwas Dramatisches passiert wäre, wenn diese Leute einfach die Füße stillgehalten hätten. Skandalöse Urahnen bedeuten ja nicht zwangsläufig einen Imageschaden. Dank der Medien kann sowas heute bares Geld wert sein. Und rechtliche Ansprüche müssten doch sogar in England nach einem Jahrhundert verjährt sein.


    War überhaupt irgendeiner der Beteiligten in dieser Angelegenheit bei einem Anwalt? Oder agieren alle nur aus einer gefühlten Bedrohungssituation heraus? Ich habe den Leuten einfach nicht abgenommen, dass sie mit dem Rücken zur Wand stehen und deshalb so um sich schlagen.


    Ich hatte auch Schwierigkeiten damit, zu glauben, dass Laura Milton ihrem geheimniskrämerischen Gatten gegenüber nie misstrauisch geworden ist. Sie war 13 Jahre mit ihm zusammen, da kommt einem doch mal was komisch vor! Na ja, vielleicht nicht Laura. Diese Frau ist so unbedarft, dass man manchmal schreien möchte. Da steht mir die kämpferische Victoria der vorigen Jahrhundertwende deutlich näher. Sie ist zwar in ihren persönlichen Gestaltungsmöglichkeiten stark eingeschränkt, wirkt aber couragierter und moderner als die Heldin von heute. Der Victoria-Teil der Geschichte hat mit trotz der entsetzlichen Grausamkeiten sehr viel besser gefallen als die Laura-Kapitel. Mit der naiven deutschen Köchin konnte ich mich nicht identifizieren. Manchmal hat man es eben mit ProtagonistInnen zu tun, mit denen man nicht auf einer Wellenlänge liegt.


    Trotzdem ist die Geschichte überaus spannend. Wie Laura und Nicholas den „Lost Place“, die ehemalige Irrenanstalt Lynybrook Hall, durchstöbern, das ist filmwürdig!


    Vertrauter Plot, neue Romanfiguren

    Von der Autorin hatte ich bereits den Roman DER KLANG DER VERBORGENEN RÄUME gelesen – und bei DAS HERRENHAUS IM MOOR recht schnell das Gefühl gehabt, hier noch einmal die gleiche Geschichte zu lesen, nur mit leicht verändertem Romanpersonal. Die Plots der beiden Romane ähneln einander sehr: „Eine Deutsche sucht in England in einem alten Herrenhaus der Familie nach Dokumenten, um eine Angehörige zu entlasten, der vor 100 Jahren Unrecht geschah. Damit macht sie sich gefährliche Feinde.“ Ich liebe ja das Vertraute, deswegen bin ich auch ein großer Freund von Serien. Aber hier hätte ich doch etwas anderes erwartet als eine Variante des vorigen Romans. Wer diesen nicht kennt, für den ist das natürlich nicht relevant. Der kann das vorliegende Buch ganz unvoreingenommen genießen.


    Die Autorin

    Felicity Whitmore leitet mit ihrem Mann ein freies Theater in Hagen, wo sie als Dramaturgin, Regisseurin und Schauspielerin arbeitet. Einmal im Jahr bereist sie England ― aus ihrer Leidenschaft für das viktorianische Zeitalter und für alte Adelshäuser.

  • Als Teenager habe ich jede Menge hochdramatischer Romane verschlungen, die – plusminus – im viktorianischen England spielten. Bücher von Victoria Holt, Madeleine Brent und so.

    Herrlich, die hab ich auch geliebt! :herz:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • :lachen:


    Meine ersten "echten" englischen Bücher waren von Danielle Steel :elch: Die würde ich heute nicht mehr lesen, die eine oder andere Victoria Holt sehr wohl.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • An ihrem Geburtstag ist Laura Milton mit ihrem Mann zum Abendessen verabredet. Der Abend verläuft anders als gedacht und nach einem Streit fährt Laura allein nach Hause. In der Nacht kommt ihr Mann bei einem Autounfall ums Leben. Aber gewisse Umstände bringen Laura zu der Überzeugung, dass Frank ermordet wurde. Obwohl sie dreizehn Jahre mit Frank verheiratet war, weiß sie kaum etwas über seine Vergangenheit, nur, dass er in England aufgewachsen ist. Als sie einen alten Brief findet und einen Hinweis auf ein altes Herrenhaus mit dem Namen Lynybrook Hall, reist sie in Franks alte Heimat ins Exmoor. Bei ihrer Suche stößt Laura auf die grausame Vergangenheit des verfallenen Hauses, das vor mehr als 100 Jahren anscheinend als Irrenhaus genutzt wurde. Und noch heute will anscheinend jemand verhindern, dass alte Familiengeheimnisse ans Licht kommen.


    "Das Herrenhaus im Moor" ist ein Pageturner, wie ich lange keinen mehr gelesen habe. Ich hatte es in zwei Tagen durch. Der Schreibstil ist einfach, aber packend. Es wird kapitelweise abwechselnd auf zwei Zeitebenen erzählt.

    In der Gegenwart begleiten wir Laura bei ihrer Suche nach einem Grund für den Tod ihres Mannes und besonders die Szenen in dem alten Herrenhaus fand ich spannend geschrieben. Es gibt immer wieder Wendungen, die dafür sorgen, dass der Spannungsbogen erhalten bleibt. Einzig manche Szenen zwischen Laura und Nicholas fand ich ein wenig...nun, ich sag mal unrealistisch, wie z. B. die schnelle Entwicklung.

    In der Vergangenheit gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird die Geschichte der adeligen Victoria Milton erzählt. Nach dem Tod ihres Vaters ist ihr Onkel Richard ihr Vormund und damit Verwalter ihres Vermögens. Nach ihrem zwanzigsten Geburtstag lässt er Victoria in ein Irrenhaus einweisen, Lynybrook Hall, um an ihren gesamten Besitz zu kommen. Verzweifelt versucht die junge Frau, dort wieder zu entkommen.

    Ich weiß zwar, wie einfach es zur damaligen Zeit war, besonders für die "feine" Gesellschaft, sich auf diesem Weg unbequemer Frauen, Töchter, Schwestern etc. zu entledigen. Aber die Beschreibungen der sogenannten Therapien in Lynybrook Hall machten mich trotzdem wütend und diese Hilflosigkeit der Patienten...schrecklich.
    Nach und nach werden die Zusammenhänge klar und beide Geschichten finden zusammen.

    Ich habe mich mit diesem Roman bestens unterhalten gefühlt, der Schreibstil ist mitreißend und lebendig, wenn jetzt auch keine literarische Meisterleistung, aber das habe ich auch nicht erwartet.

    4ratten

    Ich kaufe keine Bücher. Ich adoptiere sie. :hexe:

  • "Das Herrenhaus im Moor" ist meiner Ansicht nach der stärkste Roman der Autorin. Ich habe ihn gerne gelesen - in Sachen Unterhaltungsliteratur hat Felicity Whitmore (Pseudo) mehr Niveau als einige andere AutorInnen, finde ich. Von diesem Roman war ich recht begeistert. (wenn man Familiengeheimnisse liebt ;))

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)